Table Of ContentHermann Mannebach
Das Herz
Hilfen fur Gesunde und Kranke
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
Hong Kong Barcelona
Budapest
Mit 20 Abbildungen
ISBN-13: 978-3-540-55435-6 e-ISBN-13: 978-3-642-84758-5
DOl: 10.1007/978-3-642-84758-5
2. Auflage
Die 1. Auflage erschlen 1991 unter dem Tttel «Llegt es am Herzen?.
1m Spnnger-Verlag
Die Deutsche Blbhothek - CIP-Emhettsaufnahme
Mannebach, Hermann: Das Herz : Htlfen fur Gesunde und Kranke /
Hermann Mannebach. -2. Aufl. -Berhn ; Heidelberg; New York; London;
Pans; Tokyo; Hong Kong, Barcelona; Budapest: Spnnger, 1992
1. Aufl. u.d.T.: Mannebach, Hermann: Llegt es am Herzen?
Dleses Werk 1St urheberrechthch geschutzt. Die dadurch begriindeten
Rechte, msbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags,
der Entnahme von Abblldungen und Tabellen, der Funksendung, der
Mlkroverftlmung oder der Vervlelfaltlgung auf anderen Wegen und der
Spelcherung m Datenverarbeltungsanlagen, blelben, auch bel nur auszugs
welser Verwertung, vorbehalten. Eme Vervlelfaltlgung dleses Werkes oder
von Tetlen dleses Werkes 1st auch 1m Einzelfall nur m den Grenzen der
gesetzhchen BestImmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepubhk
Deutschland vom 9. September 1965 m der Jewells geltenden Fassung
zulasslg. Sle 1st grundsatzhch vergutungspflichtIg. Zuwlderhandlungen
unterhegen den StrafbestImmungen des Urheberrechtsgesetzes.
© Sprmger-Verlag Berlm Heidelberg 1991, 1992
Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1992
Die Wledergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezelchnun
gen usw. m diesem Werk berechtIgt auch ohne besondere Kennzeichnung
mcht zu der Annahme, dalS solche Namen 1m Smne der Warenzelchen-und
Markenschutz-Gesetzgebung als frel zu betrachten waren und daher von
Jedermann benutzt werden durften.
RedaktIon: Use WIttIg, Heidelberg
Umschlaggestaltung: Bayerl & Ost, Frankfurt, unter Verwendung emer
IllustratIon von Clayton Pnce, The Image Bank
Innengestaltung: Andreas Goslmg, Barbel Wehner, Heidelberg
Herstellung: Barbel Wehner, Heidelberg
Satz: Fotosatz-Servlce Kohler, Wurzburg
21/3130-543210 - Gedruckt auf saurefrelem Papier
Lieber Herr A.
Sie hatten so viele Fragen - und meine Zeit war so
begrenzt. Ihre Angst war so grog - und meine Zuversicht
so aufgesetzt.
Es war wie eine Belagerung. Ich besturmte Sie, der
Untersuchung zuzustimmen. Sie verschanzten sich hin
ter immer neuen Fragen.
1st der Herzkatheter nicht gefahrlich? Gibt es keine
anderen Methoden? 1st das Belastungs-EKG wirklich so
schlecht ausgefallen? Aber ich habe doch kaum noch
Beschwerden!
Es war nicht me in bester Tag. Ihre Zustimmung
habe ich nicht bekommen. Hoffentlich war Ihre Ent
scheidung richtig. Ware sie anders ausgefallen, wenn ich
mir mehr Zeit genommen hatte? Ausfuhrlicher, ver
standlicher und geduldiger erklart hatte?
Geben Sie mir noch eine Chance. Lassen Sie mich
das Versaumte nachholen.
Diese Seiten sind fur Sie geschrieben.
v
Inhallsverzeichnis
Kammern, Klappen, KranzgefaBe
Wie das Herz gebaut ist . . . . . . I
Der Reiz des Ganzen
Wie das Herz arbeitet. 13
Das Herz schlagt Alarm
Wie sich Herzkrankheiten
bemerkbar machen . . . .
Geben Sie Ihrem Arzt ein Interview
Was er von Ihnen wissen will und warum . 35
Die wichtigsten Werkzeuge des Arztes
Womit er Herzkrankheiten erkennt. 43
Herzschrift
Was das Elektrokardiogramm verrat . 54
Die Durchsicht Ihres Herzens
Wie der Arzt sich ein Bild
vom Herzen macht . . . . . . 68
Der Konigsweg zum Herzen
Wann ein Herzkatheter notig ist
VII
Falsch programmiert
Was angeborene Herzfehler bedeuten 95
Herz mit Fehlern
Wie erworbene Herzfehler entstehen . 108
Die Zeitbombe
Welche Folgen hoher Blutdruck hat 125
Herz im Schraubstock
Wie ein Herzinfarkt entsteht . 140
Am Anfang stand ein Hausrezept
Wie Medikamente helfen konnen. 158
Das Herz kommt aus dem Takt
Was ein Herzschrittmacher leistet
173
Ein Mann bahnt neue Wege
Wie enge KranzgefaRe behandelt werden 189
Natur oder Kunst?
