Table Of ContentInternationalisierung
in der Tourismuswirtschaft
Markus Pillmayer
Internationalisierung in
der Tourismuswirtschaft
Das Beispiel Jordanien
Mit Geleitworten von
Prof. Dr. Nicolai Scherle und Prof. Tim E. Coles
Markus Pillmayer
Eichstätt, Deutschland
Zugl. Dissertation Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt unter dem Titel „Inter-
nationalisierung der Tourismuswirtschaft im Nahen Osten als Prozessphänomen. Das
Beispiel Jordanien.“, 2013
ISBN 978-3-658-05731-2 ISBN 978-3-658-05732-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-05732-9
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Erstes Geleitwort
Nicht die großen Ereignisse machen die Geschichte, sondern das vereinzelte Tun zer
streuter Menschen bestimmt das Geschehen durch die Art, wie es auf die anderen
wirkt, und durch den Geist, der davon ausgeht.
Albert Schweitzer
"Ein Märchen aus 1001 Nacht" - so oder ähnlich sind die Etikettierungen, mit
denen Reiseveranstalter für das Haschemitische Königreich Jordanien werben.
Lawrence von Arabien, die kulturhistorischen Schätze der sagenumwobenen
Naba!äerstadt Petra und das obligatorische Bad mit aufgeschlagener Zeitong im
Toten Meer fungieren in diesem Rahmen als klassische und - vermeintlich -
prototypische Blaupausen von strategischem Tourismusmarketing und Imagi
nären Geographien. Doch Jordanien als ausgesprochen fragiler Pufferstaat, der
aus einer geostrategischen Perspektive im Spannungsgefüge diverser Krisen
herde liegt, ist weitaus komplexer als seine mediale Aufladung vermuten lässt
Markos Pillmayer verfolgt in seiner Stodie das verdienstvolle Anliegen, einen
zentralen Teilbereich dieser Koruplexität zu ergründen, nämlich die Internatio
nalisierungsprozesse klein- und mittelständischer jordanischer Tourismusunter
nehmen. In diesem Kontext schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits
greift er mit dem Untersuchungsgegenstand eine Thematik auf, die in der scien
lifte eommunity nach wie vor einen erheblichen Forschungsbedarf aufweist, an
d=seits fokussiert er eine Branche, deren volkswirtschaftliche Bedeutung für
das Haschemitische Königreich zunehmend an Bedentung gewinnt Das Resultat
ist ein beeindruckender Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis, der ver
dientermaßen mit einem Best Paper Award der Deutschen Gesellschaft für Tou
rismuswissenschaft (DGT) ausgezeichnet wurde. Insbesondere die im Rahmen
problemzentrierter Interviews generierten Zitate erschließen einen ungemein rei
chen Wissensschatz, der auf ausgesprochen kultursensible Art und Weise wert
volle Einblicke in die vielschichtigen Internationalisierungsprozesse jordanischer
Incoming-Agenturen und Hotels gewährt.
Darüber hinaus erlangt die Studie angesichts der aktuellen Transformations
prozesse des sogenannten Arabischen Frühlings zusätzlich an Brisanz, die sich
immer wieder - implizit wie explizit - in der vorliegenden Stodie widerspiegeln.
In diesem Zusammenhang bleibt zu hoffen, dass Jordanien einen Weg findet, der
VI Erstes Geleitwort
dem Land die tragischen politischen und sozialen Implikationen in seinen Nach
barstaaten - Ägypten und vor allem Syrien - erspart. Vor diesem Hintergrund
bin ich fest davon überzeugt, dass die vorliegende Studie nicht nur fiir jene Leser
eine Bereicherung darstellt, die sich fiir das eigentliche Kernthema Internatio
nalisierung interessieren, sondern auch fiir jene, die einen profunden Einblick in
die komplexen sozio-ökonomischen Herausforderungen eines ausgesprochen in
teressanten Schwellenlandes im Nahen Osten gewinnen wollen.
Prof. Dr. Nicolai Scherle
Untemehmerhochschule BiTS Iserlohn
Zweites Geleitwort
So many ofus travel abroad these days that we rather accept tourism as an inter
national activity. In this taken-for-granted world the alluring possibilities of
international travel fix our gaze. Globalisation has reduced the mction of dis
tance and increased the range of destinations that many citizens can reach. Places
once exotic and mysterious are rendered familiar and accessible. In this sketch
the role of enterprises in mediating such experiences is often lost, lingering in the
background for only the most attentive observer to spot. Airlines, accommoda
tion providers and tour operators in particnlar are unpromising subjects that we
all know and use, and as such are worthy only ofbeing the backdrop.
