Table Of ContentBlutdruckselbstmessung
Mit freundlicher
Empfehlung
boso
BOSCH + SOHN GMBH U. CO.
FABRIK MEOIZIN. APPARATE
0-72417 JUNGINGEN/GERMANY
S. Gleichmann . S. Eckert
U. Gleichmann . W. Vetter
Herausgeber
Blutdruck
selbstmessung
Standortbestimmung
und Perspektiven 1994
STEINKOPFF
Anschrift der Herausgeber:
Dr. S. Gleichmann
Gollwitzer-Meier Klinik
HerforderstraBe 43
D-32545 Bad Oeynhausen
Dr. S. Eckert
Prof. Dr. U. Gleichmann
Kardiologische Klinik,
Universitatsklinik der
Ruhr-Universitat Bochum,
Herzzentrum Nordrhein-Westfalen
GeorgstraBe 11
D-32545 Bad Oeynhausen
Prof. Dr. W. Vetter
Universitatsspital
RaemistraBe 100
CH- 8091 Zurich
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Blutdruckselbstmessung : Standortbestimmung und
Perspektiven 1994/ S. Gleichmann ... (Hrsg.). - Darmstadt:
Steinkopff, 1994
lSBN-13:978-3-7985-0986-3 e-lSBN-13 :978-3-642-85428-6
DOl: 10.1007/978-3-642-85428-6
NE: Gleichmann, Sigrid [Hrsg.]
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Satz: Typoservice, Aisbach
Gedruckt auf saurefreiem Papier
v
VOIWOrt
KardiovaskuHire Erkrankungen sind unverandert fiihrend unter den in unserer Gesell
schaft vorherrschenden Todesursachen. Ein wesentlicher Grund liegt in der hohen Prava
lenz der klassischen kardiovaskularen Risikofaktoren. In diesem Zusammenhang kommt
der arteriellen Hypertonie mit einer Haufigkeit von 20 bis 25 % in unserer Bevolkerung
ein besonderer Stellenwert zu.
Der iiberwiegende Anteil der Patienten mit Bluthochdruck bedarf letztendlich einer
symptomatischen Pharmakotherapie. Hierbei handelt es sich in der Regel urn eine Dauer
bzw. Langzeittherapie unter ambulanten Bedingungen. Es ist heute unbestritten, daB eine
konsequente und suffiziente antihypertensive Behandlung die ungiinstige Prognose des
Hypertoniepatienten zu bessern bzw. zu normalisieren vermag. Voraussetzung hierzu ist
jedoch, daB der Patient diese Langzeittherapie auf der Basis der unverandert notwendi
gen AllgemeinmaBnahmen kooperativ beibehalt, also eine groBe Therapietreue (Com
pliance) aufweist. Es ist bekannt, daB der Hypertoniepatient bei zunachst fehlenden
Beschwerden und somit auch fehlendem Leidensdruck immer wieder zu einer hohen Com
pliance motiviert werden muB. Dabei hat sich nachgewiesenermaBen die Blutdruckselbst
messung als auBerst niitzlich und hilfreich erwiesen. Bei richtiger Handhabung dieser
Methode durch den Patienten, was eine entsprechende Aufklarung und EinfUhrung vor
aussetzt, erhalt der behandelnde Arzt auf diese Weise eine wesentlich bessere Entschei
dungsgrundlage fUr seine Therapie und deren Kontrolle als durch die situativ gefarbten
Gelegenheitsblutdruckmessungen. In diesem Zusammenhang ist in den letzten lahren
das Schlagwort "WeiBkittelhypertonie" immer wieder angefiihrt und auch durch entspre
chende Untersuchungen aufgezeigt worden. Natiirlich ist auch mittels der ambulanten 24-
Stunden-Blutdruckmessung eine derartige Abgrenzung und Differenzierung moglich.
Der Vorteil der Blutdruckselbstmessung liegt jedoch darin, daB sie nahezu flachendek
kend bei der Behandlung der arteriellen Hypertonie angewendet werden kann. Die
Patienten werden hierbei aktiv in das Behandlungsregime eingeschlossen und konnen in
einem vorgegebenen Rahmen sogar ihre Behandlung mitgestalten. AuBerdem sehen sie
unmittelbar den Effekt einer unterlassenen Medikamenteneinnahme, ein Aspekt, der die
compliancefOrdernde Wirkung der Blutdruckselbstmessung verdeutlicht.
