Table Of ContentERGEBNISSE
DER BIOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON
H. AUTRUM . E. BUNNING· K. v. FRISCH
E. HADORN . A. KUHN· E. MAYR . A. PIRSON
J. STRAUB· H. STUBBE· W. WEIDEL
REDIGIERT VON
H. AUTRUM
EINUNDZWANZIGSTER BAND
MIT 42 ABBILDUNGEN
SPRINGER-VERLAG
BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG
1959
ISBN-13: 978-3-540-02379-1 e-ISBN-13: 978-3-642-94739-1
DOl: 10.1007/978-3-642-94739-1
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© by Springer-Verlag oH G. Berlin . Giittingen . Heidelberg 1959
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in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nieht zu der
Annahme, daB solche Namen im Sinn der Warenzeichen- nnd Markenschutz
Gesetzgebung a]s frei Zll betrachten waren nnd daher von jedermann benutzt
werden dilrfen
Inhaltsverzeichnis
KESSLER, ERICH, Dozent Dr., Marburg a. d. Lahn. Die Nitratreduktion griiner
Pflanzen
STOCKHAMMER, KARL, Dr., Miinchen. Die Orientierung nach der Schwingungs
richtung linear polarisierten Lichtes nnd ihre sinnesphysiologischen Grund-
lagen. Mit I Abbildung. . 23
CLEFFMANN, GUNTER, Dr., Marburg a. d. Lahn. Dber die Beteiligung von
Sulfuydrylen an biologischen Prozessen. Mit 1 Abbildung . . . 57
LEHMANN, FRITZ ERICH, Professor Dr., Bern (Schweiz). Der Feinbau der
Organoide von Amoeba proteus und seine Beeinflussung durch verschiedene
Fixierstoffe. Mit 20 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
SJOSTRAND, FRITIOF S., Professor Dr., Stockholm (Schweden). The Ultra
structure of the Retinal Receptors ofthe Vertebrate Eye. 'With 15 Figures . . 128
SCHONE, HERBERT, Dr., SeewiesenJObb. Die Lageorientierung mit Statolithen-
organen und Augen. Mit 5 Abbildungen 161
Namenverzeichnis 210
Sachverzeichnis 220
Die Nitratreduktion griiner Pflanzen
Von ERICH KESSLER, Marburg a. d. Lahn
Aus dem Botanischen Institut der Universitat Marburg a. d. Lahn
Inhaltsiibersicht
I. Einleitung. . . . . . . .
II. Physiologie der Nitratreduktion . . . . . . . 2
1. Zwischenprodukte .......... . 2
2. Beziehungen zu anderen Stoffwechselprozessen 5
3. Bedeutung von Cofaktoren 10
III. Enzyme der Nitratreduktion. 12
IV. Schlu13betrachtung . 15
Literatur . . . . . . . . . . 16
I. Einleitung
Das Nitrat stellt fUr die meisten Pflanzen die wichtigste natiirliche
N-Quelle dar. Da der Stickstoff jedoch in fast allen Fallen erst in
reduzierter Form in organische Bindung iibergefiihrt werden kann, muB
im allgemeinen der N-Assimilation zunachst die Nitratreduktion voraus
gehen, ein Vorgang, der damit im Stickstoffhaushalt der Pflanzen eine
ahnlich fundament ale Rolle spielt wie die Photosynthese im Kohlenstoff
haushalt.
Wahrend im Bereich der Mikroorganismen, vor allem der Bakterien, dem Nitrat
au13er seiner Rolle in der Stickstoff-Ernahrung in vielen Fallen noch eine wichtige
Funktion als H-Acceptor bei respiratorischen Prozessen unter anaeroben Be
dingungen zukommt ["dissimilatorische Nitratreduktion", "Nitrat-Respiration",
"Denitrifikation", vgl. VERHOEVEN (1956), TANIGUCHI, SATO und EGAMI (1956),
SATO (1956)], kann man die Nitratreduktion der griinen Pflanzen wohl fast aus
schliel3lich unter dem Aspekt der N-Assimilation betrachten. Eine interessante
Ausnahme von dieser Regel liegt vor bei Keimpflanzen von Vigna sesquipedalis.
