Table Of ContentLeihmutterschaft und Familie
Edward Schramm Michael Wermke
•
Hrsg.
Leihmutterschaft und Familie
Impulse aus Recht, Theologie und Medizin
Herausgeber
Edward Schramm Michael Wermke
Rechtswissenschaftliche Fakultät Theologische Fakultät
Friedrich-Schiller-Universität Jena Friedrich-Schiller-Universität Jena
Jena Jena
Deutschland Deutschland
ISBN 978-3-662-56250-5 ISBN 978-3-662-56251-2 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56251-2
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk
berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der
Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann
benutzt werden dürften.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in
diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch
die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des
Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen
und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von
Springer Nature.
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Geleitwort des Präsidenten der Friedrich-
Schiller-Universität Jena
Als mich die Herausgeber dazu einluden, ein Geleitwort für den vorliegenden Band
zu verfassen, habe ich gern zugesagt – nicht zuletzt, weil mich die der Leihmutter-
schaft zugrunde liegenden Techniken, vor allem die In-vitro-Fertilisation und ihre
biologischen Grundlagen seit langem beschäftigen. Die Nähe zum Thema besteht
seit 1979. Zu dieser Zeit war ich Medizinstudent am Royal Free Hospital in London.
Nur ein Jahr zuvor, am 25. Juli 1978, wurde in Oldham bei Manchester Louise Joy
Brown geboren. Sie ist der erste in-vitro gezeugte Mensch – das erste Retortenbaby.
Zuvor war bei der Mutter Lesley Brown durch den britischen Gynäkologen Patrick
Steptoe und den Physiologen Robert Edwards eine künstliche Befruchtung durch-
geführt worden.
Am Royal Free Hospital war ich zunächst Student, danach vertretender Stations-
arzt in der Gynäkologie. Dort war gerade die In-vitro-Fertilisation etabliert worden –
nur wenige Monate nach der Geburt von Louise Brown. Ich habe dort also die frühe
Praxis der In-vitro-Fertilisation aus nächster Nähe miterlebt. In den darauffolgenden
Jahrzehnten haben die Entwicklungen in der Genetik, in der Stammzellforschung
und bei der Züchtung von Mäusen, deren Erbgut gezielt verändert wurde, mein For-
scherleben geprägt. Bei der Züchtung dieser Mäuse werden genetisch veränderte
embryonale Stammzellen in eine Blastozyste – einen frühen Embryo – injiziert, und
dieser wird dann in die Gebärmutter von hormonbehandelten Mäusen implantiert.
Diese Empfängermäuse sind damit Leihmütter, Pflegemütter, Ammen – auf Eng-
lisch: foster mothers.
Die biologische Forschung der letzten Jahrzehnte hat die Grundlagen für das
Thema der Tagung, Familie und Leihmutterschaft, gelegt. Es ist hochaktuell und
spannend. In Deutschland ist die Leihmutterschaft verboten. Doch immer mehr
Menschen aus Deutschland, die selbst keine Kinder bekommen können, sich aber
sehnlichst Kinder wünschen, reisen nach Kalifornien, nach Indien, in die Ukraine
oder in ein anderes Land, in dem die Leihmutterschaft erlaubt ist. Sie kehren dann
mit dem Kind, das die Leihmutter für sie zur Welt gebracht hat, nach Deutsch-
land zurück. Wie soll der einzelne, wie die Gesellschaft, wie sollen der Staat und
die Justiz auf diese Entwicklung reagieren? Soll Deutschland die Leihmutterschaft
V
VI Geleitwort des Präsidenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena
weiterhin verbieten, oder soll Deutschland dem internationalen Trend der Legali-
sierung folgen? Sollte nicht auch am Universitätsklinikum Jena, in der Klinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die Leihmutterschaft ermöglicht werden? Ist die
zunehmende Zahl von Leihmutterschaften tatsächlich eine positive Entwicklung,
oder ist sie nicht vielmehr Ausdruck medizinischer Hybris, der entgegengesteuert
werden muss? Wie verträgt sich Leihmutterschaft mit dem Wohl des Kindes und
dem Wohl der Leihmutter?
