Table Of ContentW. F. Jungi H.-J. Senn (Hrsg.)
Krebs und
Alternativmedizin II
Mit 56 Abbildungen und 26 Tabellen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo Hong Kong
Dr. Walter Felix Jungi
Prof. Dr. Hans-Jorg Senn
Medizinische Klinik C, Kantonsspital
CH-9007 St. Gallen
ISBN-13: 978-3-540-50516-7 e-ISBN-13: 978-3-642-74263-7
DOl: 10.978-3-642-74263-7
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Krebs und AlternativmedizinIW. F. Jungi; H.-J. Senn (Hrsg.).-
Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong: Springer
1 im VerI. Zuckschwerdt. Mtinchen. Bern. Wien
NE: Jungi. Walter F. [Hrsg.]
2 (1990)
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschtitzt. Die dadurch begrtindeten Rechte.
insbesondere die der Ubersetzung. des Nachdrucks. des Vortrags. der Entnahme
von Abbildungen und Tabellen. der Funksendung. der Mikroverfilmung oder der
VervieJfaJtignng auf anderen Wegen nnd der Speicherung in Datenverarbeitungs
anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine
Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall
nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden
Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergtitungspfiichtig. Zuwiderhandlungen
unterliegen den Strafhestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1990
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw.
in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der
Annahme, daB so1che Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz
Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt
werden dtirften.
Produkthaftung: Ftir Angaben tiber Dosierungsanweisungen und Applikations
formen kann vom Verlag keine Gewahr tibernommen werden. Derartige Angaben
mtissen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf
ilue Richtigkeit tiberprtift werden.
Gesamtherstellnng: Fa. Ernst Kieser GmbH, Graphischer Betrieb, NeusaB
2125/3140-543210 - Gedruckt auf saurefreiem Papier.
BegruBung und Einleitung
Wir haben am SchluB unseres ersten Symposiums im November
1985 versprochen, nach eingehender Analyse der ersten Durch
fiihrung und nach vielen Gesprachen mit alten und neuen Freun
den, Begeisterten und Kritikern, Arzten und Schwestern einen
zweiten Versuch zu wagen. Wir 16sen dieses Versprechen nach
gut drei lahren ein und hoffen, daB die zweite Begegnung noch
fruchtbarer und von nachhaltigerer Wirkung sein wird.
Blicken wir zuriick auf das erste Symposium, das vom 14. bis
16. November 1985 im tief verschneiten St. Gallen stattgefunden
hat. Der Zustrom iibertraf aIle Erwartungen und sprengte bei
nahe die KongreBraumlichkeiten. Fiir Arzte und Pflegepersonal
wurde ein gemeinsames Programm angeboten; die Referate sind
in einem KongreBband zusammengefaBt (1). Unsere eigene
Bilanz war damals.
1. Eine echte Alternative zur wissenschaftlich gepriiften Krebs
behandlung ist nicht in Sicht.
2. Ein Gesprach unter Vertretern verschiedener Richtungen
und Ansichten ist moglich, aber nur unter Gesprachswilligen
und Gesprachsfahigen!
3. Ansatze zu einer echten Zusatztherapie sind vorhanden und
sollten dringend weiter gepriift werden.
Der Widerhall in den Medien war groB und iiberwiegend posi
tiv, ebenso ermunternd waren die zahlreichen Zuschriften. Dies
hat uns ermutigt, zu einem zweiten St. Galler Gesprach ein
zuladen, das sich vom ersten in folgendem unterscheiden wird:
1. Es findet in neuen, groBen KongreBraumlichkeiten statt, die
auch die Durchfiihrung einer Firmenausstellung ermoglichen.
2. Die wissenschaftliche, moralische und finanzielle Unterstiit
zung durch patronierende Vereinigung ist wesentlich starker
geworden.
3. Die Zahl der Teilnehmer ist etwas zuriickgegangen, was sich
im Hinblick auf direkte Kontakte und Diskussionen giinstig
auswirken wird.