In den Kotyledonen dieser Leguminose dient das Nitrat unter anaeroben Bedin
gungen als H-Acceptor fiir respiratorische Vorgange und wird dabei zum Nitrit
reduziert, wahrend in den iibrigen Teilen der Keimpflanzen nur die aerobe assimila
torische Nitratreduktion erfolgen kann [KUMADA (1953), EGAMI u. Mitarb. (1957)J.
Auch bei der anaeroben Reduktion von Nitrat und Nitrit mit molekularem Wasser
stoff durch solche Griinalgen, die das Enzym Hydrogenase besitzen, handelt es
sich offenbar urn einen Fall von dissimilatorischer Nitratreduktion [KESSLER
(1957a)].
In seiner allgemeinsten Form laBt sich der Vorgang der Nitrat
reduktion wiedergeben durch die Gleichung
HN03 + 8(H) -+ XHa + 3H.O.
Ergebnisse der Biologie XXI
2 ERICH KESSLER
Fiir die Reduktion eines Molekiils Nitrat bis zum Ammoniak miissen
also 8 (H) bzw. 8 Elektronen aufgewendet werden. Die Herkunft dieses
Wasserstoffs und der fiir den Verlauf dieser Reaktion notwendigen
Energie, d. h. die Kopplung der Nitratreduktion an den Stoffwechsel der
Zelle, stellt eines der wichtigsten Probleme bei der Erforschung der
Physiologie dieses Vorgangs dar. Eng damit verkniipft ist die bio
chemische Frage nach dem Mechanismus der Wasserstoff-(bzw. Elek
tronen-) Obertragung sowie der Natur der nitratreduzierenden Enzyme.
Dariiber hinaus ergibt sich das Problem, we1che Zwischenprodukte bei
der Reduktion des Nitrats bis zum Ammoniak auftreten.
Die Biochemie der Nitratreduktion konnte in den letzten Jahren,
vor allem durch die Arbeiten von EVANS, NASON und NICHOLAS sowie
EGAMI, SATO u. Mitarb. weitgehend aufgekHirt werden [vgl. NASON (1956),
EVANS (1956), NICHOLAS (1957b), SPENCER (1958)]. Die wichtigsten
Probleme fUr die weitere Forschung bestehen nun darin, festzustellen,
ob die in vitro erhaltenen Befunde iiber den Mechanismus der Nitrat
reduktion auch in vivo und bei allen Pflanzen Giiltigkeit besitzen, oder
ob verschiedene Wege der Reduktion des Nitrats in verschiedenen
Organismen beschritten werden. DaB die Moglichkeit unterschiedlicher
Reduktionsmechanismen durchaus besteht, geht z. B. aus den Unter
suchungen von SILVER u. McELROY (1954) hervor [vgl. auch SATO (1956),
DE LA HAEA (1950)]. Auch die Tatsache, daB es im tierischen und im
pflanzlichen Organismus Enzyme gibt, we1che - wie z. B. Aldehyd
oxydase und Xanthinoxydase - in vitro Nitrat zu reduzieren vermogen
[MAHLER u. Mitarb. (1954), MACKLER u. Mitarb. (1954)J, ohne deshalb
normalerweise in vivo an der Nitratreduktion beteiligt zu sein, laJ3t eine
gewisse Vorsicht bei der Obertragung der in vitro erhaltenen Befunde auf
die Verhaltnisse in vivo ratsam erscheinen. AuBerdem gilt es, die mannig
fachen Beziehungen zwischen den anderen Stoffwechselprozessen und
der Nitratreduktion weiter aufzuklaren.
