Table Of ContentFinanzwirtschaft, Unternehmensbewertung
& Revisionswesen
Manfred Jürgen Matschke · Thomas Hering
Michael Olbrich · Heinz Eckart Klingelhöfer
Gerrit Brösel Hrsg.
Tobias Quill
Interessengeleitete
Unternehmens-
bewertung
Ein ökonomisch-soziologischer
Zugang zu einem neuen
Objektivismusstreit
Finanzwirtschaft, Unternehmens
bewertung & Revisionswesen
Herausgegeben von
M. J. Matschke, Greifswald, Deutschland
Th. Hering, Hagen, Deutschland
M. Olbrich, Saarbrücken, Deutschland
H. E. Klingelhöfer, Pretoria, Südafrika
G. Brösel, Hagen, Deutschland
In dieser Schriftenreihe werden betriebswirtschaftliche Forschungsergebnisse
zu aktuellen Fragestellungen der betrieblichen Finanzwirtschaft und des Revi-
sionswesens im allgemeinen sowie der Unternehmensbewertung im besonderen
präsentiert. Die Reihe richtet sich an Leser in Wissenschaft und Praxis. Sie ist als
Veröffentlichungsplattform für alle herausragenden Arbeiten auf den genannten
Gebieten offen, unabhängig davon, wo sie entstanden sind.
Herausgegeben von
Prof. Dr. Manfred Jürgen Matschke Prof. Dr. Heinz Eckart Klingelhöfer
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Tshwane University of Technology
Greifswald Pretoria
Prof. Dr. Thomas Hering Prof. Dr. Gerrit Brösel
Fern Universität in Hagen FernUniversität in Hagen
Prof. Dr. Michael Olbrich
Universität des Saarlandes
Saarbrücken
Tobias Quill
Interessengeleitete
Unternehmens-
bewertung
Ein ökonomisch-soziologischer
Zugang zu einem neuen
Objektivismusstreit
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Olbrich
Dr. Tobias Quill
Saarbrücken, Deutschland
Zugl.: Dissertation, Universität des Saarlandes, 2016
Finanzwirtschaft, Unternehmensbewertung & Revisionswesen
ISBN 978-3-658-14901-7 ISBN 978-3-658-14902-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-14902-4
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Geleitwort
Kaum ein Gebiet der Betriebswirtschaftslehre unterliegt derart kontroversen Ansich-
ten in Wissenschaft und Praxis wie das der Unternehmensbewertung. Dabei lassen
sich zwei „Lager“ identifizieren, und zwar die in der Investitions- und Entschei-
dungstheorie, der Österreichischen Grenznutzenschule und der strengen Zweckorien-
tierung SCHMALENBACHS verwurzelte Schule der investitionstheoretischen, funktio-
nalen Wertlehre und die auf volkswirtschaftlichen Gleichgewichtsmodellierungen der
Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie fußende finanzierungstheoretische Wertleh-
re. Erstere wird, da sie sich zum größten Teil im deutschsprachigen Schrifttum her-
ausgebildet hat, auch als deutsche Schule, letztere aufgrund ihrer Entstehung im vor
allem englischsprachigen Schrifttum auch als angelsächsische Schule der Unterneh-
mensbewertung bezeichnet (so z.B. HERING (2004), JAKI (2012)). Die Existenz eines
Streits an sich ist in der Wissenschaft kein Kuriosum, sondern Normalfall und oft-
mals unabdingbar zur Gewinnung von Erkenntnisfortschritt. Der in der Wirtschafts-
wissenschaft zu beobachtende Streit zwischen den Bewertungsschulen weist aller-
dings sechs Paradoxa auf, die bemerkenswert sind:
1. Bewertungstheoretisch-inhaltlich ist der Streit mittlerweile entschieden, denn die
Vertreter der deutschen Schule haben in zahlreichen Publikationen nachgewiesen,
daß die Modellierungen der angelsächsischen Schule aufgrund ihrer Prämissen
keine Entscheidungswerte liefern können; sie dienen alleine dem Zweck der Ar-
gumentation in der Preisverhandlung. Mit anderen Worten: Ihre Modelle haben
einen geringeren Aussagegehalt als jene der deutschen Schule und lassen sich der
Argumentationsfunktion und damit einer der drei Hauptfunktionen der funktiona-
len Wertlehre subsumieren. Paradox ist, daß trotz dieser inhaltlichen Unterlegen-
heit der angelsächsischen Wertlehre die große Mehrzahl an Veröffentlichungen
zur Unternehmensbewertung dennoch dieser finanzierungstheoretischen Schule
folgt, statt die investitionstheoretisch-funktionale Sichtweise einzunehmen.