A further reason rnay be a pervading narrative of globalisation that, as its reduc
tionist worst, speaks to the omnipotence of transnational corporations in taming
overseas markets and providing a certain surety, a minimum standard of service
delivery, that rnay be knowingly accessed by consumers ofwhatever background
wherever they rnay be in the world. Yet, as Markus Pillrnayer's work demon
strates, we don't know as much as we !hink we know about internationalisation
on the supply-side, and furthermore there are parts ofthe world where our under
standing of business-to-business (B2B) and business-to-consumer (B2C) rela
tionships are perhaps not terra incognita but still are terra imperita. One of those
is the Middle East and for a country like Jordan, this uncertainty is compounded
by the outcomes of the Arab Spring.
In fact, this work raises several important points which scholars of globalisation,
travel and tourisrn, and international business wonld usefully refleet upon. The
first may seem obvious but it is still worth reiterating: in this dayand age, it is
not just large or the larges! businesses that operate aeross borders. Wbile such
organizations rnay be most conspicuous and undoubtedly worthy of attention, it
would be unfortonate, not to say misleading to conceptualise internationalisation
solely in terms of transnational corporations. A great many micro-, small- and
medium-sized tourism enterprises (SMTEs) are international in scope and reach,
too, althougb such enterprises have been inexplicably absent from the scholarly
radar. Second is the challenge ofhow new knowledge about the internationalisa
tion of tourism businesses in emergent markets should be produced. English rnay
be a useful lingua franca in the Middle East, but it takes exceptionally flueocy
combined with inter-cultoral competence if the complexities and subtleties of
vrn Zweites Geleitwort
such business processes are to be adequately revealed. Finally, with its roots
firmly in human geography, this research offers an unashamedly inter-discipli
nary analysis. One of its principal contributions is to explore the extent to which
long-established, almost orthodox theorizations of the internationalisation of
businesses are still salien!. Some of the earliest work in this regard was inforrned
by empirical evidence of tourism businesses but this data was not followed-up
longitudinally. We can speculate possible reasons: technology, language, access,
even assumed knowledge. Whatever the reasons for the pas!, looking forward
Markus Pillmayer's work suggests !hat now more than ever the time is right to
place far greater attention on intemationa1isation processes of tourism businesses
around the world.
Prof. Tim E. eoles
University of Exeter Business School
Vorwort und Danksagung
Warum Jordanien? Ein kleiner Staat, der unscheinbar eingebettet zwischen ver
schiedenen Krisenherden wie Israel, Syrien und Irak stets seine eigene Rolle
sucht und aufg rund seines Selbstverständnisses in einer krisengeplagten Region
eine moderierende Rolle einnehmen möchte, gerade auch vor dem Hintergrund
der zentralen Bedeutung des Tourismus für das kleine Königreich und der Er
kenntnis, wie sensibel internationale Märkte auf Verwerfungen in der Region
reagieren. Diese Frage wurde mir seit Beginn des von der Deutschen For
schungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts bzw. der daraus resultierenden
Studie so oft gestellt, dass ich irgendwann aufgehört habe, zu zählen. Ursprüng
lich war ich immer davon ausgegangen, dass Jordanien den meisten Menschen
doch bekannt sein müsste, sei es aus diversen Kinofilmen wie bspw. ,,Indiana
Jones und der letzte Kreuzzug" (mit Harrison Ford und Sean Connery in den
Hauptrollen), aus der Literatur, durch ,,Die sieben Säulen der Weisheit" (der dar
aus resultierende Kinofilm ,,Lawrence von Arabien" mit den Protagonisten Peter
O'Toole und Omar Sharif erhielt 1962 immerhin sieben Oscars), oder einfach
nur, weil man mit Jordanien automatisch das Tote Meer oder die nabatäische
Felsenstadt Petra in Verbindung bringt. Letztere zählt als UNESCO-Welterbe
stätte immerhin zu den Sieben Neuen Weltwundern und ist das herausragende
AlleinsteIlungsmerkmal des Landes. Doch weit gefehlt. Immerhin warf Prof. Dr.
