Table Of ContentC. Hamann / J. Heim / H. Burghardt
Organische Leiter,
Halbleiter und Photoleiter
REIHE WISSENSCHAFT
Die REIHE WISSENSCHAFT ist die wissenschaftliche
Handbibliothek des Naturwissenschaftlers und
Ingenieurs und des Studenten der mathematischen,
naturwissenschaftlichen und technischen Fiicher.
Sie informiert in zusammenfassenden Darstellungen
tiber den aktuellen Forschungsstand in den exakten
Wissenschaften und erschlieBt dem Spezialisten den Zugang
zu den N achbardisziplinen.
Claus Hamann
Joachim Heim
Hubert Burghardt
Organische Leiter,
Halbleiter und Photoleiter
Mit 68 Abbildungen und 18 Tabellen
Friedr. Vieweg & Sohn
Braunschweig/Wiesbaden
VerEa ••e r:
Prof. Dr. sc. Claus Hamann
Dr. Joachim Heim
Dr. Hubert Burghardt
Technische Hochschule Karl.Marx·Stadt
Sektion Physik
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Hamann, Claus:
Organische Leiter, Halbleiter und Photoleiter!
Claus Hamann; Joachim Heim; Hubert Burghardt.
- Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg, 198!.
(Reihe Wissenschaft)
ISBN 978-3-528-0686\-5 ISBN 978-3-322-86025-5 (eBook)
DOl \0.1007/978-3-322-86025-5
NE: Heim, Joachim:; Burghardt, Hubert:
1981
AIle Rechte vorbehalten
® Akademie -Verlag Berlin 1981
Softcover reprint of the hardcover I st edition 1981
Lizenzausgabe fiir
Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig,
mit Genehmigung des Akademie -V erlages, D D R -Berlin
Herstellung: VEB Druckhaus "Maxim Gorki", 74 Altenburg
ISBN 978-3-528-06861-5
Vorwort
Organische Stoffe bilden in Form der Hochpolymere
mit einer Jahresproduktion von 40 Mio. t einen wesent
lichen Teil der Werkstoffe der modernen Technik. Etwa
ein Drittel dieser Menge, das heiJ3t rund 13 Mio. t, werden
als Isolierstoffe jahrlich von der Elektrotechnik und
Elektronik verarbeitet. Demgegeniiber tritt die Anwen
dung elektronisch leitender organischer Substanzen
umfangma13ig noch weit zuriick, wenn sie auch in der
Elektrophotographie nach Selen bereits an zweiter Stelle
stehen. Beriicksichtigt man, daB organische Halbleiter
und Leiter 1960 noch als Kuriositat galten, ist der rasche
Wandel ihrer technischen Bedeutung jedoch offensicht
lich.
Seit 1960 hat sich der Forschungsschwerpunkt zunachst
auf halbleitende und photoleitende organische Stoffe
und spater mit auBerordentlicher Intensitat auf die
hochleitfahigen organischen Stoffe verlagert. Diese Ent
wicklung wird von praktischen Zielen get ragen, die in
Bezeichnungen wie "organische Metalle", "organische
Legierungen" und "organische Supraleiter" offen ausge
sprochen werden.
Ohne Zweifel nimmt die Suche nach organischen
Supraleitern nicht nur wissenschaftsjournalistisch, son
dern inzwischen ebenso del' technischen Problemstellung
nach die Spitzenposition ein. Es geht dabei auch um die
Klarung der experimentellen Realisierbarkeit der Exzito
nen-Supraleitung, die mit den eindimensionalen Struk
turen in engem Zusammenhang steht und von der Sprung
temperaturen bis zu Zimmertemperatur erhofft werden.
Ein weiteres technisch sehr bedeutsames Ziel sind metal-
6 Vorwort
lisch leitende Stoffe aus niehtmetallisehen Elementen,
abel' aueh organise he Stoffe mit geringerer LeiWihigkeit
fUr spezielle optoelektronisehe Displays und fur Anti
statikwerkstoffe. Organisehe Photoleiter und Sensibili
satoren bilden in del' Elektrophotographie und Photo
laekteehnologie nicht nul' eine optimale L6sung, son
deI'll erlangen m6glicherweise grundlegende Bedeutung
fur die Nutzung del' Sonnenenergie. Sowohl die vor
handenen als auch die erwarteten technischen und bio
logisch-medizinischen Anwendungen organischer elek
tronenleitender Substanzen, die festk6rperphysikalisehen
und chemischen Grundlagen und Voraussetzungen dafur
sowie die erkennbaren Querbeziehungen und Verflech
tungen zwischen ihnen sind in kurzgefaBter, uberbliek
artiger Darstellung Inhalt dieses Buches.