2. Das unter Punkt 1 geschilderte Paradoxon der wissenschaftlichen Befassung mit
der Unternehmensbewertung läßt sich strukturgleich in bezug auf die Praxis kon-
statieren. Die angelsächsische Wertlehre setzt engere, wirklichkeitsfernere Prä-
missen als die deutsche Schule; dennoch findet sie ungeachtet ihrer daher geringe-
ren Tauglichkeit zur Lösung realer Bewertungsprobleme eine wachsende Verwen-
dung auf seiten der Praxis.
3. Kurios ist zudem, wie der Streit zwischen den Wertlehren ausgetragen wird: Wäh-
rend sich die Vertreter der investitionstheoretisch-funktionalen Schule seit rund
zwei Jahrzehnten in zahlreichen Publikationen dezidiert mit der finanzierungsthe-
oretischen Schule auseinandersetzen, unterbleibt eine spiegelbildliche Befassung
VI Geleitwort
der angelsächsischen Schule mit der deutschen Konkurrenz nahezu vollumfäng-
lich.
4. Sucht man nach Ursachen für diese Ignoranz, mag für den Fall von Autoren aus
dem angelsächsischen Kulturraum deren oftmals mangelnde Fremdsprachenkennt-
nis angeführt werden, die ihnen die Wahrnehmung all jener Forschungsergebnisse
verwehrt, die in anderen Sprachen als dem Englischen publiziert wurden. Dagegen
spricht allerdings, daß zahlreiche Überlegungen der investitionstheoretisch-funk-
tionalen Schule durchaus auch in englischer Sprache erschienen sind, und zwar
sowohl von englischsprachigen (z.B. FETTER (1900, 1904), ELY/ADAMS/LORENZ/
YOUNG (1918), FISHER (1930), BABCOCK (1932), BONBRIGHT (1937)) als auch
deutschsprachigen (z.B. MATSCHKE/BRÖSEL/MATSCHKE (2010), HERING/TOLL/
KIRILOVA (2014), OLBRICH/QUILL/RAPP (2015)) Autoren.
5. Hinzu kommt, daß auch im deutschsprachigen Schrifttum seit vielen Jahren eine
wachsende Zahl von Beiträgen zu beobachten ist, die der finanzierungstheoreti-
schen Wertlehre folgt und zugleich den ihr gegenüber deutlich weiterentwickelten
Erkenntnisstand der investitionstheoretisch-funktionalen Schule mehr oder minder
vollständig ignoriert. Dies überrascht besonders, da in diesen Fällen keine fehlen-
den Sprachkenntnisse als Erklärung ins Feld geführt werden können.
6. Noch verwunderlicher sind nicht zuletzt jene Fälle im Schrifttum, in denen
deutschsprachige Autoren, die in der Vergangenheit Publikationen zur investiti-
onstheoretisch-funktionalen Wertlehre beigesteuert haben, nun Beiträge veröffent-
lichen, die weitgehend unkritisch der finanzierungstheoretischen Wertlehre fol-
gen. Sie gründen ihre Ausführungen also auf einer inferioren Modellwelt, obwohl
ihnen zweckmäßigere Modellierungen angesichts ihrer früheren Veröffentlichun-
gen nachweislich bekannt sind.