Graham Miller, Head of the School of Hospitality and Tourism Management,
University of Surrey, Großbritannien, im Rahmen eines PhD-Workshops an der
University of Surrey, an dem ich teilnahm, die exakte Gegenfrage auf - warum
denn gerade nicht Jordanien?
Schon alleine aus diesen wenigen Gründen war es für mich ein zentrales Anlie
gen und eine damit verbundene Herausforderung, den Internationalisierungs
prozess der jordanischen Tourismuswirtschaft näher unter die Lupe zu nehmen,
in der Hoffnung von meiner Seite aus einen bescheidenen Beitrag zum wissen
schaftlichen Erkenntnisfortschritt und zum Bekanntheitsgrad des Landes zu
leisten. Denn bei Jordanien handelt es sich um ein Land, das bis dato noch viel
zu wenig in den wissenschaftlichen Fokus gerückt ist. Dies möchte ich mit der
vorliegenden Arbeit ändern. Ein Grund für den noch mangelnden Bekanntheits
grad mag in der Tatsache begriindet sein, wie wenig in Punkto Arabischer Welt
in unseren Breiten differenziert wird. Staaten, politische Systeme, Wirtschafts-
x
Vorwort und Danksagung
fonnen und kulturelle Stätten werden gleich einem Kessel Buntes in einen Topf
geworfen und vennengt - das Ergebnis ist in den meisten Fällen ungewiss, auf
alle Fälle jedoch erschreckend undifferenziert. Noch immer dominieren Stereo
type und Vorurteile und werden Pauschalaussagen über die Araber getroffen, die
weiß Gott so in dieser Fonn nicht existieren und der Vielfalt der Arabischen
Welt in keinster Weise gerecht werden. Bei all meinen Reisen in die Arabische
Welt - nach Ägypten, Algerien, Dubai, Libanon, Syrien, Tunesien und insbeson
dere nach Jordanien ist mir dabei eine Aussage zentral im Gedächtuis verhaftet
geblieben, die ich dem Leser nicht vorenthalten möchte.
Als ich einen meiner Gesprächspartner zum wiederholten Male besuchte - wir
trafen uns regelmäßig in seinem Büro oder bei ihm zu Hause - sagte er eines
Tages zu mir: "The first time you came as a tourist. The second time you came as
a researcher. But the third time, you came as a friend." Noch heute erzähle ich
von dieser Aussage, um zu verdeutlichen, wie sehr mich diese Zeit, die letztlich
viel zu kurz gewesen ist, geprägt hat. Jordanien mag aus einer westlichen Pers
pektive ein annes Land sein - ann an Bodenschätzen, ann an Industrie und ann
an produzierendem Gewerbe. Jordanien ist jedoch ein reiches Land, reich an kul
turellem Erbe, reich an wunderbaren Menschen, reich an touristischen Attraktio
nen und reich an vielfältigen Möglichkeiten, die sich bieten, gerade fiir einen
Forscher aus der westlichen Welt. Gerne denke ich an die Zeit zurück, als ich im
Wadi Rum eine Nacht unter dem Sternenzelt verbracht hatte, um das oftmals ge
priesene Erlebnis im Siune eines tourist gaze selbst konsumieren zu können. An
die Fahrt an die irakisehe Grenze, wo ein LKW nach dem anderen schwer
beladen über den Highway kroch, um Güter fiir den Wiederaufbau des zerrütte
ten und vom Krieg gezeichneten Iraks zu liefern. An den Sicherheitschef des
Hotels, der mich zu seiner Familie nach Hause zu Mansa! einlud, mit dessen
Söhnen ich Freundschaft schloss und mit denen ich nach dem Freitagsgebet
immer fußball spielen ging. An die StreifZüge durch die downtown der Haupt
stadt Amman, durch Winkel, die die letzten Jahre wohl nur wenige nicht
arabisch stämmige Menschen gesehen hatten. Aber auch an die Zeit des Aus
bruch des Arabischen Frühlings und des Syrien-Konf1ikts, an die Studenten
demonstrationen an der University o! Jordan, an die regelmäßigen Freitags
demonstrationen rund um die Moscheen und die Panzer der jordanischen Armee,
die nach Norden an die jordanisch-syrische Grenze beordert wurden, um diese zu
sichern. Mit Schmunzeln denke ich an die AutofaiJrt von Aqaba nach Amman,
bei der ich einen Polizisten als Auba1ter mitua1un und der mich vor einer vennut
lieh unangenehmen Situation bewahrte, als ich etliche Male die Geschwindig-