Table Of ContentJahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie IX
Jahrbuch für Rechtssoziologie
und Rechtstheorie
Herausgegeben in Verbindung
Herausgegeben in Verbindung mit
Erich Fechner, Arthur Kaufmann, Ulrich Klug,
Niklas Luhmann, Peter NoU, Heinrich Popitz, Manfred Rehbinder,
Rüdiger Schott, Paul Trappe
van Werner Maihofer und Helrnut Schelsky
Band IX
Westdeutscher Verlag
Gegentendenzen
zur Verrechtlichung
Herausgegeben von
Rüdiger Voigt
Westdeutscher Verlag
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Gegentendenzen zur Verrechtlichung / hrsg. von Rüdiger
Voigt.-Opladen: Westdeutscher Verlag, 1983.
(J ahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie;
Bd.9)
ISBN 978-3-663-01698-4 ISBN 978-3-663-01697-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-01697-7
NE: Voigt, Rüdiger [Hrsg.); GT
© 1983 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Alle Rechts vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfältigung des Werkes (Fotokopie,
Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.
ISBN 978-3-663-01698-4
Inhalt
Vorwort des Herausgebers .................................. 7
1. Verrechtlichung oder Entrechtlichung?
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12
Rüdiger Voigt: Gegentendenzen zur Verrechtlichung.
Verrechtlichung und Entrechtlichung im Kontext
der Diskussion um den Wohlfahrtsstaat ....................... 17
Erhard Blankenburg: Weniger Recht durch mehr Gesetz?
Eine Rezension des Entwurfs für ein Landesschulgesetz
der Kommission Schulrecht des Deutschen Juristentages ............ 42
Vera Slupik: Kompensatorischer Rechtsbedarf von Frauen
versus organisierte Besitzstandspolitik.
Argumentationsmuster zur Verteidigung rechtsfreier Räume . . . . . . . . . .. 51
Reinhard Hendier: Grundprobleme der Entregelung im
demokratischen Rechts-und Sozialstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59
Il. Funktionswandel oder Funktionsverlust des Rechts?
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 71
Axel Görlitz: Zur Transformation von Recht durch
Vernett,ung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 77
Klaus Lenk: Funktionsverlust des Rechts in der öffentlichen
Verwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 88
Karl-Heinz Ladeur: Politische Ökonomie verwaltungsgerichtlicher
Planungskontrolle ..................................... 102
lIl. Alternativen zum Recht oder Alternativen im Recht?
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 116
Fritz Jost: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft.
Juristische Reaktionen auf private "Entregelung" ................ 124
Gerhard Struck: Entregelung als Phänomen des derzeitigen
deutschen Familienrechts ................................ 140
Rainer Hegenbarth: Neue Köpfe für die alte Hydra?
Die Entgerichtlichung von Verbraucherstreitigkeiten .............. 152
Dieter Bünger/Klaus Moritz: Schlichtung im Arbeitsverhä1tnis.
Funktionsbedingungen paritätischer Kommissionen ............... 172
5
Dieter Strempel: "Alternativen in der Ziviljustiz" -
Bericht über Bestandsaufnahme und Forschungsvorhaben des
Bundesministers der Justiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186
IV. Abbau bürakratischer Herrschaft ader Verfeinerung des
Instrumentariums?
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Eberhard Bohne: Informalität, Gleichheit und Bürokratie .......... 202
Werner Hugger: Bürokratieabbau durch Einbeziehung der Betroffenen
in die Rechtsvorschriftenentwicklung ................. . . . . 211
Rainer Pitschas: Entbürokratisierung durch Beratung?
"Beratung" als bürokratisch-distanzierte Regulierungsform
des Verwaltungsstaates ................................ 225
HeIlrnut Wollmann: "Entbürokratisierung" durch "Implementation von
unten" - Handlungsreserve sozialstaatlicher Verwaltungspolitik? .... 242
V. Zur künftigen Ralle des Rechts in der Gesellschaft
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 263
Klaus A. Ziegert: Unterstützungssystem Recht.
