Table Of ContentDedering . Personalplanung und Mitbestimmung
Heinz Dedering
Personalplanung
und Mitbestimmung
@J
w
estdeutscher Verlag . Opladen 1972
ISBN-13: 978-3-531-11160-5 e-ISBN-13: 978-3-322-86057-6
DOl: 10.1007/978-3-322-86057-6
© 1972 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1972
Gesamtherstellung: Dr. Friedrich Middelhauve GmbH, Opladen
Umschlaggestaltung: Hansweroer Klein, Opladen
Vorbemerkung
Mit dem Inkrafttreten des neuen Betriebsverfassungsgesetzes am 19. Januar 1972 ist im
Bereich des betrieblichen Personalwesens eine gravierende Knderung eingetreten: Erst
malig unterliegt die Personalplanung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates.
Durch diese gesetzliche Regelung ist weitgehend sichergestellt, daB neben den wirt
schaftlichen Zielen des Arbeitgebers auch die sozialen Wunsche der Arbeitnehmer in die
Planungen eingehen und deren Interessen starker als bisher beriic:ksichtigt werden. Da
der Betriebsrat unter anderem die Moglichkeit hat, personalplanerisch initiativ zu
werden, kann fur die Zukunft mit einer groBeren Aktivitat auf diesem Gebiet gerech
net werden.
Das setzt jedoch voraus, daB entsprechende Methoden und Instrumente zur Verfugung
gestellt werden. Ohne Frage sind in den letzten Jahren auf wissenschaftlicher Seite
hinsichtlich der Personalplanung gewisse Fortschritte gemacht worden. In den einschla
gigen Arbeiten wird die Personalplanung aber lediglich aus der Sicht der traditionellen
Betriebswirtschaftslehre betrachtet, die sich ausschlieBlich oder doch primar dem Leit
ziel der Gewinnmaximierung verpflichtet fuhlt. Betriebssoziologische und sozialpoli
tische Oberlegungen geraten dabei vollig ins Hintertreffen. 1m allgemeinen werden
nicht einmal die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen angefuhrt, die doch
von erheblicher Bedeutung fur die praktische Vorgehensweise sind.
Die aufgezeigten Fakten bilden den Hintergrund fur die vorliegende Arbeit. Darin
wird der Personalplanung die grundsatzliche Aufgabe zugewiesen, die Voraussetzun
gen fur die Verwirklichung der Ziele des Arbeitgebers und der Belegschaft zu schaffen.
Zu diesem Zwec:k ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmungsleitung und Be
triebsrat erforderlich. Nach einer Analyse der Zusammenhange zwischen Personal
planung und Mitbestimmung werden die moglichen Mitbestimmungsinstitutionen kri
tisch betrachtet. Unsere Stellungnahme zu den Mitbestimmungsmoglichkeiten des
Betriebsrates auf dem Gebiet der Personalplanung erfolgt in der Weise, daB jeweils
bei einzelnen Teilplanungen angesetzt wird. Es werden jedoch nicht alle Planungs
bereiche analysiert, sondern nur diejenigen, die gewissermaBen eine "permanente Auf
gabe« der Planungsinstitutionen sein sollten. Hierzu gehoren die Personalbedarfs- und
Personalbeschaffungsplanung, die Planung von BildungsmaBnahmen und des Personal
einsatzes sowie die Planung der Beschaftigungsbedingungen. Alle anderen Planungs
bereiche bleiben in dieser Arbeit unberiic:ksichtigt (z. B. Personalplanung bei beson
deren Anlassen wie Betriebsanderungen).
Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daB nicht nur die Mitbestimmungsrechte des
Betriebsrates katalogmaBig aufgezahlt werden, sondern daB auch eine abgerundete
6 Vorbemerkung
Darstellung der einzelnen Personalplanungen gegeben werden kann. Dadurch besteht
die Moglichkeit, uber den Stand der vorhandenen Literatur hinaus VorschHige fur den
Aufbau und Ablauf der Personalplanung zu machen.
