Table Of ContentDie neue, dritte Auflage von Flügges
Schalen buch schließt sich eng an die
vor wen igen Jahren erschienene zweite
an. Ein Abriß der Theorie flacher
Schalen ist neu aufgenommen und wird
vielen Lesern eine willkommene Ein
führung in dieses Gebiet sein.
Das Buch behandelt die Membran
theorie der Drehschalen und der
Zylinder, eine allgemeine Membran
theorie für beliebige Schalenformen,
die Biegetheorie der beiden wichtig
sten Schalentypen, das Knicken oder
Ausbeulen dünner Schalen und die
Schalenschwingungen. Ein Abschnitt
über dieSpan n ungsberechn ung in Stahl
betonschalen und ein Abriß der Falt
werktheorie werden dem Stahlbeton
mann besonders willkommen sein.
Die Darstellung benutzt die dem
Zweck der Sache entsprechenden
mathematischen Hilfsmittel, ist jedoch
stets darauf bedacht, der Mathematik
eine dienende Rolle zuzuweisen und
sie nie zum Selbstzweck werden zu
lassen. Diezahlreichen Beispielezeigen,
daß sich alle dargebotene Theorie in
praktisch anwendbare Ergebnisse um
setzen läßt.
Das Buch wendet sich an einen dop
pelten Leserkreis: an die am Weiter
bau einer technischen Schalentheorie
interessierten Forscher und an die diese
Theorie anwendenden Ingenieure aller
Fachrichtungen. Theoretisch inter
essierten Studenten des Ingenieurbaus,
des Maschinenbaus und des Flugzeug
baus wird das Buch ein Führer sein
beim Eindringen in ein aktuelles Ge
biet der technischen Mechanik.
SPRINGER-VERLAG
BE R LI N ! G Ö TT IN GEN I HEl D E L BE R G
Statik und Dynamik
der Schalen
Von
Dr.-Ing. Wilhelm Fliigge
Professor of Engineering Mechanics
Stanford University
Dritte neuhearheitete Auflage
Mit 119 Ahhildungen
Springer-Verlag
Berlin I Gottingen I Heidelberg
1962
ISBN 978-3-642-49579-3 ISBN 978-3-642-49870-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-642-49870-1
Alle Rechte, insbesondere das der "Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
(Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen
Copyright 1934 by Springer-Verlag OHG., Berlin
® by Springer-Verlag OHG., BerIin/Göttingen/Heidelberg 1957 and 1962
Softcover reprint of the hardcover 3rd edition 1962
Library of Congress Catalog Card Number 62-13389
Vorwort zur dritten Auflage
Als dieses Buch in erster Auflage erschien, war es das einzige "Schalen
buch" und hat sich als solches rasch viele Freunde erworben. Als die
erste Auflage gegen Kriegsende vergriffen war, wurde wegen der all
gemeinen Notlage ein unveränderter Neudruck als Notbehelf in Aus
sicht genommen, aber wegen der sich schnell verschlechternden Wirt
schaftsverhältnisse nicht mehr ausgeführt. Nach Kriegsende zeigte es
sich, daß an vielen Stellen eine Neubearbeitung nötig geworden war,
um dem Fortschritt der Schalentheörie Rechnung zu tragen. Sie wurde
in der zweiten Auflage ausgeführt, die 1957 erschien. Der rasche Absatz
dieser Auflage hat gezeigt, daß sich das Buch zu den alten viele neue
Freunde erworben hat.
Die nunmehr vorliegende dritte Auflage schließt sich im wesentlichen
der zweiten an. Als wesentliche Neuerung ist ein Kapitel über flache
Schalen aufgenommen ,vorden. Die Theorie der flachen Schalen hat
sich in neuerer Zeit als ein nützliches Werkzeug erwiesen, da die ihr
zugrunde liegenden Vereinfachungen viele Aufgaben der Lösung zu
gänglich machen, die sich für stärker gekrümmte Schalen nicht oder
nur mit großem Rechenaufwand behandeln lassen. Um für das neue
Kapitel Platz zu schaffen, sind hie und da Einzelheiten von geringerer
Bedeutung fortgelassen worden.