1m folgenden soIl versucht werden, einen Uberblick liber den gegenwartigen
Stand un serer Kenntnis der Nitratreduktion grliner Pflanzen zu geben. An Bak
terien oder Pilzen durchgefiihrte "Untersuchungen werden nur dann berlicksichtigt,
wenn ihre Ergebnisse von allgemeiner Bedeutung sind. Unser Bericht stiitzt sich
hauptsachlich auf die in den letzten 15 J ahren erschienenen Arbeiten, da die
altere Literatur in mehreren zusammenfassenden Abhandlungen bereits eingehend
besprochen worden ist [BURSTROM (1945), NIGHTINGALE (1937, 1948), STREET (1949),
McKEE (1949), VIRTANEN U. RAUTANEN (1952)J.
II. Physiologie der Nitratreduktion
1. Zwischenprodukte
Wie bei den meisten in mehreren Reaktionsschritten verlaufenden
biochemischen Prozessen kommt es auch bei der Nitratreduktion ge
wohnlich nicht zu einer meI3baren Anhaufung von Zwischenprodukten.
Die Nitratreduktion griiner Pflanzen 3
Urn diese abzufangen und dem chemischen Nachweis zuganglich zu
machen, bedarf es experimenteller Eingriffe, die im gunstigsten Fall die
Nitratreduktion auf einer sonst glatt durchlaufenen Stufe zu blockieren
vermogen. Als so1che kommen in erster Linie die Anwendung spezifischer
Stoffwechselgifte sowie die Erzeugung biochemischer Mutanten mit
Hilfe energiereicher Strahlungen in Frage. Weiterhin ist zu beachten,
daB an ein normales Zwischenprodukt die Forderung gestellt werden
muB, daB es yom lebenden Organismus mindestens ebenso schnell ver
arbeitet wird wie das Nitrat selbst.
a) Nitrit. Bereits seitlangem wurde das Nitrit fur dasersteZwischen
produkt der pflanzlichen Nitratreduktion gehalten. Wahrend es bei
heterotrophen Mikroorganismen, den Bakterien und Pilzen, haufig
gelang, Nitrit in reichlichen Mengen im Kulturmedium bei der Nitrat
reduktion nachzuweisen, lagen fUr grune Pflanzen lange Zeit nur wenige
und meist unsichere Befunde vor [vgl. BURSTROM (1945), MEVIUS (1958)].
Der einzige Fall einer starken Nitritanhaufung unter definierten expe
rimentellen Bedingungen (Chlarella, Anaerobiose im "Nitratgemisch",
PH 2,0) wurde sogar als eine pathologische Nebenreaktion ohne physiolo
gische Bedeutung betrachtet [WARBURG u. NEGELEIN (1920)J, weil die
Nitritbildung sich im Gegensatz zur normalen Nitratreduktion als
unempfindlich gegen Cyanid erwies. 1m Gewebe hoherer Pflanzen ge
staltet sich der Nachweis des Nitrits besonders schwierig wegen dessen
Instabilitat und Reaktionsfahigkeit. Nur selten wurde deshalb das
Auftreten geringer Nitritmengen in Blattern und Wurzeln beobachtet
[z. B. NANCE (1948, 1950), VIRTANEN U. SAUBERT-V.HAUSEN (1951),
KUMADA (1953), SPENCER U. WOOD (1954), EGAMI u. Mitarb. (1957)J.
In Maceraten und Extrakten kommt die Gefahr einer Infektion des
Versuchsmaterials mit nitritbildenden Bakterien hinzu [vgl. BURSTROM
(1945), WOOD (1953)]. Bei einzelligen Grunalgen laBt sich dagegen im
allgemeinen ohne groBe Schwierigkeit zeigen, daB das Nitrit einZwischen
produkt der Nitratreduktion ist [MAYER (1952), KESSLER (1952, 1953a, b,
1955), OMURA (1954), BONGERS (1956)J. SO kommt es bei Ankistradesmus
braunii in nitrathaltiger Nahrlosung im Dunkeln unterhalb von PH 4 zu
einer Anhaufung von Nitrit, deren Starke zunimmt mit steigender
Aciditat der Nahrlosung [KESSLER (1952, 1953a)J. Dies liegt an einer
Hemmung der weiteren Reduktion des Nitrits im starker sauren PH
Bereich bei gleichzeitiger Verstarkung der Reaktion Nitrat -+ Nitrit.
