Table Of ContentkroYw e~NdneiWregnirpS
Schlick-Studien
herausgegeben von
Friedrich Stadler (Wien)
und Hans Ju¨rgen Wendel (Rostock)
Band 1
Stationen.
Dem Philosophen und Physiker
Moritz Schlick
zum 125. Geburtstag
herausgegeben von
Friedrich Stadler (Wien)
und Hans Ju¨rgen Wendel (Rostock)
unter Mitarbeit von Edwin Glassner (Wien)
mit Beitr¨agen von
Fynn Ole Engler
Massimo Ferrari
Tobias Fox
Edwin Glassner
Bj¨orn Henning
Mathias Iven
Steffen Kluck
Renate Lotz-Rimbach
Thomas Oberdan
Friedrich Stadler (Universit¨at Wien)
Hans Ju¨rgen Wendel (Universit¨at Rostock)
GedrucktmitUnterstu¨tzungdesFondszurF¨orderungderwissenschaftlichenForschung,
Wien.
DasWerkisturheberrechtlichgeschu¨tzt.
Die dadurch begru¨ndeten Rechte, insbesondere der U¨bersetzung, des Nachdruckes, der
Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem
oder¨ahnlichemWegeundderSpeicherunginDatenverarbeitungsanlagen,bleiben,auch
nurbeiauszugsweiserVerwertung,vorbehalten.
(cid:2)c 2009Springer-Verlag/Wien
PrintedinGermany
SpringerWienNewYorkisteinUnternehmenvon
SpringerScience+BusinessMedia
springer.at
DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indie-
sem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass
solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu
betrachtenw¨arenunddahervonjedermannbenutztwerdendu¨rften.
Produkthaftung: S¨amtliche Angaben in diesem Fachbuch/wissenschaftlichen Werk er-
folgen trotz sorgf¨altiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gew¨ahr. Eine Haftung der
Herausgeber,derAutorenoderdesVerlagesausdemInhaltdesWerkesistausgeschlos-
sen.
SatzundLATEX-Programmierung:ChristianDamb¨ock,Wien
DruckundBindung:StraussGmbH,M¨orlenbach,Deutschland
Der Schutzumschlag wurde basierend auf einem Entwurf von Ru¨diger Fuchs (Rostock)
vomVerlaggestaltet.
Gedrucktaufs¨aurefreiem,chlorfreigebleichtemPapier–TCF
SPIN12031351
BibliografischeInformationDerDeutschenNationalbibliothek
DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinder
DeutschenNationalbibliographie;detailliertebibliografischeDatensindimInternet
u¨berhttp://dnb.d-nb.deabrufbar.
ISBN 978-3-211-71580-2
Inhalt
Vorwort 7
Biographie
Massimo Ferrari (Turin)
1922: Moritz Schlick in Wien 17
Mathias Iven (Rostock/Wien)
Wittgenstein und Schlick. Zur Geschichte eines Diktats 63
Renate Lotz-Rimbach (Wien)
Mord verj¨ahrt nicht: Psychogramm eines politischen Mordes 81
Werk/Wirkung
Fynn Ole Engler (Rostock)
U¨ber das erkenntnistheoretische Raumproblem bei Moritz
Schlick, Wilhelm Wundt und Albert Einstein 107
Edwin Glassner (Wien)
Was heißt Koinzidenz bei Schlick? 146
Bj¨orn Henning (Rostock)
Der P¨adagoge Schlick 167
Thomas Oberdan (Clemson)
Geometry, Convention, and the Relativized Apriori:
The Schlick–Reichenbach Correspondence 186
Tobias Fox (Wien)
Die letzte Gesetzlichkeit – Schlicks Kommentare zur
Quantenphysik 212
Steffen Kluck (Rostock)
Moritz Schlick, Gu¨nther Jacoby und das
Wirklichkeitsproblem 259
Archiv
Fynn Ole Engler (Rostock)
Moritz Schlicks Beitrag zum Einstein-Wettbewerb des
Scientific American 281
Namenregister 293
Vorwort
DieSchlick-ForschunghateinneuesForum.MitdemerstenBandder
Schlick-Studien wirdeinEinblickinunterschiedlicheAspektederak-
tuellenDebattengegeben.DiesewerdenseiteinigenJahrenverst¨arkt
gefu¨hrt. Ein Ausgangspunkt dafu¨r war der Beginn der Arbeit an
der kritischen Edition der Schriften Moritz Schlicks im Jahre 2002.
In enger Kooperation wird seitdem unter Beteiligung von Forschern
aus Deutschland und O¨sterreich an der Moritz Schlick Gesamtaus-
gabe gearbeitet. Die einzelnen B¨ande der Ausgabe entstehen an der
Moritz-Schlick-Forschungsstelle der Universit¨at Rostock, an der For-
schungsstelle und Dokumentationszentrum fu¨r O¨sterreichische Phi-
losophie in Graz und am Institut Wiener Kreis in Wien.
