Table Of ContentBERICHTE ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER SÄCHSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU LEIPZIG
Philologisch-historische Klasse
Band 98 • Heft 1
FRIEDRICH ZUCKER
FREUNDSCHAFTSBEWÄHRUNG
IN DER NEUEN
ATTISCHEN KOMÖDIE
EIN KAPITEL HELLENISTISCHER ETHIK
UND HUMANITÄT
1950
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN
Vorgetragen in der Sitzung vom 13. Februar 1950
Manuskript eingeliefert am 25. Februar 1950
Druckfertig erklärt am 15. August 1950
Erschienen Im Akademie-Verlag GmbH., Berlin NW 7, Schiffbauerdamm 19
Lizenz-Nr. 156 • 100/31/50
Satz und Druck der Buchdruckverkst&tte Gutenberg GmbH, Zweigniederlassung Leipzig
MSlfl • Auftrags-Nr.5554
Bestell- und Verlagsnummer: 2026/98/1
Preis: DM 3,60
Freundschaftsbewährung als entscheidendes Moment im dra-
matischen Handlungsverlauf begegnet uns im Umkreis der voll-
ständig erhaltenen griechischen Tragödien in drei Stücken des
Euripides aus seiner späteren und spätesten Zeit. Dankbar dem
Herakles die Rettung aus dem Totenreich vergeltend, bewahrt
Theseus den durch die Wahnsinnstat an Frau und Kindern sich
völlig vernichtet fühlenden Freund vor dem Selbstmord, hält ihm
die Pflicht vor, das Leben zu ertragen und gibt dem in Erkennt-
nis dieser Pflicht sich Überwindenden und so Geläuterten eine
neue Heimat, indem er ihn mit sich nach Athen führt. Dies im
Herakles aus der Zeit um 420 v. Chr.1.
Von den beiden Freunden, die der Iphigenie im Taurierland
zur Opferung gebracht werden, bestimmt sie Orestes zur Über-
bringung einer Botschaft nach Griechenland, dieser aber will
statt seiner Pylades gerettet wissen, den er in die Todesgefahr
geführt hat, und Iphigenie willfahrt bewundernd seinem Wunsch,
ahnungslos, daß der Bruder vor ihr steht. Pylades jedoch seiner-
seits, zurückschreckend vor dem Gedanken, ohne den Freund in
die Heimat zu kommen, erklärt, nachdem sie allein gelassen sind,
er wolle mit Orestes sterben. Nun werden ihm in ergreifendem
Abschied die Pflichten vorgehalten, die er, der von Schuld rein
geblieben ist, nach der Rückkehr in die Heimat zu erfüllen hat,
und er übernimmt es, die Botschaft zu überbringen und die Auf-
träge des Orestes auszuführen. Der Fortgang fügt es, daß es zu
keiner Trennung der Freunde kommt und sie gemeinsam gerettet
werden. Das Drama gehört der Zeit um 412 an (W. SCHMID,
a.O., 520).
1 SCHMID, W.: Gesch. d. griech. Lit. III (1940) 437.
4 FRIEDRICH ZUCKEB
Von dem edlen Wettstreit der auvaTO^vfiaxovTeg2, ,die zu-
sammen sterben wollen', hebt sich grell die den heroischen Cha-
rakter des Mythos zerstörende Sphäre ab, in die der Dichter das-
selbe Freundespaar wenige Jahre später im Orestes von 408 ver-
setzt hat. Wieder weigert sich Pylades, Orestes zu verlassen, den
das Volk von Argos zum Tod verurteilt hat. Aber er tritt mit dem
Plan hervor, vor dem gemeinsamen Sterben durch Ermordung
der Helena an Menelaos Rache zu nehmen, der seine Unterstüt-
zung des angeklagten Geschwisterpaares Orestes und Elektra in
der Volksversammlung versagt hat, und, wieder auv<x7roih/7jaxov-
TS?, beraten sie eifrig den Mordplan.
Von einer Behandlung des Stoffes der taurischen Iphigenie
durch Polyeidos am Anfang des 4. Jahrh. wissen wir aus Aristote-
les, der die Herbeiführung der Wiedererkennung hervorhebt (de
arte poet., c. 16, p. 1455a, 6 sqq.; c. 17, p, 1455b, 11 sqq.), und von
einer Tragödie 'OpeaT7]<; <xod Meineke) riuXaSy)? des Timesitheos
aus der Suda. Im übrigen sind uns aus den vielen Tragödien,
deren Handlung auf Grund von Bruchstücken oder Inhaltsanga-
ben bekannt oder zu erschließen ist, keine Anhaltspunkte dafür
erhalten, daß Freundschaftsbewährung Gegenstand oder Teil-
motiv gewesen wäre3. Dabei sei zugleich und voi allem für die
folgenden Ausführungen über die neue Komödie bemerkt, daß
Gattentreue, Geschwisterliebe und Kindesliebe, die nach griechi-
scher Auffassung dem Bereich der (polar, angehören, hier mit
einer Ausnahme nicht Gegenstand der Betrachtung seih sollen.
