Table Of ContentPeter Bachmann
Controlling für die öffentliche Verwaltung
Peter Bachmann
Controlling für die
öffentliche Verwaltung
Grundlagen, Verfahrensweisen,
Einsatzgebiete
GABlER
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
1. Auflage April 2004
Alle Rechte vorbehalten
© Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004
Lektorat: Jens Kreibaum
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von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden
ISBN 978-3-409-12449-2 ISBN 978-3-322-92068-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-92068-3
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Vorwort
Das vorliegende Buch behandelt übersichtsartig zwei derzeit sehr in Bewegung befindli
che Gebiete der Betriebswirtschaft - das Verwaltungscontrolling und die Verwaltungs
kostenrechnung und ihre Umsetzung in öffentlichen Einrichtungen. Beide sind eng mit
verschiedenen Reformprozessen verbunden, die sich in den Verwaltungen von Bund,
Ländern und Kommunen seit Beginn der neunziger Jahre in zunehmendem Tempo
entwickeln und die in ihren unterschiedlichen Entwicklungsrichtungen allgemein auf
eine größere Berücksichtigung ökonomischer Faktoren bei der Erftillung Verwaltungs
aufgaben hinauslaufen.
Das Buch selbst gliedert sich in vier große Teile. Im ersten Abschnitt werden die typi
schen Bestandteile des Rechnungswesens privater Unternehmen und öffentlicher Ver
waltungen erläutert, Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden herausgearbeitet sowie
erkennbare Entwicklungstendenzen im öffentlichen Rechnungswesen beschrieben.
Der zweite und dritte Teil des Buches geben eine relativ kurz gefasste Übersicht über
Grundlagen und Verfahrensweisen der Kostenrechnung und des Controllings, wobei
Besonderheiten des Verwaltungsbereiches berücksichtigt werden. Abschnitt 2 ist mit
konkreten Zahlenbeispielen zu den Rechenverfahren ergänzt, die soweit wie möglich
praxisnah gestaltet worden sind. Im Teil 3 werden die üblichen Grundbegriffe und
Aktivitäten des Controllings als betriebliches Entscheidungsunterstützungs- und Infor
mationssystem beschrieben sowie einige Anmerkungen zu gängigen Organisationsfor
men gemacht.
Schließlich werden im vierten Teil des Buches aktuelle Einsatzgebiete des Controllings
in Verwaltungen behandelt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Planung, Überwa
chung und Steuerung von Zahlungsmitteln und Kosten bzw. auf der Anwendung von
Kosten zur Steuerung und Wirtschaftlichkeitsüberwachung der Verwaltungstätigkeit.
Ausftihrlich werden Formen der Budgetierung und ihrer Verbreitung besonders im
kommunalen Bereich dargestellt. Die einzelnen Vorgehensweisen werden durch prakti
sche Beispiele illustriert. Eine komplexe Fallstudie zur Budgetierung rundet den letzten
Teil des Buches ab.
Der Inhalt des Buches ist zu wesentlichen Teilen durch Erfahrungen geprägt, die der
Verfasser seit 1995 durch umfangreiche Tätigkeit in Weiterbildung und Beratung an der
Fachhochschule ftir öffentliche Verwaltung des Landes Brandenburg, an der Landesaka
demie ftir öffentliche Verwaltung Brandenburg in Neu Fahrland sowie direkt in Verwal
tungen gesammelt hat. Für Hinweise, Kritiken und Verbesserungsvorschläge bin ich
jederzeit dankbar.
