Table Of ContentDIE VERKEHRSMITTEL
IN VOLKS- UND STAATSWIRTSCHAFf
VON
DR. EMIL SAX
o. O. PROFESSOR DER POLITISCHEN OKONOMIE I. R.
ZWEITE, NEU BEARBEITETE AUFLAGE
ERSTER BAND
ALLGEMEINE VERKEHRSLEHRE
Springer-Verlag Berlin Heide1berg GmbH
1918
ALLGEMEINE VERKEHRSLEHRE
VON
DR. EMIL SAX
o. o. PROJ'ESSOR DER POLITISCHEN OXONOllllB I. R.
Springer-Verlag Berlin Heide1berg GmbH
1918
ISBN 978-3-642-90343-4 ISBN 978-3-642-92200-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-642-92200-8
Alle Rechte, insbeBondere das der Übersetzung in fremde Sprachen
vorbehalten.
Copyright by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1918
Ursprünglich erschienen bei Julius Springer 1918
Softcover reprint ofthe hardcover 2nd edition 1918
Vorrede.
Unter dem Titel "Die Verkehrsmittel in Volks- und Staats
wirtschaft" erschien in den Jahren 1878 und 1879 das zweibändige
Werk des Verfassers, in welchem dieser sich die Aufgabe gestellt
hatte, das Gesamtgebiet des Verkehrswesens in volkswirtschaft
licher Hinsicht nach allen Seiten, die es der Betrachtung dar
bietet, wissenschaftlicher Untersuchung zu unterziehen. Es war
die erste vollständige, systematische Behandlung des Gegen
standes in der volkswirtschaftlichen Literatur, füllte also eine
J~ücke aus, was allseitig anerkannt wurde. Das vorliegende Buch
ist eine Neubearbeitung des bezeichneten, die in den Entwick
lungen, welche inzwischen vor sich gegangen sind, ihre Begründung
findet.
Kaum ein Lebensgebiet ist in dem verflosseneu Menschen
alter von den Fortschritten der Technik in gleich tiefgreifepder
Weise berührt worden wie das Verkehrswesen. Zunächst hat sich
dies in einer wesentlichen Vervollkommnung der bestehenden
Verkehrsmittel geäußert, verbuIiden mit Ausblicken auf weitere
Umgestaltungen, wie solche insbesondere die Elektrotechnik für
das Eisenbahnwesen eröffnet hat. Gleichzeitig sind neue Verkehrs
mittel geschaffen worden, welche frühere Epochen mit den ihnen
verfügbaren technischen Mitteln nicht ins Werk zu setzen ver
mochten oder welche in dem Vorstellungskreise unserer Vorfahren
überhaupt nicht enthalten sein konnten. Wir sind Zeugen der
Ausbildung neuer Verkehrsmittel geworden, die uns geradezu als
technische Wunderwerke Staunen abnötigen, solange die Gewöh
nung an ihre Realität nicht ihre abstumpfende Wirkung geübt
hat. Im Fahrrad ist die ideale V ~rrichtung gefunden, welche die
schnelle Eigenbewegung des Menschen auf der Landstraße ermög
licht. Die Anwendung der mechanischen Triebkraft bei Straßen
fahrzeugen ist durch die Elektrotechnik und die Explosionsmotoren
VI Vorrede.
in vollkommener Weise zur Durchführung gelangt. Die Erfindung
des Fernsprechers hat eine Umwälzung im Nachrichten- 'und Mit
teilungsverkehre mit sich gebracht und in jüngster Zeit sind durch
die ~entechnik die Telegraphie und Telephonie ohne Draht zur
Wirklichkeit geworden. Die Elektrotechnik hat überdies die be
wegende Kraft selbst .zum Gegenstande der Beförderung gemacht
und damit das Wirtschaftsleben um eine neue Einrichtung von
großer Tragweite bereichert. Endlich ist das Flugproblem gelöst
worden, und zwar in einer Weise, die, wenngleich die Vollendung
noch nicht erreicht ist, doch die Bürgschaft fortschreitender An
näherung an diese bietet. Alle diese technischen Großtaten fallen
in die verhältnismäßig so kurze Spanne Zeit und sind so schnell
in unsere Lebensführung eingedrungen, daß wir fast Mühe haben,
uns der Zeit und der Zustände zu entsinnen, da man sie nicht kannte.