Gerade das Motiv der auvaTO&vf)axovTe? erscheint in der neuen
Komödie, die ja ihre am meisten hervortretenden Motive und
2 SCHMID, W.: a. 0. 526 A. 6; 443 A. 2.
3 Die Freundschaft zwischen Achilleus und Patroklos in Aischylos' Myrmi-
donen gehört zugleich in den Bereich des jcaiSoto? I'pw;. Selbstverständlich war
in manchen uns dem Titel nach und in Fragmenten bekannten Stücken Raum
für Gestaltung von Freundschaftebewährung, nur ist 6ie nicht mehr nach-
zuweisen. — Ob dem Chryses des Pacuvius mit der Übertragung des Großmut-
wettstreites zwischen Orestes und Pylades auf eine Situation der Rückfahrt
vom Taurierland außer Sophokles' Chryses eine nacheuripideische Tragödie
zugrunde liegt, ist unsicher (Kjellberg, REIX, 2606 f.).
Freundschaftsbewährung in der neuen attischen Komödie 5
auch manche mehr vereinzelten aus der Tragödie übernommen
hat, in den Titeln je eines Stückes des Alexis, Philemon und Di-
philos4, welch letzteres Plautus in den verlorenen ,Commorientes'
bearbeitet hat. Leider erlauben die sehr spärlichen Fragmente
dieser Stücke und die von Terenz aus Diphilos in seine Andria II 1
übertragene Prügelszene mit dem Kuppler keinerlei Schlüsse auf
die Gestaltung des Motivs.
Im übrigen ist die häufige Dramatisierung von Freundschafts-
verhältnissen in der neuen Komödie auf die Anregung der philo-
sophischen Ethik, auch auf fortschreitende Verfeinerung der
außerphilosophischen Ethik und ein bestimmtes äußeres Moment
zurückzuführen. LEO, Plautin. Forsch.2127 hat die jugendlichen
Freundschaftspaare hervorgehoben, und sehr wichtig ist seine
Erkenntnis, daß die nach der Schlacht bei Chaironeia eingerich-
tete Ephebie, der Waffendienst der Achtzehnjährigen auf zwei
Jahre, anregend auf die Gestaltung der Freundschaft in der vé«
eingewirkt hat. Unmittelbar wird das bezeugt durch den bei vier
Dichtern erscheinenden Titel Euvetprjßoi.5. Im übrigen aber be-
schränkt sich LEO, ohne Berücksichtigung von Freundschaftsver-
hältnissen zwischen Männern vorgeschrittenen Alters und anderen
Konstellationen, auf eine Anzahl von Einzelbemerkungen, die
Übereinstimmungen mit Äußerungen in der Tragödie und mit
Sätzen der philosophischen Ethik betreffen. Man darf jedoch
dabei nicht stehenbleiben, sondern muß unter dem Gesichtspunkt
der Auffassung und der Betätigung der Freundschaft genau
durchinterpretieren; dann kommen, gerade in Plautus' Bearbei-
tungen, viele Züge verfeinerter hellenistischer Ethik heraus, und
stellt man die Beziehungen zur theoretischen Ethik her, wie ich
es für einen andern Bereich in dem Aufsatz ,Socia unanimans'
versucht habe (Rhein. Mus. 92, 1943/44, 193 ff.), so wird 'das
4 S. Anm. 2; W. SCHMID hat auf die Motivübernahme aufmerksam gemacht.
Ismene und Euadne, die er in diesem Zusammenhang anfährt, bleiben hier
aus dem oben angeführten Grunde beiseite.
5 Stücke diese« Titels von Menander, Diphilos, Apollodoros von Karystos,
Euphron. ,Amicus atque aequalis', ,aequalis et sodalis' meint auvé<pr$o?.
6 FRIEDRICH ZUCKER
Durchinterpretieren erst recht fruchtbar. Daß diese Züge den
griechischen Originalen angehören, erweisen sie durch ihren Ge-
halt, und manche Fragmente griechischer Originale bestätigen es
und vermehren das Material.