Die gleiche auf einer unterschiedlichen PH-Abhangigkeit von Nitrat
und Nitritreduktion beruhende Methode laBt sich auch bei Scenedesmus
quadricauda anwenden, nur daB hier bereits unterhalb von PH 7 die Nitrit
bildung gegenuber der Nitritreduktion uberwiegt und eine Anhaufung
dieses Zwischenproduktes der Nitratreduktion stattfindet [KESSLER
(1953b)]. Wahrend jedoch auch in stark saurem Medium das nitrit-
1*
4 ERICH KESSLER
rcduzierende System dieser A1gen nur tei1weise inaktiviert wird, ge1ingt
eine vollstandige Blockierung der ~itratreduktion auf der Nitritstufe bei
Ankistrodesmus mit Hilfe von 2,4-Dinitrophenol [KESSLER (1955a)J.
Sei Zusatz von 5· 10-5 m (PH 4,0) bzw. 2· 10-3 m (PH 6,5) DNP wird
die weitere Reduktion des Nitrits vollkommen gehemmt, wahrend die
Reaktion ~htrat --'>- Nitrit nicht beeinfluBt wird; info1gedessen kommt
es innerhalb kurzer Zeit zu einer sehr starken Anhaufung von Nitrit.
\Veitere experimentelle Eingriffe, die einen Nachweis dieses Zwischen
produktes erlauben, sind ein Zusatz von Pheny1urethan sowie anaerobe
Inkubation bei mehreren Chlorella-Stammen [KESSLER (1953b)J. -
In allen diesen Fallen envies sich die ~itritbi1dung, im Gegensatz zu den
Angaben von WARBUHG u. NEGELEIX (1920), als sehr empfindlich gegen
Cyanid, wahrend die weitere Reduktion des Nitrits erst durch erheblich
hahere Cyanidgaben vermindert wird. Auch die in Weizenwurze1n unter
anaeroben Bedingungen stattfindende Anhaufung von Nitrit wird bereits
durch geringe Cyanidkonzentrationen stark gehemmt [NANCE (1950)].
Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, daB das Nitrit fUr niedere
und hahere Pflanzen eine vollwertige Stickstoffquelle darstellt [vgl. BUE
STROM (1945), MEVIUS (1958) J. Voraussetzung ist dabei allerdings, daB
bei neutra1em bis schwach a1ka1ischem PH-Wert gearbeitet wird, da
Nitrit in haherer Konzentration im sauren PH-Bereich (a1s freie HN0
2)
eine starke Giftwirkung ausiibt. Entgegen anders1autenden alteren
Angaben ist das Nitrit auch beim Wiederergrunen ge1ber N-Mange1a1gen
dem Nitrat und Ammonsa1z gleichwertig [KESSLEr< (1953a)J.
b) Hyponitrit und H ydroxylamin. Obwoh1 vie1es dafur spricht, daB
auch Hyponitrit ein Zwischenprodukt der bio1ogischen Nitratreduktion
ist, ist es hisher nicht ge1ungen, diese recht instabi1e und reaktionsfahige
Substanz in vivo nachzuweisen. Auch uber die Fahigkeit der Pflanzen,
zugesetztes Hyponitrit zu reduzieren, besteht noch keine K1arheit.
McNALL u. ATKINSON (1957) fanden zwar, daB Hyponitrit von Escherichia
coli reduziert und a1s N -Quelle verwendet wird; entsprechende Versuche
mit Aspergillus und Tahak verliefen jedoch vallig negativ i STEINBERG
(1953, 1956)].
