Table Of ContentHans-Joachim Lauth
Ulrike Liebert Hrsg.
Im Schatten
demokratischer
Legitimität
Informelle Institutionen
und politische Partizipation
im interkulturellen
Demokratienvergleich
Hans-Joachim Lauth· Ulrike Liebert (Hrsg:)
Im Schatten demokratischer Legitimitat
Hans-Joachim Lauth . Ulrike Liebert (Hrsg.)
Im Schatten
demokratischer Legitimitat
I nformelle I nstitutionen
und politische Partizipation
im interkulturellen Demokratienvergleich
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Im Schatten demokratischer Legitimitat : informeJle Institutionen
und politische Partizipation im interkulturellen
Demokratienvergleich / Hans-Joachim Lauth ; Ulrike Liebert
(Hrsg.). - Opladen ; Wiesbaden : Westdt. VerI., 1999
ISBN 978-3-531-13418-5 ISBN 978-3-322-91611-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-91611-2
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© Springer Fachmedien Wiesbaden 1999
Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Vedag GmbH, Opladen/Wiesbaden, 1999.
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Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt
Inhalt
Vorwort ..................................................................................................................... 7
I. Einleitung
Ulrike Liebertl Hans-Joachim Lauth:
"Do Infonnal Institutions Matter?" Infonnelle Institutionen in der interkulturell
vergleichenden Partizipations-und Demokratisierungsforschung ........................... 11
11. Politische Partizipation in der Demokratie-und Institutionentheorie
und in der feministischen Theorie
Hartmut Behr:
Modeme Theorien der Demokratie und Konzeptionen politischer Partizipation ..... 39
Hans-Joachim Lauth:
Infonnelle Institutionen politischer Partizipation und ihre demokratietheoreti
sche Bedeutung:
Klientelismus, Korruption, Putschdrohung und ziviler Widerstand ........................ 61
Ulrike Liebert:
Dynamiken demokratischer Exklusion als Problem der Frauen-und
Geschlechterforschung und feministischen politischen Theorie .............................. 85
Ill. Informelle Mechanismen politischer Inklusion und Exklusion:
Arbeiter, Frauen, Universitatsstudenten, urbime Arme
Wo lfgang Seifert:
Arbeitnehmer und gewerkschaftliche Partizipation in der japanischen Politik ...... 107
Simone Schwanitz:
MachtverIust durch Systemtransfonnation?
Ein institutioneller ErkHirungsversuch zur politischen Partizipation russischer
Frauen in der postsozialistischen Ara ..................................................................... 132
Martin Traine:
Protestbewegungen und Intemationalisierung der Massenmedien:
Die 68er-Bewegungen in Europa und Lateinamerika ............................................ 155
6 Inhalt
Ci/ja Hardersl Almuth Schauber:
Netzwerke und inforrnelle Partizipation zwischen Inklusion und Exklusion -
die Beispiele Agyptens und Ghanas ....................................................................... 165
Norbert Kerstingl Jaime Sperberg:
Politische Partizipation und zivilgesellschaftliche Selbsthilfeorganisationen der
urbanen Arrnen in Afrika und Lateinamerika ......................................................... 185
IV. Institutionelle Ressourcen und Folgen politischer Partizipation
im interkulturellen Demokratienvergleich
Christian Welzel:
Humanentwicklung und der PhasenwechseI der Zivilgesellschaft:
Ziviles Engagement in 50 Nationen ....................................................................... 207
Gert Pickell Susanne Pickel:
"Neue" Demokratien in Osteuropa? Politische Unterstiitzung und politische
Partizipation als Deterrninanten der Demokratisierung .......................................... 237
Dieter Neubert:
Demokratisierung ohne Zivilgesellschaft? Zur Rolle von Patron-Klient-Bezie-
hungen in den neuen afrikanischen Mehrparteiensystemen ................................... 258
Stefanie Hanke:
Klientelismus als System: Die Reproduktion klientelistischer Netzwerke im
Demokratisierungsprozess in Mali ......................................................................... 277
Sachregister ............................................................................................................ 294
Autorenverzeichnis ................................................................................................. 298
Vorwort
Der vorliegende Band entstammt dem Arbeitskreis "Interkultureller Demokratiever
gleich" der DVPW. Dieser Arbeitskreis wurde im Jahr 1996 mit dem Motiv gegriin
