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SchriftenreiheMedizinrecht
Herausgegebenvon
ProfessorDr.AndreasSpickhoff,Regensburg
Christian Dierks · Albrecht Wienke
Wolfgang Eisenmenger
(Herausgeber)
Rechtsfragen der
Präimplantations-
diagnostik
MitBeiträgenvon
ErwinBernat,RainerErlinger,WinfriedKluth,
EberhardSchwinger,HansTinneberg,ChristianeWoopen
123
Prof.Dr.med.Dr.iur.ChristianDierks
RechtsanwälteDierks&Bohle
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10629Berlin
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Dr.iur.AlbrechtWienke
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Prof.Dr.med.WolfgangEisenmenger
InstitutfürRechtsmedizin
Ludwig-Maximilians-Universität
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ISSN 1431-1151
ISBN-10 3-540-45042-4 SpringerBerlinHeidelbergNewYork
ISBN-13 978-3-540-45042-9 SpringerBerlinHeidelbergNewYork
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Vorwort
Auch im Jahr 2004 hat sich die Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht
(DGMR) e.V. einem kontroversen Thema im Schnittpunkt zwischen
Medizin, Ethik und Recht zugewandt: der Präimplantationsdiagnostik bzw.
präimplantationsgenetischen Diagnostik. Die weite Entwicklung der Re-
produktionsmedizin hat Möglichkeiten eröffnet, die zum Zeitpunkt der
Entwicklung des Embryonenschutzgesetzes noch nicht zur Verfügung
standen. Die sich daraus ergebenden Unklarheiten und ihre strafrechtli-
chen Implikationen wurden in einer öffentlichen Debatte im Deutschen
Ärzteblatt ausgiebig diskutiert. Die Bundesregierung plant seit langem eine
Novellierung des Embyonenschutzgesetzes unter Einschluss weiterer re-
produktionsmedizinischer Aspekte. Im Vorfeld dieser legislativen Erwä-
gungen haben sich anerkannte Experten der Reproduktionsmedizin, der
medizinischen Ethik und der Rechtswissenschaft in der niedersächsischen
Stadt Einbeck getroffen, um sich über den aktuellen Stand der Erkenntnis-
se in diesem Bereich zu informieren und die rechtlichen Implikationen zu
analysieren. In bewährter Weise wurden „Einbecker Empfehlungen“ ent-
wickelt, die gemeinsam mit den Referaten des Workshops in diesem Band
veröffentlicht werden. Die DGMR möchte mit diesem Tagungsband und
den Empfehlungen ein Beitrag zum Diskurs um das Fortpflanzungsmedi-
zingesetz leisten. Der sehr weitreichende Vorstoß in den Empfehlungen
stellt hierfür nach Auffassung der Teilnehmer und des Präsidiums der
DGMR einen Regelungsvorschlag dar, der die Interessen der Eltern und
der Gesellschaft mit dem Schutz ungeborenen Lebens in grundrechtskon-
former Weise vereint. Das Präsidium dankt allen Teilnehmern und denje-
nigen, die durch ihre Unterstützung diese Publikation möglich gemacht
haben.
Christan Dierks Berlin, Januar 2006
Inhaltsverzeichnis
Vorwort...........................................................................................V
Zum aktuellen Leistungsstand der In-vitro-Fertilisation............1
Hans-Rudolf Tinneberg
Methodik und Ergebnisse der Präimplantationdiagnostik.........7
Eberhard Schwinger
Substanzontologie versus Funktionsontologie –
Wie bestimmen wir den Beginn und die Ansprüche
schutzwürdigen menschlichen Lebens?......................................17
Christiane Woopen
Pränatale Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik auf
dem Prüfstand des österreichischen Rechts............................25
Erwin Bernat
Strafrechtliche Würdigung der PID: Zum Streitstand...............65
Rainer Erlinger
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der
Präimplantationsdiagnostik........................................................83
Winfried Kluth
Einbecker Empfehlungen zu „Rechtsfragen der
Präimplantationsdiagnostik“....................................................121
Teilnehmerliste Einbeck 2004...................................................127
Zum aktuellen Leistungsstand der
In-vitro-Fertilisation
Hans-Rudolf Tinneberg
I. Einleitung
Einen Leistungsstand beschreiben zu wollen, erfordert, dass Leistung ge-
messen werden kann. Dies ist in der Physik anhand von Formeln geregelt,
in der Medizin ist man jedoch geneigt, Leistung mit Erfolg gleichzusetzen,
Erfolg einer durchgeführten Maßnahme. Indikation für die Durchführung
einer In-vitro-Fertilisation (IVF) ist die ungewollte Kinderlosigkeit; das
Ziel somit, Paaren zu einem oder mehreren Kindern zu verhelfen. Ange-
sichts 1,2 bis 1,6 Millionen unfruchtbarer Frauen in der Bundesrepublik
bzw. 15–20% aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter eine auch unter
sozio-ökonomischen Aspekten wichtige Aufgabe. Betrachtet man weiter-
hin den Umstand, dass im Jahre 2003 in Deutschland ca. 20.000 Kinder
durch assistierte Reproduktionstechnologien (ART) zur Welt gekommen
sind, so entspricht dies ca. 2% aller geborener Kinder.