Ahn1ich liegen die Dinge beim Hydroxy1amin, das in h6herer Konzen
tration ein starkes Gift fur viele hio1ogische Prozesse darstellt. Nach
einigen friiheren und z. T. nnsicheren Angaben uber clas Auftreten von
Hydroxy1amin in Nitrat reduzierenden Bakterien sowie Blattern haherer
Pflanzen [vgl. BURSTl~OM (1945) ] ist es in neuerer Zeit haufiger mag1ich
gewesen, NH 0H bei Bakterien und Pi1zen nachzuweisen [vgl. RAU
2
TANEN (1958) J. SILVEr< U. McELROY (1954) ge1ang es auBerdem, durch
UV-Bestrah1ung Mutanten von Neurospora crassa zu erha1ten, bei clenen
eine Anhaufung von Hydroxy1amin (und Nitrit) im Kulturmedium
stattfindet. Oxime, mag1icherweise durch H.eaktion von Hyclroxy1amin
Die Nitratreduktion griiner Pflanzen 5
mit Ketosauren entstanden, wurden auBerdem mehrfach in niederen
und hOheren Pflanzen gefunden [vgl. WOOD (1953), RAUTANEN (1958)J.
Versuche, NH 0H als Stickstoffquelle fUr Pflanzen zu verwenden,
2
waren im allgemeinen wegen dessen starker Giftwirkung wenig erfolg
reich. Bei Anwendung sehr geringer Konzentrationen konnte jedoch
eine Reduktion und Assimilation von Hydroxylamin durch Bakterien
[vgl. RAUTANEN (1958)J und durch hOhere Pflanzen [WOOD u. Mitarb.
(1948), WOOD U. HONE (1948), YEMM U. WILLIS (1956)J beobachtet
werden. Versuche von STEINBERG (1953) mit Tabakpflanzen verliefen
dagegen negativ. Bei der Griinalge Ankistrodesmus wurde eine Reduktion
von NH 0H mit molekularem Wasserstoff gefunden [KESSLER (1957a)J.
2
c) Ammoniak als Endprodukt. Obwohl grundsatzlich die M6glichkeit
einer Dberfiihrung des reduzierten Stickstoffs in organische Bindung
bereits auf der Hydroxylamin-Stufe besteht [Bildung von Oximen bzw.
Hydroxamsauren; vgl. VIRTANEN (1950), RAUTANEN (1958)J, erfolgt doch
die N-Assimilation wohl in den meisten Fallen erst nach Reduktion bis
zum Ammoniak. Zu einer starkeren Anhaufung dieses Endproduktes der
Nitratreduktion kommt es jedoch im allgemeinen nur dann, wenn dessen
Einbau in Aminosauren durch Mangel an geeigneten C-Verbindungen
oder durch experimentelle Eingriffe gehemmt ist. Eine weitere Schwie
rigkeit beim Nachweis von NHa liegt darin, daB dieses nicht nur als
Endprodukt bei der Nitratreduktion entsteht, sondern auch durch Des
aminierung im Zuge des Aminosaure-Abbaus gebildet werden kann.
U nter den extremen Bedingungen des" N it rat gemisches" en/ION aN 03,
1n/100 HN03, PH 2,0) konnten bereits WARBURG u. NEGELEIN (1920) bei
Chlorella eine starke Anhaufung von NH3 im Kulturmedium nachweisen.
Wahrend bei den im Dunkeln ausgefiihrten Versuchen in den ersten
beiden Stund en noch ein groBer Teil des reduzierten Stickstoffs assimiliert
wurde, fand von der 3. bis 4. Stunde an eine fast quantitative Aus
scheidung des NH3 in die Nahrl6sung statt. 1m Licht, bei Abwesenheit
von CO wurde gleichfalls eine starke Ammoniak-Anhaufung beobachtet.
2,
Bei ahnlichen Versuchen unter normalen PH- und Konzentrationsbedin
gungen konnte im Dunkeln sowie im Licht mit CO keine Ausscheidung von
2
NH3 ins Kulturmedium nachgewiesen werden. Wurde jedoch im Licht
durch CO -Mangel die Assimilation des NH3 verhindert, so trat Ammoniak
2
in erheblichen Mengen auf [BONGERS (1956)]. In Blattern hOherer Pflan
zen fanden DELWICHE (1951) sowie MENDEL u. VISSER (1951) eine Bil
dung von NH3 bei der Reduktion von Nitrat, das mit N15 markiert war.