Zur Programmstruktur des Rechts in der nach-industriellen
Gesellschaft ......................................... 266
Die Autaren 290
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Vorwort des Herausgebers
Die Frage, ob unsere Gesellschaft mehr oder we niger rechtliche Regeln braucht, ob
also .. ver-" oder .. entrechtlicht" werden soll, hat seit dem Erscheinen des ersten
Sammelbandes zu dieser Thematik 1 im Spätherbst 1980 an politischer Aktualität
noch gewonnen. Im Zeichen der .. Fiskalkrise" ist der Kampf um die künftige Rolle
des Staates, seiner Institutionen und Instrumente in voller Schärfe entbrannt. Eines
der wichtigsten lnstrumente zur Durchsetzung staatlicher Politik ist das Recht in
seinen verschiedenen Erscheinungsformen. Konsequenterweise richtet sich daher
der Angriff gegen das .. Überhandnehmen des Staates" in erster Linie gegen das
Recht als Steuerungsinstrument der Politik. Immer mehr subsidiäre marktkomple
mentäre Aufgaben hat der Sozialstaat selbst übernommen (übernehmen müssen).
Immer häufiger mug der .. Interventionsstaat" in den Wirtschaftsablauf eingreifen,
um die bedrohliche Zuspitzung von Krisen zu verhindern. Immer mehr Menschen
sind auf die Fürsorge des "Wohlfahrtsstaates" angewiesen. Die Folge ist ein stetes
Anwachsen des durch Recht normierten Bereichs zulasten aller anderen Sozialbe
ziehungen. Es kommt zu den bekannten negativen Erscheinungsformen der Ver
rechtlichung: allgemeine Entfremdung und bevormundende Einschränkung indivi
dueller Handlungs- und Gestaltungsfreiheit, Eingrenzung des politischen Handlungs
spielraumes von Parlament und Regierung, Eigenleben der Bürokratie (u.a. Produk
tion eigener 'Rechtsvorschriften) und Übermacht der Gerichte. Im Vordergrund der
Krit~k von rechts und links stehen .. Gesetzesflut", .. Paragraphendickicht", .. Gesell
schaft in Fessein" bzw. "Kolonialisierung der Lebenswelt" und Zunahme .. bürokra
tisch-rechtlicher Zugriffe".
Zugleich nimmt die Durchsetzungsfähigkeit des Rechts ab. An die Stelle .. hartër"
treten zunehmend .. weiche" Rechtsformen (z.B. Generalklauseln); statt konditional
zu programmieren wird immer häufiger die inhaltlich weitgehend offene Zweckpro
grammierung vorgezogen. Trotz besserer Verfahren zum Test von Gesetzesentwür
fen (Böhret) reicht die Informationsverarbeitungskapazität des Gesetzgebers nicht
aus. Gesetzlich normierte Handlungsanweisungen werden zudem von den ausführen
den Behörden oft gar nicht oder nur zum Teil umgesetzt ("vollzogen"); vorgegebe
ne Ziele werden nicht erreicht. Darüber hinaus ist die Durchführung politisch-admi
nistrativer Handlungsprogramme oft von der Mitwirkung gesellschaftlicher Gruppen
und Individuen abhängig (z.B. von privater Investitionsbereitschaft). An die Stelle
der strikten Durchsetzung von Rechtsnormen treten dann bargaining-Prozesse, in
denen die notwendige Kooperation nicht angeordnet sondern eingetauscht wird.
Unverständlichkeit der Rechtssprache und die Schwierigkeit, von häufig geänderten
und verstreuten Rechtsvorschriften (Verweisungspraxis) überhaupt Kenntnis zu er
langen, beeinträchtigen überdies die "Effektivität des Rechts,,2 . Ganze Gruppen der
Gesellschaft "steigen" aus dem durch Gesetze vermittelten Normensystem über
haupt "aus" und ziehen sich in gesellschaftliche Neben-oder Antiordnungen zurück.
Aber auch die "systemkonformen" Bürger sind zunehmend weniger bereit, Rechts
normen (wie z.B. § 218 StGB) zur Grundlage ihres eigenen Handelns zu machen,
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wenn diese ihren eigenen Überzeugungen zuwiderlaufen ("Akzeptanz"-Problem).
"Nichteheliche Lebensgemeinschaften" werden eingegangen und Alternativen zur
Justiz gesucht.
In dieser Situation wird vor allem von den konservativen Kritikern des "Wohlfahrts
staates" der Rückzug des Staates und ein Abbau bürokratischer (Staats-)Macht so
wie ~ damit verbunden ~ die Zurücknahme von gesetzlichen Regelungen gefordert.
