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VON
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WILHELM STREITBERG
ACHTER BAND
GEBET UND OPFER
STUDIEN ZUM GRIECHISCHEN KULTUS
VON
FRIEDRICH SCHWENN
HEIDELBERG 1927
CARL WINTERS UNIVERSITATSBUCHHANDLUNG
GEBET UND OPFER
STUDIEN ZUM GRIECHISCHEN KULTUS
VON
FRIEDRICH SCHWENN
HEIDELBERG 1927
CARL WINTERS UNIVERSITATSBUCHHANDLUNG
Verlap-Nr. 2023
Vorwort.
Die vorliegende Arbeit ist von der Philosophischen Fakultät der
Universität Rostock als Habilitationsschrift angenommen worden.
Zu den Druckkosten lieferte die N otgemeinsehaft der Deut
sehen Wissenschaft einen erheblichen Beitrag.
Ich möchte nicht verfehlen, an dieser Stelle meines hochver
ehrten Lehrers, des Herrn Professor D. Dr. Geffcken, zu gedenken,
der mich zuerst in die kulturwissenschaftliehe Methode eingeführt
hat und mir dann ein stets hilfsbereiter Förderer gewesen ist. Auf
ihm beruht mein philologisches Arbeiten. Auch in dieser Schrift,
die auf einem von meinem Lehrer weniger bebauten Gebiet liegt,
weiß ich wohl die Fäden zu würdigen, durch die sie mit den An
regungen aus meiner Studienzeit verbunden wird.
R o s t o e k, Oktober 1927.
F. Schwenn.
Inhaltsübersicht.
Seite
Vorwort V
.
Vorbemerkungen . . . . . . 1
Erstes Kapitel: Das Gebet.
1. Ein Stück der Liturgie von Eleusis . . . . . . . . . . • . 3
2. Ruflied an Dionysos . . . . . . . . . . . . . • . 8
3. Zwei homerische Gebete . . . . . . . . . . . . • . 17
4. Primitive Elemente in weiteren homerischen Gebeten . • 86
6. Das Gebet als Kunstwerk . . . . . . . . . . . . • . 68
6. Vorgeschichte des Gebetes . . . . . . . . . . . . . . . . 62
7. Mitwirkung des Anrufes bei der Entstehung von Göttern. Zeus 81
Zweites Kapitel: Das ü pf er.
.
1. Arten der Opfer. . . . . . . . . . . . . . . . 92
•
2. Von heiligen Tieren . . . . . . . . 94
• •
3. Euphonien . . . . . 99
.• •
4. Das griechische Opfer 120
•
Ausblick . . . • . . . 181
•. •
Exkurs: Das Passahopfer 188
•
Vorbemerkungen.
Eine gewaltige Traditionsmasse durchdringt überall in ge
schichtlicher Zeit richtunggebend das religiöse Leben des In-
dividuums und der Gruppe.
Damit wird die Bedeutung des religiösen Urerlebnisses nicht
bestritten, mag dies nun als akosmistische Erfahrung auf der
Offenbarung eines höheren Wesens beruhen oder nur inner
menschlich als psychische Reaktion auf die Umwelt, als die
Resultante des Zusammentreffens von ererbten, häufig vielleicht
genialen Anlagen mit Milieuwirkungen zu deuten sein. Aber
nirgends, wohin wir auch unsere Blicke richten, sind die religiösen
Phänomene von jeder tlberlieferung ganz und gar losgelöst, nicht
einmal das Christentum der Evangelien steht völlig außerhalb
des Zusammenhangs mit der Lehre der Propheten und spät-
jüdischen Zeitströmungen. Zum wenigsten gewinnt das Ur
erlebnis, das in den tiefsten Schichten der Seele vor sieh geht,
durch die Tradition seine Form, erhält durch sie Ausdrucks
möglichkeiten. Nach den Gesetzen der Wechselwirkung von
Mensch zu Mensch, vornehmlich durch Einfühlung, Eingebung,
Einredung, müssen sieh ja mit einer Notwendigkeit, die in unserem
sozialen Dasein begründet ist, die formgewordenen Ergebnisse
des individuellen Erlebens wie Wellen auf die N aehbarn und auf
die Kinder und durch sie auf kommende Generationen übertragen
und deren Erlebensart beeinflussen - und das in der Sphäre des
Religiösen mit um so größerer Gewalt, als mindestens seine
Keime in jedem Menschen vorhanden sind, und Religion deshalb
ein überindividuelles, aber gerade darum auf das Individuum
besonders stark wirkendes Erlebnis de~ Gruppe werden kann
und in früheren Zeiten auch. stets geworden ist.
