Table Of ContentAus der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie
des Universitätsklinikums Würzburg
Direktor: Professor Dr. med. Christoph-Thomas Germer
Surveillance des Barrett-Ösophagus –
Vergleich konservative Therapie versus Anti-Reflux-Operation
Inaugural - Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Medizinischen Fakultät
der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
vorgelegt von
Simon Ulrich Jäger
aus Wasserburg am Inn
Würzburg, Januar 2009
I
Referent: Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Martin Fein
Koreferent: Professor Dr. med. Michael Scheurlen
Dekan: Professor Dr. med. Matthias Frosch
Tag der mündlichen Prüfung:
21. Oktober 2009
Der Promovend ist Arzt.
II
Gewidmet meinen Eltern Maritta und Josef Jäger
III
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung...............................................................................................................................1
1.1. Historische Aspekte des Barrett-Ösophagus...................................................................1
1.2. Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) und ihre Manifestationen..................2
1.2.1. Pathogenese..................................................................................................................2
1.2.2. Klinik............................................................................................................................5
1.2.3. Therapie........................................................................................................................6
1.3. Barrett-Ösophagus...........................................................................................................8
1.3.1. Beschreibung der pathologischen Entität.....................................................................8
1.3.2. Histologie des Barrett-Ösophagus................................................................................9
1.3.3. Die Metaplasie-Dysplasie-Adenokarzinom-Sequenz.................................................11
1.3.4. Epidemiologie des Barrett-Ösophagus und des ösophagealen Adenokarzinoms......13
1.3.5. Überwachung und Therapie.......................................................................................14
1.4. Fragestellungen in dieser Arbeit....................................................................................16
2. Patienten und Methoden.......................................................................................................18
2.1. Datenaufnahme..............................................................................................................18
2.2. Diagnostik.....................................................................................................................21
2.2.1. Endoskopie.................................................................................................................21
2.2.2. Histologie...................................................................................................................22
2.2.3. Funktionsdiagnostik...................................................................................................22
2.3. Statistische Analyse.......................................................................................................26
2.4. Benutzte Software.........................................................................................................26
3. Ergebnisse............................................................................................................................27
3.1. Patientenkollektiv..........................................................................................................27
3.2. Anti-Reflux-Operationen...............................................................................................28
3.3. Medikation.....................................................................................................................28
3.4. Ösophagitis....................................................................................................................30
3.5. Verlaufsentwicklung des Barrett-Ösophagus................................................................30
3.5.1. Überblick....................................................................................................................30
3.5.2. Patienten mit Dysplasie ( = intraepitheliale Neoplasie).............................................33
3.5.3. Patienten mit Adenokarzinom....................................................................................33
3.5.4. Regression des BE......................................................................................................34
3.6. EAPC.............................................................................................................................36
I
3.7. Ösophageale Refluxsymptome......................................................................................37
3.7.1. Beschwerdebild nach Therapiemodalität...................................................................37
3.7.2. Zusammenhang der Beschwerden mit der Ausdehnung des BE................................40
3.8. Extra-ösophageale Symptome.......................................................................................40
3.9. Funktionsdiagnostik......................................................................................................42
3.9.1. Prä-operative Daten....................................................................................................42
3.9.2. Post-operative Daten..................................................................................................44
3.9.3. Vergleich der post-operativen Funktionsdiagnostik in Patienten mit aktuellem BE mit
den post-operativen Funktionsdaten der Patienten ohne aktueller Barrett-Diagnose..........46
3.10. Begleiterkrankungen...................................................................................................47
4. Diskussion............................................................................................................................49
4.1. Charakterisierung des Patientenkollektivs....................................................................49
4.2. Medikation.....................................................................................................................50
4.3. Ösophagitis....................................................................................................................50
4.4. Charakterisierung des Barrett-Ösophagus.....................................................................51
4.4.1. Progression des BE....................................................................................................53
4.4.2. Barrett-Rezidive nach vormaliger Rückbildung zum Plattenepithel..........................55
4.4.3. Regression des BE......................................................................................................56
4.4.4. Verlauf nach Ablation des BE mittels EAPC.............................................................59
4.5. Refluxsymptomatik.......................................................................................................60
4.6. Extra-ösophageale Symptome.......................................................................................63
5. Zusammenfassung................................................................................................................65
6. Abkürzungen........................................................................................................................67
7. Literaturverzeichnis..............................................................................................................68
II
1. Einleitung
1. Einleitung
1.1. Historische Aspekte des Barrett-Ösophagus
Der Begriff Barrett-Ösophagus (im Folgenden abgekürzt BE, für Barrett’s Esophagus) hat
eine bewegte Geschichte hinter sich. Mehrmals hat sich seine Bedeutung gewandelt, und sein
Namensgeber Norman Barrett ist nur einer derjenigen, die bedeutende Beiträge zu seiner
Erforschung beisteuerten.