Daher ist es notwendig und verdienstvoll, eine Standortbestimmung zum Thema Blut
druckselbstmessung durchzufiihren mit dem Ziel, die Langzeitkontrolle der Hochdruck
therapie zu optimieren. Die getroffene Themenauswahl berucksichtigt hervorragend die
in diesem Zusammenhang anzusprechenden Gesichtspunkte. Die wissenschaftlichen
Initiatoren und die Autoren gewahrleisten, daB eine kritische und anwendungsbezogene
Darstellung und Erorterung erfolgt und praktikable SchluBfolgerungen fiir die tagliche
Praxis gezogen werden. Auf diese Weise wird ein wichtiger Beitrag zur Bewaltigung der
Probleme geleistet, die der Risikofaktor "Bluthochdruck" verursacht.
Prof. Dr. med. F. W. Lohmann
Sprecher der Sektion Patienteninformation der
Deutschen Liga zur Bekampfung des hohen Blutdruckes
gem. e.V, Heidelberg Berlin, September 1994
VII
Gedanken zur Blutdruckselbstmessung
Seit Riva-Rocci (1896) und v. Recklinghausen (1901) ist bis vor kurzem das Blutdruckme8-
gerat eines der wichtigsten Insignien des Arztes gewesen. In der Praxis meines Vaters
stand das Instrument stolz auf einem Ehrenplatz im Glaskasten. DaB Nicht-Arzte und
-horribile dictu- Patienten sich selbst den Blutdruck messen konnten und dtirften, ware
damals eine durchaus ketzerische Idee gewesen.
Seit einigen J ahrzehnten ist jedoch der Patient yom Objekt der Therapie zum mitarbei
tenden Subjekt geworden. Die moderne Medizin duldet kaum mehr den altmodischen
Paternalismus. Der Kranke - und nur der Kranke - verfiigt tiber seinen eigenen Korper
(und seine Seele); so ist heute die Achtung der Autonomie des Patienten eines der Haupt
prinzipien der Medizinethik. Die Blutdruckselbstmessung ist nicht nur eine autonome
Handlung im praktischen, materiellen Sinne, sie bietet dem Patienten an, sich auch psy
chisch am BehandlungsprozeB als Partner zu beteiligen. Es ware durchaus interessant,
nicht nur Fragen der passivenAkzeptanz der Selbstmessung zu studieren, sondern auch zu
erlautern, wie sie sich auf die Motivation des Patienten auswirkt, auf sein Verhalten im
Rahmen des Arzt-Patientenverhaltnis und letzten Endes auch auf das Ergebnis der
Therapie.
Sind Patienten, die ihren Blutdruck selbst messen, mit ihrer Behandlung zufriedener,
haben sie weniger Nebenwirkungen, erleben sie ihr Kranksein weniger schwer, wechseln
sie seltener den Arzt? Vnd welche Eigenschaften der Patienten (z.B. Bildung, IQ, Fami
lienverhaltnisse) korrelieren mit diesen Faktoren. Dies waren lauter interessante Fragen
ftir eine patientenpsychologische Studie, welche zu unserem Verstandnis der moglichen
positiven Effekte der Selbstmessung beitragen konnte. Demnach konnte die Blutdruck
selbstmessung mehrere Dimensionen haben: neben der klassischen, praktischen, diagno
stischen Dimension auch eine ethische und eine therapeutische Dimension, wobei ich per
sonlich der ethischen Seite (Ausdruck der Wertschatzung des Patienten als Person) gro8en
Wert zumessen mochte, obwohl dies in der Literatur meines Wissens nach bisher nicht
erwahnt wird.
Selbstmessung des Blutdruckes wird heute im allgemeinen als wtinschenswert und vor
teilhaft beurteilt, weil die MeBwerte nicht dem sogenannten "white coat effect" unterlie
gen. Allenfalls ist die Ausbildung des Patienten in der MeBtechnik eine Voraussetzung (1).
Sogar in der klinischen Forschung haben sich die Vorteile der wiederholten (semiauto
matischen) Selbstmessung bewahrt (2). Uber die moglichen Vorteile des 24-Stunden
Monitorings in Forschung und Praxis ware eine Stellungnahme zur Zeit verfrtiht. Ftir die
Selbstmessung hat sich aber die Hypertonie-Weltliga (WHL) schon vor Jahren eingesetzt
(3), wie dies tibrigens auch die Deutsche Hochdruckliga getan hat.
