Table Of ContentHans G. Bauer
Fritz Böhle
Haarige Kunst
Über den Eigensinn
des Haars und das
Können von Friseuren
Haarige Kunst
Hans G. Bauer · Fritz Böhle
Haarige Kunst
Über den Eigensinn
des Haars und das
Können von Friseuren
Hans G. Bauer Fritz Böhle
München, Deutschland München, Deutschland
ISBN 978-3-658-29086-3 ISBN 978-3-658-29087-0 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29087-0
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Umschlagbild: Der Gott der Friseure von Otto Dix © VG Bild-Kunst, Bonn 2020
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Inhalt
I Wer kennt es nicht? – Eine Einführung 3
1 Alltagsspiegel 5
2 Kulturspiegel 6
3 Wissenschaftsspiegel 7
4 Berufs-, Handwerksspiegel 10
5 Inhaltsspiegel 12
II Was alles am Haar hängt – ein kulturhistorischer Streifzug 17
1 Sprache – was sie über das Haar verrät 19
2 Rituale – mit dem und um das Haar 26
3 Haare und Friseure – die alten Kulturen 31
4 Die (europäischen) Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit 36
5 Das Jahrhundert des Bürgers 54
6 Im Dschungel der Moderne 68
III Zur Lage des Friseurs – Soziodemographisches 85
1 Bedeutung und Charakteristika der Branche 86
2 Betriebstypen 88
3 Entwicklung der Betriebsstätten 90
4 Entwicklung von Angebot und Nachfrage 93
5 Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastungen 98
V
VI Inhalt
IV Unsichtbares Handeln – die (Un-)Möglichkeit,
ein guter Friseur zu sein 103
1 Der Friseur als Beruf 103
2 Das Geschehen im Friseursalon 106
3 Das Besondere der Dienstleistungsarbeit 117
4 Kooperation mit Kunden – Das Wunder der Verständigung 121
5 Gefühlsmanagement – Eigene Gefühle
und die Gefühle Anderer 126
6 Die Arbeit mit dem Haar – Eigensinn und Lebendigkeit 133
Epilog 145
Literaturverzeichnis 149
Internetseiten 155
Anhang 159
Tabellen 159
Abbildungen 159
Bildnachweise 160
Anmerkungen 165
Anmerkung zur gendergerechten Begrifflichkeit
Oft wird mit dem Argument der Leserfreundlichkeit des Textes die Varian-
te bemüht, man behalte zwar die maskuline Sprachform bei, Frauen und
Transgender seien aber selbstverständlich mitgemeint.
Uns ist bei der Bearbeitung dieses Themas immer wieder die Frage be-
gegnet: Soll man sich aus Gründen gendermäßig-politischer Korrektheit
wirklich die Haare raufen, wenn das Haar, um das es ja eigentlich geht, im
Deutschen sowieso ein Neutrum ist? Hinzu kommt: Über lange Zeit war
das Haar fest in Männerhand. Erst in der jüngeren Vergangenheit wurde
er zu einem ›typischen‹ und dominant von Frauen ausgeführten Be-
ruf. Der Ruf nach der »Friseuse« ist bereits seit einer ganzen Weile ähn-
lich diffamierend wie der nach dem verniedlichenden, bedienenden und
unverheirateten ›Fräulein‹. Und für die Unterstellung eines in diesem Be-
ruf vorfindbaren besonders hohen Anteils Homosexueller finden sich kei-
ne statistischen Belege.
Gerne hätten wir uns auf die Position des liebevoll-genauen Alltags-
betrachters, Kabarettisten und Philosophen Karl Valentin zurückgezo-
gen, dass viele Friseure wie Kunden an vielen Tagen nicht so recht wüss-
ten, ob sie heut’ ein ›Manderl‹ oder ein ›Weiberl‹ seien, und man sie daher
getrost als ›Friseure‹ ansprechen könne. Wir haben uns daher entschlos-
sen, diese Bezeichnung überall dort beizubehalten, wo in erster Linie der
Beruf des Friseurs gemeint ist. Auch Kunden bleiben Kunden (selbst wenn
sie mehrheitlich Kundinnen sind). Die in den Literaturzitaten genutzten
Begriff lichkeiten bleiben unverändert. Ansonsten aber sprechen wir von
›Friseurinnen‹ – insbesondere dann, wenn sie selbst zu Wort kommen. Die
männlichen und anderen Kollegen sind selbstverständlich immer mit-
gemeint.
VII
Im Dickicht der Haare
I Wer kennt es nIcht? – eIne eInführung
Niemand entflieht der tagtäglichen Erfahrung mit seinem Haar. Kaum je-
mand kommt ohne ein dramatisches, wenn nicht traumatisches Friseur-
erlebnis durchs Leben. Mit dem Haar verbinden sich intensive persönliche
Erlebnisse und Erfahrungen. Sie berühren uns und gehen unter die Haut.