"Investitionshemmnisse" sollen beseitigt, "sozialer Ballast" soli abgeworfen, unter
nehmerischer Initiative soli wieder mehr Spielraum geschaffen werden. Diese Forde
rungen, die auf ein Zurückdrängen des interventionistischen Sozialstaates zugunsten
des Freiheit und Eigenturn sichernden Rechtsstaates abzielen, verkennen den unauf
löslichen Zusammenhang von Rechts- und Sozialstaat. Andererseits verstellen sie
U.U. ab er auch den Blick auf mögliche positive Aspekte einer Deregulierung ("Ent
rechtlichung") überall dort, wo die Verrechtlichung kommunikativ strukturierter
Handlungsbereiche (z.B. Familienrecht, Sozialrecht etc.) dysfunktional wirkt. So
wenig wünschenswert die Rücknahme umweltpolitischer Standards und sozialpoliti
schen Besitzstandes sind, so vielversprechend sind andererseits die Ansätze gesell
schaftlicher Selbstregulierung, die zu diskursiven Willensbildungsprozessen und kon
sens- (statt konflikt-)orientierten Verhandlungs-und Entscheidungsverfahren führen
könnten3. Die Erkenntnis, da~ ein gro~er Teil der geItenden Rechtsvorschriften
nicht durchgesetzt werden kann, legt überdies den Gedanken nahe, sparsameren Ge
brauch von diesem Steuerungsmedium zu machen.
Hier setzt die Analyse der "Gegentendenzen zur Verrechtlichung" ein. Der vorlie
gende Band ist wiederum das Ergebnis der Zusammenarbeit von Rechts- und Sozial
wissenschaftlern. Denn nur auf den ersten Blick sind die Phänomene "Verrechtli
chung" und .. Entrechtlichung" als Prozesse mit partiell gegenläufiger Tendenz eine
Domäne der Rechtswissenschaft. Einerseits lä~t sich das Recht als Instrument zur
Steuerung sozialer, politischer und ökonomischer Prozesse nämlich von Juristen
kaum ohne zusätzliche sozialwissenschaftliche Kenntnisse adäquat erfassen. Ande
rerseits mu~ jede sozialwissenschaftliche Analyse der Erscheinungsformen und der
Folgewirkungen von Ver- bzw. Entrechtlichung oberflächlich bleiben, in die nicht
das Verständnis für die spezifisch juristische Denkweise eingebracht wird. Ange
sichts dieser Sachlage tritt das Erfordernis einer interdisziplini:iren Kooperation
deutlich zutage. Die blo~e Sammlung von Beiträgen aus unterschiedlicher Sicht kam
daher für den vorliegenden Band nicht in Frage. Vie1mehr mu~ten Autoren gefun
den werden, die in besonderer Weise für die Bearbeitung des Themas qualifiziert
waren. Zum einen setzte dies die (heute nicht immer se1bstverständliche) Bereit
schaft zu interdisziplinärer Zusammenarbeit voraus, zum anderen sollte es sich in er
ster Linie urn sozialwissenschaftlich orientierte Rechtswissenschaftler, insbesondere
Rechtssoziologen, sowie rechtstheoretisch versierte Politik-und Verwaltungswissen
schaft ier handeln.
Urn eine kontinuierliche Arbeit und eine ständige Abstimmung der Beiträge zu ge
währleisten, wurde bereits 1980 der Arbeitskreis .. Politikwissenschaftliche Analyse
des Rechts" begründet und später im Rahmen der Deutschen Vereinigung für Politi
sche Wissenschaft als Arbeitsgruppe "Regulative Politik" fortgeführt. Der Herste1-
lung eines möglichst geschlossenen Konzepts des Bandes diente ein Symposion, das
am 19. und 20. Juni 1981 in der Universität Siegen zum Thema dieses Bandes statt
fand.