Empfehlungen der Welthochdruckliga (WHL) gliedern den Inhalt eines Schulungspro
grammes fUr Selbstmessung in Begriffe und Fertigkeiten (skills) auf. Die den Patienten
beizubringende Grundbegriffe sind: 1. systolische und diastolische Blutdruckwerte; 2.
Herz- oder Pulsfrequenz; 3. Variabilitat von Druck- und Pulswerten (keine Aufregung
tiber hohe Einzelwerte); 4. Abhangigkeit der Werte yom korrekten Anlegen des Mikro
phons; 5. das Funktionieren des Instruments und 6. die Warnung, daB Selbstmessung
nicht zu Selbstmedikation ftihren darf. Die yom Patienten zu erlernenden Fertigkeiten
beinhalten insgesamt 10 Punkte, und die WHL betont die Notwendigkeit, daB MeBgerate
aIle 6 Monate zu tiberprtifen sind. Patienten, denen Selbstmessen empfohlen wurde, mtis
sen zu jeder Zeit zum Arzt oder zur Krankenschwester Zugang haben und auch zu einem
VIII
Techniker, der das Gerat gegebenenfalls reparieren kann. Laut WHL ist es besonders
wichtig, mit dem Patienten seine MeBwerte in regelmaBigen Zeitabstanden zu bespre
chen.
Die im folgenden dargestellte Diskussion des Themas "Blutdruckselbstmessung" wird,
so hoffe ich, den Standpunkt der WHL bestatigen, und zu einer erweiterten Anwendung
der Blutdruckselbstmessung beitragen.
Literatur
1. Berger Met al. (1991) Ambulantes Behandlungs-und Schulungsprogramm fUr Patienten mit Hypertonie.
In: Gleichmann S, Klaus D, Lohmann FW (Hrsg) Bluthochdruck - Wege und Ziele der Patienteninfor
mation. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo
2. Mancia G et al. (1994) Increase in blood pressure reproducibility by repeated semi-automatic blood pres
sure measurements in the clinic environment. J Hypertension 12: 469-473
3. World Hypertension League (1988) Self-measurement of blood pressure. Bulletin of the World Health
Organization, 66 (2): 155-159
Dr. Th. Strasser
Generalsekretlir World Hypertension League Genf, September 1994
IX
Inhaltsverzeichnis
Vorwort v
Gedanken zur Blutdruckselbstmessung ........................... VII
Bedeutung von Allgemeinmafinahmen in der Kontrolle der Hypertonie
unter besonderer Beriicksichtigung der Blutdruckselbstmessung
Gleichmann, U., H. SeggewiB, S. Gleichmann, A. Gleichmann, S. Eckert 1
Generelle Marktentwicklung bei Blutdruckselbstme8geriiten
Butz, W. P. .............................................. 15
Technik der modemen Blutdruckme8geriite
Stiibner, G. .............................................. 21
Herz-Kreislauf-Telefon Heidelberg
Umfrage zur Blutdruckselbstmessung bei 366 Hypertonikem
(Stand 1. Halbjahr 1994)
Krecke, H.-J., P. Liitkes, M. Maiwald ............................. 29
Validierung von Blutdruckselbstme8geriiten:
welche Blutdruckselbstme8geriite soUten verwandt werden?
Eckert, S., S. Gleichmann, U. Gleichmann ......................... 37
Anleitung zur Blutdruckselbstmessung
Voraussetzungen und Umsetzung
Gleichmann S., S. Eckert, U. Gleichmann, H. Mannebach, E. Miche,
B. Kemper .............................................. 53
Blutdruck-Selbstmessung vs. ambulantes Blutdruckmonitoring:
Welches ist die bessere Methode?
Holm, D., J. Steurer, W. Vetter ................................ 67
Various aspects of blood pressure variability
Veerman, D.P. . .......................................... 75
Interpretation von Blutdruckselbstme8daten -
praktische Bedeutung fUr Diagnostik und Medikamenten-Compliance
Mengden, Th., B. Schwartzkopff, B. E. Strauer ...................... 83
x
Biometrische Aspekte der Blutdruckselbstmessung: Wieviele Blutdruckwerte
sind zur Diagnostik und Therapiekontrolle erforderlich?