Diese Errungenschaften der modernen Technik erheischen ihre
ökonomische Würdigung.
Hiermit fällt die großartige Entfaltung der Verkehrsmittel in
territorialer Hinsicht, ihre Ausbreitung und Vervielfältigung in
allen .Länd~rn zusammen: in solchen alter wie junger Kultur und
in den Kolonialgebieten, in Wechselwirkung mit der, gewaltigen
Entwicklung der Volks- und Staatswirtschaft. Der Aufschwung
des gesamten wirtschaftlichen und sozialen Lebens, welcher hierin
sich vollzog, ist jedermann bekannt und hat in dem landläufig
gewordenen Worte vom "Zeitalter des Verkehrs" Ausdruck ge
funden.
Daß nach der Seite des SFüffes hin für eine Neubearbeitung
ein Bedürfnis längst vorhanden war, wird somit keinem Zweifel
unterliegen.
Es kann sich folglich nur darum handeln, ob auch auf Seite
der Theorie ein Anlaß hierzu zu erkennen war. Der Verfasser
glaubt dies annehmen zu sollen. In den letzten Jahrzehnten hat
die Wissenschaft der Nationalökonomie erhebliche Fortschritte ge
macht, welche die Eignung der Theorie als Mittel zur Bewältigung
der Erscheinungen in uns~rem Geiste ganz bedeutend gehoben
haben. Es sind also wohl die Voraussetzungen für eine systemati
sche Neubearbeitung des Gebietes nach dem gegenwärtigen Slande
der Dinge als gegeben anzusehen, die aber allerdings, wenn sie
Vorrede. VII
wirklich einem Bedürfnisse entsprechen soll, auch ein verhältnis
mäßig höheres Maß wissenschaftlicher Ergebnisse aufweisen muß.
Die Erfolge der wissenschaftlichen Durchdringung des Stoffes
sind auch" auf vorliegendem Gebiete nicht ausgeblieben. Den
Zustand der Literatur des Verkehrswesens, wie er vordem best~nd,
ha.t der Verfasser seinerzeit gekennzeichnet. "An Beobachtungen,
Erklärungsversuchen, kritischer Beleuchtung der einschlägigen ein
zelnen Erscheinungen und ganzer Gruppen derselben hat es nicht
gefehlt. Im Gegenteil: die monographische Literatur über dieses
Gebiet ist eine äußerst reichhaltige. Aber es war meist immer nur
die einzelne Erscheinung, die man ins Auge faßte: der allseitige
kausale und reziproke Zusammenhang der bezüglichen Phäno
mene hat bisher keine genügende Darstellung gefunden . . . .
Das ist ja gerade das Unbefriedigende an der Literatur des Verkehrs
wesens, daß sie trotz zahlreicher, mitunter ganz ausgezeichneter
Arbeiten über die einzelnen Verkehrsmittel und über eine bedeutende
Zahl spezieller ,Fragen' so viel Schwankendes, so viel Kontro
versen und - geradezu gesagt - so viel Wust enthält. Es erklärt
sich dieses damit, daß man eben immer nach dem Besonderen
fragte und das Allgemeine vernachlässigte, und daher stammt es
zum Teile auch, daß Gesetzgebung und öffentliche Meinung in
dieser Hinsicht jenes festen Haltes entbehren, den ihnen die Theorie
der Volkswirtschaft auf anderen Gebieten gewährt und daß sich
ein flacher Dilettantismus hier in einem Grade geltend macht
wie kaum anderswo." Das trifft für die Gegenwart längst nicht
mehr zu. Vielmehr zeigen die verschiedenen volkswirtschaftlichen
Schriften, welche in den vier" Dezennien aufeinander folgend das
Ganze oder Teilgebiete des Verkehrswesens behandelt haben, eine
zunehmende Übereinstimmung in den wesentlichsten Punkten und
das gleiche ist bei den Maßnahmen der Regierungen der Fall.
