Table Of ContentSoziale Arbeit in Theorie
und Wissenschaft
Herausgegeben von
E. Mührel, Emden, Deutschland
B. Birgmeier, Eichstätt, Deutschland
Eric Mührel • Bernd Birgmeier (Hrsg.)
Perspektiven
sozialpädagogischer
Forschung
Methodologien – Arbeitsfeldbezüge
– Forschungspraxen
Herausgeber
Eric Mührel Bernd Birgmeier
Hochschule Emden/Leer Katholische Universität
Deutschland Eichstätt-Ingolstadt
Deutschland
ISBN 978-3-658-01888-7 ISBN 978-3-658-01889-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-01889-4
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Inhalt 5
Inhalt
Inhalt
Eric Mührel und Bernd Birgmeier
Zur Einleitung: Perspektiven sozialpädagogischer Forschung ............................. 9
Kapitel I:
Allgemeine und metatheoretische Fragen und Zugänge zu Methodologie
und wissenschaftlicher Forschung in Sozialpädagogik und Sozialer Arbeit
Armin Schneider
Triangulation und Integration von qualitativer und quantitativer Forschung
in der Sozialen Arbeit ......................................................................................... 15
Tilman Thaler
Perspektiven und offene Fragen systematischer Forschung ............................... 31
Christoph Ried
Identität in Zeiten der Perspektivität. Zur Möglichkeit sozialpädagogischer
Metatheorie unter postmodernen Bedingungen.. ................................................ 47
Bernd Dollinger
Zwischen Politik und Subjekt: Forschungsperspektiven zur „Episteme“
der Sozialpädagogik ............................................................................................ 69
Sandro Bliemetsrieder und Susanne Dungs
In der Tretmühle der Genialität – Sozialpädagogische Forschung als
dialogisch-nachahmende Entschleunigung ......................................................... 87
Bettina Uhlig und Carsten Müller
Die Bilder hinter den Bildern – Bilder als Forschungsgegenstand in der
Sozialen Arbeit ................................................................................................. 107
6 Inhalt
Albert Scherr und Debora Niermann
Wider den Forschungsmethodenzwang.
Ein Plädoyer für die theoriegeleitete Entdeckung interessanter Daten ............. 123
Susanne Maurer und Fabian Kessl
Radikale Reflexivität – eine realistische Perspektive für
(sozial)pädagogische Forschung? ..................................................................... 141
Sonja Kubisch
Spielarten des Rekonstruktiven. Entwicklungen von Forschung in der
Sozialen Arbeit ................................................................................................. 155
Birgit Griese
Anerkennungs- oder Gabentheorien?
Optionen für eine rekonstruktive Forschung in der Sozialen Arbeit (cid:3013)
eine kritische Würdigung der Beiträge Honneths ............................................. 173
Kapitel II:
Objekt- und professionstheoretische Forschungszweige und -ansätze in
Sozialpädagogik und Sozialer Arbeit im Kontext ihrer Bezugsdisziplinen
und ausgewählter Fachgebiete, Zielgruppen und Handlungsfelder
Franz-Michael Konrad
Historische Sozialpädagogik: Anmerkungen zu Stand und Perspektiven ......... 211
Carsten Müller
Historische Forschung in der Sozialpädagogik … oder:
Wie werden „tote Hunde“ zum Sprechen gebracht? ......................................... 229
Heike Brand
Bildungstheoretische Perspektive auf individuelle
Professionalisierungsprozesse in der Sozialen Arbeit ....................................... 243
Wolfgang Schönig
Tempolimits – Bemerkungen zur Organisation der Lernzeit in der Schule ...... 257
Katrin Sill
Sozialpädagogische Perspektiven im Kontext der (Ganztags-)Schule .............. 271
Inhalt 7
Carl Heese
Bildung im Alter als Lebens-Kritik. Die Aktualität Franz Pöggelers für
die Geragogik ................................................................................................... 293
Kim-Patrick Sabla
Perspektiven einer sozialpädagogisch begründeten Geschlechterforschung .... 303
Daniel Niebauer und Wolfgang Klug
Forschungsbasierte Praxis in der Sozialen Arbeit am Beispiel der
Wohnungslosenhilfe ......................................................................................... 315
Sylke Bartmann, Antje Handelmann und Astrid Hübner
Relevanz der Biographieforschung für die sozialpädagogische Forschung
am Beispiel eines Projektes zum Thema Berufsfindung und
Ausbildungsabbruch ......................................................................................... 331
Marianne Hirschberg
Ethische Richtlinien für Forschung und Wissenschaft –
Menschenrechtsbasierte Grundlagen gemäß Artikel 31 der
UN-Behindertenrechtskonvention .................................................................... 347
Epilog – „zu guter Letzt …“
Michael Winkler
Worte bedenken – eine kurze Intervention ....................................................... 383
Autorinnen und Autoren ................................................................................ 407
Zur Einleitung: Perspektiven sozialpädagogischer Forschung 9
Zur Einleitung: Perspektiven sozialpädagogischer
Forschung
Eric Mührel und Bernd Birgmeier
Forschung ist die systematische Suche nach neuen Erkenntnissen. Dieser Satz
transportiert eine zunächst verständliche, ja selbstverständlich anmutende Aus-
sage. Auf Forschung basierende Erkenntnisse können nur dann Geltung bean-
spruchen, wenn sie in ihrer systematischen Gewinnung nachvollziehbar sind.
