Table Of ContentMichael Breland 
Lernen und Verlernen 
von Kriminalität 
Ein lernpsychologisches Konzept der Prävention im 
sozialen Rechtsstaat 
Westdeutscher Verlag
Fritz Bauer (1903-1968) gewidmet 
© 1975 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 
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ISBN 978-3-531-21324-8  ISBN 978-3-322-85857-3 (eBook) 
DOI 10.1007/978-3-322-85857-3
Studienbücher zur Sozialwissenschaft  Band 29
Michael Breland 
Lernen und Verlernen von Kriminalität
Inhalt 
Vorwort:  Für ein lernzielorientiertes Strafrecht  . . . . . . . . ..  9 
1.  Priivention als Forschungsobjekt  ......... .  13 
1.1.  Feuerbach : Die Theorie des psychologischen 
Zwanges der Strafdrohung  .. . . . . . . . . . . . . . ..  13 
1.2.  Die heutige Situation: Schuldstrafe mit 
Abschreckungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  16 
1.2.1.  Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  17 
1.2.2.  Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  18 
1.2.3.  Kritik von Rechtsprechung und Lehre  ......... 20 
1.3.  Prävention: ein sozialpsychologisch ungelöstes 
Problem  ............................. 23 
1.3.1.  Allgemeines Strafrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  23 
1.3.2.  Wirtschaftsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  25 
2.  Ansätze empirischer orientierter Priiventionsforschung 28 
2.1.  Allgemeine Überblicke. . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  28 
2.1.1.  Das Präventionskonzept der Polizei  ........... 28 
2.1.2.  Präventionsforschung in Staaten mit marxistisch-
leninistischer Staatskonzeption (insb. DDR)  ..... 29 
2.1.2.1.  Zusammenfassung ....................... 37 
2.1.3.  "Deterrence"-Forschung in den USA  .......... 38 
2.2.  Einzelne Forschungsarbeiten . . . . . . . . . . . . . . ..  46 
2.2.1.  Schwartz/Orleans: On Legal Sanctions  . . . . . . . .. 46 
2.2.2.  Kaiser: Verkehrsdelinquenz und Generalprävention .  48 
2.3.  Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  50 
3.  Die psychologische Lerntheorie als Theorie der 
Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52 
3.1.  Erklärungskonzepte delinquenten Verhaltens. . . ..  52 
5
3.1.1.  Soziologische Kriminalitätstheorien  . . . . . . . . . ..  52 
3.1.1.1.  Die Anomie-Theorie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  52 
3.1.1.2.  Die Labeling -Theorie  ................  54 
3.1.2.  Die psychoanalytische Erklärung dissozialen 
Verhaltens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  57 
3.1.3.  Die Lerntheorie: Delinquenz als erlerntes Verhalten  58 
3.2.  Grundlagen der Lernpsychologie  . . . . . . . . . . .  60 
3.2.1.  Reaktives und operantes Verhalten  .........  60 
3.2.2.  Operante Konditionierung (Lernen am Erfolg)  . . ..  60 
3.2.2.1.  Die Funktion des Verstärkers  . . . . . . . . . . . . . ..  62 
3.2.2.2.  Primäre und sekundäre Verstärker  . . . . . . . . . . ..  65 
3.2.2.3.  Motivation  ........................... 66 
3.2.2.4.  Die Rolle der Mitwelt bei der operanten Konditio-
nierung .............................. 69 
3.2.3.  Beobachtungslernen (Lernen am Modell) . . . . . . ..  70 
3.2.3.1.  Stellvertretende Verstärkung. . . . . . . . . . . . . . ..  70 
3.2.3.2.  Weitere Bedingungen für das Nachahmen des 
Modells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  72 
3.2.3.3.  Die Bedeutung des Beobachtungslernens für die 
Analyse wirtschaftskriminellen Verhaltens. . . . .  72 