Peter Bachmann
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ..................................................................................................................... 5
1 Rechnungswesen und Verwaltungs reform ....................................................... 11
1.1 Das Rechnungswesen privater Unternehmen................................................ 11
1.1.1 Die doppelte Buchführung und der Jahresabschluss .......... ................. 11
l.l.2 Die Kosten- und Leistungsrechnung .......... ...................... .............. ..... 16
1.1.3 Finanzplanung und Finanzüberwachung.... .................... ............ ......... 17
1.1.4 Investitionsrechnung und Betriebsstatistik.......................................... 19
l.2 Das traditionelle Rechnungswesen öffentlicher Verwaltungen..................... 19
1.2.1 Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug ................ ............ ................ 19
1.2.2 Die Verwaltungsbuchführung ............................................................. 23
l.2.3 Ergänzende Aufgaben und Komponenten........................ .............. ..... 25
1.2.4 Vergleich der Pflichtbestandteile des Rechnungswesens.................... 29
l.3 Verwaltungsreformen und öffentliches Rechnungswesen ............................ 30
1.3.l Reformziele und neue Anforderungen ................................................ 30
1.3.2 Das Neue Kommunale Finanzmanagement in
Nordrhein-Westfalen........................................................................... 35
2 Verwaltungskostenrechnung.............................................................................. 39
2.1 Verwaltungsarbeit und Ressourcenverbrauch .................... .......... ................. 39
2.1.1 Ressourcen und Ressourcenverbrauch ................................................ 39
2.1.2 Ressourcenverbrauch, Kosten und Aufwendungen............................. 40
2.1.3 Kosten und Ausgaben.. ................ .......... ...... ...... .......... .............. ......... 49
2.2 Grundbegriffe und Ziele der Kostenrechnung............................................... 52
2.2.1 Ziele der Verwaltungskostenrechnung................................................ 52
2.2.2 Einteilung von Kosten......................................................................... 53
2.2.3 Kostenrechnungssysteme .................................................................... 56
2.2.4 Stufen der Kostenrechnung ................................................................. 60
2.3 Kostenartenrechnung ........ ... ............... ... ....... .................................. .............. 62
2.3.1 Einführende Betrachtungen................................................................. 62
2.3.2 Personalkosten .................................................................................... 65
2.3.3 Sachkosten .......................................................................................... 68
2.3.4 Kalkulatorische Abschreibungen ........................................................ 72
2.3.5 Kalkulatorische Zinsen ....................................................................... 76
2.3.6 Sonstige kalkulatorische Kosten ......................................................... 82
2.4 KostensteIlen und KostensteIlenrechnung..................................................... 85
2.4.1 Bildung und Arten von KostensteIlen ................................................. 85
2.4.2 Gemeinkostenverteilung und Betriebsabrechnungsbogen .................. 91
2.4.3 Innerbetriebliche Leistungsverrechnung ............................................. 100
2.5 Kostenträgerrechnung ................................................................................... 107
2.5.1 Aufgaben und Kalkulationsarten......................................................... 107
8
2.5.2 Divisionskalkulation und Äquivalenzziffem-Rechnung ..................... 109
2.5.3 Zuschlagskalkulation .......................................................................... 112
2.6 Einige Besonderheiten der Verwaltungskostenrechnung .............................. 117
2.6.1 Verwaltungs produkte als Kostenträger .......................... ....... ..... ......... 117
2.6.2 Zeiterfassung für Verwaltungsprodukte.............................................. 119
2.6.3 Anlagenrechnung und Vermögenserfassung....................................... 121
3 Einführung in das Controlling........................................................................... 129
3.1 Grundbegriffe des Controllings..................................................................... 129
3.1.1 Begriff, Ziele und Phasen des Controllings. ............................... ........ 129
3.1.2 Entstehung und Entwicklungslinien des Controllings......................... 133
3.1.3 Operatives und strategisches Controlling............................................ 135
3.2 Phasen des Controllings ................................................................................ 137
3.2.1 Planung ............................................................................................... 137
3.2.2 Kontrolle und Abweichungsanalyse ................................................... 146