Die Klassifikationen der nikomachischen und eudemischen
Ethik und der Rhetorik des Aristoteles6, der Magna Moralia,
welch letztere jetzt durch F. DIRLMEIER auf die 2. Hälfte des
2. Jahrh. v.Chr. datiert sind (Rhein.Mus.88, 1939, 214ff.), und
des Exzerptes aus Areios Didymos' Abriß der peripatetischen
Ethik7 nach Alter, Stand, Charakter, Verwandtschaft geben wenig
aus für konkrete Situationen. Dagegen in den notationes der ver-
schiedenen Arten der Freundschaft, die Theophrast in den drei
Büchern rapl (piXia? gegeben haben muß, wie G. HEYLBUT, De
Theophrasti libris irepi «piXia? (Diss. Bonn, 1876, p. 27 sqq.), ge-
zeigt hat, mag manches gestanden haben, was wir bei den Komi-
kern dramatisiert finden8. Die notationes bei Plut. de. am. et adul.
und de am. mult., die nach Heylbuts Darlegungen theophrastisch
siiid, könnten nach seiner Vermutung in einem rapl xoXaxeia?
überschriebenen Abschnitt von 7tepi (piXia? gestanden haben.
Eine Vorstellung von dem, was man bei Theophrast erwarten
könnte, verschafft uns die Angabe des Gellius 13, daß er genau
erörterte, inwieweit man um des Freundes willen sich zu unrecht-
mäßigem Handeln entschließen dürfe. Gewiß sprach er dann auch
über das Vorgehen gegen (scheinbar) unrechtmäßiges Handeln
des Freundes, wofür bei Aristoteles Anhaltspunkte vorliegen,
und was bei Plut. de am. et adul., c. 26, p. 67 B, über das Verhalten
ev Tat? opyati; xai Siaipopaü; Tai? TOU? cpiXou? gesagt wird,
hat Heylbut p. 34 auf Theophrast zurückgeführt.
6 B 1380 b 35—1381b 37: Aufzählung der tpiXia begründenden und be-
inhaltenden Momente.
7 Stob. II p. 143, 1 sqq. W.
8 Regenbogen, Theophrastos RE Suppl. VII 1, 1490 bemerkt, daß in den
MM die abstrakten Ableitungen stärker zurücktreten und mehr die Analyse
der ethischen Wirklichkeit berücksichtigt wird, daß aber Theophrastea nur
an einzelnen Stellen vorliegen. Sp. 1485 f. über nepl tpiXia;.
Freundschaftsbewährung in der neuen attischen Komödie 7
Jedenfalls finden wir in dervea zahlreiche Fälle sozusagen der
Kasuistik der Freundschaftsbetätigung in konkreten Situationen
dramatisiert; dabei wird mehrfach dasselbe Motiv in verschiedene
soziale Schichten und verschiedene sittliche Höhenlagen über-
tragen. Wir können diese Motive in die Klassifikationen der ethi-
schen Theorie einordnen, bezeichnenderweise finden wir aber
auch mehrfach ein Hinausgehen über das, was in der Theorie als
das Normale erscheint.
Nun ist gerade das Stück, das für die Gestaltung des Freund-
schaftsmotivs m. E. am lehrreichsten ist, Philemons Thesauros
in der Bearbeitung von Plautus im Trinummus, von WILAMO-
WITZ (Menander, Das Schiedsgericht S. 165) und in verstärktem
Maß von JACHMANN (Plautinisches und Attisches S. 226) als
unerträglich langweilig bezeichnet worden. Zugegeben, daß es
darin an dramatischem Leben mangelt und daß es in Lessings
knapp gestalteter Bearbeitung im ,Schatz' v. J. 1749, der übri-
gens bei WILAMOWITZ (a. 0., Anm.) auch schlecht wegkommt,
lebendiger zugeht: ich hoffe zeigen zu können, daß doch sehr viel
mehr als langweiliges Moralisieren und Ausbreitung von Ge-
meinplätzen darin steckt, und es war mir eine Freude, bei RIB-
BECK, Gesch. d. röm. Dichtung I 103 ff., den Trinummus für ,eines
der gehaltvollsten Stücke' (des Plautus) erklärt zu finden9. Und
gegenüber der Bezeichnung ,Familienlustspiel' o. ä. in der Aus-
gabe von BRIX3 (4Niemeyer war mir z. Z. nicht zur Hand), bei
Hosius, Gesch. d. röm. Lit. 1472 und TEUFFEL-KKOLL, Gesch. d.
röm. Lit. 1177 sagt RIBBECK treffend: ,Freundschaft zwischen
Männern die Grundlage'. Freundschaftsbewährung scheint mir
am besten den Inhalt des Stückes wiederzugeben19.
