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Naturschutzfachliche Analyse der
Wanzenfauna (Insecta, Heteroptera)
unterschiedlicher Almflächen im National-
park Gesäuse (Österreich, Steiermark)1
T. FRIEß
Abstract: Analysis of the Heteroptera fauna (Insecta, Heteroptera) of different Alpine pasture ar-
eas in the National Park Gesäuse (Austria, Styria).The Heteroptera fauna of different pasture types
of the Sulzkaralm (1.340-1.540 m) in the Austrian National Park Gesäuse (Austria, Styria) was exam-
ined in the years 2003 and 2004. Altogether 57 Heteroptera species were recorded, some of them char-
acteristic of the Alpine Area and quite rare. The local Heteroptera are living in a partly natural biotope
of high quality, that is populated by a diverse biocoenosis with many rare and endangered species. It is
shown that the conservation of small extensive meadows such as unused grasslands, wetlands and
swamps is essential to the protection of local diversity and of the characteristic Alpine fauna.
Key words: Alpine pasture, Heteroptera, National Park, nature conservation.
Einleitung zeitlich parallel auf engstem Raum mit der
generellen landwirtschaftlichen Intensivie-
Almen stellen mit 20 % Anteil an der
rung ab. So kommt es einerseits zu einer
Gesamtkatasterfläche Österreichs, das sind
„Verwilderung“ und andererseits zu einer
850.000 ha bzw. 40 % des österreichischen
„Überzivilisation“ – die Kulturlandschaft
Grünlandgebiets, einen wesentlichen Groß-
bleibt dabei oft auf der Strecke (GRABHERR
lebensraumtyp dar (AIGNERet al. 2003). Sie 1993).
gehören zu den letzten traditionell genutz-
Der Nationalpark Gesäuse (Österreich,
ten Großflächenbiotopen in Mitteleuropa
Steiermark, Nördliche Kalkalpen) besitzt
(PLACHTER 1991). Die seit Jahrhunderten
acht Almen – allesamt in der Bewahrungs-
praktizierte Almwirtschaft erhöht in Sum-
zone gelegen. Als wesentliche Ziele des Na-
me die Biotopvielfalt in der Alpinregion.
tionalpark-Managements gelten die Erhal-
Typisch für Almen sind kleinräumig wech-
tung der traditionellen Kulturlandschaft
selnde Standortbedingungen, die sich in ei-
und die Weiterführung bzw. Förderung einer
nem Mosaik unterschiedlicher Vegetations-
ökologisch-nachhaltigen Almbewirtschaf-
einheiten widerspiegeln und in erster Linie
tung (KREINER2003, 2004). Im Sinne dieser
durch die Bewirtschaftung (Düngung, Nut-
Zielvorstellung wurde auf der Sulzkaralm ein
zung, Pflege) bestimmt werden.
interdisziplinäres Pilotprojekt zum Thema
Die Tendenz zur Nutzungsaufgabe in der Almmanagement in Angriff genommen. In
Berglandwirtschaft und der damit verbunde- diesem Projekt soll eine fachlich fundierte
ne Verlust an offenen und halboffenen, Grundlage für die Umsetzung von Maßnah-
durchwegs artenreichen Lebensräumen, im men im Almbereich formuliert werden, die
Zuge natürlicher Sukzessionsprozesse (Ver- eine ökologisch verträgliche, nachhaltige
buschung, Verwaldung) läuft auf Almen oft Almnutzung im Nationalpark zum Ziel hat
1 In Dankbarkeit für die jahrelange stets freundliche und außerordentliche Hilfsbereitschaft beim Einarbeiten in die
Heteropterologie widme ich diese Arbeit Prof. Dr. Ernst Heiss (Innsbruck). In gewisser Weise darf ich damit auch sei-
Denisia 19, zugleich Kataloge
ne Bemühungen im Rahmen seiner vielen faunistischen und ökologischen Artikel zum Schutz wichtiger Wanzenle- der OÖ. Landesmuseen
bensräume unterstützen. Neue Serie 50 (2006), 857–873
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se wiesen DUELLI & OBRIST (1998) bereits
auf die Eignung von Wanzen als Biodeskrip-
toren bei Biodiversitätsuntersuchungen im
bewirtschafteten Grünland hin. Dabei neh-
men Heteropteren in einer „Top-Twenty“-
Liste von Indikatororganismen noch vor
den Blütenpflanzen den ersten Rang ein.
Gezielte Aufsammlungen von Wanzen
im Nationalparkgebiet sind nach Wissen
des Autors in den letzten ca. 40 Jahren nicht
unternommen worden. Dennoch liegen
dank zweier der bedeutendsten österreichi-
schen Entomologen, Gabriel Strobl und
Herbert Franz, aus dem heutigen National-
parkgebiet Nachweise von rund 200 Wan-
zenarten vor. Diesbezügliche Funde finden
sich bei STROBL (1900), MOOSBRUGGER
(1946), FRANZ& WAGNER(1961) und RA-
BITSCH(1999). Die Daten stammen fast aus-
schließlich aus der ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts, dennoch gilt das National-
parkgebiet im Vergleich zu vielen anderen
Abb. 1: Lage des Nationalparks Gesäuse (KREINER 2003; SCHWAB et al. 2004; KREI- steirischen Regionen als sehr gut erforscht.