Diesen Fragen widmete sich die Tagung „Familie und Leihmutterschaft“ an der
Universität Jena im Januar 2016, aber nicht nur diesen. Die Thematik der Leihmut-
terschaft diente zugleich als Beispiel für die dahinter stehende, in vielen anderen
Konstellationen ebenfalls auftretende Grundsatzfrage, was heute sozial, kultu-
rell, rechtlich und religiös unter dem Begriff der „Familie“, der „Mutter“ oder des
„Vaters“ verstanden werden kann. Denn jeder, der mit offenen Augen durchs Leben
geht, sieht, wie bei vielen Verwandten, Freunden und Bekannten an die Stelle der
klassischen Familie mit Ehemann, Ehefrau und leiblichen Kindern die sogenannte
Patchworkfamilie mit Stiefkindern, die alleinerziehende Mutter, der alleinerzie-
hende Vater oder die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft getreten ist.
Der vorliegende Band enthält die Beiträge der Tagungsteilnehmer sowie weiterer
Experten aus diesem Bereich. Er zeichnet sich, wie auch die Tagung, durch einen
außergewöhnlich breiten, interdisziplinären Ansatz aus. Acht Disziplinen kommen
hier zu einem wissenschaftlichen Dialog zusammen: Geschichte, Humangenetik,
Medizin, Medizinethik, Psychologie, Rechtswissenschaften, Soziologie und Theo-
logie. Als Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena nehme ich mit Freude
und Anerkennung zur Kenntnis, dass es den Herausgebern des Bandes gelungen ist,
für die Jenaer Tagung und die nun vorliegende Publikation herausragende Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen, die der Debatte um die Leihmut-
terschaft in Deutschland anregende Impulse geben.
Walter Rosenthal
Inhaltsverzeichnis
Das Thema Leihmutterschaft in interdisziplinärer Perspektive –
eine Einleitung ................................................. 1
Michael Wermke und Edward Schramm
Teil I Familienbilder als Ausgangspunkt
Kinder wünschen – Mütter leihen. Geschlechtergeschichtliche
Überlegungen zur Familie und ihrer Machbarkeit ................... 25
Gisela Mettele
Abschied von der mutterzentrierten Kleinfamilie? ................... 37
Sylka Scholz
Teil II Das rechtliche Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland
Das verbotene Kind – Zur (straf-)rechtlichen Bewertung der
Leihmutterschaft in Deutschland ................................. 61
Edward Schramm
„The Minimum Content of Natural Law“ – Grenzen des
Liberalismus und die aktuelle familienpolitische Entwicklung ......... 95
Heiner Alwart
Reproduktive Autonomie und ihre Grenzen – Leihmutterschaft
aus verfassungsrechtlicher Perspektive ............................ 107
Friederike Wapler
Teil III Familienrechtliche Bewertung in nationaler und
internationaler Perspektive
Die Leihmutterschaft im Familienrecht der europäischen Länder ...... 151
Elisabeth Koch
VII
VIII Inhaltsverzeichnis
Freiwillig oder Freiwild? Die Stellung der Leihmutter in den USA ..... 171
Thomas Oberhäuser
Teil IV Entwicklungspsychologische, psychosoziale und genetische
Einsichten
Leihmutterschaft und Genetik .................................... 183
Thomas Liehr
Psychosoziale Aspekte der ungewollten Kinderlosigkeit ............... 191
Bernhard Strauß
Entwicklungspsychologische Aspekte der Leihmutterschaft ........... 209
Axel Schölmerich
Teil V T heologische, philosophische und ethische Aspekte der
Leihmutterschaft
Familie in der aktuellen kirchlichen Debatte. Vom
institutionentheoretischen zum kriteriologischen Paradigma .......... 223
Miriam Rose
Ethische Fragen der Leihmutterschaft ............................. 235
Nikolaus Knoepffler und Nikolai Münch
Sachregister ................................................... 263
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Heiner Alwart war bis 2017 Universitätsprofessor für Strafrecht und Strafprozess-
recht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er studierte Rechtswissenschaft und
Philosophie in Hamburg und Mainz, habilitierte sich im Jahre 1986 für Rechtsphilo-
sophie und Strafrecht am Juristischen Fachbereich in Hamburg, war zeitweise als
Staatsanwalt tätig, wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit
einem Heisenberg-Stipendium gefördert. Er lehnte einen Ruf an die Universität Köln
ab und kam im Jahre 1995 nach Jena. 2013 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der
Ivane Javakhishvili Tbilisi State University/Georgien verliehen. Heute arbeitet er in
Jena als Rechtswissenschaftler und freier Autor. Zuletzt entwickelte er eine Kritik
forensischer Medienöffentlichkeit.
