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DIE
ETIDKAD ESD EMOKRITOS
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TEXTU NDU NTERSUCHUNGEN
VON
PAUL NATORP
MARBURG
N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
1893
---
'i
Vorwort.
Das Buch bedarf einer doppelten Entschuldigung: el'stens
dafür, dass sich der Verfasser über die Grenzen seines eigentlichen
Fachs hinaus an eine rein philologische Aufgabe, wie nament
lich die recensio der Ethika es ist, gewagt, und dann, dass er
nicht erst die Neuausgabe des stobäischen Florilegiums sowie
die urkundlich genaue und vollständige Bearbeitung der nach
stobäischen Gnomologien abgewartet hal
Gewiss, was hier unternommen ist, wird abschliessend erst
zu leisten sein , wenn jene beiden Vorbedingungen erfüllt sind,
und wird auch dann noch einen sehr geschulten Philologen
erfordern. Doch glaube ich darum meine Mühe nicht ver
schwendet zu haben. Aus dem Buche selbst mag man sich
überzeugen, wie Vieles doch schon auf den gegebenen Grund
lagen sich mit völliger Sicherheit ausmachen liess; wie wenig
namentlich die Entscheidung der dringlichsten Frage, der der
Echtheit der Fragmente, auf jene Vorarbeiten zu warten nöthig
halte; und das ist, gegenüber derThatsache, dass manche Philo
logen diese inhaltlich und formal bedeutenden Reste vorplatoni
scher Ethik noch immer für Fälschungen ansehen, Vorsichtigere
wenigstens ihren demokriteischen Ursprung ganz dahingestellt
sein lassen, wohl Entschuldigung genug für die Vorlegung der
Untersuchung; die Textbearbeitung aber war dann unerlässlich,
da auch für den begrenzten Zweck dieser Studie die Mullachsehe
Zusammenstellung ganz unbrauchbar war.
Ueberdies konnte ich aus brieflichen Aeusserungen sowohl
von 0. Hense, was den Stobaios, als von A. Elter, was die
IV Vorwort.
späteren Gnomologien betriffl., nur den Eindruck gewinnen,
dass durch die bevorstehenden Editionen und Untersuchungen
beider Gelehrten der Inhalt gegenwärtiger Arbeit nicht wesent
lich berührt werden wird. Manches Einzelne wird ohne Zweifel
zu berichtigen sein , die Hauptergebnisse aber unverändert
stehen bleiben. Einige speciellere Mittheilungen Elters durften
(S. 59) benutzt werden ; sie dienten meiner eignen und schon
Lortzings Vermuthung zu erwünschter Bestätigung: dass von
der gesammten Gnomologienlitteratur für Demokritos mit einiger
Sicherheit nur Stobaios und die unter dem Namen des Demo
krales erhaltene Spruchsammlung zu benutzen sind.
Auch sonst wäre meine Arbeit nicht möglich gewesen ohne
mannigfache philologische Hülfe. Useners Epicurea boten für
Kap. V der Untersuchungen eine unschätzbare Grundlage;
neue &-stätigungen brachte die von demselben im Rheinischen
Museum (Bd. XLV II) bearbeitete merkwürdige Inschrift von
Oinoanda. Für persönlichen Rath und fördernde Theilnahme
habe ich den hiesigen philologischen Freunden und Collegen
Th. Birt, W. Schulze, G. Wissowa zu danken; der Erstgenannte
nimmt im Anhang selbst das Wort , um das Ergebniss der
Sachanalyse der Ethika auch von Seiten ihres Stils zu con
trolliren. Dieser Anhang schliesst sich ergänzend an das zweite,
mehr die logische als stilistische Form der Ethika behandelnde
Kapitel der Untersuchungen an, welches besser auf Kap. 3-8
erst folgen würde. Einige dort ausgesprochene Bemerkungen
(S. 85 ff.) werden durch Birts Nachweisungen richtig gestellt:
die Ethika zeigen unverkennbar rhetorische Färbung, aber diese
macht sie nicht »verdächtig«, bestätigt vielmehr nur ihre Echt
heit, da sie der Beschreibung, die Cicero von dem Stil des
Demokritos gibt, genau entspricht und übrigens auch in den
sonstigen unbestritten echten Fragmenten des Philosophen sich
beobachten lässt. Die Verachtung der Rhetorenkünste, fr. 109,
ist demnach nicht zu wörtlich zu nehmen. Noch beson.ders sei
darauf aufmerksam gemacht, wie in jeder Hinsicht der ein -
h e i t l ich e Charakter dieser Ethika sich bestätigt.
Vorwort. V
Noch einige Berieh tigungen und Zusätze mögen hier
Platz finden. S. 7 ; Z. 3 I. dritte st. zweite. - S. 9, fr. 25.