Wir hoffen, daB diese Arbeit zur Verminderung der in Wissenschaft und Praxis ver
breiteten Unsicherheit auf dem Gebiet der betrieblichen Personalplanung beitragen
moge.
Munster, im Marz 1972
Heinz Dedering
Inhaltsverzeichnis
A. Personalplanung als Mitbestimmungsaufgabe ....................... 11
1. Zur Bedeutung der Personalplanung ............................ 11
2. Beziehungen zwischen betrieblicher Sozialpolitik, Personalplanung
und Mitbestimmung .......................................... 14
a) Aufgabe und Abgrenzung der betrieblichen Sozialpolitik . . . . . . . . 14
b) Betrieblicher Interessenausgleich durch Instrumente der Sozial-
politik ................................................... 18
c) Personalplanung als Voraussetzung des Interessenausgleichs ..... 25
d) Mitbestimmung als Fuhrungsprinzip ......................... 29
3. Grundlage der Personalplanung: Leitsatze uber die Zusammenarbeit
zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft .................. 33
B. Mitbestimmungsinstitutionen fur Personalplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36
1. Mitbestimmung am Arbeitsplatz .................. . . . . . . . . . . . . .. 36
2. Mitbestimmung im Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39
3. Mitbestimmung in der Unternehmung . ................. ......... 45
C. Personalplanung im System der Gesamtplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49
1. Aufbau der Unternehmensplanung ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49
2. Bedeutung der Personalplanung in der Gesamtplanung ............ 50
3. Sachliche und zeitliche Spaltung der Personalplanung ............. 53
D. Planung des Personalbedarfs ..................................... 56
1. Wesen und Bedeutung ........................................ 56
2. Ermittlung des gegenwartigen Personalbedarfs ................... 59
a) Quantitative Ermittlung .................................... 61
b) Qualitative Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63
3. Ermittlung des zukunftigen Personalbedarfs ..................... 69
4. Organisation der Personalbedarfsplanung ........................ 71
8 InhaltweTzeidmis
E. Planung der Personalbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . • . . . • . . . . . 83
1. Wesen und Aufgaben ...•....•..............................•• 83
2. WerbemaBnahmen . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3. Auswahl und Einstellung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • . . . . • . . . . . . 87
4. Einfiihrong und Einarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 92
F. Planung der Berufsbildung ..................•.......•............ 95
1. Bedeutung und Notwendigkeiten ............................... 95
2. Planungsbereiche •............................................ 100
a) Betriebliche Ausbildung .................................... 100
b) Betriebliche Fortbildung ..................................•• 102
3. Ermittlung der Bildungsbediirfnisse ............................. 105
4. Erstellung von Bildungsrichtlinien .............................. 106
5. MaBnahmenplanung .......................................... 106
a) Zusammenstellung der moglichen BildungsmaBnahmen ......... 107
b) Aufstellung von BildungspIanen ............................. 113
c) Zeitplan rur die Durchfiihrung der Bildungsplane ..•........... 122
d) Endgiiltige Fesdegung der BildungspIane ......•........•...•• 123
e) Erfolgskontrolle und Planrevision ............................ 123
G. Planung des Personaleinsatzes .................................... 124
1. Wesen und Bedeutung ••..••.......•...•............•......... 124
2. Planung bei gleichbleibendem Personaleinsatz .................... 126
a) Eingliederung der Arbeitnehmer in die Strukturorganisation. . . .. 127
b) Eingliederung der Arbeitnehmer in die ProzeBorganisation ...... 128
3. Planung bei flexiblem Personaleinsatz ...•.•..................... 129
a) Voraussetzungen........................................... 130
