Table Of ContentH. Runge
Früherkennung des
Collumcarcinoms
Leistungen und Grenzen der
Kolposkopie Cytologie und Histologie.
31. Tagung der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie
31. TAGUNG DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FUR GYNÄKOLOGIE
HEIDELBERG ·SEPTEMBER 1956
PRÄSIDENT: PROF. DR. H. RUNGE· HEIDELBERG
FROHERKENNUNG
DES COLLUMCARCINOMS
LEISTUNGEN UND GRENZEN DER KOLPOSKOPIE
CYTOLOGIE UND HISTOLOGIE
LEITUNG DES SYMPOSIONS:
PROF. DR. C. KAUFMANN· KOLN
REDAKTION DES MANUSKRIPTES:
PROF. DR. H. RUNGE· HEIDELBERG
PRIV.-DOZENT DR. K.-G. OBER · KOLN
UND PRIV.-DOZENT DR. P. STOLL
HEIDELBERG
MIT 19 TEXTABBILDUNGEN
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1957
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
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© by Springer-Verlag Berlin Beideiberg 1957
Ursprünglich erschienen bei Springer Verlag OHG Berlin Gottigen Heidelberg 1957
ISBN 978-3-540-02141-4 ISBN 978-3-642-86782-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-642-86782-8
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werden dürften
Vorwort!
Die großen gynäkologischen Kliniken in Deutschland und anderen
Kulturländern haben die Heilungsergebnisse des Gebärmutterkrebses in
günstigen Fällen auf fast 80% erhöht. Und selbst wenn man alle, auch
die schlechtesten Fälle, mitrechnet, erhalten sie fast 50% aller Erkrankten
über 5 Jahre am Leben. Noch immer aber sterben viele Frauen, weil
der an sich mit einfachen Mitteln erkennbare Krebs nicht rechtzeitig in
ärztliche Behandlung kommt oder auch nicht erkannt wird, weil im
Drange der täglichen Arbeit die Portio nicht einges,tellt wurde. Gerade
in unserer Eigenschaft als akademische Lehrer fühlen wir uns immer
wieder verpflichtet, hieran zu erinnern. Unser Krebssymposion wird
zeigen, daß die Bewertung der sogenannten Vorstadien des Krebses
außerordentlich schwierig ist. Wir sind noch nicht einmal in der Lage,
bei bestimmten Zellbildern, welche den Krebszellen gleichen, mit Sicher
heit zu sagen, ob hieraus eine bösartige Erkrankung wird oder nicht.
Wir sagen dies auch besonders der Öffentlichkeit. Der Aufwand an Arbeit,
Mühe und Geld wäre unnötig, wenn es möglich wäre, eine Reaktion zu
haben, welche, wie z. B. die Wassermannsehe Reaktion bei der Syphilis,
aus dem Blut die Stellung einer Diagnose oder Prognose ermöglicht.
Es gibt bis heute keine solche Reaktion, welche entweder den Krebs
oder gar eine sogenannte Krebsgefährdung objektiv nachweisen kann.
Ich glaube, es ist wichtig, daß wir als Versammlung der in diesen Fragen
Erfahrensten dies mit aller Klarheit zum Ausdruck bringen - nicht
zuletzt deshalb, um viele Menschen, die in Angst leben, vor Kurpfuscherei
zu bewahren. Die Krebsdiagnose kann bis heute mit Sicherheit nur durch
die Betrachtung von Gewebsschnitten im Mikroskop gestellt werden.
Und allein das Messer oder der Strahl sind bis heute imstande, den Krebs
zu heilen. Auch dies immer wieder auszusprechen, halten wir für wichtig,
damit die Menschen, welche in Sorge um ihre eigene Gesundheit oder in
der Angst um das Leben ihres geliebten Angehörigen bereit sind, alle Opfer
zu bringen, vor Enttäuschung und auch vor Ausbeutung bewahrt werden.