Es ist dem Verfasser eine angenehme Pflicht, allen Fachgenossen
zu danken, die durch Zuschriften, übersendung von Arbeiten oder
mündliche Mitteilungen seine Arbeit unterstützt haben. Dem Verlag
gebührt Dank nicht nur für die gute Ausstattung des Buches, sondern
auch für die Sorgfalt und Geduld in der überwindung der durch die
große räumliche Entfernung verursachten Schwierigkeiten.
Los Altos, Calif., im Januar 1962
Wilh. Flügge
Aus dem Vorwort der ersten Auflage
Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist die Technik nacheinander auf
verschiedenen Gebieten vor Fragen gestellt worden, die dem in diesem
Buche behandelten Stoffkreise angehören, und ihre glückliche Lösung
hat gelegentlich zu einem epochemachenden J<'ortschritt der konstruk
tiven Gestaltung geführt. Als besonders in die Augen springende Bei
spiele seien genannt der Behälterbau, die Formgebung der unstarren
Luftschiffe, verschiedene Frage des Turbinen- und Dampfmaschinen
baues, die weittragenden Dachkonstruktionen aus Eisenbeton und neuer
dings die eben erst aktuell gewordenen Fragen des Flugzeugbaues
(Schalenrümpfe usw.). Mit der Lösung dieser Fragen befaßt sich ein dop
pelter Kreis von J<'achgenossen und dementsprechend hat sich auch dies
Buch an einen Leserkreis von zweierlei Art zu wenden, an den entwerfen
den Ingenieur, der sich für die Ergebnisse der Schalentheorie interessiert
und ihre Darstellung in einer Form fordern muß, die ihm die unmittelbare
Anwendung zur Lösung seiner konkreten Aufgaben ermöglicht, und an
den Forscher auf dem Fachgebiete der technischen Mechanik, dessen
Aufgabe es ist, unser Wissen auf diesem Gebiet weiter zu treiben und für
neue, kompliziertere Fragen neue Lösungen zu finden. Ihn interessiert
nicht nur der Bestand des Vorhandenen, sondern auch die Methodik,
durch die es gewonnen wurde, und der Ausblick auf Möglichkeiten der
Weiterentwicklung.
Diesem doppelten Leserkreis entspricht das Buch, indem es einerseits
jede Rechnung, soweit es irgend mit dem gesteckten Umfange vereinbar
ist, bis zum letzten Ziel durchführt, bis zur Gewinnung und anschaulich
bildlichen Darstellung zahlenmäßiger Ergebnisse, und indem es anderseits
auch vor schwierigen mathematischen Entwicklungen dann nicht
zurückschreckt, wenn dies schärfste \Verkzeug technischer Wissenschaft
zur Erreichung des Zieles unbedingt notwendig ist. Dagegen ist es bewußt
vermieden worden, solchen Fragen nachzugehen, deren Interesse aus
schließlich im Spekulativen liegt, ohne daß die derzeitige oder zukünftige
Anwendung auf ein technisches Ziel gegeben wäre, während es anderseits
ebenso unterbleiben konnte, das Einsetzen von Zahlenwerten in die ge
botenen Formeln in extenso vorzuführen.
v
Aus dem Vorwort der ersten Auflage
Der Mannigfaltigkeit der angeführten Fragestellungen entspricht eine
fast noch größere Mannigfaltigkeit der Originalliteratur, die in ihren me
chanischen Voraussetzungen, in der Verständlichkeit und Güte der Dar
stellung, in dem Maße der Verwendung mathematischer Hilfsmittel, in
dem Grade der Durchführung der Rechnungen und in den benutzten
Symbolen für die fundamentalen Größen ein außerordentlich buntes
Bild bietet. Dazu kommt als weiterer übelstand, daß man~he - und
darunter einige der wertvollsten Arbeiten - an schwer zugänglicher und
schwer auffindbarer Stelle erschienen sind. Hier Abhilfe zu schaffen
und das reiche vorh';,ndene Material in einheitlicher und bequemer
Form für Forschung und Praxis zugänglich zu machen, ist nachgerade
ein dringendes Bedürfnis geworden. Wie es sich bei einer solchen
Systematisierung eines großen, vielgestaltigen Stoffgebietes ganz von
selbst ergibt, sind bei dieser Gelegenheit auch manche noch bestehende
Lücken geschlossen worden. Wo sie liegen, zeigen am deutlichsten die
Stellen geringster Dichte im Literaturverzeichnis.