Universitätsprofessor Dr. phil. Dr. theol. Dr. rer. publ. Nikolaus Knoepffler ist
Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Ethik an der Friedrich-Schiller-Universität
Jena (FSU), Leiter des Bereichs Ethik in den Wissenschaften in der Fakultät für
Sozial- und Verhaltenswissenschaften und des überfakultären Ethikzentrums der
FSU, Mitglied der Bayer. Bioethikkommission, der Zentralen Ethikkommission
für Stammzellforschung der Bundesregierung und der Sechsländerkommission zur
Präimplantationsdiagnostik an der Landesärztekammer Baden-Württemberg.
Prof. Dr. Elisabeth Koch war bis 2015 Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches
Recht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte an der Rechtswissen-
schaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ihre Arbeits- und
Forschungsschwerpunkte sind das Ehe- und Familienrecht, das Notarrecht und
die Europäische Rechtsgeschichte. Sie ist u. a. Vorsitzende der Wissenschaftlichen
Vereinigung für Familienrecht e.V. und (Mit)Herausgeberin der Zeitschrift für das
gesamte Familienrecht.
Thomas Liehr Privatdozent Dr. rer. nat./med. habil., Dr. hc. vom Institut für Human-
genetik, Jena, Deutschland (eingeladener Prof. der Yerevan-State-University, Arme-
nien, und der Belgrade Medical School, Serbien) ist seit 1998 Leiter des Molekular-
zytogenetischen Forschungs- und Diagnostiklabors in Jena. H auptforschungslinien
IX
X Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
sind Chromosomenstruktur und -evolution. Langjährige Kooperationen bestehen
u. a. mit Armenien, Brasilien, Kroatien, Portugal, Russland, Serbien und Thailand.
Er ist Editor mehrere Fachzeitschriften (z. B. Molecular Cytogenetics) und dreier
Bücher. Er schrieb weiterhin drei Bücher in Alleinautorenschaft und ist Mitautor von
ca. 600 peer reviewed Artikeln
Gisela Mettele Studium Mittlere und Neuere Geschichte. Von 1989 bis 1994
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. 1994
Promotion. Von 1994 bis 2004 Wissenschaftliche Assistentin an der TU Chemnitz.
1999/2000 Senior Fellow Harvard University, USA. 2004 Habilitation. Von 2005
bis 2007 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Historischen Institut in
Washington D.C., 2007 Kommissarische Direktorin des DHI Washington D.C., Von
2007 bis 2009 Lecturer in Urban History, University of Leicester, GB. Seit 2010
Professorin für Geschlechtergeschichte an der FSU.
Nikolai Münch studierte Politische Wissenschaften, Neuere und Neueste Geschich-
te und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Sa-
lamanca. Er promovierte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit einer Arbeit
zu anthropologischen und ethischen Fragen des Human Enhancement. Gegenwärtig
ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik
der Medizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Thomas Oberhäuser hat in Tübingen Rechtswissenschaften studiert und arbeitet
seit 1997 als Rechtsanwalt in Ulm. Zu seinen Tätigkeitsfeldern gehören neben dem
Staatsangehörigkeitsrecht (u. a. Feststellung der Staatsangehörigkeit) das Ausländer-
recht und Asylrecht. Er ist Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der
ARGE Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Kommenta-
tor im Handkommentar Ausländerrecht (HK-AuslR) und Mitherausgeber der ZAR
(Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik).
Miriam Rose ist seit 2011 Lehrstuhlinhaberin für Systematische Theologie mit
dem Schwerpunkt Dogmatik an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-
Universität Jena. In ihrer Promotionsschrift ‚Fides caritate formata‘ hat sie sich
mit dem Verhältnis von Glaube und Liebe in der Theologie des Thomas von Aquin
und in ihrer an der Ludwig-Maximilians-Universität München eingereichten
Habilitationsschrift mit Schleiermachers Staatslehre beschäftigt. Sie ist Mitglied im
DFG-Graduiertenkolleg „Modell Romantik“ der Universität Jena sowie Mitglied
der ‚Kammer für Theologie‘ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und
der Expertengruppe ‚Theologie der Diaspora‘ der Gemeinschaft evangelischer
Kirchen in Europa (GEKE). Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die
Verhältnisbestimmung von Religion und Politik und der Umgang mit kultureller
Ambiguität in unserer Gesellschaft.
Axel Schölmerisch interessiert sich für Kontexteffekte auf die menschliche Ent-
wicklung. Er studierte Erziehungswissenschaften und Psychologie in Heidelberg