Table Of ContentMANFRED HORNSCHUH
STUDIEN ZUR EPISTULA APOSTOLORUM
PATRISTISCHE TEXTE UND STUDIEN
IM AUFTRAG DER
PATRISTISCHEN KOMMISSION
DER AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN • HEIDELBERG · MÜNCHEN
UND DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
UND DER LITERATUR ZU MAINZ
HERAUSGEGEBEN VON
K. ALAND UND W. SCHNEEMELCHER
BANDS
1965
WALTER DE GRUYTER & CO· BERLIN
VORMALS G. J. GOSCHEN'SOIE VERLAGSHANDLUNG • J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG
GEORG REIMER • KARL J. TROBNER • VEIT & COMP.
STUDIEN ZUR EPISTULA APOSTOLORUM
VON
MANFRED HORNSCHUH
1965
WALTER DE GRUYTER & CO · BERLIN
VORMALS G. J. GOSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG • J. GUTI'ENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG
GEORG REIMER • KARL J. TR.OBNER • VElT & COMP.
©
1965 by Waltet dc Gruytcr & Co., 'Vormals G. J. Göscben'sche Verlagsbmdlung-J. Guttentag,
Verla~buchhandlung - Gcorg Reimet-Karl J. TrübDer - Vcit & Comp., Bctlin 30
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Satz und Druck: Waltet dc Gruytcr & Co., Berlin
Archi'V-Nr. 3910651
VORWORT
Den ersten Anlaß, mich mit der Epistula Apostolorum zu befassen,
gab mir das Thema meiner Dissertation .,Die Anfänge des Christen
tums in Ägypten", mit der ich 19ö9 in Bonn promovierte. Die Ergeb
nisse dieses Versuches, Licht in das Dunkel der Frühgeschichte des
ägyptischen Christentums zu bringen, waren jedoch, wie sich bei einer
nochmaligen Überprüfung herausstellte, nicht hinreichend gesichert.
Für das Bild, das ich in der Dissertation von der Situation der ägyp
tischen Kirche im zweiten Jahrhundert zu zeichnen versuchte, bildete
die Epistula Apostolorum eine der wichtigsten Quellen. Heute kann
ich die Entstehung der Schrift in einem ägyptischen Milieu nicht mehr
mit solch unbedingter Sicherheit behaupten, wie es in der erwähnten
Arbeit geschah. Daß sie die Beweislast, die ich ihr auflud, nicht zu
tragen imstande ist, bedeutet, daß die Frage der Anfänge des Christen
tums in Ägypten noch einmal ganz neu aufgegriffen werden muß. Ich
hoffe, daß ich Gelegenheit finde, in Aufsätzen auf diese Frage zurück
zukommen.
Immerhin scheint mir die Annahme ägyptischen Ursprungs der
Epistula Apostolorum nach wie vor erwägenswert. Die Frage wird in
den vorliegenden Studien aufs neue diskutiert, bildet aber nicht die
Hauptsache. Ziel der Untersuchung ist, den Ort der pseudapostolischen
Epistel im Kräftespiel von Urchristentum und Spätjudentum, Gnosis
und Frühkatholizismus zu bestimmen. In wesentlichen Punkten wird
gegenüber C. Schmidt, der das Apokryphon als erster ediert und
untersucht hat, eine neue Sicht gewonnen. Ganz allgemein stellt sich
seit der Entdeckung der Texte von Nag Hamadi und Qumran die Auf
gabe, die christliche Literatur der ältesten Zeit im Lichte dieser Funde
neu zu interpretieren. Die vorliegende Arbeit versucht, diese Aufgabe
für die Epistula Apostolorum in Angriff zu nehmen. Schon aus diesem
Grunde spielen religionsgeschichtliche Fragestellungen, die bei
Schmidt fast ganz zurücktreten, eine besondere Rolle.
Mit freundlicher Erlaubnis des Verlages W. Kohlhammer, Stutt
gart, kommt mein in der Zeitschrift für Kirchengeschichte, 73 1962,
S. 1-8, veröffentlichter Aufsatz .,Das Gleichnis von den zehn Jung
frauen in der Epistula Apostolorum" wieder zum Abdruck (S. 21-29).
Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor D. W. Sehneerneicher,
sage ich für freundliche Förderung meinen herzlichen Dank. Ihm und
den anderen Herren der Patristischen Kommission danke ich für die
Aufnahme dieser Arbeit in die "Patristischen Texte und Studien".