det, die unterschiedlichen kulturellen Kontexte der jungen, im Verlauf der dritten
Welle entstandenen, wie auch der etablierteren westlichen Demokratien systema
tisch in der vergleichenden Forschung zu berucksichtigen. Inzwischen blickt der AK
auf fiinf Tagungen zuruck, die sich dieser Thematik mit unterschiedlichen Schwer
punkten und Perspektiven naherten. Deren Spannbreite reicht von Reflexionen des
Demokratieverstandnisses im Spannungsfeld zwischen Universalismus und Kultur
relativismus bis hin zu Ansatzen empirischer Demokratiemessung. Fast alle der in
diesem Band versammelten Beitrage gehen auf eine Tagung in Mainz 1998 zuruck,
die sich im April 1998 dem Thema ,,Politische Partizipation im interkulturellen
Demokratievergleich: Zum Verhiiltnis formeller und informeller Institutionen" wid
mete. Ihre Auswahl wurde systematisch erganzt, urn ein koharentes Profil des Ban
des zu schaffen. Die inzwischen an verschiedenen Orten angelaufene Beschaftigung
mit infoITnellen Institutionen und Strukturen verdeutlicht die Relevanz dies er The
matik. Es ware zu wtinschen, dass die hier vorgestellten Zwischenergebnisse zur
weiteren Vemetzung der Forschungen und Diskussionen beitragen konnte. Auch in
Zukunft wird sich der AK den Problemen des interkulturellen Demokratieverglei
ches widmen. Informationen dazu sind auf der Homepage (http://viadrina.euv
frankfurt-o.de/-vgkulsozlarbeitskreis.htm) zu finden.
Auch dieser Band ware ohne die Untersttitzung anderer nicht zustande gekom
men. Fur die Mitarbeit an der Manuskriptkorrektur und der Layoutgestaltung danken
die Herausgeber Gisela Lysiak (Bremen) und Sascha Kneip (Mainz). Daruber hinaus
gilt unser Dank der lohannes Gutenberg-Universitat Mainz, die maf3geblich dazu
beigetragen hat, die finanziellen Hurden der Publikation zu tiberwinden.
Mainz und Bremen im Juni 1999
Hans-loachim Lauth und Ulrike Liebert
1.
Einleitung
"Do Informal Institutions Matter?"
Informelle Institutionen in der interkulturell vergleichenden
Partizipations- und Demokratisierungsforschung
Ulrike Liebert und Hans-loachirn Lauth
"Do informal institutions matter?" Mit dieser Frage zur Praxis politischer Partizipa
tion der Burgerinnen und Burger in demokratischen Systemen ist ein Kemproblem
formuliert, auf welches die Demokratieforschung unvermeidlich st6Bt, wenn sie sich
auf das Terrain interkultureller Nord-Sud oder Ost-West-Vergleiche begibt. Denn in
vielen etablierten wie jungeren Demokratien lassen sich demokratisch nicht legiti
mierte Praxen der Einflussnahme und Einflussbegrenzung feststellen, welche die
formal-demokratischen Institutionen der politischen Partizipation nicht nur erganzen
sondem auch konterkarieren und unterminieren konnen. Fur solche interkulturell
orientierten Fragestellungen schufen die in der Demokratisierungsforschung seit den
achtziger lahren geflihrten Debatten einen Raum, in dem kontroverse Themen for
muliert, traditionelle Konzepte uberpruft, Theorien weiterentwickelt und neue Syn
thesen versucht werden konnen. Wahrend die Transitions- und demokratische Kon
solidierungsforschung uber weite Strecken die Bedeutung formaler demokratischer
Institutionen - von Wahlen, Parteien, Parlamenten - betonte, stellen die im vorlie
genden Band vorgestellten Beitrage die bislang weitgehend vemachlassigten infor
meIlen Institutionen in den Mittelpunkt. Wahrend diese flir die Analyse der Praxis
politischer Partizipation in demokratischen Systemen unterschiedlicher regionaler
Provenienz von groBtem Interesse erscheinen, wird ihre demokratietheoretische Rol
le jedoch durchaus kontrovers diskutiert.
Zur Diskussion dies er Thematik gilt es, die im Schatten demokratischer Legiti
mitat operierenden informellen Institutionen aufzuspuren, welche die unterschiedli
chen Muster politischer Partizipation nachhaltig pragen. Es soli gezeigt werden, wie
diese informellen Institutionen nicht nur die Handlungskorridore flir die effektive
Teilhabe der Individuen und Gruppen am demokratischen Prozess pragen, sondem
wie sie auch damber hinaus das spezifische Denken und die Erfahrungen der Men
schen hinsichtlich dessen bestimmen, was Demokratisierung flir sie praktisch be
deutet. Werden sich in den vielen neuen, als "hybride" oder "defekt" diagnostizier
ten Demokratien die formal verfassten Institutionen politischer Partizipation gegen
uber den demokratisch nicht legitimierbaren informellen Mustem politischer Ein
flussnahme behaupten konnen? Oder muss man davon ausgehen, dass beide aufKo
sten erster und letztlich auf demokratieschadliche Weise miteinander konkurrieren?
