Table Of ContentEKZEMA INFANTUM
UND
DERMATITIS SEBORRHOIDES
KLINIK UND PATHOGENESE
VON
DR. ERNST MORO
PROFESSOR DER PADIATRIE IN HEIDELBERG
MIT 126 ABBILDUNGEN
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1932
ISBN 978-3-662-27317-3 ISBN 978-3-662-28804-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-28804-7
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN.
COPYRIGHT 1932 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
Ursprünglich erschienen bei Julius Springer in Berlin 1932
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1932
PAUL GYORGY
WALTER KELLER
ANNI NOLL
~'trR WERTVOLLE MITARBEIT
ZUM DANK
Vorwort.
1m Herbst 1928 entsprach ich der Aufforderung des damaligen Vorstandes
der Deutschen Gesellschaft fiir Kinderheilkunde das padiatrische Ekzem
referat fiir den nachsten KongreB (Wiesbaden, April 1929) zu iibernehmen.
Die Aufgabe war schwierig; denn zu "referieren" gab es wenig, da der Zuwachs
an positivem Wissen piidiatrischerseits sehr gering war. Urn so mehr sah ich
mich gezwungen, im dermatologischen Grenzgebiet Umschau zu halten. Dabei
durfte ich die freudige Genugtuung empfinden, wenn auch nur als Dilettant,
so doch manches gelernt zu haben. Die natiirliche Folge war eine mehr derma
tologische Einstellung zum Thema.
Mit Bedauern muBte ich feststellen, daB die von dieser Seite geleistete
Riesenarbeit der padiatrischen Ekzemforschung bisher fast in keiner Weise
dienstbar gemacht wurde. Andererseits ist nicht zu leugnen, daB sich die Bear
beitung der friihkindlichen Dermatosen, besonders jener der ersten Sauglings
zeit, dermatologischerseits nicht immer jener Sorgfalt zu erfreuen hat, wie
sie ihr angesichts der Bedeutung des Gegenstandes zukommen soUte. Wenn es
mir gelingen konnte, den, vielleicht - aber gegebenenfalls ganzlich unnotiger
weise - unter dem EinfluB der Diathesenlehre, etwas gelockerten Kontakt
beider Disziplinen im Interesse der gemeinsamen Sache wiederum mehr zu
festigen, so ware ein Ziel meiner Bemiihungen erreicht.
Die schicksalsreiche Geschichte der Lehre vom Ekzem legt es nahe, die
Anspriiche von vornherein bescheiden zu gestalten. Vieles muBte hypothetisch
bleiben, und manches Bekenntnis rein subjektiv. Beides kann fruchtbar wirken,
wenn auch nur insofern, als da und dort zum Widerspruch herausgefordert wird.
Weiterhin aber gab das Ekzemreferat den AnstoB zu umfangreichen Unter
suchungen experimenteUer Art, mit denen sich unsere Klinik seit jenem Zeit
punkt unausgesetzt und in intensivster Weise beschaftigt hat. Zum groBen
Teil werden ihre Ergebnisse hier erstmalig mitgeteilt.
Die vorliegende Broschiire tragt den Charakter von "Abhandlungen". Sie
stellt keine Monographie dar. Dementsprechend wurde auch auf die Wieder
gabe ausfiihrlicherer Literaturhinweise und auf die Ausarbeitung eines beson
deren therapeutischen Abschnittes verzichtet.
Der klinische Teil und die ersten Abhandlungen zur Pathogenese waren
bereits fertiggestellt, bevor ich die Uberzeugung von der wesentlichen Bedeu
tung der Allergie fiir die Genese des Ekzema infantum gewann. Es darf mit
Befriedigung konstatiert werden und spricht fiir die solide Fiihrung rein klini
scher Beobachtung, daB an dem Text auch nachtraglich (auBer einigen Kiir
zungen im Abschnitt iiber die Crusta lactea) nichts geandert zu werden brauchte.
Trotzdem auf diese Weise der Eindruck einer gewissen Inhomogenitat erweckt
werden kann und bei solchem V orgehen auf die Schonheit der Darstellung
VI Vorwort.
"aus einem GuB" verzichtet werden muBte, ergab sich dabei ein bemerkens
werter Nutzeffekt: Die Aufzeigung der Tatsache namlich, daB die verschie
densten Anschauungen miteinander vereinbar sind. In der Medizin verhalt
es sich namlich kaum jemals so, daB nur einer recht hat und die andern alIe
unrecht.
Die Durchfiihrung dieser Arbeit wurde uns durch Unterstiitzungen der
Gesellschaft der Freunde der Universitat Heidelberg ermogIicht, wo
hir an dieser Stelle der ergebenste Dank abgestattet werden soll.
Der hervorragenden Leistungsfahigkeit des Verlages Julius Springer,
Berlin verdanke ich die ausgezeichnete Reproduktion der zahlreichen Abbil
dungen und die fabelhafte Promptheit der Veroffentlichung.
Heidel berg, den 7.0ktober 1931.
~IORO.
Inhaltsverzeichnis.
Klinik. Seite
Versuch einer Entwicklung des klinischen Ekzembegriffes durch ele-
men tare Anschauung . . 1
Crusta lactea ...... . 25
Erythrodermia desquamativa 31
Neurodermitis 39
Pathogenese.