b) Formen des Personaleinsatzes ............................... 132
c) Organisation der Planungsarbeit ............................. 134
4. Be£orderungsplanung ......................................•.. 137
a) Voraussetzungen........................................... 138
b) Planungsaufgaben ........................•................• 140
5. Kontrolle des Personaleinsatzes ................................ 142
H. Planung der Beschiftigungsbedingungen .....•....•..............•. 159
1. Gegenstand der Planung . . . . . . • • . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . • . •. 159
2. Planung der Arbeitsentgelte •.............•..••................ 159
a) Ziele der Planung .......................................•. 159
b) Organisatorische Voraussetzungen •........•................. 161
c) Planungsablauf .....••••.•.•....•....................•..... 163
Inhaltsflerzeichnis 9
3. Planung der Arbeitszeiten ..................................... 166
a) Aufgaben und Bedeutung ................................... 166
b) MaBnahmenplanung ....................................... 166
4. Planung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb ..... . .. 171
a) Verhaltnis der Arbeitnehmer zu Vorgesetzten und Arbeitskollegen 171
b) PlanungsmaBnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 177
I. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179
1. Allgemeine Fiihrungsgrundsatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179
2. Richtlinie iiber »Aus- und Fortbildung« ......................... 185
3. Verzeichnis der zitierten Literatur .............................. 207
4. Sachregister ................................................. 216
A. Personalplanung als Mitbestimmungsaufgabe
1. Zur Bedeutung der Personalplanung
Immer mehr ist in den letzten Jahren die Planung des Personalwesens in den Brenn
punkt des betrieblichen Interesses geriickt. Das hat verschiedene Ursachen:
Einmal ist von wissenschaftlicher Seite nachdriicklich auf die betriebswirtschaftlichen
Vorteile einer systematischen Personalplanung aufmerksam gemacht worden. Diese
bestehen darin, daB zukiinftige Fehlentscheidungen zwar nicht verhindert, aber doch
reduziert werden konnen.
Auf1erdem haben die Gewerkschaften immer wieder auf die Notwendigkeit einer
detaillierten Planung im Personal bereich hingewiesen, da angesichts des wirtschaft
lichen und sozialen Strukturwandels nur auf diesem Wege die Beschaftigung gesichert
und Entlassungen vermieden werden konnen. Damit wurde deutlich gemacht, daB Per
sonalplanung nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geboten, sondern im
Hinblick auf die Interessen der Arbeitnehmer unabdingbar ist.
Zum andern wurde die betriebliche Personalpolitik insofern vor neue Probleme ge
stellt, als die optimale Versorgung der westdeutschen Betriebe mit Arbeitskraften
durch eine Reihe von Faktoren erschwert worden ist. Ais solche sind unter anderem
zu nennen:
1. Die Vollbeschaftigung der westdeutschen Wirtschaft, Arbeitszeitverkiirzungen und
Urlausbsverlangerungen haben zu einer zunehmenden Knappheit an Arbeitskraften
gefiihrt.
2. Knderungen der Marktlage sowie die verschiedenen Formen des technischen Fort
schritts stell en in korperlicher, geistiger und nervlicher Hinsicht Arbeitsanforderun
gen, die die vorhandenen Arbeitskrafte nicht ohne weiteres erfiillen konnen. Um
schulungen und Umstrukturierungen der Betriebsbelegschaften sind damit un
umganglich.
3. Technisierte Produktionsprozesse erfordern in jedem Zeitpunkt eine ausreichende
Ausstattung der Betriebe mit Personal, andernfalls treten Betriebsunterbrechungen,
Engpasse und andere Folgen ein.
4. Die erhohte Fluktuation der Arbeitnehmer macht Oberlegungen hinsichtlich der
Neubesetzung der freigewordenen Arbeitsplatze erforderlich.
5. Die betriebliche Zusammenarbeit und damit der Einsatz der Arbeitskrafte ist in
vielfaltigen Formen moglich, die weder fiir die Beschaftigten noch fiir den Betrieb
von vornherein optimal sein miissen.