innerhalb Österreichs (Ausschnitt rechts NER& ZECHNER2005). Das Ziel der vorliegenden Studie ist eine
oben) und Lage der Sulzkaralm innerhalb
des Nationalparks (roter Pfeil). Im Rahmen der naturschutzfachlichen ökofaunistische Analyse von ausgewählten
Bewertung wurden zoologische Erhebungen Almflächen mit besonderer Berücksichti-
im Projektgebiet anhand ausgewählter Indi- gung des naturschutzfachlichen Aspekts.
katorgruppen (u. a. Spinnentiere, Zikaden, Die Ergebnisse sollen schließlich in eine Be-
Schmetterlinge, Geradflügler) vorgenom- wertung des aktuellen Zustands überleiten
men. Erste zikaden- und spinnentierkundli- und zu Verbesserungsvorschlägen im Weide-
Abb. 2: Die Sulzkaralm beherbergt
unterschiedlich intensiv genutzte che Ergebnisse finden sich in KOMPOSCH& management aus tierökologischer Sicht füh-
Weideflächen und ist Zielgebiet für die HOLZINGER(2005). Der vorliegende Artikel ren.
Entwicklung eines naturschutzkonformen
behandelt die Wanzen (Heteroptera). In ei-
Almmanagements im Nationalpark Gesäuse
(Foto: T. Frieß). ner groß angelegten Aufwand-Ertrag-Analy- Material und Methoden
Projektgebiet
Das Untersuchungsgebiet Sulzkaralm
liegt im Zentrum des Nationalparks Gesäuse
(Ennstaler Alpen), ungefähr sieben Kilome-
ter südwestlich von Hieflau. Die ca. 180 ha
große Alm mit über 400 m Vertikalausdeh-
nung (1.220-1.680 m) weist eine hohe Bio-
toptypendiversität mit unterschiedlich in-
tensiv genutzten Teilarealen auf. Die Besto-
ßung im Jahr 2003 betrug 106 Stück Vieh,
das entspricht 84 Großvieheinheiten. Im
Schnitt wird ca. 80 Tage im Zeitraum von
Mitte Juni bis Anfang September gealpt.
Kennzeichnende Lebensraumtypen vor Ort
sind der hochmontane Fichtenwald mit Lär-
che, Fichten-(Tannen-)wald, Bürstlingsra-
sen und Milchkrautweide. Knapp die Hälfte
(43 %) der Almfläche ist Reinweide, 35 %
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Tab. 1: Übersicht der untersuchten Biotoptypen und Standorte, sortiert von extensiver bis intensiver Beweidung mit dem Sonderstandort
Moor zuletzt.
Bezeichnung Kürzel Seehöhe, Koordinaten Beschreibung Bewirtschaftung
Kalkmagerrasen KMR 1.520 m, 47°33´45´´N; 14°40´35´´O Kalkrasen, Blaugras-Horstseggenrasen bzw. extensiv; Übergang zur
Rostseggenhalde; hoher Artenreichtum natürlichen Vegetation
Feuchtfläche FFL 1.500 m, 47°33´39´´N; 14°40´26´´O Quellfluren, Davallseggenried mit Sumpf- extensiv; dient z. T. als
Schachtelhalm; Niedermoor inkl. Quelltümpel Viehtränke
Bürstlingsweide BüW 1.500 m, 47°33´40´´N; 14°40´28´´O Nardetum, Bürstlingrasen-„mild“, Kombinationstyp mäßig intensiv
Blaugras-Horstseggenrasen; artenverarmt
Buckelweide BuW 1.340 m, 47°34´01´´N; 14°41´20´´O Steinrasen, Milchkrautweide, Kombinationstyp intensiv
Bürstlingrasen-„mild“; hoher Strukturreichtum
Fettweide FeW 1.540 m, 47°34´01´´N; 14°41´20´´O Rasenschmielerasen, Übergang zur intensiv
Milchkrautweide bzw. Lägerflur; artenarm
Wollgras-Moor WoM 1.430 m, 47°33´80´´N; 14°41´40´´O Niedermoor-Kleinseggenbestand; schwach bultig; extensiv
inkl. kleiner Moortümpel
sind Wald und 14 % sind Weide im Baum- Neben den selbst getätigten Erhebungen
verbund. Punktuell finden sich im Gebiet standen Beifänge anderer Bearbeiter (Öko-
auch Niedermoore mit Stern- oder Davall- team, Graz) aus dem Jahr 2004 zur Verfü-
segge sowie Braunseggenriede (EGGER & gung. Einerseits handelt es sich dabei um Tie-
PAAR1999). re aus Saugfängen (modifizierter Laubsauger,
„B-Vac“, Einsaugöffnung: ca. 112,5 cm2) so-
Probeflächen wie aus Boden(Barber-)fallen. Bei den Saug-
proben wurden in jedem Lebensraum an fünf
Es wurden sechs für das Gesamtgebiet
Tagen je 50 Punkte besaugt. Pro Untersu-
repräsentative Probeflächen ausgewählt –
chungsfläche waren vier Barberfallen im Zei-
mit dem Ziel, eine möglichst vollständige
traum von Juli bis August installiert. Für die
Erfassung des Gesamtarteninventars der Of-
Auswertungen wurden die Ergebnisse aller
fenlandstandorte des Projektgebiets zu errei-
Sammelmethoden zusammengefasst.
chen.
Auswertungsmethodik
Freilandmethodik
Im Zuge der Untersuchung wurden nur Zur naturschutzfachlichen Bewertung
selektive Fangmethoden zum Einsatz ge- wurden folgende Klassifizierungen vorge-
bracht (Streifnetzfang, Handfang, Sicht- nommen: Abb. 3: Lage der untersuchten
nachweis, Klopfschirm, Käfersieb). Jede Re- Stenotopie: Die autökologische Charak- Biotoptypen auf der Sulzkaralm.