3.3.  Prävention. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  75 
3.3.1.  Allgemeines Strafrecht ............ .  75 
3.3.1.1.  Prävention und Strafe  .............. .  75 
3.3.1.2.  Die Voraussetzungen präventiver Verhaltens 
konditionierung  . . . . . . . . . . . . . . . . ....  79 
3.3.1.3.  Der optimale aversive Stimulus  . . . . . . . . . .  80 
3.3.1.4.  Soziale Verhaltenskonditionierung ............ 83 
3.3.1.4.1. Spezialprävention ....................... 83 
3.3.1.4.2. Generalprävention  ...................... 84 
3.3.2.  Wirtschaftsstrafrecht (insb. : der Begriff der 
Wirtschaftskriminalität) . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  86 
4.  Wirtscbaftsstrafrecbt: Der optimale aversive 
Stimulus . ......................... .  90 
4.1.  Wirksame Gesetzgebung. . . . . . . . . . . . . . . . . ..  90 
4.2.  Wirksame Delinquenzermittlung  ......  93 
4.2.1.  Die gegenwärtige Situation (Beispiel Steuer-
strafrecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..  94 
6
4.2.1.1.  Betriebsprüfungsstatistik  .................. 95 
4.2.1.2.  Steuerstrafsachenstatistik . . . . . . . . . . . . . . . . ..  96 
4.2.1.3.  Interpretation und Wertung der mitgeteilten Daten.  98 
4.2.2.  Die Bedingungen wirksamer Delinquenzermittlung  . 101 
4.3.  Wirksame Sanktionen: eine empirische Studie  .... 104 
4.3.1.  Die Konkretisierung der Forschungsfrage  ....... 104 
4.3.2.  Die Entwicklung des Fragebogens  ............ 108 
4.3.3.  Die Bildung der Stichprobe ................. 110 
4.3.4.  Rücklaufquote ......................... 112 
4.3.5.  Text und statistische Auswertung der Fragen ..... 112 
4.3.5.1.  Text und Häufigkeitsauszählung  ............. 113 
1. Einfache Häufigkeitsauszählung ............ 113 
2. Überblick über die einfache Häufigkeits-
auszählung .......................... 130 
3. Bedingte Häufigkeitsauszählung ............ 131 
4.3.5.2.  Korrelationenanalyse ..................... 133 
4.3.5.3.  Faktorenanalyse ........................ 135 
4.3.6.  Das rechtspolitische Ergebnis der Befragung ...... 142 
5.  Wirtschaftsstrafrecht: Soziale Verhaltens-
konditionierung  ........................ 147 
5.1.  Spezialprävention ..  . .... 147 
5.2.  Generalprävention  ........... .  . .... 151 
Anmerkungen  ...... .  . .156 
Literaturverzeichnis  .,.  . . 167 
Anhang zum Literaturverzeichnis .................... 174 
Sachregister .................................. 175 
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Vorwort: Für ein lernzielorientiertes Strafrecht 
Die These dieser Arbeit lautet: Dissoziale (insb. kriminelle) Ver 
haltensweisen sind wie die meisten anderen Verhaltensweisen er 
lernt und können durch bewußte und gezielte Anwendung der Lern 
gesetze verlernt werden. Das klingt einfach und man erwartet durch 
führbare Anweisungen zur Verminderung von Kriminalität. Der 
artige Vorschläge können auf der hier dargelegten lernpsychologi 
schen Grundlage auch tatsächlich in begrenztem Ausmaß entwickelt 
werden. Dies geschieht in der vorliegenden Arbeit am Beispiel der 
Wirtschaftsstraftaten gegen Gemeineigentum, also z. B. Steuerhinter 
ziehung, Subventionsbetrug, Betrug im Zusammenhang mit der Ver 
gabe öffentlicher Aufträge. Derartige konkrete Ratschläge dürfen 
jedoch nicht den Blick darauf verstellen, daß ihre Verwirklichung 
im Rahmen des traditionellen Strafrechtssystems nur zu mehr 
Aktionismus führt und nicht den gewünschten Erfolg haben kann. 