Da.s religiöse Urerlebnis gerade ist es in erster Reihe, was daa
Werden der Religion bedingt. Die Psyche des Individuums in der
Besonderheit ihres Wesens, die „Kollektivseele" der Gruppe, sie
beide verarbeiten die Erkenntnisse und Werte der Tradition
dureh Anpassung an ihre eigene Bestimmtheit. Wenn sie das
8 o h w e n n Gebet a. Opfer. t
t
2 Vorbemerkungen.
lll,erko:mmene. dann weiter geben, so haben sie es stets etwas
v.erändet,· -vielfac=hun sichtbar wenig, in schöpferischen Naturen
fteil~}l.~; ~i~_hab~n es gespeist mit anderen überkommenen
•Elinlt\ufeh. :dioi:h mit-Jeweiligen Seelenzustand am meisten ent
sprachen, haben es getönt mit dem Stimmungswert ihrer eigenen
profanen und religiösen Erlebnisse; und für den Ausgleich der
verschiedenen Lebensresultate sorgt dann das Gemeinschafts
leben _der Gruppe. Der Wechsel der Formen muß sich somit der
historischen Betrachtung als ein kontinuierli.cher zeigen, und je
schärfer das Auge des Betr&ehtenden sieht, um so weniger er
blickt es Sprünge und Risse: die Tradition ist, wie oft auch der
erste Anschein dagegen sprechen mag, durchaus stetig.
Greifbar für den erfassenden Ve rstand sind nur die Formen„
einzelne Sätze und ganze Systeme; der Lebensprozeß selber, das
ßie~ende Werden einer Seele, von dem sie losgelöst sind, dessen
erstarrte Produkte sie sind, läßt sich mit ihrer Hilfe nur teilweise
nach~leben. Damit sind denn auch die Grenzen und die Mög
lichkeiten der wissenschaftlich methodischen Forschung bestimmt„
Die Tradition beginnt in der Urzeit des Menschengeschlechts,
vielleicht noch auf einer vormenschlichen Stufe, und sie setzt sich
O.berall auf der Erde bis in unsere Zeit fort. Eine lange Ent•
wicklung liegt selbst hinter der Kultur der Kulturlosesten von
heute, und auch sie sind, nach mannigfachen Fortschritten und
Rückschritten, weit entfernt von dem religiösen Erleben des
Urmenschen. Bei anderen Völkern aber sind die tiefgreifendsten
Umformungen primitiver Religion geschehen, und gerade an der
Schaffung höherer religiöser Werte haben mehr Völker gearbeitet,
als an anderen Teilen der Kultur. Kein Land hat so bestimmend
auf den Gang der Religionsgeschichte, ja der Geistesgeschichte
allgemein eingewirkt wie Palästina, die Heimat des Christentums;
aber was Palästina geschaffen hat, das hat die entscheidende Aus
gestaltung gewonnen durch den aus Eigenem schöpfenden, aber
auch mit Fremdem genährten Geist des Griechenvolkes.
Von griechischer Religion_s oll auf den folgenden Blättern ge
a.n
handelt werden,_ und zwei Beispielen soll die Umformung dar
gelegt werden, die primitive Religion durch griec]µschen Geist
erfahren hat, amG ebet und Opfer.
1. Kapitel.
Das Gebet.
1. Ein Stück der Liturgie von Eleusis.
. ,," Y e, - xoe", , riefen in Eleusis die Mysten, beim ersten Wort
zum Himmel emporblickend, beim zweiten zur Erde gewendet1
•
„Himmel, regne - Erde, werde schwanger." Eine traditionelle
Formel, die durch den Gleichklang (UsENER: ,,lasse regnen -
laß dich segnen") in sich geschlossen ist!
