Table Of ContentKurt Goldammer
Religionen,
Religion und christliche
Offenbarung
Ein forschungsbericht zur
Religionswissenschaft
759
Herstellungs-Archiv
Autor: Kurt Goldammer
Titel: Religionen, Religion und
christliche Offenbarung
Reihe: Referate aus der DVjs
Auflage: 1. Auflage 1965
Hon.A. 1.500, Druck-A. 1.600
Druck: H. Laupp jr, Tübingen
Ersch.Termin: 29.4.1965
Umfang: VIII, 147 Seiten = 9 3/4 Bogen
Papier: m. f. h'frei weiß Offset, 90 g,
64 x 96 cm, von FLINSCH
Format: 15,5 x 23 cm
Typographie:) wie DVjs
Satzspiegel:)
Buchbinder: H. Laupp jr, Tübingen
Herstellungskosten: pro Ex. DM 2,75
Ladenpreis: DM 11,80
RELIGIONEN, RELIGION UND CHRISTLICHE
OFFENBARUNG
KURT GOLDAMMER
Religionen,
Religion und christliche
Offenbarung
EIN FORSCHUNGSBERICHT
ZUR RELIGIONSWISSENSCHAFT
MCMLXV
].B.METZLERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
STUTTGART
Sonderdruck aus
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft
und Geistesgeschichte
Jahrgang 34/1960 Heft 3, Jahrgang 37/1963 Heft 4 und
Jahrgang 38/1964 Heft I
ISBN 978-3-476-99023-5 ISBN 978-3-476-99022-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-476-99022-8
© 1965 Springer-Verlag GmbH Deutschland
Ursprünglich erschienen 1965 bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung
und earl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart
INHALT
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
A. Die Religionsgeschichte
I. Gesamtdarstellungen . . . . . . 4
11. Urreligion und primitive Religion. 9
III. Inner- und Ostasien, Indien . 15
IV. Alter Orient und Mittelmeer . 24
V. Judentum und Islam 35
VI. Alteuropa .... 41
VII. Zusammenfassung . 46
B. Phänomenologie und Systematik . . . . . . . . . .
I. Gesamtdarstellungen, Methodologie, Allgemeines
II. Das Gottesproblem und die Offenbarungsfrage .
III. Die Gottesbeziehung und der Gottesumgang (Kult)
IV. Das Mythische und das Symbolische ...... .
V. Gestaltetes Bild und Zeichen. Die Aussage der Kunst
VI. Religiöse Anthropologie, Ethik und Soziologie . .
VII. Religionspsychologie und Religionsphilosophisches
VIII. Mystik und Sehertum
IX. Zusammenfassung ......... .
C. Anhang: Neue Werke zur Religionsgeschichte II1
I. Religionen der Naturvölker. . . . . II1
II. Ostasien und Indien. . . . . . . . . . II5
III. Der Alte Orient und das Mittelmeer . . . 117
IV. Judentum und nachchristlicher Vorderer Orient. 126
V. Die frühen Kulturreligionen . . . . . . . . . 134
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
v
VORBEMERKUNG
Es ist dankenswert, daß im Rahmen der »Deutschen Vierteljahrsschrift für
Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte« einem verhältnismäßig jungen und
auf deutschem Boden institutionell wenig etablierten Wissenschaftszweig das Wort
zu einem Literatur-und Forschungsbericht erteilt wurde, der gleichzeitig eine Art
von Rechenschaftsbericht und Besinnung sein soll. Sachlich ist dies durch die häu
fig recht enge Berührung des Gegenstandes dieser Wissenschaft mit dem Aufgaben
bereich der Zeitschrift und ihrer Beihefte zweifellos gerechtfertigt. Die entspre
chenden Interessen wurden auch im Auge behalten. Nach der methodischen Seite
hin sind Probleme aufgezeigt worden, die über ihren fachlichen Hintergrund hin
aus deshalb von Allgemeininteresse sein mögen, weil sie heute im Grunde Pro
bleme aller historischen, sprachlichen, kultur- und sozialwissenschaftlichen Dis
ziplinen sind, die nur in der Religionswissenschaft schon seit längerem besonders
umfassend und klar heraustreten. Es geht ja immer um das Sammeln, Auswählen
und Ordnen von Stoff, den die Geschichte hervorgebracht hat, um seine Interpre
tation, gedankliche Durchdringung und Systematisierung, um die Integration von
wissenschaftlichen Leistungen Dritter, ja ganzer anderer Wissenschaftsbereiche,
und um die hier möglicherweise zu steckenden Grenzen.