Der vorliegende Band der die Edition begleitenden Schlick-Stu-
dien wirdausAnlassdes125.GeburtstagesvonMoritzSchlickver¨of-
fentlicht. Am 14. April 1882 in Berlin geboren, fu¨hrte sein Weg u¨ber
Zu¨rich, Rostock und Kiel schließlich nach Wien. Im Verlauf seiner
1911 in Rostock begonnenen akademischen Karriere schuf er fu¨r das
Denken im 20. Jahrhundert einflussreiche Werke, wie die Allgemeine
Erkenntnislehre (1918), Raum und Zeit in der gegenw¨artigen Phy-
sik (1917) und Fragen der Ethik (1930). Als Begru¨nder des Wiener
Kreises des logischen Empirismus wirkte er u¨ber die Grenzen Euro-
pas hinaus. Auf dem H¨ohepunkt seines Schaffens wurde er am 22.
Juni 1936 in Wien ermordet.
Einzelnen Stationen seines intellektuellen Lebens folgend wid-
men sich die Autoren in den Rubriken dieses Bandes Schlicks Bio-
graphie, seinem Werk und dessen Wirkung. Auch ku¨nftige B¨ande
der Schlick-Studien werden einen thematischen Schwerpunkt haben.
DanebensindunterderRubrik Archiv“ Aufs¨atzezusammengefasst,
”
7
Vorwort
die sich vor allem mit dem Nachlass besch¨aftigen. Rezensionen und
Konferenzberichte werden die B¨ande erg¨anzen.
DervorliegendeBandbeginntunterderRubrik Biographie“ mit
”
demBeitragvonMassimo Ferrari 1922:MoritzSchlickinWien“,in
”
dem ein U¨berblick u¨ber die ersten Schritte Schlicks in Wien gegeben
wird und die akademischen Hintergru¨nde seiner Berufung im Jahre
1922 erl¨autert werden. Besondere Aufmerksamkeit wird auf die erste
Vorlesung zur Naturphilosophie im Wintersemester 1922/1923 ge-
richtet, in der Schlick sich h¨ochstwahrscheinlich auf die vorangehen-
den Rostocker Vorlesungen zum selben Thema stu¨tzt und zugleich
den Inhalt seines sp¨ateren Beitrags u¨ber die Naturphilosophie fu¨r
das von Max Dessoir herausgegebene Lehrbuch (1925) umreißt. In
diesem Zusammenhang ist aber auch die Vorrede zur Wiener Vorle-
sung zu beru¨cksichtigen, die ein Stu¨ck intellektueller Autobiographie
enth¨alt und auf die Frage nach der Methode des Philosophierens“
”
eingeht. Daraus wird auch ersichtlich, dass Schlick das Problem der
Wiener philosophischen Tradition im Vergleich mit der deutschen
Kultur vor Augen hatte – ein Problem, das in dem abschließen-
den Teil dieses Aufsatzes auch in Bezug auf einige Stellungnahmen
Schlicks gegenu¨ber prominenten Vertretern des Wiener akademisch-
kulturwissenschaftlichenLebens(Mach,Jerusalem,Popper-Lynkeus,
Reininger) behandelt wird. Es geht dabei nicht nur um einen be-
stimmten Aspekt von Schlicks philosophischer Leistung in Wien,
sondern zugleich um eine historische Perspektive u¨ber die Entste-
hung des Wiener Kreises oder, besser gesagt, hinsichtlich der Frage
nach Kontinuit¨at und Diskontinuit¨at in der Geschichte des logischen
Empirismus.
Mathias Iven beleuchtet in seinem Aufsatz Wittgenstein und
”
Schlick. Zur Geschichte eines Diktats“ die Entstehung eines Diktats,
das im Nachlass von Wittgenstein unter der Nummer D 302 ver-
zeichnete, sogenannten Diktat fu¨r Schlick. Gestu¨tzt auf Dokumente
aus dem Schlick-Nachlass, insbesondere auf die fu¨r eine ¨offentliche
Nutzung bisher gesperrte Privatkorrespondenz, wird in dem Artikel
ausgehend vom bisherigen Forschungsstand einerseits gezeigt, dass
8
Vorwort
die Urschrift dieses Diktats von Schlick selbst stammt, und ande-
rerseits, dass sie das Ergebnis eines Treffens von Wittgenstein und
Schlick im September 1933 ist.