,p
MeinekesC orrectur nv, st. ETn 1•1 ist nicht wahrscheinlich,
da dreimal in diesen Fragmenten (181. !09. 216) Önq, steht. -
Ebenda, fr. 30 adn., l. d{JovJ.{T)s; t. d{JovUTJ.- S. 25, fr. 184.
Das überlieferte -x,vf;µ,a<1(n, eben <10µ,a<11vw, ie fr. 15) ist nicht
anzufechten ; Sinn: damit, dass man für gute Erziehung sorgt,
ist zugleich für Vermögen und Gesundheit der Kinder am
besten gesorgt; um so weniger sollte man die geringen Kosten
der Erziehung scheuen. Ein ganz ähnlicher Gedankengang
findet sich bei Platon, Apol. 30 a: µ,fn <1" 'l"i H1' 'v° lm'µ EJ.Ei<1:J-a,
µ,';J E '1,e 1)1.Hf'I" '1J 1' 1reoneol'vTJ ''6 OV'J&<Jl fJMea -iij, 1/JV X ij'
Ö1r0, ~ de{<f'J') l<1-ia1,, •• Ön ovx '" '1,PT)µanwa eE-i-r;r tr1•nm
dll' il den~, xvf;µa-ia xa, -i-dllu aya:J-a -i-oi; dv:J-e0m11;
ä1rana, wozu dann auch wieder Dem. fr. 18 mit der Parallele
aus Platons Staat (403 d, s. u. S. 95) zu vergleichen ist. -
Ebenda fr. 189. Nach Birls einleuchtender Erklärung von xae
nov-i-a, (S. 185) dürfte auch q,vnxij; richtig überliefert und nur
etwas wie Jvvaµ'°' ausgefallen sein; der Genetiv bei l<1-i-'i.,
auch der Artikel -i-ij; ist unanstössig, also nur n zu streichen.
Hiernach berichtigt sich S. 118 Anm. 43. - Zum Dialekt der
Ethika (S. 29 ff.)~ noch vorsichtiger möchte zu urtheilen sein
hinsichtlich der überlieferten Formen 1r6J.E01m• ,J.E<11i,0 wov
sim., i-av-ro'JOvIO il'J01' 'JO<IOV'JOV (neutr.), und selbst xe"io,-,4;7a.
156. Die Adverbia oµfi (197 coni.), 1rollaxii (104), J.a:J~ (44),
iJtn (163. 203), ~1,vf(i1 63), av-io-x,E1ef(n1 61) sind durchweg so,
mit Iota subscr., zu schreiben. - S. 30, Z. 17 v. u.: das Citat
von Diels bezieht sich auf dessen Akademie-Abhandlung :rDie
Berliner Fragmente der 'A.:J-l.l 11J..«.- Ebenda, Z. 1 v. u.
1. 163 Stob. - S. 40 s. v. Ev:J-1,µ{r;i st 52 nachzutragen. -
S. 100 und 176 f.: Gegen die Aenderung hi st. alii wendet
mir Birl mit Re<>ht ein , dass das folgende saepe dazu
nicht passen will; die Augen des erblindeten Philosophen
sahen nicht nur »oft« nicht quod ante pedes esset. Am über
liererten Text ist daher nichts zu ändern; Cicero hat den
VI Vorwort;·
Gedanken der Theätetstelle nur variirt: während Andre bei
gesundem Gesicht oft Nächstliegendes übersehen, drang der
blinde Forscher durch die Schär(e seines geistigen Auges in
die fernsten Femen. Besonders gut passt dann dazu die Stelle
aus Platons Symposion, auf die mich ebenfalls Birt aufmerksam
gemacht hat.
Marburg, im März 1893.
Der Verfasser.
Inhalt.
L Die Stldb aea Demob'ita Seite
A. Demokritoe ethische Schriften a
H. Doxographie über das dl.or des Demokritoe und der Demo-
kriteer . 4
C. Fragmente 6
Anhang I. Der Dialekt der Fragmente 29
Anhang II. Wortregister zu den Fragmenten 34
II. U■terncJtuge■ aber die :atlait des Deaokritoa una ihre
••rtwirkug In aer philoaoplaiaclaeaB thit aer &riechen.
1. Kapitel. Die Ueberlieferung der Ethik des Demokritoa 53
2. Kapitel. Ueber die Form der Demokrit.gnomen 75
3. Kapitel. Grundzüge der Ethik des Demokritos nach. der
Ueberlieferung 88
4. Kapitel. Die .Abderiten• des Clemene (Strom. II 21) 122
r>.K apiteC Epikuroe 127
6. Kapitel. Arietippoe 143
7. Kapitel. Die Skeptiker (Timon-Ainesidemoe) • l!il
8. Kapitel. Platon l!i7
Anhang. Ueber den Stil der Ethjka. Von Th. Bi r t 180
Tabelle zur Vergleichung der Fragmentnummern der Mullach-
achen Sammlung mit denen der UDSrigen 198
,
1
1.
Die Ethika des Demokritos.