Wilder Tileston trägt schon im Jahre 1906 Autopsieberichte zu Ulcera des Ösophagus
zusammen [1]. Er vermutet in seiner Arbeit bereits, dass eine Sphinkter-Insuffizienz und der
Reflux von Magensaft die Ursache der Ulcera sind. Er beschreibt auch die Ähnlichkeit der
Läsionen mit Magenulcera.
Einen ersten Meilenstein setzt Allison 1948 mit der Veröffentlichung „Peptic ulcer of the
esophagus“. Er definiert die Refluxösophagitis, erörtert ihren natürlichen Verlauf, den
Sphinktermechanismus der Cardia und die Gleit- und paraesophagealen Hernien. Er
verwendet den Begriff „heterotopic gastric mucosa“ sowohl für Inseln von Zylinderepithel im
Ösophagus als auch für Zylinderepithel, das in Kontinuität mit der distal gelegenen
Magenschleimhaut liegt. Dadurch wird die Existenz eines mit Zylinderepithel ausgekleideten
Ösophagus angedeutet [2].
Im Gegensatz dazu vertritt Norman Barrett zwei Jahre später noch die Meinung, die Ulcera
lägen in einem tubulären Magenabschnitt, der aufgrund eines kongential verkürzten
Ösophagus durch das Zwerchfell in den Thorax hochgezogen wurde [3]. Er verwirft
außerdem Allisons Ansicht, dass die Ulcera in heterotoper Magenschleimhaut auftreten und
unterscheidet „sein“ Ulkus von den Ulcera, die im Rahmen einer Ösophagitis im
mehrschichtigen Plattenepithel zu finden sind.
Bosher und Taylor [4] finden im distalen Ösophagus Magenschleimhaut ohne Parietalzellen,
die über einer Wand liegt, die histologisch anhand der typischen submukösen Drüsen als
ösophageal bezeichnet werden muss.
In Übereinkunft mit diesen Beobachtungen widerlegen Allison und Johnstone 1953 Barretts
These. Barretts tubulärer Magen ist in Wirklichkeit ein mit Zylinderepithel bekleideter
Abschnitt des Ösophagus, der distal der Plattenepithel-Zylinderepithel-Grenze liegt. Das
Zylinderepithel unterscheidet sich von der Magenschleimhaut durch die geringe Anzahl an
Parietalzellen und das Vorkommen von Becherzellen. Die Autoren bezeichnen die
Schleimhaut aber dennoch als „gastric mucosa“ und geben dieser pathologischen Entität den
1
1. Einleitung
Namen „Barrett’s esophagus“ [5]. Ab 1957 erkennt auch Barrett seine Misskonzeption und
schließt sich Allisons Theorie an [6].
Durch den amerikanischen Chirurgen Hayward erfährt der Begriff des BE im Jahr 1961 eine
Umdeutung. Bis zu 2 cm Zylinderepithel in der distalen Speiseröhre gelten nun als
physiologisch. Erst darüber hinaus wird es als pathologische Veränderung angesehen und nur
dann spricht man von einem BE [7].
Im Jahr 1976 veröffentlicht Paull eine bedeutende Arbeit [8], in der er drei epitheliale
Subtypen im BE beschreibt. Seine histologische Klassifizierung gilt nur für Läsionen die
endoskopisch länger als 3 cm sind - gemäß der damalig vorherrschenden Meinung. Kürzere
Segmente werden damals nicht biopsiert.
Reid kann 1987 zeigen, dass nur einer von Paulls Epitheltypen, das „specialized epithelium“
(eine ganze Reihe Synonyme werden heute verwendet: intestinal metaplasia (intestinale
Metaplasie), specialized intestinal epithelium, inkomplette Metaplasie), über die Dysplasie
zum Adenokarzinom fortschreitet [9].
