Table Of Content(Abgeschlo8sen im Dezember 1906.)
ALLE RECHTE, lIilNBOHLIBSSLlOH DES "OlIBRSETZUNGSRECHTB, VORBBHALTJIlN-
ENCYKLOPADIE
DER
MATHEMATISCHEN
WISSENSCHAFTEN
MIT EINSCHLUSS mRER ANWENDUNG EN.
VIERTER BAND:
MECHANIK.
ISBN 978-3-663-15450-1 ISBN 978-3-663-16021-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-16021-2
"Obersicht fiber die im. vorliegenden ersten Teilbande von
Band IV znsammengefassten Hefte nnd ihre Ansgabedaten.
A. Grundlegung der Mechanik.
13. HXeIf.t 119.0 1. II AA ...n. .1. V0 88: DI' e Pn'n Z.lp•le n d er ra. tio neI Ie n .J.U.. ec h ani k.
B. Mechanik der Punkte und starren SYBteme.
I. Behandlung elementarer Fragen in geometrischer Form.
{Art.
Heft 2. 2. TnIEBDING: GeometriBche Grundlegung der Mechanik eines
VII starren Klirpers.
8. . 1902. Art. S. SCHOElIIFLIES-GRUBLIilR: Kinematik.
Heft S. {AArrtt.. 4. JUlIIG: Die Geometrie der Massen.
11. IX. 1905. 6. HENNEBERG: Graphische Statik.
{Art.
Heft 4. 6. STACKEL: Die elementare Dynamik.
6 ill 1908 KLEIN: Vorrede zu Band IV.
.. . Inhaltsverzeichnis von Band IV, enter Teilband.
Vorrede zum vierten Bande.
Mit dem Bande IV, dessen ersten Teil ich hiermit dem Publikum
vorlege, beginnt gemiiss dem Plan der Encyklopadie die Reihenfolge
der drei Bande, welche den Anwendungen der Mathematik auf Nanvr
wissenschaft und Technik gewidmet sein sollen, also der Mechanik, der
theoretischen Physik und der Geonomie und Astronomie. Wie Hr.
v. Dyck in seinem "Einleitenden Bericht" in Band I bereits ausein
andergesetzt hat, will die Encyklopadie in diesen Banden mehr sein
als eine blosse Zusammenstellung der fertig ausgearbeiteten mathe
matischen Theorieen; sie mochte der ferneren mathematischen Ent
wickelung der in Betracht kommenden wissenschaftlichen Disziplinen
allgemein die Wege ebnen, indem sie ihren Lesern neben den Resul
taten auch die Ansiitze zur Kenntnis bringt, mit denen die Fach
verstiindigen der verschiedenen Gebiete versucht haben, den ihnen
vorliegenden Bedingungen der Wirklichkeit mathematisch gerecht zu
werden.
Die Schwierigkeiten, welche sich der Durchfiihrung dieses Pro
gramms sogleich bei der Inangriffnahme der Bande und dann Schritt
fUr Schritt bei der weiteren Arbeit entgegenstellten und fortgesetzt
entgegenstellen, sind in der Tat sehr bedeutende. Denn die Ent
wickelung im 19. Jahrhundert ist im ganzen die gewesen, dass sich
die verschiedenen Gebiete der mathematischen Praxis von dem Betriebe
del' rein en Mathematik immer mehr abgetrennt haben, so dass die
sachliche und namentlich auch die personliche Verbindung, welche
die notwendige V oraussetzung flir die Durchfiihrung unseres Planes
ist, von Fall zu Fall immer erst miihsam hergestellt werden muss.
Hr. v. Dyck hat in seinem "Einleitenden Bericht" bereits des
nSheren dargelegt, wie sich diesen Verhaltnissen gegeniiber der
Gedanke der Encyklopiidie allmiihlich durchgesetzt hat. Den Anfang
machte vor nun zehn Jahren eine allgemeine Orientierung nach der
personlichen Seite, unter direkter Bezugnahme mit hervorragenden
Vertretern der verschiedenen Gebiete im Inlande und Auslande, wofiir
die Akademieen in dankenswerter Weise die Mittel zur Verfiigung
gestellt hatten. Die Redaktion del' Biinde V (Theoretische Physik)
Vo rrede zum vierlen Ba.nde.
und VI (Geonomie und Astronomie) konnte bald hernach hervor
ragenden jiingeren Kraften iibertragen werden. Die Bearbeitung von
Band IV aber (Mechanik) iibernahm ich selbst (Herbst 1899) und
dies um so lieber, als mil' die Herstellung normaler Beziehungen
zwischen theoretischer und angewandter Mechanik nach dem Gange
Meiner personlichen Entwickelung von je Herzenssache gewesen ist.