Abkürzungen: KMR = Kalkmagerrasen, FFL
ferenzfläche wurde nach demselben Unter- terisierung ist bei einigen Wanzenarten pro-
= Feuchtfläche, BüW = Bürstlingsweide,
suchungsmuster besammelt: 60 Doppel- blematisch, da wenige Angaben zur Habi- BuW = Buckelweide, FeW = Fettweide,
kescherschläge mit dem Streifnetz und zu- tat- und Nährpflanzenbindung von Wanzen WoM = Wollgras-Moor.
sätzlich eine ca. 20-minütige Handsuche in
ausgewählten Kleinlebensräumen oder an
speziellen Nährpflanzen. Durch diese semi-
quantitative Beprobung ist ein Vergleich der
Organismengemeinschaften der einzelnen
Untersuchungsflächen möglich.
Das Projektgebiet bzw. die Probeflächen
wurden an folgenden Tagen kartiert: 13.
August 2003, 18. September 2003, 30. Sep-
tember 2003, 18. August 2004 und 17. Sep-
tember 2004. Nach jeder Beprobung wurden
die sicher bestimmbaren Individuen notiert
und wieder frei gelassen. Im Freiland nicht
sicher determinierbare Tiere wurden mitge-
nommen und befinden sich in der Samm-
lung T. Frieß (Graz).
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aus der Steiermark vorliegen; daher auch die nenähnlichkeit) dienen (MÜHLENBERG
hohe Anzahl von Fragezeichen in der ent- 1993; HENRY& DISNEY1994). Mit Hilfe des
sprechenden Spalte. Die Angaben sind als Programms SPSS wurden Dendrogramme
vorläufig zu verstehen. erzeugt. Standorte auf einem hohen Ähn-
lichkeitsniveau werden dabei zu Gruppen
Seltenheit: Einteilung in Seltenheits-
(„Cluster“) zusammengefasst.
klassen (bezogen auf das Bundesland Steier-
mark). Zu beachten ist, dass man die tat-
sächliche Häufigkeit in natura nicht zwei- Ergebnisse und Diskussion
felsfrei mit der Anzahl an Fundmeldungen
korrelieren kann, dennoch wird die Beob- Artenbestand
achtungsfrequenz als relativer Richtwert für
Insgesamt wurden auf der Sulzkaralm 57
die faunistische Klassifizierung aller Arten
Wanzenarten nachgewiesen (Tab. 2). Die
herangezogen. Es wurden die gesamte
Reihung, Nomenklatur und Taxonomie
heteropterologische Literatur Steiermarks
richten sich nach RABITSCH(2005).
sowie eigene, unpublizierte Daten des Ver-
Die Anzahl von 57 nachgewiesenen
fassers berücksichtigt: ss (sehr selten) = 0-5
Wanzenarten entspricht 9,2 % aller aus der
Nachweise, s (selten) = 6-10 Nachweise, v
Steiermark bis dato bekannten Heterop-
(verbreitet) = 11-20 Nachweise, h (häufig)
= >20 Nachweise. terenarten (617 Arten vgl. FRIEß et al.
2005). Es handelt sich dabei großteils um
Gefährdung: Da es keine Rote Liste ge-
Arten, die zur typischen Ausstattung subal-
fährdeter Wanzen für die Steiermark oder
piner Lebensräume in den Ostalpen (auf
Österreich gibt, müssen zu Vergleichszwek-
Kalk) zählen. Einige Arten erreichen in den
ken entsprechende Listen aus den Nachbar-
untersuchten Flächen die Obergrenze ihrer
regionen herangezogen werden: Nieder-
Vertikalverbreitung (z. B. Trigonotylus caele-
österreich (RABITSCH 2006), Deutschland stialium, Phylus coryli, Plagiognathus arbusto-
(GÜNTHERet al. 1998), Bayern (ACHTZIGER rum, Rhopalusparumpunctatus, Pentatomaru-
et al. 2003), Liechtenstein (BERNHARDT fipes), andere hingegen (ca. 25 % des Ge-
1995) und Slowenien (GOGALA1992). Die samtbestands) sind ausschließlich auf Le-
dortigen Angaben von Rote-Liste-Kateg-
bensräume dieser Höhenzone beschränkt.
orien können für steirische Verhältnisse nur
Solche Charakterarten der hochmontanen,
bedingt gelten, alle festgestellten Arten
subalpinen bis alpinen Stufe sind etwa Ger-
wurden aber hinsichtlich einer möglichen
ris costae, Salda littoralis, Calocoris alpestris,
Gefährdung auch in der Steiermark über-
Mecomma dispar und Eurydema rotundicollis.
prüft. Ist eine solche anzunehmen, wurde
Außerdem treten enger verbreitete, für die
bei den entsprechenden Arten ein „g“ für
Ostalpen (Dimorphocoris schmidti) bzw. Al-
„aktuelle Gefährdung gegeben“ gesetzt, oh-
pen (Stenodemaalgoviensis) endemische For-
ne dabei zwischen verschiedenen Gefähr-
men auf.
dungskategorien zu unterscheiden (z. B.
Nur wenige Arten erreichen höhere Ab-
„stark gefährdet“, „gefährdet“...); ein „?“ be-
undanzen. Es handelt sich um die montanen
deutet „Forschungsbedarf“.