Die Früherkennung des Krebses und die damit verbundene Verbesserung
der Behandlungsresultate ist ein allgemeinärztliches Problem. Für die
1 Aus der Eröffnungsansprache des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für
Gynäkologie, Prof. Dr. H. RUNGE, Heidelberg. anläßlich der 31. Tagung der Gesell
schaft in Heidelberg, September 1956.
IV Vorwort
Gynäkologie liegen die Möglichkeiten dieser Art besonders günstig, da
vorsorgliche Untersuchungen relativ einfach und mit einem guten dia
gnostischen Erfolg durchführbar sind. Über den Weg, wie man hier am
besten organisatorisch weiterkommt, besteht noch keine Klarheit. Wir
sind der Meinung, daß Träger der Vorsorge in erster Linie der praktische
Arzt und Facharzt sein sollen. Konsiliarstelle für diese sollte die große
Klinik sein, an welcher auch die Carcinomtherapie durchgeführt wird.
Denn im Gegensatz zur Fährtensuche und zur Frühdiagnostik sollte die
Carcinomtherapie immer mehr zentralisiert werden, d. h. nur an solchen
Stellen ausgeführt werden, an der alle personellen und sachlichen Voraus
setzungen für die Heilung dieser anderenfalls zum sicheren Tode führen
den Erkrankung gegeben sind.
Inhaltsverzeichnis
H. RuNGE-Heidelberg: Einleitung . 1
C. KAUFMANN-Köln: Einleitung. 1
Histologie
G. MESTWERDT-Hamburg: Stellung der Histologie. 2
K.-G. ÜBER-Köln: Lokalisation von Frühveränderungen 9
Diskussion (KAUFMANN, HELD, ÜBER). . . . . . . . 15-18
W. KoRTE-Bonu: Die Zusammenarbeit mit dem Pathologen 18
H. LAx-Berlin: Dignität des überflächen-Carcinoms . .20
Zusammenfassung (KAUFMANN} ...... . 22
Kolposkopie
H. J. WESPI-Aarau: Die Stellung der Kolposkopie. 23
Diskussion (KAUFMANN} ......... . 28
A. VöGE-Darmstadt: Kolposkopische Abklärung gutartiger Veränderungen.
Lokalisation der Matrixbezirke. (S. auch H. CRAMER: S. 69) . . . . . . 29
Oytologie
H. K. ZINSER-Köln: Die Stellung der Cytologie 31
Diskussion (KAUFMANN, ZINSER, NAVRATIL) . . . . . . . . . . . . . 34-36
(S. auch H. \V. BosCHANN, F. lKLE, N. LouRos u. S. VIDAKOVIC: S. 72)
Die Klinik
H. R. SCHMIDT-Elmendorff, Düsseldorf: Klinik und Therapie carcinom-ver-
dächtiger Epithelwucherungen . . . . . . . . . . . . . . . 37
H. DE WATTEVILLE-Genf: Prophylaxe des Collumcarcinoms. . . . . . . . 39
Diskussion (KAUFMANN, DE \VATTEVILLE, NAVRATIL, ANTOINE) ..... 42-47
H. L. KoTTMEIER-Stockholm: Abgrenzung invasiv-präinvasiv und die erforder-
lichen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
E. HELD-Zürich: Therapie des nichtinvasiven atypischen Plattenepithels 51
Die Praxis
W. W ALZ-HeidenheimjBrenz: Untersuchungsmethoden in der Praxis (Fach-
abteilung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
H. STEEGMÜLLER-Heppenheim: Untersuchungsmethoden und Ergebnisse in
der Praxis. (Sprechstunde des Facharztes) . 59
Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . 62
VI Inhaltsverzeichnis
Anhang
Zur Histologie
E. AuGUSTIN und H. G. RILLEMANNS-Freiburg i. Br.: Über Notwendigkeit und
Wert morphologischer Untersuchungen in der Frühcarcinomsuche. . 64
W. ScHULTz-Hamburg-Altona: Die Bedeutung pathologischer Mitosen. 67
Zur Kolposkopie
H. CRAMER-Frankfurt-M.: Der Einsatz der Kolposkopie 69
Zur Oytologie
