Table Of ContentKombinationsgerbungen
der Lohe-, WeifJ- und Samischgerberei
1'011
.J osef J ettmar
Ingenieur-Chemiker
Mit {j Textfiguren
Berlin
Verlag von Julius Springer
1914
ISBN-13: 978-3-642-89907-2 e-ISBN-13: 978-3-642-91764-6
DOl: 10.1007/978-3-642-91764-6
Aile Rechte,
insbesondere das df'r Dbersetznng in fremde Sprachen, vorhehaltt>ll.
Copyright 1914 hy JuliuH Springer in Berlin.
Softcover reprint of the hardcover I st edition 1914
Hel'rn Prof'. Dr. phil. }'riedr. Hernl. Haenlein
Direktor der Deutschen Gerberschule zu Freiberg i. S.
auliiSlich seiner 25 j iihrigen Wirksamkeit
in der Lederindustrie
gewidmet.
VorWOl't.
Die Kombinationsgerbungen haben bei samtlichen Gerb
verfahren eine groBe Wichtigkeit erlangt, die sicherlich noch
weiter anwachsen wird. Es diirfte daher dem Lederfabrikanten
erwiinscht sein, einen Leitfaden zu bekommen, del' ihn mit
den verschiedenen Fabrikationsmethoden bekannt macht, urn
darnach arbeiten zu konnen. Schon in die erste Auflage meines
"Handbuches derChromgerbung" sind einige kombinierte Gerb
methoden aufgenommen worden, die abel' in dessen zweiter
Auflage wegen Anwachsen des Stoffes keinen Platz mehr
gefunden haben. AuBerdem wurden damals nur jeneV erfahren
behandelt, die mit del' Mineralgerbung im Zusammenhange
stehen. In del' vorliegenden Schrift sind samtliche Kombi
nationsgerbungen angefiihrt, soweit sie mil' im Laufe derletzten
15 Jahre zur Kenntnis kamen. Nul' die Verfahren, wo Form
aldehyd, Hydrochinon u. dgl. mit verwendet werden, habe
ieh nieht aufgenommen, weil - meiner Ansicht nach - keine
richtige Kombinationsgerbung vorliegt.
Die Einteilung des Materials, d. h. die Einreihung del'
versehiedenen Gerbverfahren, hat insoweit Sehwierigkeiten
bereitet, als jene in versehiedene Abschnitte aufgenommen
werden konnten, und diirfte vieIleieht mancller Faehmaull eine
andere Einreihung vorgezogen haben.
Dabei moehte ieh insbesondere auf einen Umstand auf
merksam machen. Del' sorgfaltige Leser diirfte bald heraus
fin den , daB mehrere Operationen wiederholt und dabei mit
ven;chiedenen Abanderungen angefiihrt sind. Dies ist nieht
willkiirlich, sondern absichtlieh gesehehen. Es ware z. B. bei
dem Dongolaleder moglich gewesen, aIle Schwarzeverfahren
VI Vorwort.
in Einem zu besprechen, doch war zu befiirchten, daB dadurch
die Ubersichtlichkeit leiden und del' Leser ermiidet werden
konnte. Nun diirfte abel' jeder einsehen, daB das Schwarzen,
wie es bei Dongolaleder beschrieben wird, auch bei den iibrigen
Ledersorten ausgefiihrt werden kann.
Wissenschaftlichen Erorterungen und theoretischen Er
wagungen bin ich moglichst ausgewichen, damit del' ganze
Stoff auch dem praktischen Gerber zuganglich ist. Doch
wird del' Leser haufig meine Schriften zitiert finden, und
bitte, mil' dies schon wegen meiner Herren Verleger nicht
iibel zu nehmen. Sonst ist unsere· Fachliteratur noch nicht
so reich, um andere Schriften iiberhaupt anfiihren zu konnen;
wo dies moglich war, habe ich es sicherlich auch getan.
Del' umsichtige und erfahrene Gerber diirfte hier eine
ziemlich groBe Anzahl von Anleitungen gesammelt finden,
die er in seiner Praxis hoffentlich gut verwenden kann.
Dabei ist das Buch nicht bloB fiir den Lohgerber, sondern auch
fiir den WeiB- und Samischgerber bestimmt, indem gerade
die Kombinationsgerbungen die friiher zwischen ihnen so
scharf gezogenen Grenzen immer mehr zum Verschwinden
bringen.