Charakterarten Lygus punctatus (polyphag
Ein Vergleich der Artengemeinschaften
an Kräutern), Notostira erratica(eurytop; an
zwischen den Teilflächen wurde mit Hilfe
Gräsern), Stenodema holsata (an Gräsern)
einer Clusteranalyse sowie der Dominanz-
und Nithecus jacobaeae (an diversen Kräu-
einteilung über die logarithmische Relation
tern).
der Klassenbildung (nach ENGELMANN
1978, zitiert nach MÜHLENBERG 1993) Ökologische Gilden
durchgeführt. Die Artidentität der Standor-
Eine wesentliche Hilfestellung bei der
te wurde mit Hilfe der Jaccard`schen Zahl,
Beschreibung von Lebensgemeinschaften ist
die Dominanzidentität über die Pearson-
die Darstellung der Anteile unterschied-
Korrelation (beide nach Average Linkage)
licher ökologischer Gilden.
berechnet. Dabei handelt es sich um Kenn-
werte, die bei gleicher Stichprobengröße Die Auswertung des Gesamtarteninven-
dem Vergleich zwischen Standorten (Fau- tars nach ökologischen Gilden ergibt das
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Tab. 2: Liste der festgestellten Wanzenarten mit Fangzahlen für jede Teilfläche. Abkürzungen: KMR = Kalkmagerrasen, FFL =
Feuchtfläche, BüW = Bürstlingsweide, BuW = Buckelweide, FeW = Fettweide, WoM = Wollgras-Moor; BioB = Biotopbindung; SH =
Seltenheit (in Bezug auf die Steiermark): ss = sehr selten, s = selten, v = verbreitet, h = häufig; G = Gefährdung (in Bezug auf die
Steiermark): g = Gefährdung (in unterschiedlichem, nicht differenzierten Ausmaß) gegeben, ? = Forschungsbedarf.