Wie ist das zu verstehen?  Die Entwicklung der Strafrechtstheorie 
in den vergangenen 150 Jahren ist vor allem dadurch gekennzeich 
net, daß neue und liberale Ansätze, wo sie nicht verhindert werden 
konnten, begrifflich integriert wurden ohne daß damit eine wesent 
liche Veränderung der alten Strafziele verbunden gewesen wäre. 
Das hat im Laufe der Zeit zu einem Sammelsurium von "Straf 
zwecken" geführt, deren innere Unvereinbarkeit die Strafrechts 
praxis - wie es scheint - ein für allemal verdrängt hat. So heißt es 
etwa in einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 
12. Okt. 1971 (amt!. Sammlung Bd. 32, S. 48): "Die Kriminalstrafe 
dient neben der Abschreckung und Besserung der Vergeltung; sie 
bemißt sich nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten 
Rechtsgutes und dem Maß der Schuld". Es gibt keine rationale 
Theorie, die alle diese "Zwecke" noch in einen sinnvollen Zusam 
menhang bringen könnte. Die psychologische Lerntheorie ist es am 
wenigsten; sie kann - wie in dieser Arbeit dargelegt wird - nur 
wirksam werden, wenn die Abschreckungs-, Vergeltungs-und 
Schuldstrafe der rechtsgeschichtlichen Vergangenheit angehören. 
Der hier entwickelte lernpsychologische Ansatz für die Präven 
tion dissozialen Verhaltens bricht aber nicht nur mit den tradi 
tionellen Strafrechtszielen, sondern steht im Ergebnis auch in be 
wußtem Gegensatz zu stagnierenden liberalen Strömungen. Vorab: 
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Es soll nicht geleugnet werden, daß die Strafrechtsreformgesetze 
unserer Tage in manchen Deliktsbereichen eine spürbare und not 
wendige Liberalisierung gebracht haben. Es geht hier nicht darum, 
diese in manchen Bereichen noch erst bruchstückhafte inhaltliche 
Liberalisierung des Strafrechts in Frage zu stellen. Gemeint ist viel 
mehr die Auffassung, derzufolge die heile Strafrechtswelt hergestellt 
ist, wenn die inhaltliche Liberalisierung abgeschlossen ist und das 
Strafrecht gegen alle Straftäter unabhängig von ihrer sozialen Stel 
lung Anwendung findet. So fordert etwa Jürgen Baumann, ein 
liberaler Vertreter des Sühnegedankens im Strafrecht, die Reform 
des Wirtschaftsstrafrechts mit dem Argument, das Strafgesetzbuch 
dürfe "nicht länger ein Gesetzbuch allein gegen die Armen und 
Dummen sein" (Baumann 1972a, S. 2). Es ist das wichtigste Er 
gebnis dieser Arbeit, daß für die Prävention dissozialen Verhaltens 
nichts gewonnen wird, solange das Strafgesetzbuch ein Gesetzbuch 
gegen irgendjemand ist. Eine Chance für dauerhafte Prävention er 
öffnet sich erst durch die lernzielorientierte Inpflichtnahme des 
Strafrechts. Es geht darum, individuelle und gesellschaftliche Lern 
prozesse in Gang zu setzen mit dem Ziel, ein soziales Verhaltens 
repertoire zu vermitteln, das in der Mitwelt Bestand hat, von der 
Mitwelt verstärkt wird. Dies ist die Bedingung, ohne die Prävention 
in einem freiheitlichen Gemeinwesen nicht gelingen kann. Wir haben 
diese Bedingung "soziale Verhaltenskonditionierung" genannt. Bei 
dem Wort "Konditionierung" sollte man heute nicht mehr nur an 
Ratten im Versuchslabor denken. Sicher hat die Verhaltenspsycho 
logie einmal mit Rattenexperimenten und den sprichwörtlich ge 
wordenen Pawlowschen Hunden begonnen. Spätestens seit den 
Forschungsarbeiten Banduras ("Lernen am Modell") ist der Ver 
haltenspsychologie jedoch der Durchbruch zu den komplexen 
Bedingungen menschlichen Lernens gelungen. 