Heiligenhafen, im August 1934
Wilh. Flügge
Inhaltsverzeichnis
Seite
I. Allgemeine Grundlagen. . 1
1. Einführung. . . . . . . . 1
2. Membranspannungszustand . 5
3. Transformation der Längskräfte. 6
4. Längskrafttransformation in schiefwinkligen Koordinaten 10
5. Transformation der Momente. . . . . . . . . . 13
6. Theorie der Beanspmchung von Stahlbetonschalen 13
H. Membrantheorie der Drehschalen 21
1. Allgemeines. . . . . . . . . 21
2. Drehsymmetrische Belastung . 25
a) Differentialgleichungen . . 25
b) Lösung für verschiedene Schalenformen . 25
3. Fragen der Formgebung. 33
a) Kuppel gleicher Festigkeit 33
b) Tropfenbehälter 36
4. Unsymmetrische Belastung . 40
a) FOURIER-Ansatz . . . 40
b) Kugelschale .... _ 41
,,) Inhomogene Lösung 42
ß) Homogene Lösung . 45
y) Apsidenkuppel ... 48
c) Lösung für Schalen beliebiger Form 51
d) Kegelschale . . _ . . . . . . . . 55
e) EinschaJiges Hyperboloid . . . . . 56
f) Lösung durch konforme Abbildung. 62
5. Formändemngen ......... . 67
a) Differentialgleichungen für die Verschiebungen 67
b) Dehnungslose Verformungen . . . . • . 71
c) Lösung der inhomogenen Gleichungen 74
d) Geschlossene Lösung für die Kugelschale 75
e) Drehsymmetrische Verformung 76
f) Ringschalen 77
6. Formändemngsenergie 78
7. Statisch unbestimmte Systeme 82
Inhaltsverzeichnis VII
Seite
IU. lVIembrantheorie der Zylinderschalen . 85
1. Rohre und Tonnendächer 85
2. Formänderungen . . . . . 91
3. Statisch unbestimmte Zylinderschalen 94
4. Vieleckkuppeln . . . . . . . . . . 95
IV. Membran theorie für belie bige Schalenformen 105
1. Gleichgewichtsbedingungen fÜr eine Schale beliebiger Form 105
2. Elliptisches Paraboloid 108
3. Hyperbolisches Paraboloid . . 112
a) Ränder längs der Erzeugenden. 112
b) Ränder längs der Hauptkrümmungslinien 115
4. Konoidschale . . . . . . . . . . . . 121
5. Der Spannungszustand affiner Schalen. 126
a) Allgemeine Theorie ....... . 126
b) Kuppeln ............ . 128
a;) Lotrechte Verzerrung von Drehschalen . 128
ß) Waagerechte Verzerrung von Drehschalen 129
y) Vieleckkuppeln .. . . . . . . . 132
V. Biegetheorie der Kreiszylinderschale 134
1. Die Differentialgleichungen der Zylindertheorie . 134
2. Lösung für die an den Rändern x = const belastete Zylinderschale 144
3. Theorie der Tonnendächer 149
4. Behältertheorie . . . . . . . . 157
VI. Biegetheorie der Drehschalen 165
1. Düferentialgleichungen. . . . 165
a) Gleichgewichtsbedingungen . 165
b) Elastizitätsgesetz . . . . . 168
c) Differentialgleichungen für drehsymmetrische Randlasten . 170
2. Kugelschale konstanter Wanddicke . . 173
a) Strenge Lösung. . . . . . . . . . 173
b) Näherungslösung für dünne Schalen 175
c) Lösung durch numerische Integration 178
d) Einzelkräfte und kleine Ausschnitte 180
3. Schale mit beliebiger Meridianform und veränderlicher Wanddicke 182
a) Strenge Lösung. . . . . . . . . . 182
b) Näherungslösung für dünne Schalen 184
4. Kegelschale . . . . . . . . . . . . . 189
a) Kegelschale konstanter Wanddicke . 189
b) Kegelschale mit linear veränderlicher Wanddicke 194
VII. Flache Schalen . . . . 196
1. Differentialgleichungen. 196
a) Gleichgewichtsbedingungen . 196
b) Formänderungen . . . . . 199
VIII Inhaltsverzeichnis
Seite
c) Elastizitätsgesetz 201
d) Differentialgleichungen 202
e) Paraboloidschalen 204
2. Wärmespannungen in einer Zylinderschale . 205
a) Eine singuläre Lösung. . . . . . . . . 205