Nr. Familien, Arten KMR FFL BüW BuW FeW WoM BioB SH G
Familie Dipsocoridae
1 PachycoleuswaltliFIEBER1860 1 stenotop ss g
Familie Gerridae
2 Gerriscostae(HERRICH-SCHÄFFER1850) 2 2 stenotop? v ?
3 GerrislateralisSCHUMMEL1832 4 stenotop s g
Familie Saldidae
4 Saldulamelanoscela(FIEBER1859) 1 stenotop ss g
5 Saldulaorthochila(FIEBER1859) 1 stenotop? s
6 Saldulasaltatoria(LINNAEUS1758) 1 4 eurytop h
7 Saldalittoralis(LINNAEUS1758) 7 14 stenotop v g
Familie Tingidae
8 Acalyptamusci(SCHRANK1781) 2 1 eurytop? v
9 Acalyptanigrina(FALLÉN1807) 1 stenotop? v ?
10 Agrammaruficorne(GERMAR1835) 1 stenotop s g
11 Kalamatricornis(SCHRANK1801) 2 3 1 stenotop? v ?
12 TingisreticulataHERRICH-SCHÄFFER1835 1 1 1 eurytop? v
Familie Miridae
13 Calocorisaffinis(HERRICH-SCHÄFFER1835) 1 1 2 eurytop h
14 Calocorisalpestris(MEYER-DÜR1843) 5 1 2 eurytop? h
15 Charagochilusgyllenhalii(FALLÉN1807) 1 eurytop h
16 Hadrodemusm-flavum(GOEZE1778) 1 stenotop v ?
17 Lygocorispabulinus(LINNAEUS1761) 3 1 3 1 eurytop h
18 Lyguspunctatus(ZETTERSTEDT1838) 29 1 1 37 49 eurytop h
19 LyguswagneriREMANE1955 3 6 9 stenotop? s ?
20 Phytocorissp.-Larve 1
21 Pinalitusrubricatus(FALLÉN1807) 4 1 eurytop s ?
22 Stenotusbinotatus(FABRICIUS1794) 1 eurytop h
23 Notostiraerratica(LINNAEUS1758) 11 5 17 10 37 eurytop h
24 StenodemaalgoviensisSCHMIDT1934 4 1 2 17 stenotop? v ?
25 Stenodemaholsata(FABRICIUS1787) 29 17 18 35 6 eurytop h
26 Trigonotyluscaelestialium(KIRKALDY1902) 2 1 eurytop v
27 Dimorphocorisschmidti(FIEBER1858) 1 1 stenotop? v ?
28 Orthocephalusbrevis(PANZER1798) 2 1 eurytop v
29 Orthocephaluscoriaceus(FABRICIUS1777) 1 eurytop s
30 Orthocephalussaltator(HAHN1835) 1 1 eurytop v
31 Mecommadispar(BOHEMAN1852) 1 1 stenotop s ?
32 Mecommaambulans(FALLÉN1807) 1 3 2 1 eurytop v
33 Hallodapusrufescens(BURMEISTER1835) 1 stenotop ss g
34 Chlamydatuspullus(REUTER1870) 1 eurytop v
35 Phyluscoryli(LINNAEUS1758) 1 eurytop v
36 Plagiognathusarbustorum(FABRICIUS1794) 2 eurytop h
37 Psallusvittatus(FIEBER1861) 1 stenotop? s ?
Familie Nabidae
38 NabislimbatusDAHLBOM1851 1 25 1 8 stenotop v ?
39 NabisflavomarginatusSCHOLTZ1847 8 4 1 eurytop? v
Familie Anthocoridae
40 AcompocorismontanusWAGNER1955 1 stenotop ss g
41 Acompocorispygmaeus(FALLÉN1807) 1 2 stenotop? s ?
42 Anthocorisnemorum(LINNAEUS1761) 2 2 eurytop h
Familie Lygaeidae
43 Nithecusjacobaeae(SCHILLING1829) 83 22 17 eurytop h
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Nr. Familien, Arten KMR FFL BüW BuW FeW WoM BioB SH G
44 Nysiusthymi(WOLFF1804) 1 eurytop? v
45 CymusglandicolorHAHN1832 1 15 1 stenotop? v
46 DrymusryeiiDOUGLAS& SCOTT1865 1 stenotop? s ?
47 Stygnocorissabulosus(SCHILLING1829) 1 stenotop? v ?
Familie Berytidae
48 Berytinuscrassipes(HERRICH-SCHÄFFER1835) 1 3 eurytop? s ?
49 Berytinussignoreti(FIEBER1859) 12 1 2 stenotop? s ?
Familie Rhopalidae
50 RhopalusparumpunctatusSCHILLING1829 1 eurytop v
Familie Cydnidae
51 Canthophorusimpressus(HORVÁTH1880) 1 2 stenotop ss g
Familie Pentatomidae
52 Dolycorisbaccarum(LINNAEUS1758) 9 1 2 eurytop h
53 Palomenaprasina(LINNAEUS1761) 1 eurytop h
54 Eurydemarotundicollis(DOHRN1860) 1 stenotop h
55 Pentatomarufipes(LINNAEUS1758) 1 eurytop h
56 Picromerusbidens(LINNAEUS1758) 2 1 eurytop h
57 Zicronacaerulea(LINNAEUS1758) 4 eurytop? v ?
Individuenzahl pro Fläche 212 73 84 135 161 28
Artenzahl pro Fläche 26 14 23 30 14 9
Bild einer ausgewogenen Artenmischung, in Bei den Arten der Bodenbewohner han-
der die Krautschichtbewohner (den Charak- delt es sich einerseits um laufaktive, helio-
ter der beprobten Teilflächen entsprechend) phile Arten (v. a. Langwanzen), die Stellen
mit 36 % (21 Arten) dominieren. Es han- mit geringem Raumwiderstand bevorzugen
delt sich gleichermaßen um polyphage, an (lückiger Wuchs oder offene Bodenflä-
Kräutern unterschiedlicher Gattungen sau- chen), und andererseits um an speziellen
gende Formen und um monophag an spe- Nährpflanzen lebende Arten, die an den un-
zielle Gebirgsflorenelemente gebundene teren Pflanzenteilen saugen (v. a. Netzwan-
Spezies (Abb. 4). zen, Weichwanzen).
Ihnen folgen die endo- und epigäisch le- 14 % aller Arten sind an Gräser (Poace-
benden Arten („Bodenbewohner“) und die ae, Cyperaceae, Juncaceae) gebunden. Das
Gehölzbesiedler mit je 18 % (10 Arten). In Gros dieser Gilde stellen Vertreter der zu
der letzt genannten Gruppe überwiegen die den Weichwanzen zählenden Graswanzen.
trophisch spezialisierten Gehölzbesiedler (v. Immerhin 7 Arten (12 %) sind in ihrer Le-
a. Weich- und Langwanzen) der Obermon- bensweise direkt an nasse Biotope gebun-
tan- bis Kampfwaldstufe, die in erster Linie den. Lediglich eine Art (2 %) gilt als Zwerg-
an Picea, Pinusund Larixleben. strauchbesiedler (Hallodapusrufescens).
Abb. 4: Anteile unterschiedlicher
ökologischer Gilden an der
Wanzenfauna der Sulzkaralm. Lokale Diversität
Abkürzungen: Kr = Kräuterbewohner,
Wie mehrfach belegt wirken sich die mit
Gr = Grasbesiedler, Bo =
Bodenbewohner (endo- und der zunehmenden Höhe verbundenen raue-
epigäische Arten), Hy = ren Klimaverhältnisse, die Verkürzung der
hygrophile/hygrobionte Arten (inkl.
Vegetationsperiode und die Reduktion des
Arten, die an Pflanzen von
Wirtspflanzenspektrums drastisch auf die
Nassbiotopen, z. B. Carex-Arten,
leben), Zw = Zwergstrauchbesiedler, Diversität der Heteropteren-Zönosen in den
Ge = Gehölzbesiedler (exkl. montanen bis alpinen Lebensräumen aus
Zwergstrauchbesiedler).
(FRANZ1946; CHRISTANDL-PESKOLLER& JA-
NETSCHEK 1976; FRIEß 2000). Zählen
Heteropteren zu den dominanten Tiergrup-
pen im Grünland der Tief- und Mittellagen
(mit bis zu 80 Arten pro Wiesenstandort),
reduziert sich ihr Anteil nach oben hin
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rasch. In der hochalpinen Grasheidestufe
kommen de facto keine Wanzen mehr vor
(FRANZ1943; FRIEß2000).
Insgesamt konnten 57 Arten (mit 693
Individuen) nachgewiesen werden. Damit
präsentieren sich die untersuchten Flächen
mit einem für Wanzen in dieser Höhenlage
hohen Wert. Zu bedenken ist, dass keinerlei
mit Gebüsch oder Bäumen stärker bestockte
Lebensraumtypen untersucht wurden.