Karl-Marx-Stadt, September 1978
C. HAMANN J. HEIM H. B URGHARD
Inhaltsverzeiehnis
1. Historische Entwicklung 9
2. Technisch-wissenschaftliche Bedeutung organischer
Elektronenleiter 11
2.1. Die Beziehungsvielfalt als Begriindung der Bedeutung 11
2.2. Technische Anwendungsmiiglichkeiten organischer
Elektronenleiter 12
2.3. Organische Elektronenleiter als Bestandteil der
aktuellen festkiirperphysikalischen Forschung 20
2.4. Beziehungen organischer Elektronenleiter zu chemi-
schen und physiologischen Problemstellungen 28
2.5. Die Rolle organischer Elektronenleiter fiir technische
Grundkonzepte 33
3. Substanzherstellung und -charakterisierung 36
3.1. Substanzauswahl. 36
3.2. Chemische Synthese; Hochreinigung 37
3.3. Chemische Charakterisierung 41
3.4. Dotierung; Legierungen . 42
4. Ziichtung von Einkristallen; Probenpraparation 44
4.1. Ziichtung von Einkristallen 44
4.2. Schichtabscheidung und Epitaxie 47
4.3. Herstellung von PreBkiirpern und }j'olien 50
4.4. Elektrische Kontaktierung 51
5. Festkiirperphysikalische Zusammenhange 53
5.1. Die Grundlagen des Ladungstransports im einzelnen
Molekiil . 53
5.2. Das Elektronengasmodell 56
5.3. Tunnelleitung 58
5.4. Hoppingleitung 61
5.5. Bandleitung 65
5.6. MOTT-Modell-Gitterdefekte - Haftstellen - Dotie-
n
ruq
8 Inhaltsverzeichnis
5.7. Beschreibung der Leitungsvorgange in realen organi-
schen Halbleitern . . . . . . . . . . . . . . . 77
5.8. Raumladungsbegrenzte Strome - Injektionsstrome. 81
5.9. Photoleitung . . . . . . . . . 86
5.10. Lineare organische Leiter . . . . . . . 94
6. Organische halbleitende Polymere . . . t02
7. Organische halbleitende Molekiilkristalle 113
7.1. Dbersicht. . . 113
7.2. Anthrazen ......... 121
7.3. Phthalozyanine . . . . . . . 124
7.4. Halbleitende TCNQ-Komplexe . 129
8. Organische Photoleiter . . . 134
8.1. Photoleitende Polymere. . . 134
8.2. Photoleitende Molekiilkristalle 141
9. Organische Leiter . . . . . 144
9.1. Leitende Ladungsiibertragungskomplexe des TCNQ-
Typs . . . . . . . . . . . . . 144
9.2. Bleiphthalozyanin . . . . . . . . . . . 153
10. Wege zum organischen Supraleiter .... 157
10.1. Supraleiter und Hochtemperatursupraleiter 157
to.2. Exzitonensupraleitung . . . . . . . . . 159
to.3. Experimenteller Stand bei organischen Supraleitern . 161
11. Fernziel Molekularelektronik .......... . 163
11.1 Molekularelektronik als Extrapolation ...... . 163
11.2. Realisierungsmoglichkeiten molekularelektronischer
Strukturen und Prinzipien 165
11.3. Storeinfliisse und ZuverJiissigkeit. . . . . . 167
12. Bionik elektronischer Prozesse . . . . . . . 168
12.1. Werkstoffbionik organischer Elektronenleiter 168
12.2. Biologische Wellenleiter und spezielle Redoxprozesse 170
12.3. Wissenschaftsintegration und Umweltpolitik . 172
13. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . 174
13.1. Literatur zu den einzelnen Kapiteln . . . . . . 174
13.2. Zusatzliteratur: Monographien und Tagungsbande 184
13.3. Zusatzliteratur: Ausgewahlte Dbersichtsartikel. . 187
14. Internationale Konferenzen iiber organische Halb
leiter und organische Supraleiter 188
15. Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . 189
1. Historische Entwicklung
Die eingehendere festkorperphysikaIische Untersuchung
elektronischer Transportprozesse von organischen Fest
korpern begann, von vereinzelten historischen Vorlaufern
abgesehen, erst etwa 1948. Mit relativ bescheidenen