H. W. BoscHANN-Berlin: 72
F. IKL:E-St.Gallen: 73
N. LouRos-Athen:. . 73
S. VIDAKOVIC-Zagreb: 74
Teilnehmerverzeichnis 76
Einleitung
H. RuNGE (Heidelberg):
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, daß die Zahl der Zuhörer,
welche hier zum Symposion erschienen sind, bei weitem unsere Er
wartungen übertrifft. Hierin darf man wohl einen Ausdruck des großen
Interesses sehen, das die Kongreßbesucher dieser Veranstaltung ent
gegenbringen. Und diese Tatsache rechtfertigt den Entschluß des Vor
standes, Symposien mit in das Kongreßprogramm aufzunehmen. Herr
KAUFMANN hat für dieses Symposion bereits eine große Vorarbeit ge
leistet. Er hat die Themen exakt formuliert, hat sich mit den einzelnen
Rednern in Verbindung gesetzt und so dafür Sorge getragen, daß die
Besten zu Worte kommen und daß vor allem die Jugend zu ihrem
Recht kommt. So bin ich überzeugt, daß wir nicht nur eine interessante
wissenschaftliche Diskussion haben werden, sondern daß auch Ergeb
nisse von Wert für die Praxis erzielt werden. Unter den Teilnehmern
des Symposions begrüße ich noch ganz besonders Herrn DE W ATTEVILLE,
den Präsidenten der Internationalen Gynäkologischen Vereinigung, der
eigens zu dieser Veranstaltung aus Genf zu uns gekommen ist.
Ü. KAUFMANN (Köln) :
Unsere Zeit ist begrenzt. Ich hoffe, daß wir zu einem fruchtbaren
Gespräch kommen, wenn wir die 4 Gruppen, die heute abgehandelt
werden sollen, zuerst voneinander trennen. Zu jeder Gruppe soll ein
besonders erfahrener Fachkollege als Sprecher seine Vorstellungen über
den derzeitigen Stand unseres Wissens bekanntgeben. Zu seinen- wie
wir es nennen wollen - "Thesen", werden dann die ausgewählten
Kollegen Stellung nehmen. Wir beginnen mit dem ersten Abschnitt, der
Histologie. Herr MESTWERDT wird zunächst seine Thesen vortragen.
C. Kaufmann, Collumcarcinom l
Histologie
Stellung der Histologie
Von
G. MESTWERDT (Hamburg)
Mit 5 Textabbildungen
Die Kolposkopie und die Cytologie stellen gemeinsam mit der Blutungs
anamnese klinische Methoden in der Fährtensuche des Collum-Carcinoms
dar, die letztlich nicht über die Verdachtsdiagnose "Carcinom" hinaus
gelangen können.
Die Histologie vermittelt stets nur ein Gewebszustandsbild, eine
Momentaufnahme also, die gewöhnlich kaum etwas darüber auszusagen
vermag, was dieser vorausgegangen ist oder folgen wird. Bei der Forde
rung, die Histologie müsse in der Diagnostik die Entscheidung darüber
treffen können, ob Carcinom vorliegt oder nicht, ist dieser Gesichts
punkt zu berücksichtigen.
Von der Ermittlung und Gestaltung des histomorphologischen Zu
standsbildes hängt es ab, ob und wieweit prognostische Rückschlüsse
aus ihm gezogen werden dürfen.
Bei klinisch sicherem Carcinom der gewöhnlichen Größenordnung am
Collum uteri ist die gewöhnliche Probeexcision oder Entnahme von Ge
websbröckeln mit angeschlossener Durchmusterung eines oder weniger
histologischer Präparate ausreichend.
Bleibt in der Reihenfolge: Kolposkopie und Cytologie ein Befund oder
ein Abstrich auch im Wiederholungsfalle suspekt oder sind gar beide
gleichzeitig verdächtig, sollte auf die weitere histologische, allerdings
dann möglichst endgültige, Abklärung nicht verzichtet werden.