Unter den obwaltenden Umständen erscheint es nicht mehr als
unerreichbares Ziel, diesen wissenschaftlichen Entwicklungsgang in
einer Neubearbeitung des Werkes vollends zum Abschluß ~u bringen,
soweit in der Wissenschaft überhaupt von einem Abschluß die
Rede sein kann. Ob eine Annäherung hieran in den Ergebnissen
des Buches festzustellen ist, werden die Leser beurteilen. Die
Befriedigung, die eine zustimmende Entscheidung dem Verfasser
VIII Vorrede.
bereiten müßte, wird man ihm zugute halten, da er ja nicht ver
kennen kann, daß es lediglich eine Gunst des Schicksals ist, die
ihm gestattet, den Ausbau des Werkes, dessen Grund er gelegt,
dank der inzwischen auch von anderer Seite dem Baue zugewen
deten Arbeit, zu erleben.
Der angewachsene Stoff konnte in dem äußeren Rahmen der
ersten Auflage nicht Platz finden: eine Erweiterung des Umfanges
des Buches war unvermeidlich. Immerhin wurde das Bemühen
darauf gerichtet, sie, soweit möglich, in den engsten Grenzen zu
halten.
Die gereifte theoretische Einsicht schöpft aus der Fülle der
Erscheinungen zunächst eine Summe von allgemeinen, das Ge
samtgebiet betreffenden Erkenntnissen,' die füglieh den~ Namen
einer aUge meinen Verkehrslehre verdient. Diese Lehrsätze
sind, im ersten Bande vereint, als Grundlage vorangestellt. An
sie schließt sich die Erörterung der einzelnen Verkehrsmittel in
der Reihenfolge der ersten Auflage. Hiervon sind im zweiten
Bande die Land- und Wasserstraßen nebst Schiffahrt und Fuhr
werk, ferner Post, Telegraph und Telephon behandelt. Der Druck
dieses Bandes ist weit vorgeschritten. Den Eisenbahnen ist aus
äußeren Gründen der dritte Band vorbehalten. Dieser ist zur
Zeit noch nicht vollendet, doch wurde durch Heranziehung einer
jüngeren Kraft zur Mitarbeit Sorge dafür getragen, daß sein Er
scheinen gegen alle Zwischenfälle des menschlichen Lebens binnen
angemessener Frist gesichert seL
Am Tage der Feier .des 5(fjährigen Doktorjubiläums.
EmU Sax.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Einleitung ...................... . 1-12
Gegenstand der Untersuchung 1. - Umfang der Unter.
suchung 3. - Gliederung der Darstellung 10.
Erster Abschnitt.
Die lflrtsehaftUche Bedeutung und Eigenart der Verkehrs
mittel im allgemeinen.
1. Die wirtschaftliche Entwicklung unter dem Einfluß
der Verkehrsmittel und ihrer Vervollkommnung 13-51
Doppelrolle des Verkehres im Güter· und sozialen Leben
auf wirtschaftlicher Grundlage 13. - Die Vervollkomm.
nung der Verkehrsmittel, ihre Richtung und ihr Maß 16.
- Unmittelbare wirtschaftliche Wirkungen. Erweiterung
der .Absatzfähigkeit der Güter 18. - Wirkungen auf die
Güterpreise 22. - Die Preisausgleichung insbesondere 25.