In den frühen neunziger Jahren beginnt Spechler auch Areale zu biopsieren, die eine geringere
Ausdehnung als 2 cm haben. In seiner Veröffentlichung von 1994 führt er den „short-segment
BE“ ein, da er auch in kürzeren Barrett-Segmenten sehr wohl Bereiche mit intestinaler
Metaplasie findet [10]. Seither müssen die kürzeren Segmente gleichermaßen als
präkanzeröse Läsionen betrachtet werden. Einige Autoren benutzen heute darüber hinaus den
Begriff des mikroskopischen BE. Dabei zeigt das Biopsat eines endoskopisch unauffälligen
Bereiches in der histologischen Untersuchung eine intestinale Metaplasie [11].
1.2. Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) und ihre Manifestationen
Man spricht von einer GERD (im amerikanischen Englisch: gastro-esophageal reflux
disease), wenn ein gesteigerter gastroösophagealer Reflux zu einer signifikanten Minderung
der Lebensqualität oder zu einem erhöhten Risiko für organische Komplikation führt. Zur
GERD werden die nicht-erosive Refluxkrankheit (NERD), die erosive Ösophagitis
verschiedener Schweregrade (ERD), der BE und extra-ösophageale Manifestationen gezählt
[11].
1.2.1. Pathogenese
Als ursächlich für die Entstehung der Refluxkrankheit gilt das Zusammenspiel mehrerer
Faktoren:
2
1. Einleitung
a. Insuffizienz des unteren ösophagealen Sphinkters („LES“ = lower esophageal sphincter)
Der LES hat eine Länge von 3-4 cm und beginnt etwa 37 cm distal der Reihe der
Schneidezähne. Er bildet eine Verstärkung in der Wandung aus glatter Muskulatur. Neben
dem intraabdominellen Abschnitt gehören auch die 1-2 cm oralwärts des Hiatus
diaphragmaticus zum Sphinkter [12]. Ein zu geringer Ruhedruck spielt aber wohl nur bei
schwerer Reflux-Erkrankung oder bei der Sklerodermie eine bedeutende Rolle [13].
b. Transiente Relaxierung des LES
Nach der Vorstellung von Dent et al. tragen zum Ablauf einer transienten Relaxation des LES
folgende Mechanismen bei:
Dehnung der Magenwand
MageMaMagenwnad
Transiente Relaxation des LES
Inhibierung der Muskulatur Kontraktion der longitudinalen
des Hiatus diaphragmaticus Sphinkter relaxiert Muskulatur des Ösophagus
Starke vorübergehende Dehnung des Anti-Reflux-
Mechanismus
Prädisposition für Reflux
Prädisposition für Reflux
- Nahrung – gedehnter Magen
- Dehnung
- Lockerung des Hiatus
- ? Körperposition
- ? andere Faktoren - Hiatushernie
Gastro-ösophagealer
Reflux
Abbildung 1.1. – Schema zur Entstehung des gastro-ösophagealen Reflux, modifiziert nach Dent et al.
Eine große Anzahl an Studien belegt, dass transiente LES Relaxationen das entscheidende
Ereignis für das Stattfinden von gasförmigem oder flüssigem Reflux sind. Sie sind eine
physiologische Aktion, mit der sich der Magen von überschüssigem Gas befreit. Die meisten
Refluxepisoden erfolgen während länger anhaltenden Relaxationen. Die Frequenz dieses
Tonusverlustes ist bei Refluxpatienten nicht notwendigerweise erhöht. Bekannt sind weiterhin
so genannte „uneventful relaxations“, bei denen keine simultane pH-Wert-Senkung im
Ösophagus registriert wird [14].
3
1. Einleitung
c. Hiatus diaphragmaticus
Ist der diaphragmale Hiatus regelrecht um den LES-Bereich geschlungen, leistet er einen
signifikanten Beitrag zum Anti-Reflux-Mechanismus. Besonders wichtig ist dieser Anteil
während der Inspiration und wohl auch bei der Adipositas. Dent et al. unterscheiden dabei
eine bloße Lockerung der Zwerchfell-Muskulatur von der Hiatushernie, bei der der
diaphragmale Hiatus und der LES anatomisch nicht mehr überlappen [14].