Dies sind sie dann, wenn sie über anerkannte und damit nachprüfbare wissen-
schaftliche Methoden rekonstruierbar, überprüfbar und damit einsichtig sind.
Forschung zielt auf einen Mehrwert an wissenschaftsdisziplinärem, je nach
Ausgangslage auch auf einen Mehrwert von inter- oder auch transdisziplinärem
Wissen – zunächst nicht mehr und auch nicht weniger. Einen weiteren Mehrwert
kann das Nutzbarmachen der durch Forschung gewonnenen Erkenntnisse für die
mit den Wissenschaftsdisziplinen korrespondierenden Handlungs- und Anwen-
dungsfelder bedeuten. Zwingend ist wohl dies der Fall, wenn es sich nicht um
Grundlagenforschung, sondern um Forschung im Feld der Angewandten Wis-
senschaften handelt.
Indem sich Forschung auf den einen und bzw. oder den anderen angespro-
chenen Mehrwert bezieht, unterscheidet sie sich grundlegend von der Philoso-
phie. Denn diese strebt besonders in ihrem Gewand der Wissenschaftstheorie in
ihrer Reflexion der Wissenschaften eben nicht nach einem Mehr an Erkenntnis-
sen und Wissen, sondern nach dem Be- und Hinterfragen der Ausgangslagen und
Prozesse der Forschung samt ihrer Methoden. Kurz gesagt: in ihrem methodi-
schen Rückzug der Reflexion zielt sie auf den Sinn der Wissenschaft allgemein.
Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob eine solche philosophische Re-
flexion nicht doch als altbackenes Gewerbe professioneller Bedenkenträger dem
Wissenschaftsbetrieb eher hinderlich als förderlich ist und somit in die Schubla-
de der Nutzlosigkeit abgelegt werden sollte. Wir denken dies nicht! Wir halten
diese philosophische Reflexion für überaus sinnvoll und sprechen diese daher
bewusst zu Beginn dieser Einleitung an. Denn stehen Forschung und Wissen-
schaft allgemein nicht in einer Krise ihrer Glaubwürdigkeit und eben Sinnhaf-
tigkeit? Der Hintergrund für diese Frage rührt daher, dass Forschung heute mehr
und mehr dem ökonomischen Mehrwert der eventuellen Auftraggeber, der For-
schungsinstitutionen und der Forschenden selber dient und zu dienen hat. Was
E. Mührel, B. Birgmeier (Hrsg.), Perspektiven sozialpädagogischer Forschung,
Soziale Arbeit in Theorie und Wissenschaft, DOI 10.1007/978-3-658-01889-4_1,
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10 Eric Mührel und Bernd Birgmeier
sich in diesem Zusammenhang mit Reinhard Münch unter dessen Paradigma
„Akademischer Kapitalismus“ (Münch 2011) fassen lässt, kann hier nicht im
Detail erörtert werden. Kurz und damit sicher verkürzend ausgedrückt: For-
schung ist heute ein Produkt, das sich vermarkten lässt seitens der staatlich unter-
finanzierten Unternehmerischen Hochschule und anderer Forschungsinstitutio-
nen, seitens der evtl. Auftraggeber aus der Wirtschaft, Politik oder auch anderer
gesellschaftlicher Institutionen wie beispielsweise Stiftungen oder auch Wohl-
fahrtsverbände sowie seitens der Forschenden in den Anträgen auf Leistungszu-
lagen in der W-Besoldung oder eben bequem im Nebenamt.
Der Erkenntnisgewinn gerät dabei immer mehr in das Zwielicht der Belie-
bigkeit, der Mehrwert wird auf seinen Nutzen und nochmals auf seinen ökono-
misch gewinnbringenden und bzw. oder politischen Nutzen reduziert. Damit
gerät die Wissenschaft insgesamt in den Verdacht, sich selbst zu diskreditieren –
und das bei all den Anstrengungen um die so heiß begehrten Akkreditierungen
auf allen Ebenen. Zudem verliert sie ihre demokratische Bodenhaftigkeit – die
Idee der Universität als „Keimzelle der Demokratie“ (dazu Derrida 2001) er-
scheint schon lange desavouiert – und gerät in den Verdacht der Vetternwirt-
schaft in Forschungs-, Gutachter- und Berufungskartellen der disziplinären Seil-
schaften. Es wäre dabei naiv, sich dem Glauben hingeben zu wollen, dass dies in
den Sozialwissenschaften nicht der Fall sein könnte. Daher gibt es u.E. gute
Argumente, den Sinn und die Aufgabe von Forschung und Wissenschaft allge-
mein wieder neu zu bedenken.
