Table Of ContentHans Jörg Fahr
Mit oder
ohne Urknall
Das ist hier die Frage
. Aufl age
MitoderohneUrknall
Hans Jörg Fahr ist Universitätsprofessor am Argelander
Institut für Astronomie der Universität Bonn. Er war u. a.
Vorsitzender der Fachgruppe Extraterrestrik der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft, Präsident der Kommission 49
(Heliosphere) der Internationalen Astronomischen
Gesellschaft und Mitglied des Deutschen COSPAR
Ausschusses (Committee on Space Research). Er begann
seine akademische Karriere bereits mit einer
Antrittsvorlesung über Kosmologie und hat im Laufe der
Jahre mehrere Sachbücher zu Themen der Kosmologie und
Kosmogonie geschrieben.
Hans Jörg Fahr
Mit oder ohne
Urknall
Das ist hier die Frage
2.Auflage
HansJörgFahr
Argelander-InstitutfürAstronomie
UniversitätBonn
Bonn,Deutschland
ISBN978-3-662-47711-3 ISBN978-3-662-47712-0(eBook)
DOI10.1007/978-3-662-47712-0
DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbiblio-
grafie;detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar.
SpringerSpektrum
©Springer-VerlagBerlinHeidelberg1995,2016
DasWerkeinschließlichallerseinerTeileisturheberrechtlichgeschützt.JedeVerwertung,die
nichtausdrücklichvomUrheberrechtsgesetzzugelassenist,bedarfdervorherigenZustimmung
desVerlags.DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen,Bearbeitungen,Übersetzungen,Mikro-
verfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen.
DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesem
WerkberechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,dasssolcheNamen
imSinnederWarenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenund
dahervonjedermannbenutztwerdendürften.
DerVerlag,dieAutorenunddieHerausgebergehendavonaus,dassdieAngabenundInformatio-
nenindiesemWerkzumZeitpunktderVeröffentlichungvollständigundkorrektsind.Wederder
VerlagnochdieAutorenoderdieHerausgeberübernehmen,ausdrücklichoderimplizit,Gewähr
fürdenInhaltdesWerkes,etwaigeFehleroderÄußerungen.
Planung:Dr.LisaEdelhäuser
Einbandabbildung:©deblik,Berlin
GedrucktaufsäurefreiemundchlorfreigebleichtemPapier.
Springer-Verlag GmbH Berlin Heidelberg ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+
BusinessMedia
(www.springer.com)
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung: Wie wir die Welt heute verstehen: Das
Vier-Parameter-UniversumderStandardkosmologie . 1
2
WurdedieseWeltwirklichimUrknallgemacht?Fragen
andasvorherrschendeWeltbildunsererZeit . . . . . . 19
3
Was wissen wir überhaupt vom Kosmos als Ganzem?
Können uns Photonen die Geschichte des Weltalls er-
zählen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4
Doch kein Olbers’sches Paradoxon: der kosmische Mi-
krowellenhintergrund!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5
Die Sprache der Rotverschiebungen; verstehen wir sie
eigentlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
6
ErmüdendesLichtundkontroverseRotverschiebungen 115
7
GleichförmigkeitdesAnfangsunddieStrukturdeskos-
mischenJetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
V
VI MitoderohneUrknall
8
DaskosmischeVakuumalsenergiegeladenerRaum . 197
9
Ist die kosmische Hintergrundstrahlung das Echo des
heißenUrballes?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
10
AufderSuchenachdemkosmischenRuhesystem . . . 265
11
LässtsichdasGanzeüberhauptdenken? . . . . . . . . . 305
Glossar:KosmologischeSpezialbegriffediesesBuches. . . . 339
WeiterführendeLiteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
1
Einleitung: Wie wir die Welt
heute verstehen: Das
Vier-Parameter-Universum
der Standardkosmologie
Wie jeder weiß, leben wir heute in einer anspruchsvollen
Zeit; anspruchsvoll in jeder Hinsicht: im Ressourcenkon-
sum, im Komfortbedürfnis und gerade aber auch im Wis-
sen: „Die Welt ist groß und rund“, das zu wissen, reicht
heutenichtmehr.Esmussschonheißen:„DieWeltisteine
dynamische vierdimensionaleRaum-Zeit-Gegebenheitmit
inflationärerExpansion!“WirpflegengroßeFragenzustel-
len und ebenso große Antworten darauf zu erwarten. So
mussessichzeitgemäßauchergeben,dasswirheuteindie-
seranspruchsvollenZeitganzungeniertfolgendeFragestel-
len: Wie sieht denn nun die „Welt im Ganzen“ aus? Eine
bestürzendeundzugleichherausforderndeGrundfragenach
demunsumgebendenRealitätsganzen!WobeidenOntolo-
gen unter den Philosophennicht einmal klar sein wird, ob
diesem gedachten Realitätsganzen überhaupt ein geschlos-
senes Sein zugrunde liegt. Könnte es nicht viel eher sein,
dass es die Welt als ganze gar nicht gibt? Es gibt sie viel-
©Springer-VerlagBerlinHeidelberg2016 1
H.J.Fahr,MitoderohneUrknall,DOI10.1007/978-3-662-47712-0_1
2 MitoderohneUrknall
mehr nur in Teilen, die wir uns jeweils anzuschauen vor-
nehmen können. Allerdings will ja schon die frühere, erst
recht aber die heutige Kosmologievon ihrem Grundansatz
her gerade die Welt als Ganze verstehen. Und dieses Gan-
ze der Welt glaubt man heutzutage mit vier Zahlenwerten
charakterisieren zu können; nämlich die Zahlenwerte für
die Hubble-Konstante, H, und die Proporze von dunkler
Energie, dunkler Materie und normaler, baryonischer Ma-
teriezurkritischenMassendichte diesesUniversums.