Brandmaier, Roo 97
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Moglichkeiten der Datenerhebung zur Auswertung von
Blutdruckselbstme8werten: Wiener Modell ,,140/90"
Magometschnigg, Do, Ho Schnogl 107
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Blutdruckselbstmessung bei Hypertonikem oboe Diabetes und bei
Diabetikem mit Hypertonus
Petzoldt, R., U. Gleichmann, Do Kraus 119
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Aktuelle Konzepte der Hochdrucktherapie
Hayduk, Ko 125
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Bedeutung von AligemeinmaBnahmen in der Kontrolle der
Hypertonie unter besonderer Beriicksichtigung der
Blutdruckselbstmessung
U. Gleichmann, H. SeggewiB, S. Gleichmann*, A. Gleichmann, S. Eckert
Kardiologische Klinik Herz-und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen
* Gollwitzcr Meier Klinik. Bad Oeynhausen
Einleitung
Wenn heute von einer Therapie der Hypertonie gesprochen wird, ist vorzugsweise der
Einsatz von Medikamenten gemeint. Medikamente stehen in groBer Zahl zur Verftigung,
sind wirksam, in zahlreichen prospektiven Studien erprobt, deswegen zur Langzeitkon
trolle geeignet, teilweise billig (Thiazide, Betablocker) sowie vergleichsweise schnell und
einfach zu verordnen. Sie mtissen meist jedoch tiber Zeitraume von 1 bis 4 lahrzehnte ein
genommen werden und bergen damit aile Risiken und Kosten einer medikamentosen
Langzeittherapie. Diese Oberlegungen mtiBten eigentlich dazu flihren, daB Arzt und
Patient die Hypertonie hauptsachlich mit AllgemeinmaBnahmen (= nattirliche, nichtme
dikamentose HeilmaBnahmen) zu behandeln versuchen, zumal Naturheilverfahren im
weitesten Sinne eine hohe Akzeptanz bei der BevOlkerung haben, und die Wirksamkeit
dieser MaBnahmen gerade bei der am meisten verbreiteten milden Hypertonie am besten
erprobt ist. Dies ist jedoch nicht oder nur unzureichend der Fall, obwohl sich in neuesten
prospektiven und kontrollierten Langzeitstudien (2, 4, 25, 36, 38) nachweisen lieB, daB
eine effektive B1utdrucksenkung durch AllgemeinmaBnahmen erzielt werden konnte
(Tabelle 1). Deswegen werden AllgemeinmaBnahmen als wirksame bevolkerungsweite
MaBnahme zur Pravention der Hypertonie diskutiert (19). Allerdings wird sowohl in den
neuesten Statement-Papieren zur Hochdrucktherapie von WHO/ISH (41) und INC- V
(19) und entsprechenden Kommentaren (40) auch darauf hingewiesen, daB eine Mortali
tats- oder Morbiditatssenkung durch AlIgemeinmaBnahmen bisher nicht nachgewiesen
wurde. Dieser Nachweis erfolgte jedoch ktirzlich in der Stanford-Prevention-Studie (13).
Hinweise auf AlIgemeinmaBnahmen sind oft nur Lippenbekenntnisse, deren Wirksam
keit selbst von Fachleuten angezweifelt oder in Frage gestellt wird: hier sei nur auf die -
ausschlieBlich in Deutschland geflihrte - Diskussion tiber den Wert der Kochsalzrestrik
tion verwiesen (14).
AllgemeinmaBnahmen haben im Gegensatz zur pharmakologischen Therapie bei Arzt
und Patient weniger Akzeptanz und keine Lobby. Ftir den Patienten bedeutet sie Ande
rung des gewohnten Lebensstils und damit vermeintliche Einschrankung, flir den Arzt
schwierige, langwierige Diskussion, die kaum honoriert wird und hohe Sachkompetenz
verlangt (8).
Aus den bisher vorliegenden Studienergebnissen kann jedoch folgendes abgeleitet wer
den:
~ AllgemeinmaBnahmen als alleinige MaBnahme sind effektiv in der Pravention der
Hypertonie, genauer der Frtihphase der Hypertonie (36).
~ AllgemeinmaBnahmen ohne Medikation flihren bei leichter Hypertonie (diastolisch 90
bis 100 mm Hg) zu einer signifikanten Blutdrucksenkung (25), die vergleichbar ist mit
alleiniger saluretischer Therapie (2). Die Effektivitat der AllgemeinmaBnahmen hin-
2 U. Gleichmann et al.
ThbeUe L Ubersicht Uber neuere Studien ZUI PrUfung der Wirksamkeit von AlIgemeinmaBnahmen in der
Hypertonietherapie oder Hypertoniepravention
Studie Design Hauptergebois
TOMHS 1992 (25) randomisiert, plazebokontrolliert, sUirkere Drucksenkung mit Medika-
Treatment of Mild Hypertoniker (9 ,0), Alter 45 - 69 ment: - 15,9 vs. 9,1 syst. bzw. 12,3 vs.