d. Die Clearance des Ösophagus
Die mechanische Selbstreinigung durch eine regelrechte Peristaltik und die chemische
Reinigung durch das Schlucken von Speichel ermöglichen die Neutralisation und Entfernung
von Refluxflüssigkeit aus dem Magen. Nikotin führt zu einer Hyposalivation und setzt so die
Clearance herab [13].
e. Adipositas
Fettleibigkeit trägt wahrscheinlich aufgrund des erhöhten intraabdominellen Drucks zum
Reflux bei. Das Risiko für eine GERD, aber auch für die ERD und das EAC steigt mit
zunehmendem Übergewicht [15].
f. Essen übergroßer Mahlzeiten
Dies führt zur Überblähung der Magenwand und damit zur Aufweitung der LES-Region, was
den Reflux begünstigt.
g. Schwangerschaft
Neben dem angestiegenen intraabdominellen Druck durch die Raumforderung des Uterus
werden auch hormonelle Einflüsse vermutet, da Progesteron eine Sphinkter-relaxierende
Wirkung zeigt. 50% der Schwangeren im 3. Trimenon leiden an Refluxbeschwerden [13].
h. Helicobacter pylori-Infektion
Eine Besiedelung mit H. pylori ist in Individuen mit oder ohne GERD etwa gleich häufig
[16]. O’Connor berichtet in dieser Studie, dass in etwa 40% der Patienten mit GERD eine H.
pylori nachgewiesen werden konnte.
Eine H. pylori-assoziierte atrophische Gastritis kann zu einer deutlichen Reduktion der
Säureproduktion im Magen führen. Unter diesen Verhältnissen führt eine mangelhafte
Sphinkterkompetenz dann nicht unbedingt zur Refluxerkrankung. Es lässt sich der Schluß
4
1. Einleitung
ziehen, dass durch die heutzutage weitaus häufiger durchgeführte Eradikationstherapie die
Säure-Produktion im Alter besser erhalten ist [14]. Der Rückgang der H. pylori-assoziierten
atrophischen Gastritis wäre damit mit der zunehmenden Häufigkeit der Reflux-Erkrankung in
Zusammenhang zu bringen.
i. Medikamente
Die Einnahme von Anticholinergika, ß-Agonisten, α-Blockern, Theophyllin, Nitropräparaten,
Calcium-Antagonisten und auch Opiaten kann den gastro-ösophagealen Reflux begünstigen
[13].
1.2.2. Klinik
a. Klassische Refluxsymptome
Dazu zählen das Sodbrennen („heartburn“), starker Speichelfluss („water brash“),
Regurgitation (umfasst saures und nicht-saures Aufstoßen) und nicht-kardiale
Thoraxschmerzen. Eine Studie von Richter und eine nationale Umfrage der Gallup
Organization schätzen, dass 25-40% der gesunden erwachsenen Amerikaner mindestens
einmal pro Monat GERD-Symptome haben, klinisch manifest am häufigsten durch
Sodbrennen. Ebenso leiden 7-10% der Erwachsenen in den Vereinigten Staaten täglich an
diesen Symptomen [17, 18]. Eine Aerophagie, also das Schlucken von Luft, mit dem Ziel
durch den alkalischen Speichel das Refluat in den Magen zurückzutransportieren, ist bei
vielen GERD-Patienten habituell zu beobachten. Es kann das Bloating und die Flatulenz
besonders bei Patienten nach einer Fundoplicatio verstärken [19].
b. Extra-ösophageale Symptome
Es können chronischer Husten, Asthma bronchiale und eine Laryngitis auftreten, mit
Heiserkeit besonders am Morgen [11]. Auch sind Zahnschmelz-Arosionen durchaus eine
häufige Folge des Refluxes [20]. Die Ätiologie dieser Beschwerden sollte mittels einer
Probetherapie mit PPI ergründet werden. Eine Linderung der Symptomatik spricht dabei für
eine Reflux-induzierte Genese.
c. Alarmsymptome
Die im Folgenden genannten Beschwerden erfordern immer eine Abklärung mittels
Endoskopie [21]:
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Description:Epidemiologie des Barrett-Ösophagus und des ösophagealen Adenokarzinoms 13. 1.3.5. Überwachung und .. Man spricht von einer GERD (im amerikanischen Englisch: gastro-esophageal reflux disease), wenn ein Martin Fein für die Betreuung dieser Arbeit sehr herzlich bedanken. Ich danke