Prag-Kon. Weinberge, 1m Marz 1914.
Jos. Jettmar.
Inhalt8verzf'ichui8.
Seite
I. Die verschiedenen Gerbverfahren 1
l. Die Lohgerberei . . 2
2. Die WeiBgerberei 6
3. Die Samischgerberei . . . 9
4. Gerbungen mit verschiedenen gerbenden Stoffen 13
5. Kombinierte Gerbverfahren . 15
II. Kombinationsgerbungen mit vegetabilischen und mineralischen
Gerbstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1. Das danische oder schwedische Handschuhleder 27
2. Gerbverfahren von Vallet d' Artois ...... 29
Die Dongolagerbung . . . . . . . . . . . . . . 35
a) Vorgerbung mit mineralischen und Ausgerbung mit vege·
tabilischen Gerbmaterialien . . . . . 39
3. Kombinierte Gerbverfahren von Fritz Kornacher 40
4. Farbige Dongolakalbfelle . . . . . . 44
5. Das Gerbverfahren von P. Castiau 58
b) Gleichzeitige Gerbung mit mineralischen und vegetabili-
schen Gerbmitteln . . . . . . . . . . . 61
6. Dongolagerbeverfahren nach W. Eitner 61
7. Ein amerikanisches Dongolaverfahren 65
8. Verarbeiten der Kuhhaute zu Dongola nach einer
modifizierten amerikanischen Gerbmethode . . 68
9. Verfahren der Chemischen Industriegesellschaft 78
c) Vorgerbung mit vegetabilischen und Nachgerbung mit
mineralischen Gerbstoffen ..... . 79
10. Kombinierte Chrom- und Lohgerbung . . . . 79
11. Das Semichromleder . . . . . . . . . . . . 85
12. Kipse zu schwarzem und- farbigem Semichrom 101
13. Verfahren von Ollestadt und Jenson 113
14. Kombinationsgerbung von V. Koch ... . 114
15. Verfahren von Leon Rappe ....... . 116
16. Kombinierte Gerbverfahren fiir Sattlerleder 117
17. Kombinationsgerbverfahren fiir Schaffelle 121
18. Kombinationsgerbverfahren fUr Ziegenfelle 127
III. Kombinierte Mineraigerbungen . . . . . 132
a) Chromdreibad-Gerbverfahren . . . . . 132
b) Kombinierte Chromo und Aluminiumgerbungen 135
VII r Inhaltsverzeichnis.