Herrn Dr. K. Schäferdiekund Herrn cand. theol. J. Regul danke ich
für wertvolle Hilfe bei der Literaturbeschaffung.
Zwei Beiträge zur Sache konnte ich leider erst nach Drucklegung
der Arbeit einsehen: B. Poschmann, Paenitentia secunda, 1940,
S. 104-112 (zur BuBanschauung und BuBlehre der Ep. Ap.), und
J. de Zwaan, Date and Origin of the Epistle of the Eleven Apostles,
in: Amicitiae Corolla (Festschrift für R. Harris), 1933, S. 344-355.
Die Auseinandersetzung mit Poschmann konnte, wenn auch wegen
der Knappheit des zur Verfügung stehenden Raums nicht in der er
wünschten Ausführlichkeit, in einem Anhang nachgeholt werden;
Wenn in der Arbeit jede Bezugnahme auf die völlig unzulänglich
fundierten Thesen de Zwaans unterbleibt, so ist dies, wie ich hoffe,
nicht mehr als ein formaler Mangel. Ich werde mich trotzdem so bald
wie möglich in einem Zeitschriftenaufsatz mit ihnen befassen.
Düren, im Oktober 1963
M. Hornschuh
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung . . . . . . . 1
a) Die Überlieferung. 1
b) Der Inhalt . . . . 2
c) Form und Zweck . 4
Die Stellung zur evangelischen Tradition und zu den kanonischen
Büchern des NT ......... . 9
Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen. . . . . . 21
Person und Werk Christi nach der Epistula Apostolorum 30
Offenbarung und Heil ... . 62
a) Die Offenbarung .. . 62
b) Das gegenwärtige Heil. 63
c) Das zukünftige Heil . 64
] üdische Einflüsse . . . . . . 67
Der Elfapostelkreis . . . . . . 81
Die Stellung zu Paulus und zur Heidenmission. 84
Rechtgläubigkeit und Ketzerei 92
Der Ort der Abfassung . 99
Die Zeit der Abfassung . . . . 116
Abschluß ......... . 120
Nachtrag (Auseinandersetzung mit B. Poschmann) 121
Literaturverzeichnis 125
a) Quellen .. 125
b) Hilfsmittel . 126
c) Literatur. . 127
Register . . . . . 133
a) Autorenregister . 133
b) Stellenregister . 134
c) Bibelstellenregister . 134
d) Sachregister . . . . 135
EINLEITUNG
a) Die Oberlieferung
Die Epistula Apostolorum enthält Gespräche Jesu mit seinen Jün
gern nach der Auferstehung. Die Schrift, deren griechischer Urtext
spurlos verlorengegangen ist, ist vollständig nur in äthiopischer Über
setzung überliefert. Dazu kommt eine koptische Version, die uns ein
aus dem 4. oder 5. ] ahrhundert stammender Papyrus bewahrt hat.
Anfang und Schluß des Kopten fehlen, und auch in der Mitte finden
sich Lücken. Schließlich gibt es einige kleine lateinische Palimpsest
fragmente, deren Wert gering ist, da sie sich in einem schlechten Zu
stande befinden und schwer leserlich sind1 Unser wichtigster Zeuge
.
ist die koptische Version, die als direkter Abkömmling des griechischen
Urtextes eine höhere Bewertung beanspruchen darf als der Äthiope,
der dem Anschein nach eine Afterversion aus dem Arabischen ist2
und eine stellenweise von der des koptischen Textes abweichende Vor
lage benutzt zu haben scheint3. Immerhin ist der Äthiope als Kontroll
mittel von großem Wert; unentbehrlich ist er, wo der koptische Text
Lücken aufweist. In der äthiopischen Überlieferung bildet das Apo
kryphon den letzten Teil eines längeren Gesamtwerkes, das von einem
1 Die lateinischen Fragmente wurden entdeckt und herausgegeben von J. Bick
(s. Literaturverzeichnis).
