Table Of ContentMark Ptashne
Genregulation
Der biologische Schalter bei Phage A
Mit 98 Abbildungen und 8 Tabellen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
Professor Dr. MARK PTASHNE
Department of Biochemistry and
Molecular Biology
Harvard University
Cambridge, MA, USA
Obersetzer:
Dr. rer. nat. KLAUS DARTMANN
Diplom-Chemiker
AntonienstraBe 5
0-8000 Munchen 40
Titel der englischen Originalausgabe:
A Genetic Switch. Gene Control and Phage A
© 1986 und 1987, Blackwell Scientific Publications & Cell Press
ISBN-13: 978-3-540-50236-4 e-ISBN-13: 978-3-642-74022-0
001: 10.1007/978-3-642-74022-0
ClP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Ptashne, Mark: Genregulation: Der biologische Schalter bei Phage AI Mark
Ptashne. [Ubers.: Klaus Dartmannl. - Berlin; Heidelberg; New York; London;
Paris; Tokyo: Springer, 1989 Einheitssacht.: A genetic switch < dt. >
ISBN-13:978-3-540-50236-4 <Berlin .. .)
WG: 32 DBN 89.000484.688.11.179870 ri:i
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1989
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2123/3145-543210 - Gedruckt auf saurefreiem Papier
Meinen Eltern und
fv1att Meselson gewidmet
Vorwort des Autors
Dieses Buch handelt von einem der einfachsten Organismen, die in der Natur vor
kommen, einem Virus, das sich in Bakterien vermehrt. Das Buch faBt die Ergebnisse
von ungefahr 25 Jahren Forschungsarbeit zusammen und versucht eine Antwort zu
geben auf die Frage: Wie gelingt es diesem Virus, dem Bakteriophagen A, seine
eigene Vermehrung mit Hilfe seiner Gene, also seiner DNA, zu regulieren?
Man fragt sich, warum soviel MLihe darauf verwandt wurde, ein bestimmtes
Virus zu untersuchen, ist doch in der Biologie eigentlich jedes Beispiel zumindest
teilweise vom Zufall gepragt, also ein Spezialfall. Die typischen Funktionen eines
jeden Organismus haben sich im Laufe der Evolution herausgebildet; selbst wenn
wir in einem Fall einen bestimmten ProzeB genau beschreiben kbnnen, so mLissen
wir doch davon ausgehen, daB die Details fUr den nachsten Organismus schon
nicht mehr gelten.
Die Antwort auf unsere Frage ergibt sich aus einem Phanomen, das in der Biolo
gie von grundlegender Bedeutung ist, dem ProzeB der Entwicklung und Differen
zierung: Aile Zellen in einem Individuum sind mit den gleichen Bauplanen ausge
stattet, die sie in Form von DNA-MolekLilen geerbt haben. Bei der Entwicklung
eines hbheren Organismus aus einer befruchteten Eizelle bildet sich jedoch eine
beachtliche Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen heraus. Diesem ProzeB liegt der
selektive Gebrauch von Genen zugrunde, ein Prinzip, das wir Genregulation nen
nen. In den verschiedenen Entwicklungsstadien entscheiden die Zellen, teilweise
durch Umweltsignale stimuliert, welchen Satz von Genen sie benutzen und welche
Entwicklungsrichtung sie einschlagen wollen. Uns interessieren die molekularen
Mechanismen, die hinter der Entscheidung stehen.
Ais ein Musterbeispiel fUr dieses Phanomen kann der Lebenszyklus von A an
gesehen werden. Der Phage entscheidet sich in Abhangigkeit von auBerzellula
ren Signalen fUr eine von 2 mbglichen Vermehrungsformen. Wir wissen ziem
lich genau, welche molekularen Ablaufe diesem ProzeB zugrunde liegen, und wir
kbnnen auch annehmen, daB ahnliche Mechanismen die Basis zahlreicher Diffe
renzierungsprozesse bilden. Die Erkenntnisse, die wir beim Studium des Phagen A
gewinnen, Iiefern uns also Anregungen fUr die Untersuchung anderer Syste
me, auch wenn die Verhaltnisse in keinem anderen Fall exakt diesel ben sind wie
bei A.
VIII Vorwort des Autors
Die Einfuhrung zu diesem Buch fa~t einige Grundzuge der Wirkungsweise von
Genen zusammen. Sie ist darauf ausgerichtet, den Leser, der nur uber ein geringes
molekularbiologisches Wissen verfUgt, in die Lage zu versetzen, die ersten 3 Kapi
tel zu verstehen.