Der Kult von Eleusis ist alt und reicht wahrscheinlich noch
jn vorgriechisehe Zeiten zurück'. Seine Hauptgottheit war, nach
dem Namen8 zu urteilen, eine später der Demeter angeglichene
Göttin, die in historischer Zeit gewöhnlich als Eileithyia' be
zeichnet wird, auf kleinasiatischem Boden auch als Eleuthera 5
erscheint. Die Griechen faßten Eileithyia fast immere als Helferin
bei Geburten auf, in Kleinasien aber war sie mehr als das, war
sie die „mütterliche Göttin mit den zahlreichen Brüsten, welche
in Ephesos als Artemis Ephesia, an anderen Orten als Leuko
phryene, Astyrene und unter sonstigen Namen verehrt wurde"
1 Hippolytos ref. omn. haer. V, 7, p. 146, 79f. und Proklos in Plat.
Tim. p. 213, 18ff. Diehl. (Quelle: Porphyrios, für diesen Chrysipp nach
E. NORDEN,A gnostos Theos löl A. 4; vgl. zu Poreh. J. GEFFCKBNA, ns•
gang des griech.•röm. Heidentums 111) geben diese Überlieferung, an
der auch A. DIETERICH, Mithrasliturgie• 214 festhält. H. UsENER, Bei•
läufige Bemerkungen, Rhein. Mus. LV 1900, 296 = Kl. Schriften IV 315
fügt nach der Inschrift auf einer athenischen Brunnenfassung des ersten
nachchristlichen Jahrhunderts noch ümpxue:( Bull. corr. hell. XX, 79)
hinzu, das für einen Brunnen sehr wohl paßt, für die Erde aber weniger
und die bessere Überlieferung gegen sich hat. Zur Sache vgl. nach
LoBEC&, ~glaophamus 782 bes. DIETERICB, Mutter Erde 146.
• ~ W. PERSSON,A rchiv f. Rel.-Wissensch. XXI, 291ff.
1 A. RuTGERS VAN LoEPF, De ludis Eleusiniis. Diss. Leiden
1903, 13ff.
w.
• P. BAUR, Eileithyia, Philol. Supp. VII, 453ff. JESSEN P. .
V, 2101ff.
1 JESSEN P.-W. V, 2844f.
• JESSEN ebda. ·
4 I. Das Gebet.
und „in Lykien Eleuthera hieß." Danach wird sie bei der
,,karischen" Urbevölkerung Griechenlands nicht nur eine Frauen
göttin, sondern umfassender die Personifikation der gebärenden
„Mutter Erde", die Spenderin des Segens in der Natur gewesen
sein7 In dem Kult, der nach einer solchen Gottheit benannt
•
war, konnte man wohl Himmel und Erde um Fruchtbarkeit
anrufen.
Was mag in frühester Zeit, was mag in der historischen Epoche
bei diesem Rufe in der Seele der ?rlysten vor sich gegangen sein?
Aus unserer Selbstbeobachtung wie aus der Einfühlung in fremdes
Seelenleben wissen wir, welche mannigfachen Seelenregungen
beim Anschauen und Anhören ritueller Zeremonien, auch bei un
mittelbarEtr Mitbeteiligung durch das Innere des Menschen ziehen:
wohl nur wenige bleiben gänzlich indifferent; einigen ist die
Formel oder die Handlung ein Mittel, um bestimmte äußere
Wirkungen zu erzielen, also ein Stück Zauberwesens; die
meisten geraten in eine teils unheimliche8, teils feierlich•andä.ch
tige Stimmung, die ihrem Wesen nach durchaus religiös ist;
gering aber ist die Zahl derer, die durch bewußte Erziehung,
durch das stille Wirken großer Vorbilder, durch persönliche Er
fahrung die allgemein menschliche und religiöse Reüe gewonnen
haben, stereotype Worte und Handlungen auch im einzelnen
Fall zum wirklichen Erlebnis, einen Wunsch an ein übermächtiges
Wesen zur eigenen Herzensbitte, zum wahren Gebet zu machen.