3.2.3 Steuerung ............................................................................................ 151
3.3 Organisationsformen des Controllings.......................................................... 155
3.3.1 Anforderungen an den Controller ....................................................... 155
3.3.2 Organisatorische Eingliederung des Controllings............................... 156
3.3.3 Controllingorientiertes Berichtswesen ................................................ 159
4 Controlling in öffentlichen Verwaltungen...................... .................. ................ 165
4.1 Verwaltungssteuerung und Controlling......................................................... 165
4.1.1 Die traditionelle Form der Verwaltungs steuerung .............................. 165
4.1.2 Reformmodelle und outputorientierte Steuerung:
Ableitung der Finanz-von den Leistungszielen.................................. 169
4.1.3 Grundformen des operativen Controllings in Verwaltungen .............. 172
4.1.4 Controlling, Effizienz und Kostenoptimierung ................................... 175
4.2 Verwaltungscontrolling und Kennzahlen ...................................................... 178
4.2.1 Allgemeine Bemerkungen................................................................... 178
4.2.2 Allgemeine betriebswirtschaftliche Kennzahlen................................. 180
4.2.3 Verwaltungskennzahlen ...................................................................... 184
4.3 Budgetierung und Controlling....................................................................... 190
4.3.1 Grundbegriffe und Grundlagen der Budgetierung .............................. 190
4.3.2 Inputorientierte Budgetierung und Finanzcontrolling......................... 198
4.3.3 Outputorientierte Budgetierung und Ziel-und
Ressourcencontrolling......................................................................... 203
4.4 Mengen- und Kostenplanung ........................................................................ 209
4.4.1 Mengenplanung von Verwaltungsprodukten ...................................... 209
4.4.2 Kostenplanung .................................................................................... 213
4.5 Eine Fallstudie zur Anwendung der outputorientierten Steuerung................ 216
4.5.1 Planung von Verwaltungsleistung und Kosten ................................... 216
4.5.2 Ausführung, Kontrolle und Steuerung ................................................ 222
9
Literaturverzeichnis ........... .................. ..... ............................. .... ... .... ....................... 227
Stichwortverzeichnis ................................................................................................ 233
Der Autor. . . . . .. . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . .. .. .. . . . . .. .. . . .. . . . . .. .. .. . .. .. .. .. . .. . . . . .. . .. .. 237
11
1 Rechnungswesen und Verwaltungsre
form
1.1 Das Rechnungswesen privater Unternehmen
1.1.1 Die doppelte Buchführung und der Jahresabschluss
Unter Rechnungswesen versteht man die Gesamtheit aller Aktivitäten, die mit der
Erfassung, Verarbeitung, Speicherung und Verwendung von monetären Daten in Betrie
ben oder sonstigen Einrichtungen verbunden sind.
Ein ausgebautes Rechnungswesen ist für das Controlling eines Betriebes oder einer
Verwaltungseinrichtung ein wesentliches Arbeitsinstrument, da es die meisten der für
Controllingzwecke benötigten Daten bereitstellt und/oder gezielt aufbereitet. Darüber
hinaus ist das Rechnungswesen ein grundlegendes Hilfsmittel, um die Betriebsleitung,
die Verantwortlichen entsprechender Teilbereiche des Betriebes und verschiedene
externe Interessenten (z. B. Gesellschafter, Fiskus, übergeordnete Behörde) mit allen
notwendigen, teilweise auch gesetzlich vorgeschriebenen, Informationen zu versorgen.
Dabei unterscheiden sich, historisch bedingt, die Systeme des Rechnungswesens von
privaten Unternehmen und von öffentlichen Einrichtungen erheblich.
Während das Rechnungswesen von Privatbetrieben in letzter Instanz auf die Gewinn
oder Verlustermittl ung (Veränderung des Eigenkapitals) und die Wirtschaftlichkeits
oder Effizienzbestimmung (Verhältnis Aufwand-Nutzen) ausgerichtet ist, beschränkt
sich das Rechnungswesen öffentlicher Verwaltungen in den meisten Fällen auf die
Planung und die Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben bzw. Ein- und Auszahlungen
(Haushalts- oder Finanzwirtschaft, Kameralistik).
Das unternehmenstypische Rechnungswesen kann neben der doppelten Buchführung
und der damit eng verbundenen Aufstellung von Jahresabschlüssen weitere Komponen
ten wie eine Kosten- und Leistungsrechnung, eine Finanzplanung nebst zugehöriger
Liquiditätskontrolle, die Investitionsrechnung und zusätzlich eine Betriebsstatistik
beinhalten. Buchführung und Jahresabschluss werden als externes Rechnungswesen
bezeichnet, während die anderen Komponenten zum internen Rechnungswesen gehören.
Die Abbildung I vermittelt einen Überblick über die genannten Komponenten und dafür
wesentliche Eigenschaften.
12 1 Rechnungswesen und Verwa1tungsreform
Rechnungswesen privater Unternehmen
!