In diesen Kapiteln betrachten wir den Entwicklungsproze~ des Phagen A von 3
verschiedenen Standpunkten: Aus der Distanz wollen wir uns einen Uberblick
uber die Ereignisse verschaffen, die fUr die Wechselwirkung zwischen Phage und
Wirtsbakterium von Bedeutung sind; aus etwas naherer Sicht beschreiben wir dann
mit einfachen molekularbiologischen Begriffen ein Ereignis, das im Entwicklungs
proze~ von A eine Schlusselfunktion besitzt; schlie~lich schau en wir uns die
genauen molekularen Mechanismen aus der Nahe an. Die Vorstellungen, die den
verschiedenen Ansatzen zugrunde liegen, werden in den jeweiligen Kapiteln
anhand einiger Modelle veranschaulicht, ohne da~ wir uns mit einzelnen Experi
menten beschaftigen wollen. An zahlreichen Stell en werden wir unser Wissen uber
A mit Prozessen der Entwicklung und der Genregulation in anderen Organismen
vergleichen.
Kapitel 4 geht im Gegensatz zu den ersten 3 Kapiteln auf die technischen Einzel
heiten der Versuche ein und beschreibt im Detail den Ansatz einiger Schlussel
experimente. Diese sowie die daraus resultierenden Schlu~folgerungen sind leich
ter zu verstehen, wenn man die Ergebnisse aus den ersten 3 Kapiteln schon kennt.
Am Ende wird dem Leser klar sein, da~ wir heute viele Aspekte der A-Genregu
lation im Zusammenhang verstehen. Wir sind damit in der Lage, die experimentel
len Beobachtungen zu interpretieren und, was noch wichtiger ist, die Ergebnisse
neuer Experimente vorherzusagen. Ein solches Ma~ an Genauigkeit ist u. a. deswe
gen moglich, weil unsere Modellvorstellungen nur in ganz wenigen Punkten von
einzelnen isolierten experimentellen Beobachtungen abhangen; sie beruhen viel
mehr auf zusammenhangenden Reihen von Versuchen, die sowohl im Reagenz
glas als auch in lebenden Zellen durchgefUhrt wurden.
Insgesamt zeigt das Buch an diesem einen Beispiel, wie uns biochemische und
genetische Experimente Einblick in einen bestimmten Teil der Welt verschaffen. Ich
habe in diesem Buch nicht den historischen Ansatz gewahlt; wollte man chronolo
gisch beschreiben, wie wir zu unserem Wissen gekommen sind, so ergabe das
eine andere, wesentlich umfangreichere Darstellung.
Ein Reiz der Molekularbiologie liegt darin, da~ ihre Antworten auf grund
legende Fragen sich meistens leicht veranschaulichen lassen. Gewohnlich reichen
einfache Bilder aus, und nur selten mussen wir komplizierte Modelle heranziehen.
Unser Ziel ist es, Genregulation als Wechselspiel von Molekulen zu verstehen.
Durch einen kurzen Blick auf die charakteristischen Gro~en und Formen dieser
Molekule konnen wir uns ihre Funktionsweise oft leichter veranschaulichen und
leichter merken. Nehmen Sie die Modelle, die Sie in diesem Buch kennenlernen
werden, bitte ernst, aber sehen Sie in ihnen nur das, was sie sein sollen: eine
Zusammenfassung unserer augenblicklichen Vorstellungen. Ich erwarte mit Sicher
heit, da~ sie in den kommenden Jahren revidiert werden mussen, wenn sich unser
Verstandnis vertieft hat.
Fur ihre freundliche Unterstutzung beim Verfassen dieses Buches mochte ich mich
bei den Studenten und Kollegen aus meinem Labor und von der Harvard Univer-
Vorwort des Autors IX
sity bedanken sowie bei Alison Cowie, Nick Cozzarelli, Norm Davidson, Hatch
Echols, Gary Gussin, Gerhard Hochschild, Will McClure, Russ Maurer, Howard
Nash, Jeff Roberts, Bob Schleif, Hamm Smith, John Staples, Jim Watson, Adam Wil
kins, Keith Yamamoto, Michael Yarmolinsky, Patricia Zander und besonders bei
Sandy Johnson. Die Idee, ein solches Buch zu schreiben, stammt in erster Linie von
Bernard Hirt.
Drei Personen kam eine besonders wichtige Rolle bei der Herstellung dieses
Buches zu: Ben Lewin ubernahm die Korrekturarbeiten mit dem richtigen Gespur
fUr stilistische und inhaltliche Feinheiten; Carol Morita illustrierte das Buch in kur
zer Zeit mit sehr viel Kreativitat, und Carol Nippert bewaltigte bravour6s die
Unmenge an Schreib- und Organisationsarbeit.