Dem Gottesdienst von Eleusis hat es, soweit wir ihn kennen,
nicht an wirklich religiösen Elementen gefehlt. Die feierliche
Stille z. B. bei den heiligen Handlungen mußte allein schon das
„ xue"
Gefühl der Gottesnähe fördern; auch der Ruf <Se.• . mag
danach in Eleusis von religiöser Stimmung getragen sein, viel
leicht auch als Herzensbitte an Vater Himmel und Mutter Erde,
also als wirkliches Gebet, gerichtet sein•.
' An anderer Stelle werde ich den Nachweis zu erbringen suchen,
daß Eileithyia aus der „Schlangengöttin" der kretisch-mykenischen
Zeit sich entwickelt hat.
8 Über die Wirkung fremden (und damit auch fremd.gewordenen)
Gottesdienstes auf ungläubige Gemftter vgl. die auf „Psychoanalyse"
beruhende, allgemein Beachtenswertes sagende Studie von TH. RE11t:
Der eigene und der fremde Gott (Imago-Bücher III, 1923) 161ff.
• Von den überkommenen Formeln, die als Gt,bete gedeutet werden,
ist nur die eleusische als ein solches gesichert. Den Ruf 1tJ.J:iarovo iS).ov,
oiSÄovt u, touÄov! !, bei Athen. XIV, 618 E. seheJch nach WüNsca,
P.-W. IX, 143 nicht als Gebet an. Auch die Formel~•, c':>q ,LA~' i..u:
l. Ein Stück der Liturgie von Eleusis. ö
Der uralte Wunschausdruck GEd, er natürlich auch außerhalb
von Eleusis bekannt gewesen sein wird, ist in Athen in eine
vollere, gleichfalls offizielle Form übergegangen. -ryc rov,o aov,
J>c p().e Ze:ü,x «-r«' t'Ylccx;p oupc'x"cl;c ';A 31Jvotlwvu t -r&>10v m3(wv.
Das ist ganz sicher ein wirkliches Gebet: die Anrede an den
„lieben"11 Zeus beweist, daß man den Gott durch Hervorhebung
des persönlichen Verhältnisses für sich zu gewinnen hofft und
an keinen magischen Zwang denkt. Die primitivere Urform ÜE,
die diesem echten „ Gebet" entspricht, muß, wenn sie die Vor
stufe der volleren athenischen Fassung wa.r, wenigstens zeit
weilig die Bedeutung eines wirklichen Gebetes gehabt haben.
Der eleusisehe Ruf,, Ge•: •• xue:'i' st natürlich nicht eigens für
den bestimmten Kult geschaffen worden, sondern er muß einmal
spontan aus einem gegebenen Anlasse, aus einer wirklichen Not
lage erzeugt worden sein. Von der Entstehung solcher Rufe
erzählen noch heute gele.gentlich die Kenner der rezenten Pri
mitiven. So berichtet ein Missiona.1r1 aus dem Lande der Wad
schagga-Ne ger folgenden Vorfall: ,,Einmal blieb der Regen aus.
Da riefen die Leute vier Tage lang nach Regen mit lauter Stimme.
Einer fing plötzlich an zu rufen: ,,Mouo oi! Regen oi!" Der
Ackernachbar nahm es auf, und so ging der Ruf wie ein einziger
Schrei durch das ganze Land. Vier Tage lang wiederholten sie
das nun, bis Regen kam." 'Ober die Vorstellungen der Neger, die
diese Rufe begleiteten, erfahren wir von dem Berichterstatter
nichts; aber deutlich genug ergibt sieh als Grundlage des Aktes
jedenfalls ein starker Affekt, der aus der unmittelbaren oder der
drohenden Not erzeugt ist: der Affekt entladet sich bei einer
reizbaren und motorisch leichter erregbaren Natur in einem Wort,
das die übrigen Stammesgenossen, von gleicher Not bedrückt,
(Pollux On. IX, 123) ist als ehemaliges Gebet, das wie anderes „gesunke
nes Kulturgut" zum Kinderreim geworden wäre, angesprochen wor
den. (FR.HEILER, Das Gebet 1918, 39).