Die Aufnahme der behandelten Bücher beruht teilweise auf Zufälligkeiten (ein
gegangene Besprechungsexemplare), teilweise auf absichtsvoller Auswahl, teil
weise auf Berührungen des Berichterstatters mit einzelnen Werken, die ihm wich
tig erschienen. Sie ist weder erschöpfend noch ein Wertmaßstab, aber vermutlich
charakteristisch und repräsentativ für die aktuellen Fragen. Beschränkungen waren
von vornherein durch den verfügbaren Raum einerseits, durch die große Weite des
Gebietes andererseits auferlegt. Eine auch nur annähernde Vollständigkeit unter
angemessener Berücksichtigung alles Wichtigen hätte zu einer Bibliographie ge
führt. In die Religionswissenschaft reicht unendlich vieles hinein, und um den
Kern der thematisch darauf spezialisierten Werke legt sich eine Peripherie, die oft
nicht weniger wichtig ist. Es ist zu hoffen, daß dennoch das Symptomatische und
Exemplarische erreicht wurde. Grundsätzlich wurde auf die Behandlung von Zeit
schriften und Bibliographien verzichtet. Bedacht möge schließlich werden, daß
das Manuskript des Abschnittes A bereits im Jahre 1959/60, das der Abschnitte B
und C im Frühjahr 1963 im wesentlichen abgeschlossen wurde.
Zu den methodologischen Grundfragen möchte der Verfasser jetzt auf einen
eigenen im Druck befindlichen Vortrag unter dem Titel »Erfahrung und Denken
im Gegenstand und in der Methode der Religionswissenschaft« hinweisen, der in
den »Mainzer Universitäts gesprächen - Sommersemester 1963« erscheinen wird.
VII
Der Verfasser ist den Herren Herausgebern der »Deutschen Vierteljahrsschrift«,
Richard Brinkmann, Hugo Kuhn und Friedrich Sengle, für die von ihnen ausge
gangene Anregung zu diesem Bericht aufrichtigen Dank schuldig. Ebenso möchte
er Herrn Lothar Köhn vom Deutschen Seminar der Universität Tübingen für die
überaus sorgfältige Mitüberwachung der Korrekturen und nicht zuletzt dem Ver
lag für die gewissenhafte Durchführung von Satz und Druck sowie für die uner
müdliche Hilfe bei der Bereitstellung von Besprechungsexemplaren danken. Um
die Herstellung des Registers hat sich Herr stud. theol. H. J. Kasten, Marburg,
verdient gemacht.
Marburg an der Lahn, Januar 1965 K.G.
VIII
A. Die Religi ol1sgescbicbte
Die wissenschaftliche Erforschung der Religion - eng benachbart und sogar ver
schwistert mit der Theologie, von ihr aber als durchaus selbständige Individualität
wohl zu unterscheiden - ist ein Kind der Aufklärung und der Romantik. Beider
Größe und Schwäche trägt sie mit sich. In Deutschland ist sie nie sehr populär
geworden. Die Aufklärung hat ihr gewisse philosophisch-systematische Züge mit
gegeben; von der Romantik erbte sie neben der Betonung des Einfühlungsver
mögens ihre historische und sprachwissenschaftliche Seite. Eine harmonische Ver
bindung aller dieser Elemente ist selten geglückt. Diejenige Fachrichtung, die das
anstrebte, die Religionsphänomenologie, ist außerhalb Deutschlands entstanden
und zur Blüte gekommen: in Holland.
Wenn die sogenannte allgemeine Religionswissenschaft bis zum heutigen Tage
in Deutschland »offiziell« nur wenig Fuß gefaßt hat, was sich u.a. in ihrer schwa
chen Vertretung an den Universitäten ausdrückt, so mag das zum Teil seinen
Grund in einer Abneigung der Theologen haben, die zu diesem Forschungsgebiet und
zu seinem Lehrgegenstand nur selten ein enges Verhältnis fanden, obwohl sie seine
nächsten Nachbarn im Kosmos der Wissenschaften sind. Sie ist kein Hauptfach
der Theologie geworden. Als selbständiges Lehrfach aber entbehrt sie des Hinter
grundes einer praktischen beruflichen Anwendung. So wurde sie auch in den
philosophischen Fakultäten nicht heimisch. Man hat sich auf allen Seiten, beson
ders aber bei den Theologen, gern den (einseitigen und übertreibenden, weil im
Grunde jedes wissenschaftliche Großgebiet treffenden, aber doch zweifellos par
tiell berechtigten!) Einwand zu eigen gemacht, der häufig erhoben wurde, daß
Religionsgeschichte oder Religionswissenschaft eigentlich Dilettantismus bleiben
müsse, weil sie kein Mensch übersehen und in allen Einzelheiten halbwegs adäquat
beherrschen könne. Kein geringerer als Adolf von Harnack hat ihn pointiert vor
getragen. Gewiß, es hat vor dem ersten Weltkriege eine einflußreiche religions
geschichtlich arbeitende protestantische Theologenschule gegeben, die aber eben
eine Theologie war, welche die Religionsgeschichte, besonders die der Spätantike,
für ihre historischen Interessen am Alten und Neuen Testament heranzog. Um