Cambridge, Mass., Januar 1986 MARK PT ASHNE
Vorwort des Obersetzers
Die molekularbiologische Terminologie ist im wesentlichen durch die englische
Sprache gepragt. 1m Sinne einer einheitlichen Ausdrucksweise und entsprechend
den internationalen Nomenklaturregeln wurden Bezeichnungen wie DNA, RNA
und mRNA sowie der Begriff Phosphat ubernommen und den deutschen Ausdruk
ken DNS, RNS, Boten-RNS sowie Phosphorsaure bzw. Phosphorsaureester vorge
zogen.
Der englische Originaltext zeichnet sich durch eine leichtverstandliche Sprache
und besonders anschauliche Darstellungsweise aus. Das vorliegende Buch ver
sucht, diesem Stil so weit wie moglich gerecht zu werden. Mein ausdrucklicher
Dank gilt an dieser Stelle Herrn Prof. G. Hobom, der durch inhaltliche und stilisti
sche Korrekturarbeit wesentlich zur endgultigen Gestaltung des Textes beigetragen
hat. Seine Unterstutzung war mir eine grolSe Hilfe.
Munchen, Juni 1988 KLAUS DARTMANN
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Autors . . . VII
Vorwort des Obersetzers XI
Einfiihrung . . . . . . . . 1
1 Die wichtigsten Elemente des Schalters und ihre Funktion 13
1.1 Elemente des Schalters 16
DNA ...... . 16
RNA-Polymerase 17
Repressor ... . 18
ero-Protein .. . 20
1.2 Wirkungsweise von Repressor und ero-Protein 20
Negative Regulation ............... . 21
Positive Regulation ...... .. ....... . 21
Kooperativer Effekt bei der Bindung des Repressors . 23
1.3 Induktion: der Schalter springt um .......... . 25
1.4 Kooperativitat: die Empfindlichkeit des genetischen Schalters 29
1.5 Autoregulation . 31
1.6 Andere Beispiele 32
2 Regulation der Genexpression durch DNA-bindende Proteine 35
2.1 Operatoren 35
2.2 Repressor . 38
2.3 ero-Protein 42
2.4 Wechselwirkungen zwischen Aminosauren und Basenpaaren 43
2.5 Promotoren . 47
2.6 Genregulation 48
XIV Inhaltsverzeichnis
3 Schalter und Regelkreise 51
3.1 Kurzer Dberblick Liber den Vermehrungszyklus von A . 52
Genkarte von A 52
Zirkularisierung 53
Genexpression 53
Integration ... 55
3.2 Regulation der Transkription 56
Sehr frLihe Ereignisse ... . 56
FrLihe Ereignisse ...... . 57
Spate Ereignisse im Iytischen Programm 59
Spate Ereignisse im Iysogenen Programm . 59
3.3 Der EntscheidungsprozeB ........ . 61
3.4 Regulation von Integration und Exzision . 62
Fall 1 :E tablierung des Iysogenen Zustandes 63
Fall 2: Lytische Vermehrung 63
Fall 3: Induktion 64
3.5 Andere Phagen 65
3.6 SOS-Antwort .. 65
3.7 A als Modell fUr die Zelldifferenzierung 67
Regulatorgene . . . . . . . . . . . . 67
Genetische Schalter . . . . . . . . . 69
Genexpression und Musterbildung 70
Mechanismen ....... . ... . 71
4 Woher wir das alles wissen: die entscheidenden Experimente 73
4.1 Die Repressoridee ..... .. . 73
A clear- und A vir-Mutanten ......... . .. 73
Immunitat und Heteroimmunitat. . . . . . . . . . 75
Bakterienkreuzung mit einem Iysogenen Partner. 76
4.2 Das Repressorproblem in den frLihen 60er Jahren 77
4.3 Isolierung des Repressors und Untersuchung seiner DNA-Bindung 79
4.4 Isolierung des Repressors im praparativen MaBstab . . . . . . . . . 81
4.5 Die wesentlichen Aussagen aus Kap. 1 und 2. . . . . . . . . . . . . 82
Der Repressor besteht aus 2 globularen Domanen, verbunden durch
eine ProteinbrLicke von 39 Aminosauren . . . . . . . . . . . . . . 8. 2.
Del' Repressor bildet Dimere, die v.a. durch Wechselwirkungskrafte
zwischen den Carboxyldomanen zusammengehaiten werden . 84
Ein Repressordimer bindet mit seinen Aminodomanen an ein
17 Basenpaare langes Operatorelement ... .. . . . . . . 85
Pro Operatorelement kann nul' 1 Repressordimer binden . . 85