- Preiserniedrigung für Verbrauchsplätze 26. - Verhält·
nis zwischen den Beförderungskosten und den Tausch·
werten der Güter 28. - Einwirkungen auf die Produk·
tion 31. - Einwirkung auf die innere Beschaffenheit der
Produktionsunternehmungen 34. - Insbesondere die
Bodenproduktion 34. - Die Stoffverarbeitung 39. -
Übergang von der örtlichen zur Weltwirtschaft 40. -
Einflüsse der elektrischen Kraftleitung auf die Produk·
tion 41. - Wirkungen der Verkehrsvervollkommnung auf
die Gestaltung des Handels 43. - Einfluß auf .Arbeits·
lohn, Kapitalzins und Grundrente 46. - Die Beein·
flussung der verschiedenen Lebensgebiete durch das ver·
vollkommnete Verkehrswesen und die hieraus entsprin.
genden Rückwirkungen auf die Wirtschaft 49.
2. Wirtschaftliche Charakteristik der Verkehrsmittel 52-112
Die technischen Elemente der Verkehrsmittel in ihren
gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen 52. - In der
Vervollkommnung der Verkehrsmittel sieh vollziehende
Verschiebung der Wirtschaftsfaktoren 57. - Der kapi.
talistische Charakter der modernen Verkehrsmittel 61. -
Intensitätsgesetz des Verkehres 64. - Das Integrations.
gesetz des Verkehres 67. - Das Richtungsgesetz dea
Verkehres 70. - Kostengesetz des Verkehres 76.
Folgerungen aus der Kostengestaltung, betreffend die
x Inhaltsverzeichnis.
Ökonomie der Anlagen und des Betriebes 86. - Das
Preisgesetz des Verkehres 90. - Die Preisgestaltuilg
nach den Gesichtspunkten der Betriebsökonomie 97.
Zweiter Abschnitt.
Die Verkehrsmittel ais Objekte der Gemeinwirtschaft.
1. Begründung der Gemeinwirtschaft im Verkehrs-
wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 113-155
Allgemeine Kennzeichnung der Staatswirtschaft 113. -
Einbeziehung der Verkehrsmittel in die Gemeinwirt
schaft 120. - Die für die Gemeinwirtschaft maßgebenden
Gesichtspunkte: 1. Das Monopol als Bedingung der Wirt
schaftlichkeit 124. - 2. Regelung der monopolistischen
PreissteIlung im Vergleich mit der Preisbildung unter
Konkurrenz 129. - 3. Notwendigkeit allseitiger Ent
faltung der Verkehrsmittel trotz mangelnden privatwirt
schaftlichen Ertrages 133. - 4. Organisation als Be
dingung der Vollkommenheit 138. - 5. Tatsächliches
Versagen der Privatwirtschaft 142. - Die Tatsachen der
Wirtschaftsgeschichte 144. - Gemeinwirtschaftliehe Preis
bildung 146.
2. Die Verwaltung der Verkehrsmittel. . . . . . . . . 156-184
Übersicht der einschlägigen Maßregeln nach den leitenden
Gesichtspunkten 156. - Abstufung der Gemeinwirt
schaftsorgane entsprechend der Abstufung der Verkehrs-
bedeutung verschiedener Verkehrsmittel 159. - Die
Finanzprinzipien der Verwaltung 162. - Öffentliche
Unternehmung, öffentliche Anstalt, öffentliches Gebrauchs-
gut 172. - Unmittelbare und übertragene (eigene und
delegierte) Verwaltung 176. - Das Konzessionswesen 180.
Anhang.
1. Die Gemeinwirtschaft in der Wasser-, Gas- und
Elektrizitätsversorgung . . . . . . . . . . . . . . 185-193
Übereinstimmung der wirtschaftlichen Grundzüge 185. -
Konzessionierte Unternehmungen 186. - Insbesondere die
elektrische Kraftleitung 188.
2. Der Luftverkehr .................. 194-i98
Voraussichtliche Verkehrsbedeutung und Notwendigkeit
des Staatsvorbehaltes 194.