Vielleicht gibt es aber auch einen "dritten Weg" der Koexistenz und Komplementa
ritat demokratisch verfasster und informeller Institutionen?
Die hi er vorgestellten Arbeiten gehen mehrheitlich davon aus, dass sich das Re
pertoire der politischen Partizipationsforschung flir interkulturelle Vergleiche erst
12 Ulrike Liebert und Hans-Joachim Lauth
fruchtbar machen lasst, wenn es institutionentheoretisch fortentwickelt wird. Insbe
sondere wird der Begriff der "politischen Partizipation" selbst als erweiterungsbe
diirftig eingeschatzt. Politische Partizipation sol1te zusatzlich zu den formal-demo
kratischen Partizipationsformen a11e jene Arten politischer Beteiligung und Ein
flussnahme von Biirgerinnen und Biirgem umfassen, welche weder verfasst noch
formal-demokratisch legitimiert sind, aber dennoch Regelhaftigkeiten aufweisen,
weil sie auf sozialen Konventionen fuBen, und moglicherweise sogar auf vor- oder
antidemokratische Legitimitatsressourcen zUrUckgreifen konnen. Als charakteristi
sche Beispiele flir solche Konventionen, die im nicht formal-legalen Sinn dennoch
als legitim gelten konnen, waren neben Klientelismus und Nepotismus etwa auch
Selbsthilfe-Netzwerke zu nennen, und sogar die Korruption politischer Amtsinha
ber, die in bestimmten Kontexten einen, wenn auch pathologischen, Charakter als
"politisches System" angenommen hat (Cazzola 1988).
Wenn die in dies em Band vorgestellten Analysen informeller Aspekte politi
scher Partizipation daher Anleihen beim Repertoire des Neo-Institutionalismus tati
gen, wo lIen sie dazu beitragen, die doppelte Forschungsliicke einer sowohl formal
demokratisch als auch elitistisch verengten Demokratisierungsforschung ein StUck
weit zu schlieBen: Zum einen solI dam it die in der Demokratisierungsforschung
vorherrschende Privilegierung formal-demokratischer Institutionen aufgebrochen
werden und die bislang vergleichsweise vemachlassigten informellen Institutionen
in den Mittelpunkt gestellt werden. Zum anderen geht es aber auch darum, die poli
tische Partizipationsanalyse im Rahmen der vergleichenden Demokratisierungsfor
schung durch die Einbeziehung von gese11schaftlich schwachen oder ausgegrenzten
Gruppen zu erweitem. Dieses Vorhaben, die vergleichende Demokratisierungsfor
schung gleichermaBen flir die Bedeutung informeller Institutionen sowie flir Fragen
der Partizipation unterschiedlicher sozialer Gruppen zu sensibilisieren, soll daher an
zwei Forschungsbereiche ankniipfen - an vergleichende Transitions-, KonsoIidie
rungs- und Transformationsstudien einerseits und an politische Partizipationsanaly
sen andererseits, und diese im Rahmen neuerer Institutionentheorien und -analysen
zu verkniipfen suchen.
Damit der zwischen diesen drei Polen weit gespannte konzeptuelle Rahmen
nicht zerfallt, wird zu klaren sein, welche Defizite und Beziige sich im Verhaltnis
zwischen vergleichender Demokratisierungs-und Partizipationsforschung einerseits,
und institutionellen Konzepten andererseits, herstellen lassen. In dies em einleiten
den Uberblick sollen im ersten Abschnitt (1) zunachst Defizite der Demokratisie
rungsforschung im Hinblick auf die Frage nach der Bedeutung informeller Institu
tionen beschrieben werden. AnschlieBend geht es urn die Frage moglicher Beziige
zwischen dem Repertoire der Partizipationsforschung und Institutionentheorien
(Abschnitt 2). Danach sollen einige Konzepte des Neo-Institutionalismus skizziert
werden, welche flir die hier verfolgten Fragen der politischen Partizipation und der
Demokratisierung von zentraler Bedeutung erscheinen (Abschnitt 3). In Abschnitt 4
wird ein Uberblick iiber die in diesem Band enthaltenen theoretischen und empiri
schen Beitrage gegeben. Die Einleitung endet mit Schlussiiberlegungen, die sich aus
den hier prasentierten Befunden ergeben. (Abschnitt 5).