• Richtig auch F. WEHRLI, Motivstudien zur griech. Komödie (1936) 100
über das Original: ,das er (JACHMANN) allzuhart wegen blutleerer Langeweile
schilt'. Es darf auch nicht unbeachtet bleiben, daß sich bei LEO, der doch
auch auf die Verschiedenheiten der Dichter der Originale eingeht, kein Wort
der Verurteilung findet.
10 Lessing hat die Freundschaft der zwei jungen Männer gestrichen, aber
sonst alle ethischen Motive zur Geltung gebracht.
8 FRIEDEICH ZUCKER
Plautus hat die Gesamthaltung und die Ökonomie von Phile-
mons 07)a«upo<; im wesentlichen bewahrt11. Außer in den kon-
trastierenden Schilderungen seitens des tugendhaften Jünglings
zeigt sich kein Hetärenwesen, und es kommt keine Frauenrolle
vor. Die Auffassung LEOS (a. 0., 117 A. 1), Plautus habe die Lieb-
schaft des leichtsinnigen Lesbonicus ganz in den Hintergrund
gerückt —, so daß er geradezu eine Steigerung des Gesamtethos
vorgenommen hätte —, wird von JACHMANN, a. 0.242 f., zurück-
gewiesen. Dagegen hat LEO (a. 0., A. 2) wohl mit der Annahme
recht, daß Plautus den Stasimus mit spitzbübischen Zügen ver-
sehen hat, während er im Original als treuer, nur um das Wohl des
Hauses besorgter Sklave charakterisiert war, wie Grumio in der
Mostellaria (Philemons OaCT(i«): Trin.677sqq., Most. 77 sqq. ent-
sprechen sich.' Schon die äußere Form der Bearbeitung ist be-
merkenswert: Cantica treten stark zurück; sonst nur Senare und
trochäische Septenare.
Megaronides glaubt voll Entrüstung den in der Stadt gegen
seinen Freund Callicles verbreiteten Vorwürfen, der um schmäh-
lichen Gewinnes willen das Haus des durch seinen Sohn ruinier-
ten Freundes Charmides diesem verschwenderischen Sohn wäh-
rend der Abwesenheit des Vaters abgekauft habe. Daher hält er
dem Callicles vor, er habe versäumt, den ihm anvertrauten Tauge-
nichts zu bessern, habe ihm durch den Kauf nur neue Mittel zur
Fortsetzung seines liederlichen Lebenswandels in die Hand ge-
geben und zugleich den z. Z. abwesenden Freund aus seinem Be-
sitz vertrieben. Mit dieser Verurteilung des Callicles stimmt Sta-
simus12, der Sklave des vermeintlich geschädigten Charmides, in
seinen Äußerungen 615 ff. und gegenüber seinem Herrn selbst
1077 überein.
11 JACHMANN, a. a. 0., 244.
12 Zu den Belegen für den seltenen PN Exacnnos (samt Sxotai^r]) (s. K.
SCHMIDT, Griech. Personennamen bei Plautus, Hermes 37 (1902) 208) ist nach-
zutragen, daß JG XII 3, 1224 (Melos) laut Suppl. (erschienen 1939) p. 93 dem
Anfang des 1. Jh. n. Chr. angehört.
Freundschaftsbewährung in der neuen attischen Komödie 9
Diese Anklagen des Freundes zwingen Callicles, ihm ein Ge-
heimnis zu offenbaren, das ihm Charmides unter der Verpflich-
tung strengster Verschwiegenheit anvertraut hat. Im Haus liegt
ein. Schatz von 3000 Goldstücken verborgen, den Charmides nach
seiner Rückkehr zur Ausstattung seiner Tochter verwenden will.
Da der liederliche Sohn während der Abwesenheit des Vaters das
Haus zum Verkauf ausgeboten hat, mußte Callicles es kaufen, da-
mit er den anvertrauten Schatz dem Freund nach seiner Rück-
kehr unversehrt übergeben kann. Megaronides ist durch diese Er-
klärung sofort umgestimmt und ergeht sich nach dem Abgang des
Callicles in Verwünschungen gegen die Gerüchtemacher13.