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Eine Erweiterung des Konzepts brachte schlieglich der Kongreg der DVPW "Gesell
schaftliche Probleme als Anstog und Folge der Politik" , der vom 4. bis 7. Oktober
1982 in der Freien Universität Berlin stattfand. Ein Teil der Beiträge dieses Bandes
(Görlitz, Lenk, Slupik, Strempel) wurde dort im Rahmen der Sektion "Steuerungs
medien" in der Gruppe C 1 "Recht" vorgetragen und diskutiert. Bei der Diskussion
des Instrumentariums zur Analyse von Ver- und Entrechtlichungsprozessen wurden
- vor allem auf dem Siegener Symposion - aber auch die unterschiedlichen Aus
ganspositionen deutlich, von denen aus Rechtssoziologie einerseits und Politikwis
senschaft (ähnlich: Staats-und Verwaltungswissenschaft) andererseits das Recht be
trachten. Denn in rechtssoziologischer Sicht steht das Individuum im Vordergrund,
und die Anwendung von Recht erscheint eher als der Ausnahmefall. Aus politikwis
senschaftlicher Perspektive stellt sich das Recht hingegen als Handlungsrahmen (et
wa in Gestalt der Verfassung) sowie als eines der wichtigsten Steuerungsinstrumente
der Politik dar, seine Anwendung ist der Normalfall staatlicher Aktivität. Diese dis
ziplinspezifischen Unterschiede sollen in den folgenden Beiträgen keineswegs ver
wischt werden, sie erst ermöglichen eine differenzierte Analyse. Nicht einer sozial
wissenschaftlichen Einheitsdisziplin wird daher das Wort geredet. Vielmehr wird urn
Verständnis für die Sichtweise der jeweiligen Nachbardisziplin geworben, ohne die
eine Bearbeitung von Grenzgebieten kaum möglich wäre.
Die Gliederung des Bandes orientiert sich an Themenschwerpunkten und nicht an
Politikfeldern bzw. Gesellschaftssektoren. Diese Strukturierung soli deutlich ma
chen, dag "Gegentendenzen zur Verrechtlichung" nicht in allen Politikfeldern bzw.
Gesellschaftssektoren in gleichem Ausmag und in gleicher Intensität festzustellen
sind und dag auch die Beurteilungskriterien durchaus variieren können. Einerseits
lassen sich solche Tendenzen, die unter dem Stichwort "Entstaatlichung"4 zusam
mengefagt werden können, bevorzugt in solchen Bereichen feststellen, die wegen ih
rer Nähe zur Wirtschaftspolitik politisch brisant sind (z.B. Soziale Sicherung, Um
weltschutz etc.). Andererseits wird das Erfordernis einer gewissen "Entrechtli
chung" (im Sinne von: Verringerung der Regelungsdichte) am deutlichsten in den
Gesellschaftsbereichen, in denen zuletzt sozialintegrierte Handlungsbereiche recht
lich überformt worden sind. Nicht zufällig steht daher alle in in drei Beiträgen die
rechtliche Ausgestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen in Ehe und Familie im
Vordergrund. Neben der Analyse der Funktionsveränderungen des Rechts und
Überlegungen zu seiner künftigen ROlle in der Gesellschaft bilden Vorschläge zum
Abbau der Dysfunktionalitäten im Verhältnis von Verwaltung und Bürger einen
weiteren Schwerpunkt. Und schlieglich wird angesichts der Erkenntnis, dag Gerich
te Konflikte in aller Regel nicht lösen sondern nur bearbeiten können, der Frage
nachgegangen, ob es Verfahren gibt, die besser zur Streitschlichtung zwischen pri
vatrechtlichen Organisationen und Einzelpersonen geeignet sind. Es liegt auf der
Hand, dag die Pro bie me nicht alle in auf der theoretischen Ebene behandelt werden
können; daher stützen sich nahezu alle in diesem Band vertretenen Autoren auf um
fangreiches empirisches Material.
Im Ersten Teil ("Verrechtlichung oder Entrechtlichung?") analysiert und kategori
siert Voigt die "Gegentendenzen zur Verrechtlichung" und geht dabei zugleich der
Frage nach Sinn und Gehalt der Verrechtlichungsdiskussion im Wohlfahrtsstaat
nach. Den Landesschulgesetz-Entwurf der Kommission Schulrecht des Dt. Juristen
tages rezensiert Blankenburg unter der Fragestellung "Weniger Recht durch mehr
Gesetz?". Sodann analysiert Slupik die Abwehrstrategien interessierter Gruppen,
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die eine Vmsetzung des verfassungsrechtlichen Gleichberechtigungsgrundsatzes in
verbindliche Rechtsnormen verhindern wollen. Als wirkungsvollste Strategie sieht
sie die Bestrebungen an, Rechtspolitik durch "BewuBtseinspolitik" (Appell etc.) zu
ersetzen. Vnd Hendier gibt einen Überblick über die "Grundprobleme der Entrege
lung im demokratischen Rechts- und Sozialstaat". Dabei warnt er ausdrücklich vor
einer "Privatisierung" der Gesetzgebung, insgesamt sieht er nur einen engen Spie1-
raum für die Entrege1ung.