b) Thermische Singularität der Scheibe (Scheibenheißpunkt) • 207
c) Thermische Singularität der Platte (Plattenheißpunkt) 209
VIII. Theorie der Faltwerke 210
1. Membrantheorie . . . . 210
2. Biegetheorie. . . . . . 214
IX. Die" Stabilität der Schalen 220
1. Grundlagen der Theorie der Schalenknickung 220
2. Stabilität der Kreiszylinderschale . . . . . . 226
a) Differentialgleichungen für gleichmäßig verteilte Grundspannungen 226
b) Lösung für zweiachsigen Druck . . . . . . . . 232
c) Lösung für reinen Schub . . . . . . . . . . . 242
d) Lösung für kombinierten Schub und Längsdruck 246
<X) Allgemeine Lösung. . . . . . . . . . . . . 246
ß) Knickbedingung für kurze Zylinder . . . . . 250
e) Ursachen eines Biegungsbruches vor Erreichen der Knicklast. 252
3. Stabilität der Kugelschale . . . . . . . . . . 262
X. Schwingungen drehsymmetrischer Schalen 268
1. Dehnungslose Schwingungen . . . . . . . . . 268
2. Vollständige Schwingungstheorie für die Kreiszylinderschale . 273
Literaturübersicht 277
Sachverzeichnis. . 290
I. Allgemeine Grundlagen
1. Einführung
Bei der Berechnung von Ingenieurkonstruktionen aller .Art sucht
man sich die dreidimensionalen Körper, mit denen es man immer zu
tun hat, durch eine Idealisierung zu vereinfachen, die es ermöglicht,
das Wesentliche ihres Spannungszustandes leichter zu überblicken. Die
älteste solche Idealform ist die des Stabes. Balken und Säulen, über
haupt alles,'was aus Walzprofilen oder Holzbalken hergestellt wird, läßt
sich in seiner statischen Wirkungsweise beschreiben durch die Fiktion
einer Linie, deren elastische Gestaltänderungen (Dehnung, Krümmungs
änderung, Verwindung), bestimmten Kraftgrößen, den Schnittkräften
(Längskraft, Biegemoment, Torsionsmoment ) proportional sind.
Eine ganz entsprechende Idealisierung einer andern Gruppe von
Konstruktionselementen führt zum Begriff der Schale, der uns hier
beschäftigen soll. Die Wandung eines Behälters, die Membran eines
Aneroidbarometers, die Hülle eines Luftballons sind Konstruktionsteile,
die sich nicht linienhaft darstellen lassen. Der Wunsch, das Kräftespiel
in ihnen zu verfolgen, führt zu der Vorstellung eines zweidimensionalen
Kontinuums, einer materiellen Fläche, die Kräfte übertragen und Form
änderungen erleiden kann, und die dabei ein bestimmtes Elastizitäts
gesetz befolgt. Man nennt sie kurz einen Flächenträger und unter
scheidet zwei Fälle: Den ebenen Flächenträger, mit dem wir uns in
diesem Buche nicht befassen wollen, nennt man Platte, während jeder
gekrümmte Schale genannt wird.
Eine Schale wird begrenzt durch zwei gekrümmte Flächen, ihre
Laibungen. Ihr Abstand· t, die Schalendicke, ist gering gegen ihre
anderen Abmessungen, im übrigen aber beliebig veränderlich. Diejenige
zwischen den beiden Laibungen liegende Fläche, die überall die Schalen
dicke halbiert, wird Mittelfläche genannt. Gibt man ihre Gestalt und
die Schalendicke für jeden ihrer Punkte, so ist die Schale dadurch
geometrisch vollkommen beschrieben.
Um die in den Schalen wirksamen Kräfte der Rechnung zugänglich
zu machen, ist es zunächst nötig, diese inneren Kräfte genauer zu
definieren. Wir denken uns aus der Schale ein kleines, etwa recht
winkliges Stückchen herausgeschpitten, dessen Kanten wir d8x und dsll
nennen wollen, um damit gleich anzudeuten, daß wir die Absicht haben,
mit ihnen einen Grenzübergang nach Null zu machen. In jeder der
Flügge, Schalen, 3. Aufl. 1