Wovon hängt es ab, dass wir nicht verstört, sondern möglichst zufrieden
in den Spiegel des Friseursalons blicken? Damit befasst sich dieses Buch.
Man könnte natürlich auch ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut
mit einer Kundenbefragung beauftragen. Aber wir als Kundin und Kunde
wissen: Wir können zwar meist recht gut beschreiben, ob und wie zufrie-
den wir mit dem Ergebnis sind. Weit schwieriger ist jedoch die Beurteilung,
wie dieses zu Wege gebracht wurde. Wir richten daher die Aufmerksamkeit
auf das ›Gegenüber‹: die Friseurinnen und Friseure sowie auf das Haar. Sie
erscheinen uns als gewohnt und bekannt – aber vielleicht hat es gerade mit
dieser Selbstverständlichkeit des Bekannten zu tun, dass uns vieles von
dem verborgen bleibt, was dort stattfindet.
Wir laden Sie daher ein zu einem Blick hinter das Gewohnte, zu einer Be-
trachtung der Kulturgeschichte des Haares und der nicht unmittelbar
sichtbaren Seiten der Friseurarbeit. Es gibt vieles zu entdecken: In unse-
rer Alltagssprache taucht das Haar in vielfältigen Redewendungen und Be-
deutungen auf. Wir alle kennen ›das Haar in der Suppe‹ oder die ›Haar-
spalterei‹. Das Haar spielt seit jeher in Mythen und Ritualen der gesamten
Menschheitsgeschichte eine gewichtige Rolle. Es ist ein Teil des mensch-
lichen Körpers und bringt das Verhältnis des Menschen zu seinem Kör-
per zum Vorschein: wie er ihn pflegt, zur Schau stellt, ausgrenzt oder dis-
zipliniert. Wir begegnen hier unserer eigenen Natur und sehen sie als eine
höchst persönliche und individuelle Angelegenheit. Doch das, was uns so
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H. G. Bauer und F. Böhle, Haarige Kunst, 3
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29087-0_1
4 Wer kennt es nicht? – Eine Einführung
naturhaft, persönlich und individuell erscheint, ist zugleich eng verwoben
mit sozialen und kulturellen Wertungen, Normen, Erwartungen und Ver-
haltensformen.
So kommt dem Umgang mit dem Haar in der Kultur- und Gesellschafts-
entwicklung eine sehr wechselvolle Geschichte zu, die bis heute andauert.
Am Haar hing und hängt vieles – das ist nicht nur eine Redensart. Auch
die soziale Stellung derjenigen, die sich beruflich mit dem Haar befassen,
wird dadurch geprägt, welche Rolle das Haar und der Körper in der Ge-
sellschaft spielen. Dies findet seinen Ausdruck in Anerkennung und Sta-
tus, aber auch Abwertung und Geringschätzung.
Die Arbeit von Friseurinnen und Friseuren beruht auf solidem tech-
nisch-handwerklichen Fachwissen und Fertigkeiten – aber nicht nur auf
diesen allein. Eine andere, weniger sichtbare Seite bezieht sich auf das
Menschliche und Lebendige der Kunden – wie auch des Haares. Friseurin-
nen und Friseure interagieren und kommunizieren mit Kunden, ihre Ar-
beit ist so gesehen eine ›Interaktionsarbeit‹. Aber auch das Haar selbst ist
keineswegs nur ein Gegenstand und lebloses Objekt. Es ist vielmehr höchst
eigenwillig, eigensinnig und widerspenstig. Friseurinnen und Friseure
müssen damit zurechtkommen. Sie benötigen ein ganz besonderes Gefühl
und Gespür, um das Haar zu bändigen wie auch mit ihm ›zusammenzuar-
beiten‹. Und schließlich werden bei der Arbeit mit dem Haar nicht nur un-
sere Haare, sondern auch wir selbst ›berührt‹. Friseurinnen und Friseure
dringen immer auch in die Intimsphäre ein, und wir müssen dies zulassen
und aushalten.
All dies hat Einfluss darauf, wie das Werk von Friseurinnen und Friseu-
ren gelingt und wie zufrieden wir sind.
Wer an Fakten, Daten, Trends u. ä. interessiert ist, findet in diesem Buch
auch aktuelle Informationen zur Lage und Entwicklung des Friseurhand-
werks.
Zunächst jedoch zur weiteren Einstimmung ein Gang durch ein Spiegel-
kabinett, in dem wir unterschiedlichsten Blicken auf das Haar begegnen.