Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 3106 / Fachgruppe Medizin
Herausgegeben vom Minister für Wissenschaft und Forschung
Prof. Dr. med. Dipl. -Ing. Hans-J oachim Opitz
Priv. -Doz. Dr. phil. Dipl. -lng. Hasso von Wedel
unter Mitarbeit von
Dr. med. Hubert Kley · Prof. Dr. med. UHrich Koch
Dr. med. Hans-Wilhelm Pau · Dr. med. Dirk Spillmann
Klinik und Poliklinik
für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
der Universität Bonn
Einfluß der eingeschränkten
Tubenfunktion auf das Mittelohr
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1982
CIP-Kurztitelau~nahme der Deutschen Bibliothek
Opitz, Hans-Joachim:
Ein~luss der eingeschränkten Tuben~unktion au~
das Mittelohr / Hans-Joachim Opitz ; Hasso von
Wedel. Unter Mitarb. von Hubert Kley ••• -
Opladen : Westdeutscher Verlag, 1982.
(Forschungsberichte des Landes Nordrhein
West~alen ; Nr. J106 : Fachgruppe Medizin)
ISBN 978-3-531-03106-4
NE: Wedel, Hasso von:; Nordrhein-Westf"alen:
Forschungsberichte des Landes •••
C> 1982 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1982
Herstellung: Westdeutscher Verlag
ISBN 978-3-531-03106-4 ISBN 978-3-663-19763-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-19763-8
- III -
num1t
I Einleitung
1
II Anatomie, Physiologie und
3
Pathophysiologie der Tuba
Eustachii
III Experimenteller Teil
9
III.1 Tubenfunktionsprüfungen
9
III.1.1 Tympanometrie
10
III.1.2 Tubenmanometrie
13
III.2 Die Tubenfunktion beim 15
Seromukotympanon
III.2.1 Tympanometrie und Tubenmano 15
metrie bei chronischen
Mittelohrentzündungen
III.2.2 Tubenfunktion bei Kindern
18
mit Paukenröhrchen
III.2.3 Paukenergüsse bei Er 21
wachsenen
III.3 Tubenfunktion nach opera
24
tiven Eingriffen im rhino
pharyngealen Bereich und im
Mittelohr
III.3.1 Rhinochirurgische Eingriffe 25
III.3.2 Adenotomie und Tympanoplastik 29
III.3.3 Adhäsivprozeß und Tympano- 31
plastik
III.4 Statistische Analysen 37
- IV -
III.4.1 Altersabhängigkeit
37
III.4.2 Rezidivhäufigkeit 41
III.5 Spezielle Fragestellun- 44
gen
III.5.1 ftittelohrdruckverhält- 45
nisse
III.5.2 Auswirkungen von Kontra- 50
zeptiva auf die Tuben-
funktion
III.5.3 Cochleäre Hörstörungen 52
beim Seromukotympanon
III.6 Tierexperimentelle Unter- 54
suchungen
III.6.1 Tubenfunktion bei behin- 61
derter Nasenventilation
III.6.2 Artifizielle Paukener- 63
güsse
IV Zusammenfassung 66
V Literatur 71
V.1 Allgemeine Literatur 71
V.2 Veröffentlichungen im 82
Babmen des Forschungsvor-
babens
VI Abbildungen und Tabellen
85
- 1 -
I. Einleitung
Die Bedeutung der Tubenfunktion ist seit den 30er Jahren
weitgehend bekannt. Im Zusammenhang mit einer deutlichen
Zunahme von operativen Eingriffen im Mittelohr aufgrund
tubenfunktionsbedingter Störungen im Kindes- und Erwachsenen
alter hat die Untersuchung der jeweiligen Ursachen an Be
deutung gewonnen. So schlägt sich die Zunahme der sero
mukösen Mittelohrkatarrhe in einer erhöhten Anzahl von
klinischen und tierexperimentellen Untersuchungen nieder.
Die besondere Bedeutung der Tubenfunktion im Zusammenhang
mit operativen Eingriffen im Mittelohr hat zur Entwicklung
neuerer Meßmethoden geführt, die über Impedanz- und Druck
messungen eine detailierte Aussage über den Einfluß der
Tubenfunktion auf das Mittelohr gestatten.
Nach einer kurzen Einführung zur Anatomie, Physiologie
und Pathophysiologie der Tuba Eustachii wird im experimen
tellen Teil des Forschungsberichtes auf die von uns er
weiterten Tubenfunktionsprüfungen eingegangen. Die Be
deutung der Tympanometrie und der Tubenmanometrie wird
insbesondere bei den Untersuchungen zum Seromukotympanon
bei Kindern und bei Erwachsenen offensichtlich.
Wesentlicher Schwerpunkt unserer Untersuchungen ist die
Tubenfunktion nach operativen Eingriffen im rhino-pharynge
alen Bereich sowie im Mittelohr. In diesem Zusammenhang
kommt den Tympanaplastiken nach einer Adenotomie sowie
beim Adhäsivprozeß besondere Bedeutung zu. Der Erfolg
einer artifiziellen Paukenbelüftung wird anhand der
- 2 -
Rezidivhäufigkeit über einen Zeitraum von mehreren Jahren
überprüft. In diesem Zusammenhang wird auf die unterschied
lichen Ergebnisse bei Kindern und Erwachsenen eincegangen.