2. Beziehungen zu anderen Stoffwechselprozessen
Durch ihren Bedarf an H-Donatoren [reduzierte Pyridinnucleotidc:
EVANS U. NASON (1952, 1953)J sowie energiereichem Phosphat [KESS
LER (1953a, 1955)J ist die Nitratreduktion eng an den iibrigen Stoff-
6 ERICH KESSLER
wechsel der pflanzlichen Zelle gekoppelt. Dariiber hinaus vermogen
Atmung und Photosynthese auch noch auf indirektem Wege in die
Nitratreduktion einzugreifen durch Lieferung der fiir die Assimilation
des NH3 notwendigen C-Verbindungen. Ganz allgemein hat sich die
Nitratreduktion in vivo als in starkem MaBe abhangig yom Verhaltnis
C : N in der Zelle erwiesen; N -Mangelzellen zeigen demgemaB nach
Zusatz von Kitrat eine besonders intensive Reduktion und Assimilation
lWARBURG u. NEGELElN (1920), MYERS U. CRAMER (1948), MYEl,s (1949),
PIRSOK U. WILHELMI (1950), KESSLER (1953a, b), SYRETT (1954, 1955,
1956a, b), WILLIS U. YEMM (1955), BOXGEHS (1956)J.
a) Atmung. Ein typischer Fall von strikter Kopplung der Nitrat
reduktion im Dunkeln an die aerobe Atmung liegt bei den Griinalgen vor.
1m allgemeinen werden Nitrat- und Nitritreduktion in Anaerobiose
(N 2-Atmosphare) stark gehemmt; lediglich bei einigen Chlorella
Stammen findet unter diesen Bedingungen noch eine Reduktion des
Nitrats bis zur Nitritstufe statt rWARBVRG u. NEGELEDI (1920), KESSLER
(1953a, b)J. Offenbar reicht die geringfiigige Garung dieser Algen nicht
fUr eine nennenswerte anaerobe Nitrat- und insbesondere Nitritreduktion
aus [vgl. auch SYI<ETT (1954)J. Auch unter aeroben Verhaltnissen lam
sich die enge Kopplung der weiteren Reduktion des Nitrits an die Atmung
leicht nachweisen: Eine starke Anhaufung von Nitrit bei A nkistrodesmtts
im sauren PH-Bereich setzt erst ein, wenn die Atmung infolge allmahlicher
Erschopfung der Kohlenhydratreserven abgesunken ist; denn eine
starke Nitritreduktion kann nur dann erfolgen, wenn die Zellen intensiv
atmen, wahrend die Reaktion Nitrat -~ Nitrit auch bei stark verminderter
Atmung noch in erheblichem AusmaB ablauft [KESSLER (1952, 1953a)J.
Noch klarer werden die engen Beziehungen zwischen Atmung und Nitrit
reduktion durch Versuche mit 2,4-Dinitrophenol (DNP), einem Gift,
welches durch Entkopplung der Phosphorylierungen atmungsabhangige
energieverbrauchende Prozesse hemmt. Mit Hilfe geeignetcr DNP
Konzentrationen gelingt es, die weitere Reduktion des Zwischenproduktes
Nitrit bei Ankistrodesmus vollstandig zu unterbinden, ohne daB dadurch
die Reaktion Nitrat -+ Nitrit beeinfluBt wird [KESSLER (1955)J. Aus
diesem Ergebnis folgt, daB die Funktion der aeroben Atmung sich nicht
nur auf die Licferung der notwendigen H-Donatoren (sowie der fiir die
DberfUhrung des NH3 in organische Bindung erforderlichen C-Verbin
dungen) beschrankt, sondern daB sie dariiber hinaus auch energiereiches
Phosphat zu licfern hat, welches offenbar allein fUr die weitere Reduktion
des Zwischenproduktes Nitrit benotigt wird.