Die genannten sechs Besonderheiten des Streits der Bewertungsschulen sind Gegen-
stand der Arbeit von Herrn Dr. Quill; er hat es sich in seiner Monographie zur Auf-
gabe gemacht, sie schlüssig zu begründen. Hierzu arbeitet er zunächst die histori-
schen Entwicklungsstränge der angelsächsischen und deutschen Wertlehre heraus,
um ihre Entstehung und ihre inhaltlichen Aussagen festzuhalten und gegeneinander
abzugrenzen. Seine dabei gewonnenen Erkenntnisse nutzt der Verfasser im Anschluß,
um die Paradoxa des Schulenstreits in der Unternehmensbewertung zu erklären. Hier-
zu bedient er sich des Transfers des in der Rechnungslegungsforschung zunehmend
verbreiteten Ansatzes der Politischen Ökonomie (vgl. statt vieler SUTTON (1984), OR-
DELHEIDE (1998), HOMFELDT (2013)) in die Unternehmensbewertung. Herr Dr. Quill
entwickelt auf diese Weise Erklärungsmuster, deren Modellierung auf der Annahme
fußt, daß mit Unternehmensbewertungen befaßte Akteure unterschiedliche individu-
elle Interessen verfolgen und solche Ansätze propagieren, die diesen Interessen dien-
lich sind. Letztendlich setzen sich folglich nicht jene Bewertungsverfahren durch, die
Geleitwort VII
inhaltlich am überzeugendsten und damit für das Gemeinwohl am zweckmäßigsten
sind, sondern jene, die von einzelnen Akteuren beziehungsweise Akteursgruppen
aufgrund ihrer individuellen Interessenlagen am nachdrücklichsten propagiert wer-
den. Herr Dr. Quill deckt im Zuge seiner Untersuchung zahlreiche Mißstände auf, so
daß er seine Abhandlung folgerichtig mit Handlungsempfehlungen schließt, die Bes-
serung verheißen.
Herr Dr. Quill hat mit seiner Arbeit einen Meilenstein der bewertungstheoretischen
Forschung vorgelegt. Der erste, geschichtliche Teil seiner Monographie übertrifft die
bislang vorhandenen historischen Abhandlungen zur Bewertungstheorie sowohl hin-
sichtlich der Breite des abgedeckten Schrifttums als auch der theoretischen Schärfe
der Analyse. Ganz unberührtes Neuland betritt er mit dem zweiten, interessentheore-
tischen Teil seiner Arbeit, denn es existiert im betriebswirtschaftlichen Schrifttum
bislang kein Beitrag, der sich der umfassenden, stringenten Modellierung von Akteu-
ren, ihren Interessen und den damit verbundenen Folgen für die Unternehmensbewer-
tung widmet. Der Verfasser legt also eine Monographie vor, die völlig neue Einsich-
ten in das Sujet gewährt und den Grundstein für eine innovative, zahlreiche weitere
Erkenntnisse versprechende Forschungsrichtung legt: die Politische Ökonomie der
Unternehmensbewertung.
PROF. DR. MICHAEL OLBRICH
Vorwort
Das betriebswirtschaftliche Spezialgebiet der Unternehmensbewertung umfasst ein
vielschichtiges, interdisziplinäres Themenfeld, das häufig komplexe und folgenreiche
(einzel-)wirtschaftliche Fragestellungen adressiert. Wenig überraschend wird das Su-
jet regelmäßig als „Königsdisziplin“ der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet. Über-
raschend hingegen ist, wie sich das Lehrgebiet in den letzten Jahren verändert hat:
Seit einer zügigen, durch scharfe Diskurse geprägten Konsolidierungsphase im Rah-
men des (historischen) Objektivismusstreits wird die betriebswirtschaftliche Unter-
nehmensbewertung durch den funktionalen Ansatz geprägt. Ein Blick in weite Teile
der jüngeren Literatur zeigt jedoch eine Tendenz auf, in der sich zunehmend der
marktwertorientierten Lehre zugewandt wird. Fachwissenschaftlich ist diese Ent-
wicklung überraschend, schließlich verengt sie den wissenschaftlichen Blick auf das
komplexe Themenfeld in erheblichem Maße. Die vorliegende Arbeit widmet sich der
Aufgabe, diesen Entwicklungspfad zu analysieren. Im Zuge dessen werden die sich
bereits abzeichnenden Grenzen einer rein betriebswirtschaftlichen Herangehensweise
durch die Erschließung des breiteren sozialwissenschaftlichen Forschungsapparats zu
überwinden gesucht.