Um diese Ziele der Fortpflanzungsmedizin zu erreichen, streben Repro-
duktionsmediziner an:
1. Verhinderung von Mehrlingsgeburten,
2. verbesserte Geburtenrate und
3. Übertragung von möglichst wenigen Embryonen.
II. Leistungsstand der Reproduktionsmedizin
Zur selben Zeit im November 2004 wie der Einbecker Workshop der Deut-
schen Gesellschaft für Medizinrecht e.V. fand das XVIII. Treffen der
Deutschen IVF Gruppen in Hannover statt. Auf dieser Tagung wurde das
Deutsche IVF Register (DIR) vom Vorstandsvorsitzenden des DIR Prof.
Felberbaum vorgetragen. Von den unter www.deutsches-ivf-register.de nach-
2 Hans-Rudolf Tinneberg
Abb. 1. Anzahl der IVF Zentren 2003 (aus DIR Jahrbuch 2003 www.deutsches-
ivf-register.de)
Abb. 2. Anzahl der Follikelpunktionen 2003 (aus DIR Jahrbuch 2003 www.deut-
sches-ivf-register.de)
Zum aktuellen Leistungsstand der In-vitro-Fertilisation 3
zulesenden Daten sollen einige stellvertretend an dieser Stelle diskutiert
werden. Abb. 1 zeigt die Entwicklung der Zentrum für die Behandlung
ungewollter Kinderlosigkeit. Im Jahre 2003 fanden sich in der BRD knapp
120 Zentren, entsprechend ca. 1 Zentrum pro 1 Millionen Bürger. Betrach-
tet man anschließend Abb. 2, so zeigt sich parallel zum Anstieg der Zahl
der Zentren eine Zunahme der Follikelpunktionen. Bleibt zu diskutieren, ob
das Ansteigen der Zahl der Zentren und damit die Verfügbarkeit der Me-
thode auch deren Anwendungshäufigkeit bedingt hat oder ob die Anzahl
der Zentrum dem gesteigerten Bedarf gefolgt ist.
Betrachtet man den Verlauf der klinischen Schwangerschaften pro Em-
bryotransfer nach IVF, Intracytoplasmatische Spermieninjection (ICSI) und
nach Kryokonservierung von Eizellen im Vorkernstadium (Pronukleusstadi-
um), so zeigt sich in der Betrachtung seit 1997 der Trend einer leichten Zu-
nahme der Schwangerschaften nach den aufgeführten Maßnahmen (Abb. 3).
Da die Schwangerschaftsrateals zentraler Indikator für den Leistungsstand
der ART anzusehen ist, sei ein detaillierter Blick in die Abhängigkeit von
der Embryonenqualität erlaubt (Tab.1). In dieser Tabelle werden drei ver-
schiedene Parameter untersucht, die prospektiv erhoben wurden, Alter der
Patientin, Anzahl der Embryonen und Qualitätsscore der Embryonen. Frag-
lich ist, ob diese Parameter als voneinander unabhängig zu betrachten sind.
Gerade in Hinblick auf die Diskussion, inwieweit das Alter als limitierender
Faktor einzubeziehen ist, verdient diese Zusammenstellung besondere Be-
achtung. Bezogen auf das Alter der Patientinnen zeigt sich bei >40-jährigen
eine maximale Schwangerschaftsrate/Embryotransfer von 18%, während die
Abb. 3. Klinische Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer bei IVF, ICSI und
nach Kryokonservierung von Eizellen im Vorkernstadium 1997–2003 (aus DIR
Jahrbuch 2003 www.deutsches-ivf-register.de)
4 Hans-Rudolf Tinneberg
Tabelle 1. Klinische Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer in Abhängigkeit
von der Embryonenqualität 2003 (aus DIR Jahrbuch 2003 www.deutsches-ivf-
register.de)
maximale Schwangerschaftsrate von <30-jährigen Frauen mit 35% fast
doppelt so hoch ausfällt. Hinsichtlich der Embryonenqualität ist bei wenigen
nicht ideal geformten Embryonen bei jüngeren wie auch bei älteren Pa-
tientinnen nur mit einer Schwangerschaftsrate von unter 10% zu rechnen,
die eine weitere Durchführung der assistierten Reproduktion nur nach erneu-
ter sehr intensiver Aufklärung vertretbar erscheinen lässt. Letztendlich
spiegelt sich hierin unabhängig vom Alter eine wahrscheinlich multifakto-
riell bedingte Störung der Eizellreifung wider. Abb. 4 zeigt, dass ein nicht
unwesentlicher Faktor für den Erfolg einer IVF Therapie in der Wahl des
Zentrums zu sehen ist. Hier zeigt sich eine enorme Schwankungsbreite der
klinischen Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer zwischen 5 und 46%.
Betrachtet man die Regressionsgerade zur Anzahl der Zyklen, so ist als
Trend zu verzeichnen, dass mit höherer Anzahl an Zyklen auch eine höhere
Erfolgsaussicht verbunden ist. Bei der Einzellanalyse zeigt sich jedoch auch,
dass das Zentrum mit den häufigsten Behandlungen (ca. 3300) im Mittelfeld
der Schwangerschaftsraten von ca. 27% liegt.
Nach dieser exemplarischen Darstellung einiger weniger medizinischer
Fakten, welche den Leistungsstand der Reproduktionsmedizin in Deutsch-
land bestimmen, sei gestattet, eine gesetzliche Regelung anzusprechen, die