Seitc
1. Verfahren von Norris und Burk 142
2. Verfahren von Volcker und Bergmann 143
3. Verfahren von El. Gerson . . . . . 144
4. Gerbverfahren von G. W. Adler 145
5. Herstellung von Handschuhledern mit kombinierter
Alaun- und Chromgerbung . 147
6. Ausgerbung von Haarfellen . . . . 148
7. Das weiBe chromgare Leder 149
c) Kombinierte Alaun- und Eisengerbung 158
1. Gerbverfahren von P. J. Reinsch . 159
2. Eisengerbverfahren von Bystron und von Vietinghoff 159
IV. Kombinierte Mineral- und Fettgerbungen 163
1. Rawhide oder Rohleder . . . . . 164
2. Das Griinleder (Green-Leather) . . 165
3. Alalill- oder fettgares Riemenleder 166
4. Dllrandsches Gerbverfahren fiir pO rose Hal1tp, 169
5. Herstellung des Klavierleders 169
V. Kombinierte Glacegerbungen . . . . . 172
1. Das Kronenleder ....... 182
2. Herstellung von echtem Dogskin 185
3. Herstellung von imitiertem Dogskin 188
4. Herstellung des N appaleders 190
5. Herstellung eines waschechten Pliischleders aus ge-
wohnlichem Glaceleder nach Larson . . . 197
a) Die Kalbkidfabrikation . . . . . . . . . . 199
1. Deutsche Methode del' Kalbkidfabrikation 201
2. Englische Methode del' Kalbkidfabrikation 223
3. Franzosische Methode der Kalbkidfabrikjatioll 224
h) Herstellung von Schafkidleder . . . 228
c) Amerikanisches Kidleder aus Ziegen- und Schaffellen 241
d) Herstellung des Chevreauleders ........ 244
1. Deutsche Methode der Chevreaufabrikation. . 245
2. Franzosische Methode der Chevreaufabrikatioll 247
:3. Englische Methode der Chevreaufabrikation 250
e) Verwendung von Glacegare bei der Chromgerbung 251
VI. VI.rschiedene andere Kombinationsgerbungen 252
1. Kombinierte Schwefelgerbungen . . . . . . . 252
2. Ausgerben des Blinddarmes. . . . . . . . . 267
3. Herstellung des kombinierten Transparentleders 273
4. Pyrofuszin-Gerbverfahren von P. J. Reinsch 274
5. EiweiBgerbung von Oskar Trebitsch . . . . 275
6. Gerbverfahren von Ballatschano und Trenk 277
7. Gerbverfahren von Em. Herrmann 278
8. Gerbverfahren von Quinn und Caldwell 279
I. Die verschiedenen Gerbverfahren.
Durch Gerbung wird, wie bekannt, die Haut in Leder
iiberfiihrt. Man wendet hierzu gerbende Stoffe an, als
welche vor kurzem nur einige wenige bekannt waren, wo
gegen in der letzten Zeit die mannigfaltigsten Metalle, Ele
mente und Verbindungen als gerbend erkannt wurden. Ob
wohl nun von den letzteren bei der Ledererzeugung nur eine
kleine Anzahl davon tatsachlich zur Gerbung verwendet
wird, ist es dennoch nicht ausgeschlossen, daB manche Ger
bung mit einem oder dem anderen von den iibrigen gerben
den Stoffen zu speziellen Zwecken zur Verwendung oder
sogar zu einer groBen Bedeutung gelangen diirfte. Jeder von
den gerbenden Stoffen erteilt namlich dem damit ausgegerbten
Leder besondere Eigenschaften, die es von dem anders ge
gerbten unterscheiden, ahnlich wie dies auch bei den vege
tabilischen Gerb.stdffen der Fall ist. Der Lohgerber weiB
ganz gut, wie z. B. Sumach, Eichenlohe, Quebracho, Mimosa,
ja die samtlichen vegetabilischen Gerbstoffe, ein der Farbe,
Weichheit und Schnitt nach voneinander abweichendes Leder
liefern, so daB man die einfachen Gerbungen ziemlich unschwer
unterscheiden kann. Aber es werden nur ausnahmsweise die
einzelnen Gerbstoffe fiir sich zur Gerbung verwendet und
in der Regel mischt der Lohgerber verschiedene Gerbmaterialien
zusammen, um so ein Produkt zu erhalten, das die guten
Eigenschaften der Gerbungen mit den verschiedenen einzelnen
vegetabilischen Gerbstoffen enthalt. Neuerer Zeit werden
ahnlich neue und friiher unbekannte Ledersorten durch
Kombination der verschiedenen Gerbverfahren hergestellt,
obwohlainige kombinierte Gerbungen schon vor Jahrhunderten
angewandt wurden.
Jet t mar. Kombinationsgerbnngen. 1
2 Die verschiedenen Gerbverfahren.
Man kann zunachst dreierlei Gerbverfahren unterscheiden,
namlich die Loh-, WeiB- und Samisch-Gerberei, die
friiher auch abgeteilt, jede fiir sich, ausgefiihrt wurden; in
letzter Zeit sind aber noch Gerbungen mit sehr mannigfaltigen
Stoffen hinzugetreten, die gewohnlich nicht allein, sondern
mit anderen gerbenden Stoffen kombiniert verwendet werden.
Wir wollen zunachst die einzelnen Gerbmethoden etwas aus
fiihrlicher besprechen:
1. Die Lohgerberei.
Die Lohgerberei, auch Rotgerberei genannt, gerbt mit
vegetabilischen Gerbstoffenverschiedenen Ursprungs aus.