Was eine Herztransplantation bedeutet. 204
Das Leben danach
Wie man mit einer Herzkrankheit lebt. 218
Der neue Lebensstil
Wie sich Herzkrankheiten verhiiten lassen. 230
Was heiBt das denn?
Erklarung medizinischer Fachausdriicke . 241
VIII
Kammern, Klappen, KranzgefiBe
Wie das Herz gebaut ist
Aufregung an den Universitaten
Unerhortes geht vor in Europa. In allen Landem des
Kontinents wettem Professoren der Medizin gegen die Ver
breitung einer neuen Lehre. Was ist geschehen? Was ist der
Grund fur den Proteststurm an den medizinischen Hoch
schulen?
Wie so oft in der Geschichte ist der Anlag fur die ganze
Aufregung ein Buch. Es hat nicht einmal 50 Seiten und ist dazu
noch in Latein geschrieben. Der englische Arzt William Harvey
(1578-1657) hat das Buch im Jahr 1628 drucken lassen. Auf dem
Kontinent tobt gerade der 30j ahrige Krieg. In dem Buch beschreibt
Harvey, welche Versuche er angestellt hat, urn den Geheimnissen
des Herzschlags auf die Spur zu kommen. Der Englander steHt
dazu alles in Frage, was bisher von den gelehrtesten Arzten zu
diesem Thema gedacht und geschrieben wurde. Unter Harveys
Schlagen bricht ein seit vielen Generationen uberliefertes Lehrge
baude zusammen.
William Harvey ist kein Niemand. Er ist Mitglied der
Koniglichen Vereinigung der Arzte in London. Sogar Leibarzt von
Konig Karl I. Urn so schockierender ist sein Angriff auf die
herrschende Lehre:
Nach Harvey soil das Blut im Korper im Kreise fliegen!
Ursprung und Ziel dieses Krelslaufs sei das Herz. Der regelmagige
Ausstog von Blut aus dem Herzen sei die Ursache fur den
tastbaren Puis an den Adem. Durch die Arterien £liege das Blut zu
den Organen hin. Dort versickere es wie Regen im Gestein, urn am
1
Ende wie Biiche und Flusse wieder hervorzutreten und in den
Venen wieder zum Herzen zuruckzukehren.
Ein einfaches Rechenbeispiel dient Harvey unter anderem
zum Beweis. Die linke Herzkammer enthiilt ungefiihr 2 bis 4
Unzen Blut (1 Unze entspricht etwa 31 Gramm). Bei jedem
Herzschlag wird davon etwa 'h Unze in die Adem geprelSt. In
einer halben Stun de schliigt das Herz mehr als loooma!. Daraus
folgt, daIS in 30 Minuten mindestens 500 Unzen Blut vom Herzen
in die Adem gepumpt werden. 1m Laufe eines Tages stolSt das
Herz damit mehr Blut aus, als uberhaupt im Korper vorhanden ist.
Diese ungeheure Menge Blut mulSte die Adem bald bersten lassen.
Es sei denn, schlielSt Harvey, das Blut flielSt im stiindigen Kreislauf
wieder zum Herzen zuruck.
Die neue Lehre vom Blutkreislauf hat nur einen Schonheits
fehler. Harvey kann die Verbindungswege zwischen Arterien und
Venen nicht finden. Erst 4 Jahre nach Harveys Tod werden diese
winzig kleinen GefiilSe vom piipstlichen Leibarzt Marcello Mal
pighi entdeckt. Weil sie so dunn sind, werden sie HaargefiilSe oder
--t Kapillaren genannt.
Harveys Ansichten stehen in krassem Gegensatz zu cler
herrschenden Lehrmeinung. Nach ihr wird das Blut in der Leber
aus der Nahrung laufend neu gebildet. Von dort flielSt das Blut
durch die Venen zu den Organ en, wo es unaufhorlich verbraucht
wird. Die vom Herzen ausgehenden Arterien enthalten nach
Ansicht der Schulmedizin nur wenig Blut, aber vie! Luft. Seit den
Tagen der alten Romer wird diese Lehre als unerschutterliche
Wahrheit aufgefalSt und weitergegeben. Niemand machte sich die
Muhe, ihren Wahrheitsgehalt zu uberprufen. 1m Gegenteil, der
Dekan der medizinischen Fakultiit von Paris, Jean Riolan,
bezeichnet in einer Streitschrift Harveys Ansichten als »Dumm
heiten und lrrtumer«. Riolans Nachfolger Guy Patin verspottet
die Anhiinger Harveys als »Kreisliiufer«.