Noch einmal gerät Callicles in die Gefahr, schmählicher Hand-
lungsweise gegen die Familie seines Freundes geziehen zu wer-
den. Bei Lesbonicus, seinem leichtsinnigen Schützling, hatte näm-
lich Philto14, der Vater des mit Lesbonicus befreundeten Lysiteles,
für diesen um die Schwester geworben, und zwar ohne Mitgift.
Lesbonicus hatte das abgelehnt und seinen allerletzten Besitz, ein
Ackergrundstück in der Nähe der Stadt, als Mitgift angeboten.
Darüber war es zu keiner Einigung gekommen, aber Lesbonicus
hatte die Schwester dem Lysiteles verlobt mit der Absprache, daß
die beiden Freunde selbst sich über die Mitgift verständigen
sollten.
Was die Verheiratung ohne Mitgift für die Angehörigen der
Braut bedeutete, die für die Ausstattung verantwortlich waren143,
13 Diese Verwünschungen könnten dem Original angehören (Ed. FRAENKEL
Plautinisches im Plautus 187; Plautus hat sie in seiner Weise gestaltet).
14 Zu den Belegen für den Namen bei K. SCHMIDT a. 0.201, ist aus
BECHTEL, Die hi'stor. Personennamen d. Griechischen, 454 f., die unattische
Form 4>(VTOJV (Tegea, JG. V. 2, Nr. 116,2, 3. Jh. v. Chr.; —X-u— als —vx— be-
sonders dorisch, s. ScHWYZER, Griech. Gramm. I, 213) und das Patronymikon
4>IXT(DV(8T|S JG II 1026 II 16 (4. Jh. v. Chr.) hinzuzufügen. Den von BECHTEL
angeführten Belegen zugehöriger Voll- und Kurznamen füge ich hinzu Philtera
aus Ter. Heaut. 662.
14 a Mitgift ist unverbrüchlich herkömmlicher Brauch, aber nicht gesetzliches
Erfordernis, was darin zum Ausdruck kommt, daß sich ein Klagerecht auf Mit-
10 FRIEDRICH ZUCKER
zeigt der Ausruf des Callicles, der von Stasimus die Nachricht er-
fährt: flagitium quidem hercle fiet, nisi dos dabitur virgini (612).
Für die Tochter seines Freundes Charmides sich verantwortlich
fühlend, geht er ab, um sich bei Megaronides Rat zu holen, und
Stasimus, der natürlich keine Kenntnis davon haben kann, welche
Bewandtnis es in Wahrheit mit dem Hauskauf gehabt hat,
vermutet sofort eine neue Schandtat des Callicles, daß er nämlich
dem Lesbonicus den Acker abkaufen will, um die Braut mit Mit-
gift auszustatten.
Megaronides, von Callicles zu Rate gezogen und mit ihm der
Ansicht, daß die Ausstattung mit einer Mitgift unabweisbar sei,
besorgt, es könnten sich von neuem Verdächtigungen gegen
Callicles erheben, wenn er dem Philto eine Mitgift zusage; die
Leute würden vermuten, Callicles habe von Charmides die Mit-
gift erhalten, aber einen Teil zurückbehalten. Solchen Verdächti-
gungen will Megaronides, peinlich auf des Freundes guten Ruf
bedacht, von vornherein vorbeugen; er rät, eine beliebige Person
für Geld zu engagieren, die, als Fremdling ausstaffiert, dem
Callicles und dem Lesbonicus je einen Brief angeblich von Char-
mides überbringen soll des Inhalts, daß er dem Callicles die Mit-
gift überbringen lasse. Die notwendige Summe soll Callicles in
aller Heimlichkeit dem vergrabenen Schatz entnehmen und nach
der Verheiratung aushändigen.
Endlich wiederholt sich die Enttäuschung aus dem ersten Akt
über Callicles, freilich nur für Augenblicke (1077 ff.), im letzten
Akt bei Charmides, als dieser zurückkehrt und den Verkauf seines
Hauses erfährt; er wird sofort durch Callicles selbst aufgeklärt1115.
Man sieht, daß der Dichter des ©vjaaupo? verschiedene in dem
Motiv vermeintlichen Treubruchs liegende Möglichkeiten aufge-
gift nicht nachweisen läßt. Cf. [Men.] rvw[x. 371 vu(j^p7j S'&tpoixo; oix lyji itap-
p^aiav.
"b Das Motiv vermeintlichen Treubruchs seitens des Freundes begegnet
mehrmals bei Freundschaften zwischen jungen Männern, wie sich nachher zei-
gen wird; auf das Vorkommen bei Liebespaaren kann hier nur hingewiesen
werden.