wirkliche Religionswissenschaft hat es sich hierbei nicht gehandelt. Ferner gab es
eine religionsphilosophisch und religionspsychologisch gerichtete Theologie. Sie
hat sich nie durchgesetzt. Unter den schweren Schlägen der sogenannten dialekti
schen Theologie nach dem ersten Weltkriege ist sie vollends untergegangen, wie
denn überhaupt diese zunächst in Deutschland zu starkem Einfluß gelangende
theologische Schule alles geschichtlich und erlebnismäßig allgemein »Religiöse«
aus ihrem Interessenkreis ausklammerte und sich auf das geoffenbarte Christliche,
auf das »Evangelium« beschränkte. Eine neue Form des offenbarungsgläubigen
Biblizismus und dogmatischer Lehrhaftigkeit wuchs aus der historisch-kritischen
Schule heraus, umgebildet und in ihrer Haltung beeinflußt durch die Resultate
dieser letztgenannten Theologie. Die Gewissenserforschung und das Selbstgericht,
das die aus ihrer staats kirchlichen Monopol- und Ruhestellung gedrängten evan
gelischen Kirchen in Deutschland halten mußten, führte auch psychologisch zur
Selbstbeschränkung, da die starke soziologische Fundierung des Christentums in
einem positivistisch-freisinnigen und gemäßigt aufklärerischen Bürgertum und
Adel brüchig zu werden begann. Für die bis dahin in diesen Kreisen oft übliche
geruhsame und wohlwollende Betrachtung des allgemein und außerchristlich
Religiösen, das man vielleicht als eine zivilisatorisch-missionarische Aufgabe, ge
legentlich aber mit stillem Vergnügen als Demonstrationsmittel gegen die inneren
Ansprüche des Christentums ansah, fehlten zunehmend das Verständnis und die
Grundlage. Außerdem war zuweilen die Religionsgeschichte in der Polemik des
Marxismus zu einem Argument gegen das Christentum geworden, - im Grunde
aus der gleichen Mentalität heraus, nur mit kämpferischem sozialkritischemAkzent
versehen. Das stärkte nicht die Sympathien für sie. Und dann kam mitten in diese
unfertigen Entwicklungen hinein die Zeit des Kirchenkampfes mit dem National
sozialismus. Die systolische Bewegung innerhalb von Theologie und Kirche ver
stärkte sich, der Zug zur Selbstbesinnung wurde kräftiger. Man sann auf Abwehr
und Angriff. Dazu bedurfte es keiner Religionswissenschaft, die im Gegenteil
gern der Nationalsozialismus für die Festigung seiner eigenen Weltanschauung in
Anspruch zu nehmen versuchte, sondern strenger theologischer Grundlagen.
Im Katholizismus war die Lage nicht viel anders. Hier gab es allerdings keine
dialektische Theologie und keinen so scharfen Bruch im gewohnten Denken wie
in den soziologisch sich stärker umbildenden protestantischen Staatskirchen. Der
Kampf gegen die Religionspolitik des Nationalsozialismus wurde unbefangener
geführt, weil nicht, wie im Protestantismus, Störungen des innerkirchlichen und
theologischen Gefüges aufgetreten waren. Die Betrachtung der vor- und außer
ehristlichen Religionen hatte seit langem zur »Fundamentaltheologie« und ka
tholischen Religionsphilosophie gehört. Nur lagen die Akzente anders; es war
weniger das aufklärerische und romantische Bedürfnis nach Abrundung des Bildes
und nach historischer Wissenserweiterung, sondern das apologetische Interesse
und die Bejahung einer »natürlichen Theologie«, die sich mit den nichtchtist
lichen Religionen auseinandersetzten. Die Horizonte waren von der theologischen
Grundkonzeption her von vornherein weiter gesteckt. Die Berührungen mit dem
Außerchristlichen auf dem Missionsfelde waren älter und stärker als im Prote
stantismus, die Kenntnis des Materials in seiner Vielfalt vielleicht reicher und die
Konzilianz und Toleranz in der Behandlung äußerer Formen womöglich größer.
Man neigte teilweise sogar zur harmonisierenden Integration außerchristlicher
religiöser Werte in das Christentum. Aber das alles war ja wohl auch nicht die
günstigste Vorbedingung für echten wissenschaftlichen Eros zur Sache.
Vor allem wurde und wird z. T. heute noch in allen Formen des Christentums
die zentrale praktische Bedeutung religionsgeschichtlicher Fragen bei den zu er
wartenden religiösen Auseinandersetzungen in einer immer enger zusammen
rückenden Menschheit übersehen. Man hatte wohl nicht damit gerechnet, daß die
Grenzen der Kontinente, Rassen, Völker und Religionen so schnell gesprengt
werden würden, und daß der Hindu oder Buddhist, der Moslem oder Shintoist
so schnell unser Nachbar werden könnte, wie es einst gelegentlich der jüdische
Minderheitsbürger in Europa war. Vor allem sah man nicht, daß in der Praxis des
2