10 M. Antonin. V, 7, nach NORDEN, Agnostos Theos 166 A. 1 aus
Chrysipp; der Ausdruck EU:(!)A• &-tjvrx(CwJ>eivs t auf ein offizielles Gebet
in Athen, wo es sogar ein Kollegium der Eu8«vt!J.O(LP roklos in Plat.
Tim. 213) gegeben haben muß. - Statt-rci>v~k.>vliestv. W1LAIIOWITZ,
Griech. Lesebuch II 316 den Singular 't'OÜ 7te8Louw, eil der Singular
Appellativbezeichnung des attischen Ackerlandes ist.
11 Doch darf in cp()..ocn;;i cht allzuviel Persönliches gesehen werden,
vgl. v. W1LAMOWITZ Aischylos (1914) 64 A. 1.
1
11 B. GuTMANN, Feldbausitten und Wachstumsbräuche der Wa
dschagga, Zeitschr. f. Ethnol. XLV, 489.
6 I •. Das Gebet.
wie sie sind, mit fortreißt. . . . ,:Regen oi! Regen oi!" Sicherlich
hat man schon früher bei Dürre öfter um Regen geschrieen, der
Vorfall, von dem der Missionar berichten konnte, ist nicht der
erste seiner Art gewesen; das mag im vorliegenden Falle den
Schrei des ersten Rufers und die Mitwirkung der Masse erleichtert
haben, aber gerade auch für die frühesten Zeiten, da zum ersten
Male „Regen oi ! Regen oi !" ertönte, können wir una als psy
chische Grundlage nur einen starken Affekt vorstellen. Damals
mag man den Schrei solange wiederholt haben, bis man ihn aus
Erschöpfung abbrach, um ihn am nächsten Tage, wenn noch
keine Veränderung erfolgt war, in derselben Art zu wiederholen.
Der Form nach ähnlich ist bei Indianerstämmen ein Ruf, den der
Regenpriester unablässig ausspricht 13 ,,Herbei, ihr regnenden
:
Wolken, herbei!" Die Wolken werden wie Personen angeredet.
Das ist indessen noch keineswegs das Kriterium eines Gebets;
im Gegenteil, gerade die Verwendung einer besonderen Persön
lichkeit, des „Regenpriesters", der übergewöhnliehe Fähigkeiten,
,,mana" oder „wakonda", besitzt, weist darauf hin, daß die
Wolken nicht durch die Bitten zum Kommen überredet werden,
sondern durch den Zwang, der von der Person des Priesters aus
geht, aber wohl auch in den benutzten Worten liegt: also ein
magischer Spruch, der wirkt, ohne daß man sich über die Art
des Wirkens im einzelnen irgend welche Gedanken machte 11
•
Und doch beruht auch dieser magische Satz auf einem sta.rken
Affekt, einem lebh&ften Wunsch nach Regenwolken; und der
Affekt ist es, der ihn einstmals wie jenen Ruf in Eleusis, jenen
Schrei bei den W adschagga geschaffen hat Stellen wir daneben
16.
noch einen deutschen Volksbrauch, der ungefähr dem eleusi
nischen „x.ut" entspricht! In Schwaben läuft die Jugend mit
brennender Fackel über die Wintersaat und ruft dazu:
,,Same, Same, reg' dich,
Same, Same, streck diehlfl"
11 W. WuNDT, Völkerpsychologie VI1, 464.
u Vgl. über das Verhältnis zwischen dem We tterma.cher und dem
Zauberspruch N. SönERBLOM, Das Werden des Gottesglaubens (1916)
86ff. Zustimmend F. R. LEHMANN, Mana (1922), 48.
16 Über die Entwicklung des ursprünglich freien, ungebundenen
Gebetes, das aus einem Affekt hervorquillt, zur halbstarren oder
stereotypen Formel s. Fa. HEILER, Das Gebet. Eine religionsgeschicht•
liehe und religionspsychologische Untersuchung (1918) 37f.
11 FR. PFISTER, Schwäbische Volksbräuche (1924) 84.