Gegen dieses eitle Vorhaben der Naturwissenschaft, das
Ganze erklärenzuwollen,erhebtsichnur verdecktbeiden
Unbeteiligten im Hintergrund ihres Bewusstseins die be-
sorgte Frage, ob sich das Ganze der Welt denn überhaupt
sehen und verstehen lässt. Wie soll das Ganze erfasst wer-
denkönnen, wenndiesessichdochinTeilenstets unserem
Blickentwederräumlichoderzeitlichentzieht?Das,waswir
inderNähesehen,istnichtgenug;daswaswirinderFerne
sehen, gibt es in unserer Zeit gar nicht mehr. Wie müssen
die sich entziehenden Teile selbst beschaffen sein, so dass
man beim Blick auf das Ganze von ihnen absehen kann?
WasimUniversumdarfbeiderRekonstruktiondesGanzen
als Detail vergessen werden, ohne dass das Ganze dadurch
verfehltwird?
Essollhierdeshalbzunächstgezeigtwerden,wasdieheu-
tige Kosmologienach den jüngst vergebenen Nobelpreisen
für GeorgeSmoot,Saul Perlmutter und PeterHiggs inzwi-
schen von der Welt weiß, aber auch zum anderen gefragt
werden, inwiefern die menschliche Vernunft überhaupt in
der Lage ist, standort-unabhängig auf das Ganze zu sehen.
Was ist schon der Blick auf das Ganze von einem einzi-
gen Standort aus wert? Diese große, allumfassende Welt,
1 Vier-Parameter-UniversumderStandardkosmologie 3
diedieKosmologieerklärt,–welcheWeltistdaseigentlich?
Ist dies wirklich die Welt, die wir vor uns sehen, oder eher
eine erfundene, theoretisch konzipierte Welt, wie wir sie
unsinunsererabstrahierendenVernunftaufscheinenlassen
wollen? Eines sollaber von vornherein klar sein: Kosmolo-
gischeWelterklärungen,wieimmersieaussehen,sindkeine
Blasphemie,siesindkeineGotteslästerung–undschongar
keinGottesersatz,wieetwaStephenHawking,PaulDavies,
Richard Dawkins oder andere Wissensgrößen unserer Zeit
behauptenwollen.Dennjedemsolltejadochalserstesklar
sein, dass, wer sich etwas erklärt, dieser deswegen das Er-
klärtenichtauchschonselbstgemachthat.
Kosmologische Ambitionen hin zu einer Welterklärung
gehen bis ins Altertum zurück und sind nicht erst Zeitzei-
chenunserermodernen,sowissenschaftsgläubigenNeuzeit.
Die Fundamente unserer großen, kosmologischen Weltan-
sichten gehen in ihrem Grundbestand zurück bis auf die
Einsichten der griechischen Philosophen. Während jedoch
Aristotelesnochaneinezeitlichewige,jedochräumlichein-
maligeund begrenzte Weltdachte, schwebte NikolausKu-
sanus,DominikanerausKuesundBischofvonBrixen,eine
ganz andere Welt vor. Er machte schon um 1450 n.Chr.
diefürdiedamaligeZeitungeheuerweiseAussage,dassdie
Welt ein Gebilde sei, dessen Mitte überall ist und dessen
Rand nirgendwo ist. In einer solchen, – man kann sagen:
gerechtenWelt–stehtdemnachniemandimZentrum,aber
auchniemandamRand.AuchderNolanerGiordanoBruno
hat 150 Jahre später diesen Gedanken vollinhaltlich fort-
geführt, indem er ausführte, dass das Universum unend-
lich fortsetzbar sei, und Welten und Welteninseln, so wie