Damit ist das Gebiet im direkten Ver-
gleich mit ähnlich untersuchten Gebieten in
Kärnten und in der Steiermark als sehr wan-
zenartenreich einzustufen. Diese Aussage
stützt sich auf Vergleiche mit der Literatur (v.
a. FRANZ1943, 1949) bzw. mit eigenen Erhe-
bungen vom Hochobir (59 Arten; FRIEß
höher gelegenen Probeflächen kein Aus- Abb. 5: Wanzen-Artenzahlen und
2000), von der Zirbitzkogel/Seetaler Alpe kommen mehr finden. -Individuenzahlen der untersuchten
(64 Arten; T. Frieß & K. Adlbauer, unpubl.), Biotoptypen im Vergleich. Anmerkung:
von der Mussen im Lesachtal (22 Arten; T. Mit einem geringfügigen Abstand folgt eigenständige Arten = ausschließlich in
einer Teilfläche nachgewiesene Arten. Das
Frieß, unpubl.) und von den Nockbergen (41 mit insgesamt 26 Arten die Teilfläche
„Wollgras-Moor“ wurde nur in einem Jahr
Arten; T. Frieß, unpubl.). Verglichen wurden „Kalkmagerrasen“. An dritter Stelle rangiert besammelt.
die Wanzengemeinschaften ähnlicher Le- mit 23 Arten die „Bürstlingsweide“. Danach
bensräume (nur Offenland) in einer Höhen- folgen mit Abstand die gleich hoch diversen
zone von 1.300 m bis 1.600 m Seehöhe. Teilflächen „Feuchtfläche“ und „Fettweide“
(je 14 Arten). An deutlich letzter Stelle bil-
Neben der Vielfalt von Arten über-
det das „Wollgras-Moor“ mit 9 Arten das
rascht die interessante Kombination der
Schlusslicht hinsichtlich der Artendiver-
Wanzenzönosen. So sind etwa Charakterar-
sität. Diese Probestelle wurde allerdings nur
ten der montan-subalpinen Feuchtlebens-
in einem Jahr besammelt.
räume ebenso vertreten, wie die auf Kräuter
trockener, artenreicher Wiesen spezialisier- Der Individuenreichtum des „Kalkma-
ten Arten. Ergänzt wird die Zönose durch gerrasens“ sticht deutlich hervor. Mit 212
einige Gebüsch- und Baumbesiedler. Etwas Exemplaren wurden über 30 % aller im Zu-
unterrepräsentiert sind lediglich die auf ge dieser Untersuchung festgestellten Tiere
Zwergsträuchern vorkommenden Arten hier beobachtet. Es folgt die „Fettweide“ mit
(entsprechende Flächen wurden jedoch 161 Exemplaren, gefolgt von der „Buckel-
nicht gezielt untersucht). weide“ mit 135 Individuen. Diese drei ge-
nannten Flächen beherbergen fast drei Vier-
Zönotik tel aller gefundenen Wanzen. Die übrigen
Das Ziel der zönotischen Betrachtung ist Stellen fallen ab, wobei das „Wollgras-
die grobe Beschreibung der Teilflächen- Moor“ nur ein Jahr beprobt wurde. Auffal-
lebensgemeinschaften. Die semiquantitative lend ist, dass die Individuen- mit der Arten-
Datenerhebung erlaubt auch einen Ver- zahl korreliert. Eine Ausnahme davon bildet
gleich der untersuchten Biotoptypen hin- die „Fettweide“. Trotz der zweithöchsten
sichtlich ihrer Arten- und Individuenzahlen. Abundanz erreicht die Fläche nur den vier-
ten Rang in der Artendiversität.
Die Teilflächen präsentieren sich als
unterschiedlich artenreich. Die meisten, Bezüglich der eigenständigen Arten (aus-
nämlich 30 Arten, wurden in der „Buckel- schließlich in einer Fläche gefundene Arten)
weide“ festgestellt. Das ist auf die Struktur- führen die „Buckelweide“ und der „Kalkma-
heterogenität und v. a. auf die deutlich nie- gerrasen“ mit je 7 Arten. Im relativen Anteil
drigere Höhenlage zurückzuführen, die das eigenständiger Formen erreicht jedoch die
Auftreten einiger Arten erlaubt, die in den „Feuchtfläche“ mit 29 % den Spitzenwert.
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der durch den „Kalkmagerrasen“ und die
„Bürstlingsweide“ gebildet wird. Ursachen
hierfür sind die prinzipiell ähnlichen Stand-
ortverhältnisse (Exposition, Neigung, räum-
liche Nähe, Seehöhe) und die an beiden
Stellen extensive Weidenutzung.
Gänzlich eigenständig präsentiert sich
Cluster 3, die beiden Sonderstandorte
„Feuchtfläche“ und das „Wollgras-Moor“.
Sie weisen hinsichtlich der Bodenfeuchte,
Vegetationsausprägung und Nutzung hohe
Korrelationen auf, was sich in einer entspre-
chenden Dominanzähnlichkeit der Wanzen
widerspiegelt.
Die Auswertung nach dem Jaccard-In-
Abb. 6: Ähnlichkeitsanalyse der Untersuchungsflächen auf Basis der Dominanzidentität dex (Artidentität) ergibt ein generell ähnli-
(Individuendichten), Pearson-Korrelation.
ches Bild, wobei hier nur ein Cluster (sehr
hoher Ähnlichkeitsindex) erkennbar ist. Es
handelt sich – wie nach Pearson – um den
„Kalkmagerrasen“ und die „Bürstlingswei-
de“. Ihnen am ähnlichsten verhält sich die
„Buckelweide“. Die „Fettweide“ und die
„Feuchtfläche“ korrelieren mit keiner ande-
ren Stelle. Das „Wollgras-Moor“ ist von ho-
her Eigenständigkeit gekennzeichnet.