Angesichts dieser Einfliisse ist die Bedeutung einer systematisch aufgebauten und um
fassenden Personalplanung fiir modern gefiihrte und organisierte Unternehmungen
12 Personalplantlng als Mitbestimmllngsallfgabe
evident. Verwundern moB indessen, daB die Personalplanung in der BRD bisher keine
groBe Verbreitung gefunden hat. Deswegen sind die praktischen Erfahrungen mit der
Personalplanung in Westdeutschland noch relativ gering. Die meisten Unternehmungs
leitungen behelfen sich mit unterschiedlichen Improvisationen. Das ist insbesondere
darauf zuriickzufiihren, daB der Mensch als IOGegenstandc der personellen Pianung
nicht quantitativ erfaBbar ist. Eine Befragung des RKW hat zum Beispiel ergeben, daB
selbst von den Untemehmungen mit mehr als 1000 Beschaftigten nur 18010 eine Per
sonalplanung hatten. In der GroBenordnung von 501 bis 1000 Untemehmungsangeho
rigen waren es 8 0/0 und bis zu 500 Beschaftigten 11 0/0 der befragten Untemehmun
gen 1. Sofem Personalplane erstellt werden, begnugen sich die Untemehmungsleitun
gen meist mit der Erfassung kurzfristiger Zeitraume. Nach einer vom Ifo-Institut fur
Wirtschaftsforschung in Zusammenarbeit mit dem RKW und dem INSEAD 2 im
Jahre 1965 durchgefuhrten Untersuchung hatten 42010 der an der Befragung teilgenom
menen Untemehmungen (in ausgewahlten Industriebereichen) schriftlich fwerte Per
sonalplane fur den Zeitraum bis zu einem Jahr. In 14 Ofo der Unternehmungen lagen
Plane fur den Zeitraum bis zu zwei bis drei Jahren vor und lediglich 4 Ofo der Unter
nehmungen planten das Personal fur vier und mehr Jahre I. 1m allgemeinen nimmt die
Lange des Planungszeitraumes mit der GroBe der Untemehmungen zu. Das ist insofem
versundlich, als groBere Unternehmungen meist zu mehr langfristigen Dispositionen
gezwungen sind als kleinere '. In Unternehmungen mit weniger als 1000 Beschaftigten
werden Zeitraume von vier und mehr Jahren nur in Ausnahmefallen personalplanerisch
erfaBt (1 bis 2 Ofo dieser Untemehmungen). In der GroBenklasse von 1000 bis 1999 Be
schaftigten erstellen 7 Ofo der befragten Untemehmungen eine entsprechende Personal
planung. In der GroBenordnung von 2000 bis 9999 Arbeitskraften sind es 10 Ofo und
bei mehr als 10000 UnternehmungsangehOrigen 31 Ofo der Untemehmungen ". Damit
ist noch nichts ausgesagt uber die Art und Qualitat der in den Untemehmungen erstell
ten Personalplane. Haufig werden sich die Personalplane auf Fuhrungskrafte beschran
ken 8. Selbst wenn die angegebenen Zahlen nicht fur die gesamte westdeutsche Wirt
schaft reprasentativ sind 7, scheint eine Intensivierung der unternehmerischen Aktivi-
1 Vgl. RKW, Rechnungswesen, Organisation und Planung im Unternehmen, Erster Ergebnis
bericht, Frankfurt 1965, S. 55.
I Institut Euro~en d'Administration des Affaires.
I Vgl. W. Gerstenberger, G. Nerb und S. Sdllttenhelm, Unternehmerische Urteile und Antizi
pationen uber den Bedarf an Arbeitskraften, Ciret-Studien Nr. 14, hrsg. v. dem CIRET
Informations- und Dokumentationszentrum ant Ifo-Institut fur Wirtschaftsforschung, Mun
chen, Munchen-Mannheim, September 1969, S. 7.
, Ebenda, S. 6.
I Ebenda, S. 6.
• Ebenda, S. 11.
7 In der Untersuchung des Ifo-Instituts wurden von vornherein nur solche Firmen befragt,
die sich in der Vorerhebung ais personaiplanende Unternehmungen bezeichnet hatten. Die
Ergebnisse konnen deshalb nicht fur die gesantte Industrie, sondern allenfalls fur die ,.pIa
nende Industriec als reprasentativ angesehen werden. Vgl. W. Gerstenberger, G. Nerb und
S. Schittenhelm, a.a.O., S. 4.