Es werden dazu hauptsachlich verschiedene Rinden (Eichen-,
Fichten-, Hemlock-, Mimosa-, Maletto-, Mangrove-, Weiden-,
Erlen- und andere Rinden), Holzer (Eichen-, Kastanien-,
Quebracho-Holz), Wurzeln (Canaigre, Garouille, Palmetto,
Ratanhia), Fruch te und verschiedene A uswuchse (Gall
apfel, Knoppern, Valonea, Divi-Divi, Myrobalanen, Algaro
billa, Bablah), Blatter (Sumach, Mangrove) oder einge
trocknete Safte (Japonika, Gambier) verwendet. AIle diese
Gerbmaterialien zeichnen sich dadurch aus, daB sie ihre
Gerbstoffe in ziemlich groBen Mengen in dem Hautgewebe
ablagern und infolgedessen gewichtgebend sind; d. h.,
die fertigen Leder zeigen ein bedeutendes Mehrgewicht gegen
iiber der eingearbeiteten Hautsubstanz.
Wir konnen annehmen, daB 100 kg griiner Haut durch
schnittlich etwa 80 kg Wasser und 20 kg Trockensubstanz
enthalten, wogegen das fertige, ungefettete lohgare Leder
bei 18% Wassergehalt, wie er iiblicherweise angenommen
wird, ungefahr 43% Hautsubstanz und 38% gerbende Stoffe
(neben 1 % Mineralstoffe und Fett) enthalt, so daB 100 kg
Hautsubstanz etwa 230 kg ungefettetes lohgares Leder liefern.
Die Tibrigen Gerbarten ergeben bei weitem nicht ein so groBes
Lederrendement; 100 kg Trockensubstanz liefern bei weiB
garem Leder (auf gleichen Wassergehalt, d. h. 18% Wasser,
umgerechnet) etwa 150kg, bei samischgarem nur etw\l- 140 kg
Leder.
Die Lohgerber('i. 3
Was die Wasserbestandigkeit nach Fabrion 1) anbelangt,
so zeigt das lohgare Leder den mittleren Grad von 55 bis 70%.
Durch die vegetabilischen Gerbstoffe wird die Haut "loh
braun" gefarbt, von dem lichtgriinlichem Farbentone bei
Sumach bis zum rot en bei Divi-Divi und Quebracho.
Je nach del' Schwellung und dem Gerbverfahren erhalt man
ein weiches und geschmeidiges odeI' ein festes und hartes Leder.
Die vegetabilischen Gerbstoffe sind an die Hautsubstanz nur
teilweise festgebunden, ein Teil davon laBt sich durch Wassel'
wiedel' entfernen. Dabei zeichnet sich das lohgare Leder
durch seine ziemlich groBe Fiille und schones Aussehen aus,
indem es einen recht hohen Glanz annimmt. Es hat dagegen
den Nachteil, daB es die Feuchtigkeit verhaltnismaBig leicht
aufnimmt, beim Trocknen leicht sprode wird und im all
gemeinen nul' einen geringen Grad von Dehnbarkeit und
Zugkraft aufweist.
Die vegetabilischen Gerbstoffe besitzen - jedoch je
nach ihrer Natur in verschiedenem MaBe - die Fahigkeit,
auch in das Innere del' Hautfibrillen einzudringen und sich
nicht nul' an del' Innenseite del' Faserzellen abzulagern,
sondern sich auch mit deren Inhalt festzubinden, wodurch
nicht nul' die einzelnen Fasern, sondern auch die ganze Haut
durchgegerbt wird und so an Masse und Gewicht zunimmt.
~-\ber diese Gerbstoffe vermogen auch, und zwar wieder
je nach ihrer Individualitat in verschiedenem MaBe, sich
an del' Oberflache del' Faserzellen abzulagern und dadurch
die Gewebszwischenraume mehr odeI' weniger auszufiillen.
Es gibt sogar Gerbstoffe, wie z. B. Quebracho und Mimosa,
die als Fiillstoffe dienen, wogegen die Eichenlohe, Kastanien
extrakt odeI' Sumach als Qualitatsgerbstoffe verwendet
werden.
Man kann demnach mit den vegetabilischen Gerbstoffen
auch mehr odeI' weniger sattgerben, so daB ein lohgares beder
noch . Wasser, Fett odeI' auch andere Gerbstoffe aufzunehmen
vermag. Abel' wahrend die frische Haut fiirdas Wasser
1) "Collegium" 1908, Nr. 338, S. 495, oder "Handbuch der
Chromgerbung" (Leipzig, Schulze & Co., 1913) S. II.
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