Beschreibung der
Teilflächenzönosen unter
Berücksichtigung des
naturschutzfachlichen Aspekts
Die Reihenfolge der Teilflächen erfolgt
nach dem Grad der Beweidung – von exten-
Abb. 7: Ähnlichkeitsanalyse der Untersuchungsflächen auf Basis der Artidentität, siv bis intensiv. Das „Wollgras-Moor“ wird
Jaccard-Index.
als nicht beweideter Sonderstandort zuletzt
Clusteranalyse besprochen.
Zur Darstellung der Ähnlichkeit der
Kalkmagerrasen – KMR
Untersuchungsflächen und Artengemein-
Der untersuchte „Kalkmagerrasen“ hat
schaften werden Clusteranalysen (Artiden-
sich als Heimstätte einer sehr ausgewoge-
tität nach der Jaccard`scher Zahl; Dominan-
nen, standorttypischen Vergesellschaftung
zidentität nach der Pearson-Korrelation)
von Wanzen herausgestellt. In höheren
dargestellt und erläutert.
Dichten kommen sowohl Wärme bedürftige
Die Ähnlichkeitsanalyse auf Basis der und Trockenheit liebende Kräuterbewohner
Dominanzidentität zeigt ein interessantes (Nithecus jacobaeae, Lygus punctatus, Beryti-
Bild – das Ergebnis korreliert in hohem Maß nussignoreti) als auch an Gräser gebundene
mit der Bewirtschaftungsintensität sowie Arten (Stenodemaholsata, Notostiraerratica)
mit den natürlichen Standortbedingungen. vor. Die Zönose wird zudem durch mehrere
Baumbesiedler ergänzt (Tab. 3).
Auf sehr hohem Ähnlichkeitsniveau
werden die „Buckelweide“ und die „Fettwei- Besonders hervorzuheben sind die mit
de“ gruppiert (Cluster 1). Beide Flächen 212 beobachteten Exemplaren hohen Ab-
sind die am intensivsten bewirtschafteten. undanzen. Mit 26 Arten nähert sich der
In der Dominanzidentität folgt Cluster 2, Standort wohl der maximal erzielbaren Di-
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versität von Wanzen in dieser Höhenlage Tab. 3: Dominanzanalyse Kalkmagerrasen.
(1.520 m). Die Hälfte aller Wanzenarten ist
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit
gefährdet oder selten, sieben Arten kom-
eudominant Nithecus jacobaeae 39,1 %
men ausschließlich hier vor – darunter sub-
dominant Stenodema holsata 13,7 %
alpine und alpine Charakterarten wie Me- Lygus punctatus 13,7 %
commadisparund Canthophorusimpressus. subdominant Notostira erratica 5,7 %
Berytinus signoreti 5,2 %
Somit ist dieser Biotoptyp für die Erhö-
Dolycoris baccarum 4,2 %
hung der lokalen Diversität von Wanzen auf
Begleitarten 20 Arten 18,4 %
der Sulzkaralm von enormer Bedeutung.
Das hohe Nahrungsangebot durch den
Pflanzenartenreichtum, die extensive Be-
wirtschaftung (wenig Düngeeintrag, aber
Offenhaltung), die sonnenexponierte Lage
und der vertikale sowie horizontale Struk-
turreichtum erlauben das Auftreten einer
bemerkenswerten Wanzenzönose. Außer-
dem dürften solche Flächen (ähnlich wie
Brachen im Ackerbauland) bei umliegender
intensiverer Beweidung eine Art Refugial-
raum für viele Arten darstellen, insbesonde-
re für trophisch spezialisierte Kräuterbesied-
ler. Die Befunde sprechen eine eindeutige
Sprache: Die Erhaltung und Förderung die-
ses Wiesentyps sind von übergeordneter na-
turschutzfachlicher Bedeutung.
Feuchtfläche – FFL
Abb. 8: Für die lokale Diversität von Wanzen sind die Kalkmagerrasen
Aufgrund des typischen Charakters die- von hoher Bedeutung – etliche Arten kommen ausschließlich hier vor
(Foto: T. Frieß).
ser Fläche – hoher Durchnässungsgrad und
Niedermoorvegetation mit verarmtem
Pflanzenreichtum – überrascht der mit 14
Arten (bei nur 73 Individuen) relativ hohe
Wert für die Probestelle „Feuchtfläche“
(inkl. Quellsümpfe, Seggenried, kleine
Tümpel). Eudominant tritt die Sichelwanze
Nabislimbatusauf, eine Charakterart derar-
tiger Biotope in höheren Lagen. Auch alle
übrigen dominanten und subdominanten
Arten – bis auf Notostira erratica – sind
Feuchtespezialisten. Vier Arten, das sind
fast 30 % aller hier festgestellten Arten,
kommen nur hier vor (darunter Pachycoleus
waltli, Gerris lateralis und Agramma ruficor-
ne); das unterstreicht die Bedeutung solcher
Stellen für die allgemeine Biodiversität im
Bergland (Tab. 4).