Die vorliegende Monographie „Interessengeleitete Unternehmensbewertung“ ent-
stand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Wirtschaftsprüfung an der Universität des Saarlandes. Von der Fakultät 1 der Univer-
sität des Saarlandes wurde sie 2016 als Dissertationsschrift angenommen.
Zunächst und ganz besonders möchte ich an dieser Stelle meinem verehrten akademi-
schen Lehrer und Doktorvater, Herrn PROF. DR. MICHAEL OLBRICH, danken. Die mir
zugekommene exzellente Betreuung und Förderung meines Dissertationsprojekts so-
wie der Ansporn – nebst Gewährung großer Freiräume – für eigenständige, auch kri-
tische wissenschaftliche Arbeit bilden mehr als das Fundament der vorliegenden
Schrift. Über die akademische Entfaltung hinaus verdanke ich meinem Doktorvater
auch eine persönliche Weiterentwicklung, die ich unter seiner Lehre aber auch Füh-
rung erfahren durfte. Herrn PROF. DR. HEINZ KUßMAUL gilt mein aufrichtiger Dank
für die Übernahme und äußerst rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Darüber hi-
naus möchte ich mich herzlich bei Herrn PROF. DR. ALOIS KNOBLOCH für die Über-
nahme des Vorsitzes sowie Frau DR. JESSICA KNOLL für die Übernahme des Beisitzes
im Disputationsausschuss bedanken. Weiterhin danke ich den Herausgebern für die
Aufnahme meiner Schrift in ihre Reihe „Finanzwirtschaft, Unternehmensbewertung
& Revisionswesen“.
Schließlich möchte ich mich bei meinen Kollegen am Institut für Wirtschaftsprüfung
für die sehr gute und angenehme Zusammenarbeit bedanken. Besonderer Dank gilt
hier Frau DIPL.-KFFR. ANNA ELISA NIKOLIS und Frau DIPL.-ÖK. ANGELIKA
X Vorwort
MERDIAN – nicht nur, aber auch, weil sie Teile der Arbeit gelesen und wertvoll kom-
mentiert haben. Als initiale Inspirationsquelle dieser Schrift (und ihrer Betitelung) bin
ich meinem akademischen Bruder Herrn DR. NIKLAS BENEDICT HOMFELDT („Inte-
ressengeleitete Rechnungslegung“) zu Dank verpflichtet.
Meinen lieben Eltern, DAGMAR-DORIS TRAUTE-QUILL und HEINZ-MICHAEL QUILL,
danke ich ganz herzlich dafür, meinen akademischen und beruflichen Werdegang
stets und unermüdlich unterstützt und begleitet zu haben. Ebenso gilt dieser Dank
meinem lieben Bruder MATTHIAS QUILL, M.ENG. Ihm und meinem Bruder
CHRISTIAN QUILL (†) sei diese Schrift gewidmet. Ferner danke ich Frau LISA-MARIE
ALTHAUS, M.A., die Teile der Arbeit gelesen und mit hilfreichen Kommentaren ver-
sehen hat. Meine Partnerin, Frau KATHARINA MARIA-ELISABETH SCHULTE, M.ED.,
hat die gesamte Arbeit gelesen und wertvoll kommentiert; außerdem hat sie mich je-
derzeit und uneingeschränkt unterstützt. Hierfür gebührt ihr mein ganz persönlicher
und herzlicher Dank.
DR. TOBIAS QUILL