Renate Lotz-Rimbach verortet in ihrem Beitrag Mord verj¨ahrt
”
nicht: Psychogramm eines politischen Mordes“ das t¨odliche Atten-
tat auf Moritz Schlick durch Johann Nelb¨ock im Hauptgeb¨aude der
Universit¨at Wien in seinem politischen Umfeld. Die Entwicklung in
O¨sterreich von Nachkriegskonsolidierung zur Zeit von Schlicks Beru-
fung nach Wien u¨ber Demokratisierung der politischen und univer-
sit¨aren Institutionen bis hin zum autorit¨aren nationalistischen Kli-
ma,dassichauchanderUniversit¨atinden30erJahrenverst¨arktaus-
breitete, bietet die Folie fu¨r eine umfassende Bestandsaufnahme der
Gru¨nde, die zum Mord an Moritz Schlick beitrugen. Unter Einbezie-
hungvonArchivmaterialwirdpsychologischnachvollziehbar,warum
Nelb¨ock schon lange vor seiner Tat Drohungen an Schlick gerichtet
hatte und aufgrund seiner Herkunft und Ausrichtung schließlich ani-
moser Exekutor in einem Netz einschl¨agiger politischer Intrigen wer-
den konnte. Eine Zusammenschau u¨ber die fragwu¨rdige Abwicklung
desMordprozesses,indemu¨berNelb¨ockgerichtetwurde,rundetden
Beitrag ab.
Die dem Werk Schlicks und dessen Wirkung gewidmeten Texte
diesesBandesbeginnenmitdemAufsatzvonFynnOleEngler U¨ber
”
das erkenntnistheoretische Raumproblem bei Moritz Schlick, Wil-
helmWundtundAlbertEinstein“.Darinwerdenzweifru¨heSchriften
Schlicks, die sich im Nachlass befinden, diskutiert. Schlick hat diese
w¨ahrend seiner Zeit in Zu¨rich verfasst, wo er von Herbst 1907 an
zwei Jahre lang vor allem mit psychologischen Studien besch¨aftigt
war. Die behandelten Texte befassen sich mit der Entstehung der
Raumanschauung und dem mathematischen Raumbegriff. Schlick
setzt sich hierin u.a. kritisch mit dem Psychologen und Philoso-
phen Wilhelm Wundt auseinander. Es wird gezeigt, dass das von
Schlick sp¨ater in seinem Hauptwerk, derAllgemeinen Erkenntnisleh-
re,ausfu¨hrlichbehandelteKonzeptderraum-zeitlichenKoinzidenzen
in der Diskussion mit den Arbeiten Wundts eine seiner wesentlichen
9
Vorwort
Quellenbesitzt.U¨berdieswirdanhandvonNachlassstu¨ckensowieei-
nerDiskussionzumVerh¨altniszwischenderAllgemeinenErkenntnis-
lehre und Schlicks bedeutender Schrift zur Relativit¨atstheorie Raum
und Zeit in der gegenw¨artigen Physik dafu¨r argumentiert, dass Al-
bert Einstein kurz nach der Fertigstellung seiner Allgemeinen Re-
lativit¨atstheorie das Konzept der raum-zeitlichen Koinzidenzen als
ad¨aquate philosophische Interpretation seiner Theorie von Schlick
u¨bernimmt.
Edwin Glassner vertritt in seinem Beitrag Was heißt Koinzi-
”
denz bei Schlick?“ die These, dass Schlick von Einstein den Begriff
derKoinzidenzu¨bernimmt.Dabeistellterheraus,dassdieserBegriff
im Werk von Schlick zwei verschiedene Rollen spielt. Einerseits ist
die Koinzidenz die von der Relativit¨atstheorie geforderte objektive
Basis, die sich der Relativierung entzieht, indem sie nach beliebigen
Transformationenerhaltenbleibt.DieseObjektivit¨atderKoinzidenz
ist einerseits durch ihre analytische Unverru¨ckbarkeit gegeben, mit-
hin im Gegensatz zur Perspektivit¨at von unterschiedlichen Koordi-
natensystemen (und nicht etwa im Gegensatz zu Subjektivit¨at) zu
erkl¨aren.AndererseitsistdiepostulierteObjektivit¨atderKoinzidenz
auch im epistemologischen Rahmen zu verstehen (und von Einstein
schon so angelegt), weil ohne ihre Gegenst¨andlichkeit als Beobacht-
barkeit keine pr¨azisen Aussagen u¨ber die Außenwelt m¨oglich w¨aren.
So ist die Koinzidenz auch ein quasi-subjektives psychologisches Ele-
mentarerlebnis, das keiner weiteren logischen Analyse bedarf.
Bj¨orn Henning stellt mit seinem Artikel Der P¨adagoge Moritz
”
Schlick“ ein bisher in der Literatur nur wenig beachtetes Detail im
intellektuellen Werdegang Schlicks heraus: seine Besch¨aftigung mit
derP¨adagogik.SohatSchlicknachdemEndedesErstenWeltkrieges
zwei P¨adagogikveranstaltungen an der Universit¨at Rostock angebo-
ten. Außerdem gru¨ndete er zusammen mit Dozenten und Studenten
im Fru¨hjahr 1919 die Vereinigung fortschrittlich gesinnter Akade-
miker, deren Zielsetzung die Umgestaltung des Unterrichts an den
deutschen Hochschulen in eine der neuen Zeit entsprechende Form
10