Nur mittelbar soll diese Arbeit ein Beitrag zu der unter Krimino 
logen ausgetragenen Auseinandersetzung über die Stichhaltigkeit 
soziologischer Kriminalitätstheorien sein. So sind etwa die Be 
merkungen über die Labeling-Theorie und über die neuerdings 
wieder von Opp ins Gespräch gebrachte Anomie-Theorie (Opp 1975) 
knapp geraten. Wir beteiligen uns an diesem Streit zunächst nur, 
indem wir darlegen, daß die genannten soziologischen Theorien 
über das Präventionsproblem nichts wesentliches sagen können und 
indem wir sie mit dem andersartigen System einer auf dem natur 
wissenschaftlichen Wissenschaftsbegriff basierenden psychologischen 
Theorie konfrontieren. 
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Offen bleibt auch die Auseinandersetzung mit der verfassungs 
rechtlichen Kritik des lernpsychologischen Ansatzes. Mit dieser 
Kritik ist im Hinblick auf die vorgeschlagene Umorientierung des 
Strafrechts unfehlbar zu rechnen. Zielorieritierte Reformpolitik ist 
auch in anderen gesellschaftlichen Problemfeldern dieser häufig 
vordergründigen Kritik ausgesetzt. Die Auseinandersetzung mit der 
Auffassung, nur eine blind ihre "Strafzwecke" vollziehende Straf 
rechtsmaschinerie sei verfassungskonform, wird hier nur befristet 
ausgeklammert. Sie bleibt der späteren wissenschaftlichen Diskus 
sion vorbehalten. 
Diese Arbeit konnte nur dank eines mir von der Friedrich 
Ebert-Stiftung gewährten Graduierten-Stipendiums entstehen. Ich 
danke meinen Lehrern, Herrn Prof. Klaus Tiedemann und Herrn 
Prof. Werner Correll, für Lob und Kritik gleichermaßen. - Die 
relativ hohe Rücklaufquote des Fragebogens wäre wohl kaum 
erreicht worden, wenn nicht Herr Prof. Tiedemann mit seinem 
Namen für die Seriosität der Befragung gebürgt hätte. 
Die Auswertung der Befragung erfolgte am Rechenzentrum der 
Universität Giessen. Ich danke Herrn Dipl.-Psychologen Frank 
}ungebloed, der mich mit großer Geduld in die Benutzung der 
Rechenanlage einwies und mir die Anwendung der Statistikpro 
gramme des Fachbereichs Psychologie erläuterte. Hinweise auf die 
Autoren und auf die Funktion der benutzten Programme sind im 
Anhang zum Literaturverzeichnis aufgelistet. 
Mein persönlicher Dank gilt Herrn Dipl.-Psychologen Martin 
Bingemann, dessen Diskussionsbereitschaft zum Gelingen der 
Arbeit beigetragen hat. 
Ich danke dem Bundesminister der Finanzen für die mir zur 
erstmaligen Veröffentlichung zur Verfügung gestellten absoluten 
Zahlen der Steuerstrafsachen-und Betriebsprüfungsstatistik. 
Ferner gilt mein Dank der Bremer Kriminalistischen Studienge 
meinschaft für die freundliche Anerkennung meiner Arbeit. 
Abschließend ein terminologischer Hinweis. Wo in dieser Arbeit 
von Prävention die Rede ist, ist zunächst die Generalprävention 
gemeint, d. h. delinquentes Verhalten soll von vornherein und 
generell bei allen Betroffenen, für die delinquentes Verhalten über 
haupt in Betracht kommt, verhindert werden. In der Psychologie 
gibt es hierfür den Terminus "primäre Prävention". Nur da, wo 
ausdrücklich von Spezialprävention die Rede ist, wird diese auch 
angesprochen. Spezialprävention hat das Ziel, delinquentes Ver 
halten bei dem überführten und für eine Behandlung verfügbaren 
Straftäter zukünftig zu verhindern: bereits aufgetretenes delin-
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