"i\hnlich eng yerkniipft mit der aeroben Atmung ist auch die Nih-at
reduktion in den oberirdischen Organen hohercr Pflanzen rz . B. FOLKES
u. Mitarb. (1952), KnL\DA. (1953), EG_'l.MI u. Mitarb. (1957)J; cine Aus
nahme wurde lcdiglich bci der anaeroben I(eduktion von Nitrat zu
Die Nitratreduktion grtiner Pflanzen 7
Nitrit in den Kotyledonen von Vigna gefunden [KUMADA (1953),
EGAMI u. Mitarb. (1957)J. Fur die Wurzeln hOherer Pflanzen liegen
dagegen z. T. sich widersprechende Befunde vor. Wahrend in Wurzeln
von Rettich und Gerste die Reduktion und Assimilation von Nitrat mit
einer erhohten Atmung verbunden ist [SAiD U. EL SHISHINY (1947),
WILLIS U. YEMM (1955), YEMM U. WILLIS (1956)J, soll die Nitratreduktion
von Soja- und Weizenwurzeln durch Sauerstoff gehemmt werden
[SHIVE (1941), GILBERT U. SHIVE (1942, 1945), NANCE (1948)J [vgl. da
gegen BURSTROM (1939b)]. In diesem Fall sind es offenbar Garungs
vorgange, welche die fUr die Reduktion des Nitrats notwendigen
H-Donatoren liefern. Die weitere Reduktion des Nitrits zum NH3 ist
jedoch auch hier ein aerober, an die Atmung gebundener Vorgang
[NANCE (1948), NANCE U. CUNNINGHAM (1951)].
Andere Verhaltnisse liegen wohl bei der anaeroben Nitratreduktion vieler obligat
oder fakultativ anaerober Bakterien vor. Hier dient das Nitrat im wesentlichen
an Stelle von freiem Sauerstoff als H-Acceptor in einem anaeroben Atmungs
vorgang. In diesem Fall wird der reduzierte Nitrat-Stickstoff gewiihnlich nicht
assimiliert, sondern als N2, N20, Nitrit oder NH3 ausgeschieden. Bei diesem Vor
gang scheinen, wie bei der Atmung, Cytochrome eine wesentliche Rolle zu spielen
[vgl. SATO (1956), VERHOEVEN (1956), VERHOEVEN U. TAKEDA (1956)J.
Stets ist die Nitratreduktion im Dunkeln verbunden mit einem
erhohten Kohlenhydrat-Abbau. Dieser laBt sich sowohl analytisch
[ECKERSON (1924), HAMNER (1935), SYRETT (1956a)J als auch mano
metrisch durch eine gegenuber der normal en Atmung erhohte CO2-
Produktion nachweisen. WARBURG u. NEGELEIN (1920) konnten zeigen,
daB die Menge dieses "Extra-C0 in einem stochiometrischen Ver
2"
haltnis zur Menge des reduzierten Nitrats steht, entsprechend der
Gleichung [vgl. auch SYRETT (1955)J
+ + +
HN03 2 (CH20) -+ NH3 2C02 H20.
Ganz analog entstehen bei der Reduktion von einem Mol Nitrit F/2Mole
Extra-C02 [KESSLER (1953a), SYRETT (1955)J:
+ +
HN02 F/2(CH20) -+ NH3 F/2C02+ I/,H,O.
In diesen Gleichungen findet die Tatsache ihren Ausdruck, daB Kohlen
hydrate den fur die Reduktion des Nitrats bzw. Nitrits notigen Wasser
stoff (in Form von reduzierten Pyridinnuc1eotiden) liefern und dabei
zu CO2 oxydiert werden.
b) H ydrogenase-Reaktion. Bei denjenigen Bakterien, die durch den
Besitz des Enzyms Hydrogenase zur H2-Aktivierung befahigt sind,
kann auch der molekulare Wasserstoff als H-Donator bei der Reduktion
von Nitrat, Nitrit und Hydroxylamin dienen [STICKLAND (1931),
WOODS (1938), LASCELLES U. STILL (1946), KRASKA U. RITTENBERG
(1954)J. An die primare Aktivierung des H2 durch die Hydrogenase