Ein besonderes Mittel, sich in Gebiete, die ihm ferner liegen, einzu
arbeiten, ist filr den deutschen Universitatsdozenten, der in hohem Masse
iiber die besondere Richtung seiner Lehrtatigkeit frei verfiigen kann, die
Abhaltung geeigneter V orlesungen und tThungen. Ich habe von diesem
Mittel im Interesse meiner Tatigkeit an Band IV der Encyklopiidie
aUe die Zeit hindurch vielseitigen Gebrauch gemacht. Insbesondere las
ich im Winter 1899-1900 iiber Hydrodynamik und verband damit
Seminariibungen iiber Schiffstheorie; - Vorlesung und Ubungen waren
nicht mehr als ein erster Versuch, abel' sie haben mir denjenigen
Mitarbeiter zugefuhrt, der mil' fUr meine Aufgabe sehr bald die ailel'
wesentlichste Hilfe werden soUte, Hrn. Oonrad H MUller. Ich bezeichne
den Umfang seiner Mitwirkung am einfachsteD, indem ich angebe,
dass er nui' an den drei Referaten Voss, Schonflies-Griibler und
Abraham (IV 1, 3 und 14) nicht direkt mitgearbeitet hat; bei allen
anderen hat er durch eindringendes Sachstudium und sorgfaltigste
KontroUe sowohl del' allgemeinen Exposition als del' bib1iographischen
und drucktechnischen Einzelheiten zur V ollendung der endgiiltigen
DarsteUung ausserordentlich viel beigetragen, was von samtlichen be
teiligten Verfassem gewiss mit Dankbarkeit bestatigt werden diirfte.
Hr. Miiller war, als unser Zusammenarbeiten begann, noch Student.
El' ist dann spater zwei Jahre lang bei mir Assistant gewesen und
folgeweisp. in die Bibliothekarlaufbahn eingetreten. Ich habe del'
Verwaltung del' hiesigen Universitatsbibliothek wie dem vorgesetzten
Ministerium Meinen besten Dank dafiir auszusprechen, dass Hr.
Mfiller seit dem 1. Juli 1906, wo er zum Hiilfsbibliothekar berordert
wurde, im Interesse seiner Arbeit an del' Encyklopadie fiir lingere
Zeit beurlaubt worden ist. Seit Ende 1904 wird Hr. Miiller auf dem
Titel von Band IV neben mir ausdrficklich als Mitherausgeber genannt.
Was die Abgre;nswng del' Mechanik gegen die Nachbargebiete
angeht, 80 ist diese dem Wesen del' Sache nach in hohem Masse
willkftrlich. Fi1r eine abstrakte Auffassung ist die Mechanik, wie sie
hier verst&nden wird, nur ein Teil del' theoretischen Physik und die
Lehre von del' Bahnbestimmung der Gestirne hinwiederum nur eine
Anwendung del' Mechanik. Fitr den Umfang von Band IV glaubten
wir una statt' dessen im ganzen an das historische Herkommen halten
Vorrede zum vierlen Bande. vn
zu sollen, wie es der Hauptaache nach durch Lagra.nges Mecanique
analytique festgelegt ist. Elastizitii.t und Akustik haben wir noch mit
zur Mechanik gerechnet, dagegen Kapillaritat und kinetische Gastheorie
nicht mehr, ebensowenig Thermodynamik. Die astronomischen Einzel
heiten bleiben dem Bande VI vorbehalten. Auch treten hier diejenigen
Entwickelungen zuriick, deren Schwerpunkt nach seiten der reinen
Geometrie liegtj nach dem Plan der Encyklopadie gehOren sie in den
Band III.
lnnerhalb des so umgrenzten Bereiches haben wir dann gemass
den oben genannten Grundsatzen nach moglichster Vielseitigkeit des
Inhaltes gestrebt. Neben der analytischen Formulierung kommt die
anschauungsmassige Behandlung zu ihrem Recht, neben Untersuchungen,
welche die hochsten Mittel der Analysis erfordern die elementar ge
I
haltene Darstellung. Insbesondere aber haben wir iiberall die besonderen
Ansii.tze und Approximationsmethoden zur Geltung gebracht, deren sich
die Physiker und Ingenieure zur Erledigung der ihnen entgegentreten
den mechanischen Aufgaben bedienen. Auf diese Weise sind aus dem
urspriinglich einheitlich gedachten Band IV allmahlich vier Teilbande,
jeder im Umfange von etwa 40 Bogen, geworden, die selbstandig
paginiert sind und auf den Titelblattern der einzeln ausgegebenen
Hefte ala IV 1 (bezw. IV 1, I), IV 1, II, IV 2 (bezw. IV 2, I) und IV 2, II
unterschieden wurden.