Mehr als 40 Jahre dauert der Streit, bis sich die Lehre vom
Blutkreislauf in Europa durchsetzt. Die Arzte lemen, se!bst zu
beobachten, und beziehen ihre Weisheit nicht mehr ausschlielSlich
aus ehrwurdigen, aber veralteten Buchem.
--t verweist auf die Erkliirung medizinischer Fachbegriffe im
Kapite! »Was heilSt das denn ?«, S. 24I.
2
Nur in Paris leistet man noch erbitterten Wider stand gegen
Harveys Lehren. SchlielSlich mulS der Sonnenkonig Ludwig XIV
seinen Professoren sogar befehlen, auch in Paris den Kreislauf des
Blutes als erwiesene Tatsache zur Kenntnis zu nehmen. Die
Universitiit ist blamiert. Kein Wunder, daIS sich die Komodien
schreiber iiber die gelehrten Professoren lustig machen. 1m
Eingebildeten Kranken von Moliere lobt ein Arzt seinen frisch
von der Universitat entlassenen Sohn: »Aber am meisten gefiillt
mir an ihm, daIS er bedingungslos am Alten festhiilt und niemals
auch nur hinhort, wenn die sogenannten Entdeckungen des
Jahrhunderts ihre Argumente und Erfahrungen aufmarschieren
lassen, ega I ob es sich urn den Kreislauf des Blutes oder anderes
Wissensgut aus dieser Schublade handelt«.
Heute, nach mehr als 300 Jahren, gilt Harveys
Entdeckung als epochemachend. Aber »Hand auf's
Herz«: Wer konnte von sich behaupten, dem unerhort
Neuen immer mit der notigen Aufgeschlossenheit zu
begegnen?
Dabei kann jedermann einige der grundlegenden
Einsichten von Harvey bei sich selbst gewinnen:
Legen Sie einmal Daumen und Mittelfinger der
rechten Hand wie eine Spange urn Ihr linkes Handgelenk
und driicken Sie fest zu. Beobachten Sie, wie die blauen
Venen auf Ihrem Handriicken immer starker hervortre
ten und wie die Hand sich langsam lila verfarbt.
Offensichtlich ist der AbfluB des Blutes aus der Hand
behindert. Die Venen werden durch den Stau prall
gefiillt. Diesen Blutstau macht sich jeder Arzt bei der
Blutentnahme aus den Venen zu nutze.
Ein wei teres Experiment: Driicken Sie auf dem
rechten Handriicken eine Vene mit der Spitze des linken
Mittelfingers abo Streichen Sie dann die Vene mit dem
link en Zeigefinger zum Herzen hin aus. Wenn Sie jetzt
den Zeigefinger wieder abheben, ist die Vene leer und
fiillt sich auch nicht wieder auf. Der Riickstrom des
3
Blutes in den leeren Abschnitt wird durch kleine Schleu
sentore, die Venenklappen, verhindert. Erst wenn Sie
auch wieder den Mittelfinger abnehmen fullt sich die
Vene von den Fingern her wieder mit Blut.
Sie sehen, heute weig jeder gebildete Laie mehr
uber den Bau und die Arbeitsweise des Herzens als die
Professoren der Pariser Universitiit seinerzeit wissen
wollten. Oder? Lesen Sie weiter und vergleichen Sie, was
Sie gewugt hiitten.
Das Herz ist eine Pumpe
Das Herz eines Menschen ist etwa so grog wie
seine Faust und wiegt ungefiihr 300 Gramm. Der grogte
Teil des Herzens besteht aus Muskelgewebe. SchliefSlich
mug das Herz eine Menge Arbeit verrichten. Wie
geschieht das? Legen Sie Ihre linke Handfliiche auf den
rechten Oberarm. Beugen und Streck en Sie jetzt den Arm
im Wechsel. Der Muskel am Oberarm, Ihr Bizeps, wird
beim Beugen dicker, er zieht sich Zllsammen. Wenn Sie
den Arm streck en wird der Muskel wieder dunner, er
erschlafft. Ahnlich ist es beim Herzen, nur mit dem
Unterschied, dag der Herzmuskel inn en hohl ist und sich
in den Herzhohlen Blut befindet. Durch den Wechsel von
Anspannung (---+ Systole) und Entspannung (---+ Diastole)
des Herzmuskels wird das Blut aus den Herzhohlen
in den Kreislauf gepumpt (Abb. I). Eine innere
---+ Scheidewand ( ---+ Septum) teilt das Herz in eine rechte
und linke Hiilfte. Jede Hiilfte besteht aus einem Vorhof
( ---+ Atrium) und einer Kammer (---+ Ventrikel).
4