VI BegriiBung und Einieitung
4. Die Gespdiche sind auf Schwerpunkte abgestellt, die eine
ausfiihrliche Behandlung und Diskussion erlauben.
5. Flir Pflegepersonal und Sozialarbeiter wird teilweise ein
Parallelprogramm durchgeflihrt.
Die Zielsetzungen sind dagegen immer noeh dieselben wie 1985:
Wir wollen - so weit als moglieh - wissenschaftlieh fundierte
Informationen liber sehulmedizinisehe Grenzgebiete sowie
Altemativmethoden bei Krebskrankheiten vermitteln. Es geht
also urn Gespraeh und Begegnung, nicht urn ein Tribunal! Trotz
Besehrankung auf wenige Themenkreise wird kein Thema
ersehopfend behandelt werden konnen, es konnen keine SehluB
resolutionen gefaBt werden. Das Gespraeh muB aueh naeh dem
Symposium weitergehen!
Die beste Einflihrung zum Thema "Krebs und Altemativme
dizin" Mtte wohl Jakob Laurenz Sonderegger geben konnen.
Diese hervorragende arztliehe Personliehkeit und Pioniergestalt,
1825 in Balgaeh im St. Galler Rheintal geboren, 1896 in unserer
Stadt gestorben, wirkte naeh Studien in Zlirieh, Wiirzburg,
Wien, Prag und Leipzig als einfaeher Landarzt im St. Galler
Rheintal.
Sein Name ist in erster Linie verbunden mit dem St. Galler
Kantonsspital dessen erster arztlieher Direktor er naeh der EOff
nung am 1. Mai 1873 war. Sein Wirken in der Offentliehkeit, vor
allem im Bereich der Sozial- und Praventivmedizin, wie wir dies
heute nennen wiirden, war auBerordentlieh intensiv und frueht
bar, wurde aber offensiehtlich von der akademisehen Medizin
nieht entspreehend honoriert. Sein Hauptwerk, Vorposten der
Gesundheitspflege, ersehien in unzahligen Auflagen im Springer
Verlag in Leipzig und gehorte wohl zu den meistgelesenen popu
larmedizinisehen Werken seiner Zeit (2). Es ist aueh heute noeh
lesenswert, was zum AbsehluB an einigen Beispielen belegt wer
den solI:
Das Bild des Arztes: "Der Arzt muB lemen die Gegenwart zu
sehen, und es einem anderen iiberlassen, die Vergangenheit zu
ergriinden; sehlieBlieh konnen sieh beide aushelfen. Wer nieht
ans Zahlen, Messen und Wagen, ans Sehauen, Horen, Rieehen
und Fiihlen glaubt, der werde urn Gottes Willen kein Arzt!" -
und:
"Da die Kranken keine zerbroehenen Uhren, sondem Men
sehen sind, ist schon deswegen eine bloB technisehe Auffassung
des arztliehen Berufes und eine ausschlieBlieh naturwissensehaft
Hehe Vorbereitung flir denselben unzulassig. Die Natur ist
weder weise noeh torieht, weder giitig noeh grausam, weder
fromm noeh gottlos: Sie ist flir den Mensehen so, wie er sie
ansehaut. "
BegriiBung und Einleitung VII
Uber die Natur: "Es gibt aber keine Sundenvergebung im Reiche
der Natur, sondern es herrscht vollendete GesetzmaBigkeit. Der
Menschen Leid ist eine Maschine, die genauer arbeitet als jeder
Chronometer und auch fur bestimmte StOrungen mit bestimm
ten Abweichungen antwortet. Das Leben ist ein klinisch-physi
kalisches Experiment, dessen Vorbedingungen genau erfullt sein
mussen, wenn es gelingen solI. Der Haushalt des Leibes ist ein
Kassabuch, welches keine Ausgaben gestattet ohne entsprechen
de Einnahmen; Tranen und Verzweiflung andern das Ergebnis
einer schlecht gefuhrten Rechnung nicht, Medikamente und
Kuren vermogen den unvermeidlichen Sturz nur urn ein geringes
hinauszuschieben. "
Uber die Aufkliirung unheilbar Kranker: "Unheilbar Kranke
sind oft unendlich gehorsam und brav und lassen Dich Deine
Hilflosigkeit bitter empfinden. Tausende konnen sich nicht ent
schlieBen, zur rechten Zeit das Notige zu tun, aber leisten das
Unmogliche, wenn es nichts mehr nutzt. Solange Du sehr vieles
leisten kannst, traut man Dir meistens viel zuwenig zu, und
wenn Du nichts mehr helfen kannst, viel zu viel." - und:
"Sollst Du dem Kranken sagen, daB Du ihn fur verloren
haltst? Der Pfuscher tut es mit Pathos, denn er will den Prophe
ten zeigen; der Arzt behalt seinen Kummer ofters fur sich und
klagt seinem Schopfer. Der Kranke verlangt unbedingt die
Wahrheit, aber nicht immer in Wahrheit, manchmal nur urn
Trostgrunde aus Dir herauszupressen. Es ist leichter, ein paar
Stunden ein Held zu sein, als ein paar Wochen oder Monate
auch nur leidlich tapfer zu bleiben."