Hypertension Study Jahre. AlIgemeinmaBnahmen addi- 8,6 mm Hg diastolisch. Nach 4 Jahren
liv zu Placebo oder 5 verschiedenen noch S9 % der Plazebogruppe und 79 %
Medikamenlenl, n = 902, Dauer 4 der Med.-Gruppe unler primarerThe-
Jahre. rapie. In der Plazebogruppe etwas mehr
kardiovaskulare Komplikationen
(5,1 % vs. 7,3 %, p = 0,21).
TAIM 1993 (4) randomisiert, plazebokontrolliert, Reduktionskost-Gruppe erreichte
Trial of Antihyperten- doppelblind, 21 - 6Sjahrige Uberge- - 2 -3 kg im Vergleich zur Normalkost.
sive Interventions and wichtige Hypertoniker. 56 % Man- Therapieversagen (= zusatzliche Medi-
Management ner, Dauer 4,5 Jahre, n = 291 or- kation erforderlich) in 56,7 % der
malkost, n = 296 Reduktionskost. Reduktionskost-Gruppe u. 49,8 % der
Jede Gruppe unterteilt in Plazebo, ormalkost-Gruppe. Erfolgreiche
Chlorthalidon 25 mg oder Atenolol Gewichtsreduktion reduzierte Thera-
50 mg. Diastol. Blutdruck 90 - 100 pieversagen urn 23 % unabhangig von
mm Hg. Ziel: Blutdruck < 90 mm Medikation Plazebo, Chlorthalidon
Hg. oder Atenolol.
TOHP 1992 (36) randomisiert, kontrolliert, n = 2182 Gewichtsreduktion von - 3,9 kg fUhrte
Trials of Hypertension Manner u. Frauen, 30 - 54 Jahre, zu RR-Abfall von - 2,3 mm Hg diasto-
Prevention Blutdruck diastolisch 80 - 89 mm lisch und - 2,9 mm Hg systolisch, Koch-
Hg. 3 Life-style-Gruppen: Gewichts- salzreduktion zu - 0,9m m Hg diasto-
reduktion, Kochsalzreduktion, lisch und - 1,7 mm Hgsystolisch.
StreBmanagement. 4 Gruppen mit Weder StreBmanagement noch diateti-
Diatzugaben: K'", Mg++, Ca++, sche Supplementation fijhrte zu signifi-
Fischol. Dauer 18 Monate. kanter Blutdruckabnahme.
I Plazebo (n = 234), Chlorthalidon (n = 136), Acebutolol (n = 132), Doxazosin (n = 134), Amlodipin
(n = 131), Enalapril (n = 135).
sichtlich kardiovaskularer Endpunkte wird jedoch durch zusatzliche Monotherapie
(Thiazide, Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten) deutlich gesteigert
(41).
~ Durch konsequenten Einsatz von AllgemeinmaBnahmen konnen bei milder Hyperto
nie bei etwa der Halfte aller Patienten nach anfanglicher Medikation diese Medika
mente abgesetzt werden (10, 35).
~ AllgemeinmaBnahmen haben den groBen Vorteil, das allgemeine, hochdruckunabhan
gige kardiovaskulare Risiko zu senken, insbesondere tiber gleichzeitige Senkung der
Lipide, Verstarkung der Fibrinolyse und Verminderung der Gerinnungsfahigkeit.
~ Das Problem der AllgemeinmaBnahmen besteht in der Akzeptanz beim Patienten (2,
25) und der deswegen manchmal mangelnden Motivation durch den Arzt (1).
Die essentielle, genetisch als Anlage vorgegebene Hypertonie ist die haufigste Ursache
- bei weit mehr als 90 % aller Patienten - der Bluthochdruckerkrankung. Diese Anlage
wird durch Faktoren der Lebensftihrung positiv oder negativ beeinfluBt. 1m Idealfall
braucht der Hypertonus nicht manifest zu werden. Dies ist gleichbedeutend mit einer vol
ligen Pravention der Hypertonie. Umgekehrt kann eine Anderung der EinfluBfaktoren
durch Anderung der Lebensftihrung zu einer giinstigen Beeinflussung einer bestehenden
Hypertonie fiihren.