2 Vgl. Wajnberg in TU 43, S. 9.
3 In der vorliegenden Arbeit wird die Ep.Ap. nach dem koptischen Text zitiert,
wo dieser erhalten ist, und zwar nach der Übersetzung von H. Du e n s in g bei Hennecke
Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen (s. Literaturverzeichnis). Daneben
wurde auch Duensings kleine Ausgabe benutzt (s. Literaturverz.). Von dem sonst
üblichen Verfahren, die im koptischen Text enthaltenen griechischen Wörter der
Übersetzung in Klammern hinzuzufügen, hat Duensing mit Recht abgesehen, da es
Verwirrung stiften kann. C. Schmidt sah darin freilich eine beklagenswerte Unter
lassung (Orientalistische Literaturzeitung 1925, 11/12, Sp. 855) und behauptete,
daß der koptische Text diese griechischen Wörter, "die noch das griechische Original
durchschimmern lassen", "beibehalten" habe. Das läßt sich weder bestreiten noch
beweisen, ist aber jedenfalls ganz unsicher. Das Koptische verfügte über einen mehr
oder weniger festen Stamm von griechischen Lehnwörtern, durch die ein Übersetzer
auch andere synonyme Vokabeln eines griechischen Urtextes ersetzen konnte (s. zu
diesem Problem C. H. Roberts, Catalogue of the Greek and Latin Papyri in the
John Rylands Library, 111, London 1938, S. 19). Wir wissen nicht, ob der koptische
Übersetzer der Ep.Ap. nicht auch so verfuhr.
1 Homschuh, Studien I
Redaktor außer der Ep. Ap. aus zwei weiteren Texten, dem sog. Testa
menturn Domini und einer apokalyptischen Rede Jesu, zusammen
gesetzt wurde.
b) Der Inhalt
Um die Einführung in die Probleme der Schrift zu erleichtern, sei
eine gedrängte Inhaltsübersicht vorangestellt. Gleich die ersten Ka
pitel (1 [12] und 2 [13]) klären uns über Sinn und Abzweckung der
Schrift auf: Sie gibt vor, Offenbarungen des Auferstandenen an seine
] ünger zu enthalten. Sie werden von den ] üngern dem ganzen orbis
Christianus mitgeteilt, um die Christenheit vor den Pseudaposteln
Sirnon und Kerinth zu warnen und zum unerschütterlichen Festhalten
am Evangelium zu mahnen. Der Brief fährt fort mit einem Bekennt
nis zu Christus, zur Gottheit Christi und zum Schöpfer und Weltherr
scher, dessen Allmacht und Schöpferkraft in hymnischen Sätzen ge
priesen wird (3 [14]). Das Stück endet mit dem Bekenntnis zu Christus
als dem Fleisch gewordenen Wort. Daranschließt sich ein Bericht über
die Wundertaten Jesu auf Erden an (4 [15] und 5 [16]). Noch einmal
wird mit dem Hinweis auf Sirnon und Kerinth und ihre verderben
bringende Tätigkeit (7 [18]) der Anlaß des Schreibens hervorgehoben
(8 [19]). Es folgt ein aus verschiedenen Quellen zusammengestellter
Auferstehungsbericht (9 [20] bis 12 [23]), der den mit 13 [24] begin
nenden Hauptteil, nämlich die Offenbarungen, die die Schrift ihren
Lesern mitteilen will, einleitet. Christus beginnt seinen Offenbarungs
vortrag mit einer Schilderung seiner Herabkunft vom Vater und seines
Durchgangs durch die Firmamente (13 [24]). um mit einem Bericht
über seine Inkarnation und der voraufgehenden Epiphanie vor Maria
in der Gestalt des Engels Gabriel fortzufahren (14 [25]). Nach einer
Erwähnung des Passafestes und seiner Bedeutung für die Jünger
(15 [26]) wird das Thema der Parusie verhandelt (16 [27]): Christus
kommt als Richter der Lebendigen und der Toten in unermeßlichem
Lichtglanz auf die Erde zurück. Das Datum der Parusie wird genau
bestimmt. Man kann die Parusie ebenso als die des Vaters wie als die
des Sohnes bezeichnen, denn beide sind letztlich eins (17 [28]). Als
dann ist von der Geburt des präexistenten Logos im Himmel die Rede,
von der Vollkommenheit der durch Christus geschehenen Erlösung,
von seiner Himmelfahrt und schließlich von dem neuen Gebot, das
Christus den Seinen hinterläßt: daß sie einander lieben sollen (19 [30]).
Es folgt ein Missionsbefehl, verbunden mit der Zusicherung an die
Jünger, daß sie Miterben des Himmelreiches seien und der Vater an
ihnen wie auch an denen, die durch sie zum Glauben kämen, Wohl
gefallen habe, ferner, daß der Vater ihnen allen eine große Freude im
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