Ganz besonders zutreffend und pragnant ist sein SchluBkapi
tel in Briefform, "Des Kurpfuschers Abschied an seinen Sohn":
"Ob einer viele oder wenige gerettet habe, das kommt am Ende
bloB auf den Hochmut des Doktors an. Nur Lumpe sind
bescheiden! Rette Du alle, welche in Deine Hande fallen!" -
und:
"Dich versteht man, je unverstandlicher Du bist, urn so bes
ser. Platonische Liebe zum Unverstandenen bleibt immer eine
Macht! Der Unsinn ist ewig jung. Ein gebildeter Mann weiB
einiges, ein ungebildeter vieles, ein eingebildeter alles." - und:
"Ein witziges Wort ist eintraglicher als zehn Jahre Studium!"
Wir hoften, daB wir nicht nur witzige, sondern wichtige und
verstandliche Worte horen werden, und beginnen mit unserem
Programm, das der Reihe nach folgende Themen umfaBt:
- Motivation des Patienten zur Inanspruchnahme alternativ
medizinischer Methoden
- Anthroposophische Krebstherapie
VIII BegriiBung und Einieitung
- Biologisch-immunologische Thumortherapie
- Wirksamkeitsnachweis und Dilemma bei der klinischen Zulas-
sung von Krebstherapeutika
- Ethische und soziale Probleme
Parallelprogramm flir Krankenpflegepersonal und Sozialarbeiter:
- Information tiber haufig angewandte alternative Heilmetho-
den in der Krebstherapie
- Wanderung durch Grenzgebiete
- Betroffene im Spannungsfeld zwischen Schul- und Alternativ-
medizin
- Betreuer im Spannungsfeld zwischen Schul- und Alternativ
medizin
Literatur
1. Jungi WF, Senn HJ (1986) Krebs und Alternativmedizin, Zuck
schwerdt, Miinchen Bern Wien San Francisco
2. Sonderegger JL (1982) Vorposten der Gesundheitspflege, 4. Aufl.
Springer, Berlin
Walter Felix Jungi
Inhaltsverzeichnis
Motivation zur Alternativmedizin bei Krebs ..... 1
W. M. Gallmeier
Braucht die Medizin eine Erweiterung oder Erganzung? 3
H. Renner
Die therapeutische Lucke: Zielsetzung einer
Begleittherapie ................. . 11
A. Glaus
Einstellung des Krankenpflegepersonals zur Schul- und
Alternativmedizin bei der Betreuung Krebskranker 20
R. Obrist, D. P. Berger und 1. P. Obrecht
Gibt es charakteristische HaItungen ambulanter
Krebspatienten, welche alternative Therapien
verwenden? - Ergebnisse einer Patientenbefragung 29
Anthroposophische Tumortherapie: Grundlagen 33
P. Heusser
Die wissenschaftlichen und weltanschaulichen
Grundlagen der anthroposophisch orientierten Medizin 35
G. Ribereau-Gayon, M.-L. lung, S. Baudino und
l.-P. Beck
Die Proteine der Mistel (Viscum album L.) . . . . 44
T. Hajto, K. Hostanska, E. Kovacs und H. 1. Gabius
Beeinflussung immunologischer Parameter durch
Misteltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Anthroposophische Tumortherapie:
Klinische Resultate . . . . . . . . . . . 61
1. Hellan, G. Salzer und F. WutzlhoJer
Das operierte Mammakarzinom - Retrospektive
Auswertung ...................... . 63
X Inhaltsverzeichnis
G. Salzer und W. Popp
Die lokale Iscadorbehandlung der Pleurakarzinose 70
R. Schuppli
Die adjuvante Behandlung des malignen Melanoms mit
Iscador c. Hg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
S. P. Hauser
Iscador fUr die Krebsbehandlung:
Analyse klinischer U ntersuchungsergebnisse 88
1. Hoffmann
Onkologisches Umfeld aus der Sicht der Lukas-Klinik 97
1. P. Obrecht
Das Verhaltnis der Lukas-Klinik zur konventionellen
Medizin ................... . 103
1. Hornung
Statistische und ethische Probleme beim
Wirkungsnachweis der Misteltherapie . 109
L. Edler
Medizinische Erkenntnisgewinnung durch klinische
Studien - Schwierigkeiten und M6glichkeiten bei der
Misteltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Biologisch-immunologische Tumortherapie:
Wissenschaftliche Grundlagen . . . . . . . . . . 129
G. A. Nagel und U. Trohler
Eintritt der Schulmedizin ins "biologische Zeitalter"? . 131
A. L. de Weck
Immunmodulation und Tumorabwehr - Fantasien und
Realitaten ........................ 142
K. Schumacher
Effekte von Thymusextrakten in der Behandlung
maligner Erkrankungen ... . . . . . . . . . . . . . 148
C. Huber
Moderne Tumortherapie mit Zytokinen:
Dosisfindung und Toleranz . . . . . . . . 161
W. G. Dippold und K. -H. Meyer zum Biischenfelde
Monoklonale Antik6rper und Konjugate in der
Krebsdiagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . 166
Inhaltsverzeichnis XI
Biologisch-immunologische Thumortherapie:
Ergebnisse "alternativer" Priiparate . . . . . . . 173
O. F. Lange
Xenogene Peptide als SupportivmaBnahme in der
Tumortherapie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
A. Kast und S. P. Hauser
Factor AF2: "Die vierte SauIe in der Tumortherapie" -
Analyse aus der Sicht der internistischen Onkologie 185
G. U. Brillinger
NeyTumorin: Grundlagen und Klinik ..... . 190
S. P. Hauser und G. Deplazes
NeyTumorin: "Der Natur und dem Bewahrten
vertrauen" - Analyse aus der Sieht der internistischen
Onkologie ........................... 197
H. W. Baenkler
Die Wissenschaftlichkeit der Zelltherapie 204
Wirksamkeitsnachweis und Dilemma klinischer
Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
U. R. Kleeberg
Anerkannte Regeln der klinischen Prtifung von
Krebsheilmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 213
1. Gross
Rechtliche Grenzen arztlicher Therapiefreiheit . 222
U. Gundert-Remy
Die Zulassung "alternativer" Krebstherapeutika 229
Ethische und psychotherapeutische Probleme .... 235
G. Glowatzki
Der Weg der Medizin in die Neuzeit und der Hang des
Menschen zum IrrationaIen . . . . . . . . . . . . . . 237
W. Wilmanns
Das Problem der Wahrhaftigkeit gegentiber dem
tumorkranken Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . 247
M. Wicki
Die Verantwortung der Medien in der Beriehterstattung
tiber Krankheiten und Therapien ......... 252
R. Schwarz
Alternative psychotherapeutische Heilmethoden . . . . .. 256