Anspruchen an die Qualitat der Substanzen und die
Zuverlassigkeit der Mef3werte wurde zunachst die er
druckende Fulle der in Frage kommenden Stoffe mehr
oder weniger aufs Geratewohl hin gesichtet. Heraus
ragend und richtungweisend in dieser Anfangszeit waren
A. T. VARTANJAN, D. D. ELEY und A. SZENT-GYORGYI.
In der Folgezeit fand eine Konzentration auf ausgewahlte
Substanzklassen, die eingehende Untersuchung von
Einzelsubstanzen mit ModeHcharakter und aHgemein
eine Steigerung des wissenschaftlichen Niveaus statt.
FUr die organischen Photoleiter konnte als erste
Gruppe in monographischer Form eine physikalisch
gesicherte Erklarung des Verhaltens vorgelegt werden.
Bei den organischen Halbleitern wurde bezuglich Reinheit
und Definiertheit der Proben, der Variationsbreite der
Struktur lInd EinfluBgroJ3en und der festkorperphysi
kalischen Modellierung ein Niveau erreicht, das z. B.
bei Anthrazen und den Phthalozyaninen einem Vergleich
mit in der Physik anorganischer Halbleiter ublichen
Maf3staben standhalt. Die bereits lange bekannte Ver
bindungsklasse der organischen Ladungsubertragungs
komplexe (Charge-transfer-Komplexe) wurde fur die
Festkorperphysik umfassend erschlossen. Vor aHem
die Untersuchung der TCNQ-Komplexe (TCNQ = Tetra
zyanchinodimethan), die 1963 erstmals ausfiihrlicher in
der Literatur vorgestellt wurden, entwickelte sich
10 1. Historische Entwicklung
auBerordentlich rasch und breit. In dieser Substanzklasse
fand man mit dem Chinolinium-TCNQ auch den ersten
organischen Leiter oder das erste organische "Metall",
d. h. eine Substanz mit relativ hoher elektrischer Leit
fahigkeit, die wie bei den Metallen mit fallender Tempera
tur zunimmt. Etwa zehn Jahre lang stieg die Zahl der
artiger Substanzen stetig an, ohne daB die bereits am
Chinolinium-TCNQ gefundene maximale Leitfahigkeit
von 102 0-1 cm-1 iiberschritten wurde. Auch in Richtung
auf eine erstmals von LITTLE 1964 fiir moglich gehaltene
Hochtemperatursupraleitfahigkeit bei organischen Sub
stanzen gab es praktisch keine experimentellen Anhalts
punkte.
Eine sprunghafte Aktivitatszunahme ereignete sich
nach del' 1973 erfolgten Entdeckung des TTF-TCNQ
(TTF = Tetrathiafulvalinium), das in der Gegend von
58 K einen zunachst unverstandlichen Leitfahigkeits
peak zeigte. Diesen Peak interpretierte man u. a. auch
als Paraleitfahigkeit, d. h. beginnenden Ubergang zur
Supraleitfahigkeit. Sowohl das Phanomen dieser Leit
fahigkeitsanomalie als auch die kurze Zeit spater am
Polythiazyl (SN)z tatsachlich beobachtete Supraleitfiihig
keit befliigelten die Intensitat der Bearbeitung ""dieses
Gebietes in einem AusmaB, fiir das es nur wenigE ) veI'
gleichbareBeispiele gibt. Beim (SN)z handelt es sich
zwar um einen auf der Grenzlinie organisch-anorganisch
stehendeil Stoff, abel' doch zugleich urn ein Polymer mit
einer auch fiir die organischen Leiter charakteristischen
Kettenstruktur, die LITTLE als notwendig fUr organische
Supraleiter erkannte. Von der praparativen organischen
Chemie iiber Kristallziichtung, Strukturaufkliirung, fest
korperphysikalische MeBtechnik bis zur modeHmiiBigen
Untersuchung durch international fUhrende Festkorper
theoretiker, von kleinen Gruppen mit reiner Grundlagen
forschungskonzeption bis zu leistungsstiirksten und
ausgesprochen anwendungsorientierten Teams inter
nationaler Konzerne finden sich heute Aktivitaten, die
an Breite del' interdisziplinaren Zusammenarbeit, an