"Funktionswande1 oder Funktionsverlust des Rechts?" ist die Fragestellung des
Zweiten Teils. Görlitz stellt ein von ihm entwicke1tes Modell vor, anhand dessen er
die "Transformation von Recht durch Vernetzung" nachweist. Dabei liegt ein
Schwerpunkt seiner Analyse auf der Imp1ementation von Recht. Vnd Lenk geht der
Frage "Funktionsverlust des Rechts in der öffentlichen Verwaltung?" nach. Er be
tont die Bedeutung des Rechts als Mittel der Kommunikation und der Sozialisa
tion. In seiner materialreichen Arbeit über die "Politische Ökonomie verwaltungsge
richtlicher Planungskomrolle", die neben der Rechtsprechung des Bundesverwal
tungsgerichts auch die französischer VerwaItungsgerichte einbezieht, konstatiert
Ladeur die Zerstörung der formalen Rationalität des Rechts.
Der Dritte Teil ist der Frage: "Alternativen zum Recht oder Alternativen im Recht?"
gewidmet, der anhand von fünf Beiträgen zum Privat- und Arbeitsrecht nachgegan
gen wird. Am Beispiel der "nichtehelichen Lebensgemeinschaft" analysiert Jast
,,] uristische Reaktionen auf private ,Entregelung'''. Dabei plädiert er - entgegen
der herrschenden Meinung - für eine Anerkennung dieser bisher nicht verrechtlich
ten Lebensgemeinschaft als schützenswerte Sozialbeziehung. Vnd Struck untersucht
die .. Entregelung als Phänomen des derzeitigen deutschen Familienrechts". An aus
gewählten Tatbestandsmerkma1en (insbesondere .. Kindeswohl") weist er einen Wan
del der Funktionsweise von Normen aber auch eine Funktionsveränderung der ]u
stiz nach. Bei seiner Analyse der "Entgerichtlichung von Verbraucherstreitigkeiten"
- vor allem in Europa - geht Hegenbarth von der rechtstheoretischen Erkenntnis
aus, daB Recht erst im Verfahren hergestellt wirds. Zwar biete sich für den rollenbe
zogenen Konflikt zwischen Anbietern und Konsumenten die Schlichtung besonders
an, die Realisierungschancen beurteilt Hegenbarth jedoch eher skeptisch. Auch Bün
ger/Moritz bezie hen bei ihrer Vntersuchung der "Funktionsbedingungen paritäti
scher Kommissionen" am Beispie1 der .. Schlichtung im Arbeitsverhältnis" ausländi
sche Erfahrungen mit ein. In einem Vergleich mit den französischen Arbeitsgerich
ten entwickeln sie Funktionsbedingungen für Schlichtungsinstitutionen zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Bundesrepublik. Vnd Strempel gibt vor
dem Hintergrund der Diskussion um Funktion und Grenzen gerichtlicher Konflikt
austragung einen Überblick über Forschungsvorhaben des Bundesministeriums der
]ustiz zum Thema .. Alternativen in der Ziviljustiz".
Im Vierten Teil (,,Abbau bürokratischer Herrschaft oder Verfeinerung des Instru
mentariums?") werden Entbürokratisierungskonzepte vorgestellt, die der Verwal
tung einen Ausweg aus der .. Rationalitätsfalle" (Pitschas) eröffnen könnten. Die
Ausgangssituation verdeutlicht Bohne, indem er am Beispiel des Vmweltschutzes
einen Typus von Verwaltungshandeln herausarbeitet, den diese in Reaktion auf ei
ne rechtliche .. Überformalisierung" entwicke1t hat. In seinem Beitrag stellt er das
Beziehungsgeflecht zwischen .. Informalität, Gleichheit und Bürokratie" dar und for
dert den Abbau auf diese Weise entstehender Vngleichheiten durch Stärkung der
Verhandlungsposition der betroffenen Bürger. Hugger sieht in diesem Zusammen-
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