Das Ekzem als neuroreflektorischer Entziindungsvorgang . 52
Status punctosus . . 52
Isomorpher Reizeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Reflektorisches Ekzem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Das klinische Bild in seiner Abhii.ngigkeit yom Reaktionsboden und von
der Reaktionslage 58
Altersbedingtheit 59
Anlagebedingtheit . . 66
Sekundare Einfliisse . 75
Das Ekzema infantum als allergisches Phanomen 81
Die Eiklarreaktion. . 81
Weitere Testantigene. . . . 86
Der Antikorper . . . . . . 87
Eiklarnegative Ekzemkinder 93
Wesen und Bedingungen der hautallergischen Reaktion 104
Trophallergie und Ekzemgenese . . . . . . . . . . . 107
Die Abhangigkeit des Ekzemcharakters yom Sensibilisierungsvorgang. lIS
Der Sensihilisierungseffekt bei seborrhoider Reaktionslage 124-
Der "ekzematisierte" Milchschorf 130
Eosinophilie hei Ekzem 133
Ernii.hrung und Stoffwechsel 134
Bemerkungen zur Diathesenfrage 134
Kritik und Schwierigkeiten der Lage 137
Das Ekzem als Stoffwechseldermatose 143
Dermatitis sehorrhoides und Erythrodermiegruppe 150
Die Dermatitis seborrhoides, ein Nahrschaden der Raut . 152
Der toxische Charakter generalisierender Erythrodermien 159
Sachverzeichnis . , . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Klinik.
Versnch einer Entwicldung des klinischen
Ekzembegriffes durch elementare Anschauung.
Unter Intertrigo (Dermatitis intertriginosa) verstehen wir sinngemaJ3
nur solche entziindliche Rotungen, die durch Reibung zweier sich eng bertihrender
Hautpartien zustandekommen. Lokalisation demnach vor aHem: Ad nates
(zirkumanal, zwischen den Backen, in der GesaBoberschenkelfalte) in den
Falten des RaIses, in den Beugen (Abb. 1).
Verliert die entztindliche Rotung ad nates ihren intertriginosen Charakter
oder tritt sie dort von vornherein flachenhaft in brei tel' Ausdehnung auf, dann
spricht man vielfach von Erythema glutaeale. Gegen die Bezeichnung
del' Dermatose als "Erythem" sind berechtigte Einwande erhoben worden,
da die entziindlichen Erscheinungen im Vordergrund stehen. Wir wollen dafiir
den zutreffenderen Ausdruck Dermatitis erythematosa glutaealis
gebrauchen. Wie aus Abb. 2 ersichtlich, greift die intensive Rotung meistauf
die Beugeseite der Beine tiber.
Besteht, wie so haufig, auBerdem Intertrigo in der Leiste, im Nacken, in
den Ralsfalten, in einer oder anderen Gelenkbeuge (bes. axillar), dann ist in
der Regel reichlichere Schuppenbildung am behaarten Kopf nachweisbar
(Abb.3). Die Dermatitis zeigt ausgesprochene Tendenz zur Desquamation
und Ausbreitung. Erfolgt solches Fortschreiten in anscheinend gesundes Haut
gebiet in Form kreisrunder oder ovaler Inseln, dann resultieren sehr charak
teristische Bilder (Abb.4, 5, 6). In Abb.4 ist die Schuppenbildung deutlich
erkennbar. Beseitigt man, etwa durch Olumschlage, die Schuppen, dann tritt
sofort die tiefrot glanzende erythematOse Grundlage hervor (Abb.5). Abb. 6
zeigt den gleichen Fall nach dreiwochiger Behandlung.
Die Dermatose wird in der Regel als "Ekzema se borl'hoicu m" bezeichnet.
Sie ist aber, wie schon aus del' raschen und restlosen Abheilung hervorgeht,
bestimmt kein "Ekzem" und streng genommen auch keine l'eine "Seborrhoe".
Also kann die Bezeichnung schon deshalb allein nicht passen.
1m vortl'efflichen Atlas von FINKELSTEIN-GALEWSKY sind mehrere solche
FaIle abgebildet und gleichfalls als "Ekzema seborrhoicum" signiert. Indes
darf den Autoren daraus kein Vorwurf gemacht werden; denn daB diese Derma
tose mit dem von UNNA in so ausgezeichneter Weise beschriebenen Krankheits
bild mannigfache Ziige gemein hat, dariiber besteht kein Zweifel. Gegen die
"Diagnose" ware also in diesem Sinne nichts einzuwenden. Unbedingt zu
bemangeln ist nur die Namengebung. Um als AuBenseitel' mit diesem Urteil
nicht anmaBend zu erscheinen, zitiere ich einen Meister der alteren Dermato
logie, BESNIER, der sich dariiber folgendermaBen geauBert hat:
Moro, Ekzema infantum.
2 Klinik.
Abb. 1. F. B. 4 Mon. Dermatitis intertriginosa.
Abb. 2. H. G. ;3 Mon. Dermatitis erythematosa glutaealis.
Abb.3. U. Sch. 10 'Voch. Dermatitis erythernatosa seborrhoides.
Versuch einer Entwicklung des klinischen Ekzembegriffes durch elementare Anschauung. 3
"Das Ekzema seborrhoicum UNNAS ist weder ein Ekzem, noch eine sebor
rhoische Dermatose und der von UNNA gewiihlte Ausdruck bedeutet somit
Abb.4. E. N. 4 Mon. Dermatitis seborrhoides.
Abb. 5. Nach Olumschliigen.
Abb.6. Nach dreiwochiger Behandlung.
einen doppelten Trrtum; nichtsdestoweniger soli man ihn beibehalten. 1. Wei!
er bequem ist und 2. wei! er es erspart, in die Dermatologie einen neuen Namen
einzufiihren. "
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