Die Disposition des Gesamtstoffes wird sich erst ganz iiber
sehen lassen, wenn die gesamten Teilbande samtlich vollendet vor
liegen; ich behalte mir vor, in einem Schlussworte zu IV 2, II auf die
hierher gehOrigen Fragen zuriickzukommen. Dort soIl dann auch ein
alphabetisch geordnetes Register fiir den Gesamtband gegeben werden.
Vielleicht sber dan schon hier hervorgehoben werden, duss die Dis
position trotz aller Verschiebungen, die sich im Laufe der Ausfiihrung
einstellten, einer gewissen Symmetrie nicht entbehrt. In der Tat
stehen zu Anfang und Ende Artikel, die sich mit der Frage nach der
philosophischen Begriindung der Mechanik befassen (der Artikel Voss
liber die Prinzipien der rationellen Mechanik und del' urspriinglich
von Boltzmann iibernommene Artikel iiber das Eingreifen der Wahr
scheinlichkeitsrechnung in die Mechanik der aus sehr zahlreichen
diskreten Teile bestehenden Systeme), wahrend die zwischellgelagerten
Artikel sich ziemlich zu gleichem U mfange auf die Mechanik der
Systeme von endlichem Freiheitsgrad und die Mechanik der Kontinua
verteilen.
Dies eine wird man uns jedenfalls zugestehen, dass eine ausser
ordentliche Menge von Stoff kritisch durchgearbeitet und nach einem
vrn Vorrede znm vierten Bande.
einheitlichen Plane geordnet worden ist. Dass dabei vieles noch un
vollkommen und unvollstiindig geblieben ist, ist niemandem besser
bewusst als der Redaktion. Aber immer sind die ersten wichtigen
Schritte auf das im Eingang dieser Vorrede bezeichnete Ziel hin getan.
Der Studierende, der sich eine Ubersicht iiber das Gesamtgebiet der
Mechanik verschaffen will, erfiihrt doch zum mindesten von dem
Vorhandensein der verschiedenen, neben einander herlaufenden U nter
suchungsrichtungen und der zugehorigen Litteratur. Mogen un sere
Bibliotheken ein iibriges tun und dafiir sorgen, dass diese Litteratur
iiberall zuganglich sei. Mogen namentlich auch die elementaren Lehr
biicher ihre vielfach einseitig gehaltenen Darstellungen an der Fiille
des gebotenen Stoffes einer Revision unterziehen.
",Vir meinen also, wenn erst Band IV vollendet vorliegt, etwas
Bestimmtes und Niitzliches geleistet zu haben. Aber freilich ist es,
yom hoheren Standpunkte, nur eine Vorbereitung. Mechanik, iiber
haupt angewandte Mathematik, kann nur durch intensive Beschiiftigung
mit den Dingen selbst gelernt werden; die Litteratul" giebt nur eine
Beihilfe. Anleitung zum Beobachten mechanischer Vorgange von
friiher Jugend an, und auf hoherer Stufe Verbindung des mathe
matischen N achdenkens mit der Arbeit im Laboratorium, das ist, was
behufs gesunder Weiterbildung der Mechanik dane ben und vor allen
Dingen in die Wege geleitet werden muss. Die moderne Entwickelung
hat ja auch in dieser Hinsicht in vielversprechender Weise eingesetzt.
Moge die Wissenschaft der Mechanik, die eine Grunddisziplin alIer
N aturwissenschaft ist, solcherweise einer neuen BIiite entgegengefiihrt
werden. Moge insbesondere auch das Wort Leonardo da Vincis sich
wieder bewahrheiten, dass die Mechanik das Paradies der Mathe
matiker ist!
Es eriibrigt, dass ich allen Denen namens der Redaktion danke,
die uns mit hingebender Arbeit unterstiitzt haben oder weiter zu
unterstiitzen bereit sind. Zuniichst unseren geehrten Referenten, deren
guten 'Villen wir vielfach auf eine harte Probe gestellt haben, indem
wir immer wieder genauere Darlegungen oder vielseitigere Darstellung
verlangten. Dann aber nicht minder der Verlagsbuchhandlullg, welche
die vielen weitgehenden Anderungen des Textes, die im Laufe der
Arbeit notwendig schienen, immer in entgegenkommendster Weise
aufgenommen und zur Ausflihrung gebracht. hat. Mogen sie aHe die
Befriedigung empfinden, die aus dem Bewusstsein entsteht, an einer
guten Sache in hervorragender Weise mitgewirkt zu haben.
Gottingen, Weihnachten 1907.
F. Klein.