Abb: 9: Die artenreiche, bunte Vegetation im „Kalkmagerrasen“ stellt
Hier gelangen einige der interessante-
einen herausragenden Lebensraum für Wanzen im Projektgebiet dar – im
sten Artnachweise im Rahmen dieser Bild die Weichwanze Calocoris alpestris, die hier ihren lokalen
Untersuchung. Es handelt sich um natur- Verbreitungsschwerpunkt besitzt (Foto: T. Frieß).
schutzbiologisch interessante Zeigerarten,
die ökologisch spezialisiert, z. T. ausgespro-
chen selten sind und für die eine landeswei-
te Gefährdung anzunehmen ist.
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Tab. 4: Dominanzanalyse Feuchtfläche. Bürstlingsweide – BüW
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit Mit 23 Arten wurde im Nardetum ein
eudominant Nabis limbatus 34,2 % mittlerer Diversitätswert festgestellt; hin-
dominant Cymus glandicolor 20,5 % sichtlich der Individuenzahlen fallen aber
Nabis flavomarginatus 10,9 %
im Vergleich zum „Kalkmagerrasen“ die
subdominant Saldalittoralis 9,5 %
stark reduzierten Abundanzen auf. Es domi-
Notostiraerratica 6,8 %
Gerrislateralis 5,4 % nieren typische Besiedler der trockenen
Begleitarten 8 Arten 12,7 % Grasflächen hochmontaner Wiesen (Nithe-
cus jacobaeae, Notostira erratica, Stenodema
Tab. 5: Dominanzanalyse Bürstlingsweide.
holsata). Der überwiegende Anteil aller Ar-
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit ten konnte aber lediglich in einem Exem-
eudominant - - plar oder in nur wenigen Individuen beob-
dominant Nithecus jacobaeae 26,2 % achtet werden (Tab. 5).
Notostiraerratica 20,2 %
Stenodemaholsata 20,2 % Insgesamt zeigt sich eine typische Verge-
subdominant Nabisflavomarginatus 4,8 % sellschaftung von Arten des mittel intensiv
Kalamatricornis 3,6 %
genutzten Grünlands. Der Bürstlingsrasen
Begleitarten 18 Arten 25,0 %
stellt aufgrund seines hohen Flächenanteils
Tab. 6: Dominanzanalyse Buckelweide. einen wichtigen Lebensraum für den
„Grundstock“ der lokalen Diversität dar, oh-
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit
ne vermehrt naturschutzfachliche Be-
eudominant - -
sonderheiten aufzuweisen.
dominant Lyguspunctatus 27,4 %
Stenodemaholsata 13,3 %
Nithecusjacobaeae 12,6 % Buckelweide – BuW
subdominant Notostiraerratica 7,4 %
Die „Buckelweide“ beheimatet die mei-
Nabislimbatus 5,9 %
Lyguswagneri 4,4 % sten Wanzenarten (30 Arten). Sieben Ar-
Begleitarten 24 Arten 29,0 % ten kommen ausschließlich hier vor. Dabei
handelt es sich in erster Linie um Formen,
Tab. 7: Dominanzanalyse Fettweide.
die hier die Obergrenze ihrer Vertikalver-
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit breitung erreichen und in höher gelegenen
eudominant - -
Gebieten kein Auskommen mehr finden (z.
dominant Lygus punctatus 30,4 %
B. Charagochilusgyllenhalii, Orthocephalusco-
Notostiraerratica 22,9 %
Stenodemaholsata 21,7 % riaceus, Chlamydatuspullus, Phyluscoryli, Pla-
Stenodemaalgoviensis 10,5 % giognathus arbustorum, Tingis reticulata) –
subdominant Lyguswagneri 5,5 % knapp 200 Höhenmeter liegt diese Probe-
Begleitarten 9 Arten 9,0 %
stelle niedriger als die meisten übrigen.
Tab. 8: Dominanzanalyse Wollgras-Moor. Die Fläche zeigt eine vielfältige Misch-
Dominanzklassen Arten relative Häufigkeit Vergesellschaftung unterschiedlicher Cha-
eudominant Saldalittoralis 50,0 % rakterarten: So kommen Arten der trocken-
dominant Stenodemaholsata 21,4 % mageren und kräuterreichen Bergwiesen
subdominant Gerriscostae 7,1 % ebenso wie solche der Fettwiesen und -wei-
Stenotusbinotatus 3,6 % den vor. Auffällig ist dennoch die Häufung
Orthocephalusbrevis 3,6 %
Orthocephalussaltator 3,6 % von Arten, die an Pflanzenarten gut nähr-
Mecommadispar 3,6 % stoffversorgter, meist intensiver genutzter
Mecommaambulans 3,6 %
Flächen leben (u. a. Lyguspunctatus, L. wag-
Acompocorismontanus 3,5 %
neri, Lygocorispabulinus, Trigonotyluscaelesti-
Begleitarten - -
alium, Plagiognathusarbustorum) (Tab. 6).
Hinsichtlich der Artenzusammensetzung
Es handelt sich um eine heterogene
kann festgestellt werden, dass die Feucht-
Wanzenzönose aufgrund der etwas niedrige-
und Nassstellen zu den naturschutzfachlich
ren Höhenlage, des Strukturreichtums (v. a.
hochwertigsten, aber auch sensibelsten Bio-
durch Fels- und Steinanteile, Mulden, Sen-
toptypen zählen, die somit erhöhter Auf-
ken) und des damit verbundenen Auftretens
merksamkeit bedürfen.
mosaikartiger Vegetationseinheiten, trotz der
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