externes Rechnungswesen internes Rechnungswesen
-gesetzliche Vorschriften sind einzuhalten -i. Allg. existieren keine gesetzlichen Vorschriften
-Resultate sind teilweise zu veröffentlichen -Resultate werden nur intern verwendet
-Schwerpunkt: Beziehungen des -Schwerpunkt: Wirtschaftlichkeit innerer Abläufe
Unternehmens zur wirtschaftlichen Umwelt
j
r 1
doppelte Jahresabschluss Kostenrechnung Finanzplanungl Betriebsstatistik
Buchführung Investitionsrechnung
Abbildung 1: Rechnungswesen privater Unternehmen (kaufmännisches Rechnungswe
sen)
Der nach Handels- und Steuerrecht vorgeschriebene Teil des Rechnungswesens sind die
kaufmännische Buchführung (doppelte Buchführung = Doppik), auch als Finanzbuch
haltung bezeichnet, und der zugehörige Jahresabschluss. Hier werden das Vermögen und
das Kapital der Firma erfasst und fortgeschrieben und auf dieser Basis wird der Gewinn
oder Verlust des Geschäftsjahres ermittelt. Die Doppik ist ausschließlich vergangen
heitsorientiert und enthält kein Planungsmodul. Der Jahresabschluss, der eine Zusam
menfassung aller Daten der Buchführung beinhaltet, besteht aus Bilanz, Gewinn-und
Verlustrechnung, Anhang und Lage- oder Geschäftsbericht. Alle anderen Bestandteile
des Rechnungswesens sind freiwilliger Natur, d. h., das Unternehmen kann intern
festlegen, ob und in welchem Umfang eine Kostenrechnung und eine Finanzplanung
oder eine Investitionsrechnung geführt werden. Da ein Unternehmen aber aufg rund der
angestrebten Gewinnmaximierung an einer möglichst effizienten Arbeitsweise interes
siert ist und im Falle eines Mangels an Zahlungsmitteln (Liquiditätslücke) keine unbe
schränkte Kreditwürdigkeit besitzt, existieren in fast allen Betrieben bestimmte Formen
der Kostenrechnung und der Einnahmen-Ausgaben- oder Finanzplanung parallel zur
kaufmännischen Buchführung.
Um die Unterschiede zur Kameralistik in der öffentlichen Verwaltung deutlich zu
machen, gehen wir zunächst auf das grundsätzliche Funktionsprinzip der doppelten
Buchführung ein.
1.1 Das Rechnungswesen privater Unternehmen 13
Aufgaben und Arbeitsweise der doppelten Buchführung:
Ausgangspunkt zum Verständnis der Funktionsweise der Doppik ist die Bilanz. Eine
Bilanz ist eine tabellarische Gegenüberstellung des Wertes aller Vermögensbestandteile
einer Firma und der wertmäßigen Besitzverhältnisse an diesem Vermögen, bezogen auf
einen Stichtag (letzter Tag des Geschäftsjahres). Die Vermögensseite heißt Aktivseite
oder Aktiva, die Kapitalseite Passivseite oder Passiva.
Beispiel:
Bilanz der Beispiel GmbH zum 31.12.02
(alle Werte in Mio. Euro)
Aktiva Passiva
A) Anlagevermögen A) Eigenkapital 2,2
-Grundstücke 1,2
-Gebäude 1,5
-Maschinen 0,8
-Geschäftsausstattung 0,3
B) Umlaufvermögen B) Fremdkapital
-Vorräte 0,2 -Kreditverbindlichkeiten 1,9
-Forderungen 0,4 -Liefererverbindlichkeiten 0,6
-Zahlungsmittel 0.3
Bilanzsumme 4.7 4,7
Das Vermögen auf der Aktivseite ist nach der voraussichtlichen Besitzdauer in Anlage
und Umlaufvermögen gegliedert. Vorräte beinhalten sowohl Material als auch fertige
und unfertige Erzeugnisse. Die Forderungen betreffen hauptsächlich offene Kunden
rechnungen.
Die Passivseite ist nach abnehmender Fristigkeit der einzelnen Kapitalpositionen aufge
baut und in Eigen- und Fremdkapital unterteilt. Das Eigenkapital gehört den Besitzern
oder Gesellschaftern der Firma. Es repräsentiert den wertmäßigen Anteil am Vermögen,
der den Besitzern gehört. Das Fremdkapital gehört den Gläubigern, hier in Banken und
Lieferanten unterteilt. Lieferantenverbindlichkeiten liegen dann vor, wenn Rechnungen
für gelieferte Waren oder Materialien noch nicht bezahlt sind.
Eine korrekte Bilanz ist stets ausgeglichen, d. h., die Summen der Aktiv- und der Passiv
seite stimmen überein. Durch GeschäftsvorfäIIe verändern sich die Positionen der Bilanz
so, dass dieses Gleichgewicht erhalten bleibt. Diese Vorfälle lassen sich in vier verschie
dene Kategorien einteilen.