Diese grundsätzlichen Fragen dürfen mit bedacht sein, wenn im Folgenden
nach dem Profil sozialpädagogischer Forschung Ausschau gehalten wird, aus dem
sich Perspektiven und Tendenzen für innovative und zukunftsweisende For-
schungsvorhaben und -programme mit ggf. Neuakzentuierungen ergeben könnten.
Was aber kann unter sozialpädagogischer Forschung verstanden werden? Unter-
scheidet sie sich und wenn worin von der Sozialarbeitsforschung? Oder ist sie
nicht eher ein Teilgebiet der Forschung in der Wissenschaft der Sozialen Arbeit?
Uns liegt es fern, mit der Verwendung des Begriffs sozialpädagogische For-
schung überkommene disziplinäre Gräben wieder zu öffnen. Er dient uns eher als
Chiffre, welche eine Eingangstür dafür öffnet, wie Forschung in der Sozialen Ar-
beit geschieht bzw. wie sie geschehen könnte. Dies wird u. a. daran deutlich, dass
in den Beiträgen auf den speziellen Begriff sozialpädagogische Forschung in der
Mehrzahl gar nicht explizit eingegangen wird. Auch in der Literatur lassen sich
Belege dafür finden, dass eine spezielle Beschreibung und Eingrenzung dessen,
was unter sozialpädagogischer Forschung zu verstehen sein könnte, nicht möglich
erscheint. Sozialpädagogische Forschung präsentiert sich beispielsweise nach
Werner Schefold „nicht nur als eigenes, ausdifferenziertes, institutionalisiertes, klar
professionalisiertes Handlungssystem, sondern vielmehr als Landschaft unter-
schiedlicher Formen der Forschung“ (Schefold 2010, 1137-1138).
Zur Einleitung: Perspektiven sozialpädagogischer Forschung 11
Diese Pluralität und Heterogenität ist besonders den verschiedenen Settings
der Forschenden – besonders den institutionellen Ausgangslagen – geschuldet. Je
nach dem erscheinen stets andere Aspekte der Sozialen Welt (siehe hierzu
Mührel 2011 u. Thaler/Birgmeier 2011) für die Sozialpädagogik – respektive
Soziale Arbeit – von besonderer Bedeutung für Forschungsarbeiten. Dabei könn-
te, so Peter Sommerfeld, die sozialpädagogische Forschung als der „instrumen-
telle und methodisierte beobachtende Teil der Wissenschaft“ (Sommerfeld 2011,
1466) zu einer Systematisierung und damit einem Selbstverständnis der Disziplin
beitragen. Diese Herausforderung stellt sich auf dem Hintergrund des andauern-
den gesellschaftlichen Wandels als besonders dringlich dar.
In diesem Zusammenhang sind folgende Kernfragen mit Bezug auf die Per-
spektiven sozialpädagogischer Forschung von besonderer Bedeutung:
(cid:131) Welche Fragestellungen sind auf dem Hintergrund des aktuellen sozialen
und gesellschaftlichen Wandels für sozialpädagogische Forschung beson-
ders relevant?
(cid:131) Welche metatheoretischen (Vor-)Entscheidungen spielen für einzelne For-
schungszugänge der Sozialpädagogik respektive Sozialen Arbeit eine be-
vorzugte Rolle?
(cid:131) Gibt es eine Aussicht auf eine systematisch fundierte sozialpädagogische
Forschung?
(cid:131) Welche erkenntnistheoretischen und wissenschaftsmethodischen Vorge-
hensweisen sind dabei von besonderer Bedeutung?
(cid:131) Gibt es eine genuin sozialpädagogische Forschung oder schließt sozialpäda-
gogische Forschung immer auch Forschung anderer Sozialwissenschaften
mit ein?
(cid:131) Welchen Beitrag kann sozialpädagogische Forschung für das disziplinäre
und professionelle Selbstverständnis der Sozialpädagogik respektive Sozia-
len Arbeit leisten?
Es freut uns als Herausgeber sehr, dass wir zur Beantwortung dieser Ausgangsfra-
gen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen gewinnen konnten, aus ihrer Sichtweise
hierzu Stellung zu beziehen. Dabei lassen sich unseres Erachtens zwei große
Schwerpunkte bzw. Zugänge zu den Perspektiven der Forschung in Sozialpädago-
gik und Sozialer Arbeit erkennen, nach denen eine Gliederung der Beiträge erfolgt.
Die im ersten Hauptkapitel enthaltenen Einzelbeiträge thematisieren in ers-
ter Linie allgemeine und metatheoretische Aspekte und Fragen zur Methodologie
und zur wissenschaftlichen Forschung in Sozialpädagogik und Sozialer Arbeit.
Diskurse und Statements zu metatheoretischen Grundfragen und Grundlagen
einer genuin sozialpädagogischen und sozialarbeitswissenschaftlichen Forschung