Bei genügender Erfahrung in der Handhabung der klinischen Such
methoden darf die früher üblich gewesene gewöhnliche Probeexcision
eingeschränkt werden. An ihre Stelle sind verschiedene Modifikationen
getreten.
Häufige den Suchmethoden angeschlossene oder zwischengeschaltete
kleine gezielte Gewebsentnahmen, oft wiederholt in relativ kurzen Zeit
abständen, sollen gewissermaßen filmartig ein Bild über die patho
morphologische Struktur der Portiooberfläche und des unteren Drittels
vom Cervicalkanal vermitteln.
Stellung der Histologie 3
Solche gezielten oberflächlichen Gewebsentnahmen sind vorteilhaft,
soweit sie sich relativ einfach ambulant durchführen lassen. Diesem
Gesichtspunkt steht jedoch folgendes entgegen:
Bei kleinen Gewebsentnahmen, die gleichzeitig und multipel an ver
schiedenen Stellen des suspekten Terrains erfolgen, bleibt trotzdem die
Aussage ungewiß, denn bei ungenügend vorhandenem oder gar fehlendem
Stroma läßt sich die Frage nach beginnender Aggressivität des Epithels
nicht beantworten, auch wenn es in seiner Zellstruktur als carcinomatös
anzusprechen ist.
Es kommt"hinzu, daß häufig wiederholte partielle Gewebsentnahmen
regenerativ-proliferierende und entzündlich-degenerative Vorgänge aus
lösen, die sich diagnostisch erschwerend bemerkbar machen.
Es ist weiterhin zu bedenken, daß keine Suchmethode es bisher ge
stattet, den Ort der stärksten histologischen Veränderung festzulegen,
so daß die Treffsicherheit der gezielten partiellen oberflächlichen Ge
websentnahmen erheblich eingeschränkt bleibt.
Die möglichst lückenlose Durchmusterung mit Hilfe der Serienschnitt
methode setzt zwar einen größeren operativen Eingriff voraus, dieser
kann aber bei ausreichender Erfahrung ebenso klein wie erschöpfend
am Muttermund individualisierend gestaltet werden.
Naturgemäß ist das histologische Laboratorium auch größerer patho
logischer Institute und Prosekturen nicht in der Lage, diese Mehrarbeit
zu leisten; es erscheint daher die Einrichtung von Speziallaboratorien
notwendig, die größeren an diesen Fragen interessierten Frauenkliniken
angeschlossen werden sollten. In ihnen muß die gesamte klinische
Fährtensuche zusammengeiaßt werden, wozu auch die Einrichtung von
ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen und der danach notwendig werden
den nachgehenden Kontrolluntersuchung gehören.
Die endgültig entscheidende, d. h. die prätherapeutische Diagnose
sollte nach abgeschlossener Vorarbeit in gemeinsamer Absprache mit
dem Allgemeinpathologen erfolgen. Geht man so vor, braucht sich der
Pathologe nicht veranlaßt zu sehen, therapeutische Vorschläge zu unter
breiten. Die Aussagefähigkeit des histologischen Präparates wird am
sichersten, wenn die Abklärung des excidierten als verändert erkannten
Gewebes, z. B. durch Abtragung einer flachen Portioscheibe, insgesamt
erfolgt ist, gleichzeitig eine Cervixcurettage vorgenommen wurde und
histologisch Serienschnitte zu Hilfe genommen wurden.
Zur Diskussion steht die Frage, welches die Zeichen eines echten
Krebses sind. Die Echtheit eines Krebses ist nur aus dem histologischen
Befund gemeinsam mit dem klinischen Verlauf zu beweisen. Begnügt
man sich mit dem histologischen Befund allein-und man ist gezwungen,
wegen der Therapie so zu verfahren -, so kann man allenfalls nur von
einem histologisch echten Krebs sprechen.
1*