Auf spezielle Fragestellungen, die die Mittelohrdruck
verhältnisse, die Auswirkungen von Kontrazeptiva auf die
Tubenfunktion sowie die möglichen Ursachen cochleärer
Hörstörungen beim Seromukotympanon behandeln, wird in
einem Extrakapitel eingegangen.
Die tierexperimentellen Untersuchungen zur Tubenfunktion
bei behinderter Nasenventilation sowie bei artifiziellen
Paukenergüssen ergänzen das hier vorgestellte Unter
suchungsspektrum. Die in diesem Zusammenhang erfolgten
elektrophysiologischen Untersuchungen sollen den möglichen
Einfluß verschiedener Ergußstadien auf das Irn1enohr be
stimmen. Die durch ein- oder beidseitigen remanenten
artifiziellen Verschluß der Nase hervorgerufene Behin
derung der Nasenatmung soll die Bedeutung der Nasen
ventilation für die Tubenfunktion unterstreichen.
- -
~
II Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie der Tuba
Eustachii
Schematisch verdeutlicht Abb. 1 die Ventilationsverhältnisse
zwischen Mittelohr, Nasen- und Nasenrachenraum. Wesentlicher
Bestandteil ist die Tuba Eustachii als Verbindungsröhre zwischen
Mittelohr und Nasenrachenraum der jeweiligen Seite. Die Ein
tritts- bzw. Austrittspforten, tympanalas und pharyngeales
Ostium, lassen sich aus Abb. 2 entnehmen.
Während beim Erwachsenen die vorderen 2 Drittel der Tube
knorpelig und das hintere Drittel knöchern sind, ist beim
Kind der knöcherne Anteil relativ länger. Der Neigungswinkel
der Tubenachse beträgt beim Erwachsenen 30 bis 40 Grad und
beim Kind etwa 10 Grad (Proctor, 196?). Der in etwa in der
Mitte des Tubenlumens befindliche Isthmus hat eine minimale
Tubenweite von 2 mm.
Im knorpeligen Teil besitzt die Tube ein hohes Epithel und ist
durch eine ausgeprägte Submukosa gekennzeichnet. Im knöchernen
Teil der Tube ist das niedrige Zylinderepithel der Schleimhaut
mit der Unterlage verbunden. Ähnlich dem Nasopharynx enthält
der Mucosaanteil des knorpeligen Teils mucöse Drüsen. Der
prätympanale Tubenschleimhautbereich ähnelt dem des Mittel
ohres und enthält mucöse Drüsenelemente und Zilien.
Da die Tube normalerweise bei der Respiration geschlossen ist,'
dringen Atemgeräusche und Sprachsignalanteile über die Tube
nicht in Richtung Mittelohr. Zusätzlich wird eine Schutzfunktion
gegen die im Nasenrachenraum reichlich vorhandenen Keime ausge
übt.
- 4 -
Als eine der Hauptaufgaben der Tubenfunktion muß die Drainage
von Schleim und Sekreten aus dem Mittelohr angesehen werden.
Der Öffnungsmechanismus der Tube wird durch Schlucken, Niesen,
Kauen oder Gähnen betätigt. Mit der Belüftung des Mittelohres
erfolgt gleichzeitig der Druckausgleich zwischen Mittelohr
und Nasenrachenraum. Insgesamt wird der Schluckakt beim Er
wachsenen etwa 1000 mal am Tag ausgeführt und führt zu
einer entsprechenden Öffnung der Tube.
Im Hinblick auf die am Öffnungsmechanismus beteiligten
Muskeln weist Rich (1970) darauf hin, daß die häufig be
schriebenen Muskeln M. levator veli palatini, M. palato
pharyngeus, M. pterygoideus internus und M. constrictor
pharyngeus superior keinen Effekt auf die Öffnung der Tube
haben. Danach soll der Öffnungsvorgang im wesentlichen durch
den M. tensor veli palatini hervorgerufen werden. Dieser
bewirkt die Öffnung der Tubenmündung im Nasenrachenraum und
des Tubenlumens in der Pauke. Der Öffnungsmechanismus durch
die Muskelkontraktion beginnt am pharyngealen Ostium der
Tube und läuft zum Isthmus. Der Verschluß der Tube verläuft
umgekehrt. Ist der Muskel intakt, ist die Tube passiv ge
schlossen.
Neben muskulären Effekten bei der Tubenfunktion spielen
weitere wichtige Parameter eine entscheidende Rolle. Nach
Feldmann (1973) sind "die elastische Spannung des Tuben
knorpels, die Oberflächenspannung des Schleimfilms, der
- 5 -
Druck des peritubalen Gewebes und bestimmte Druck- und
Sogwirkungen" von wesentlicher Bedeutung für den Öffnungs
und Schließungsvorgang.
Veränderungen der Oberflächenspannung des Schleimfilms, der
am Isthmus infolge des dort geringeren Lumens am stärksten
ist, können zum Verschluß aber auch zur ständig offenen Tube
fÜhren. Der peritubale Druck, der durch unterschiedliche
Füllung der Gefäße im peritubalen Gewebe gesteuert wird,
hat Auswirkungen auf die Tubenöffnung im Liegen oder Stehen
bzw. im Sitzen. Die Ventilation durch die Tube ist nach
Rundcrantz (1970) in der vertikalen Position deutlich besser
als in liegender.
Für den Öffnungsvorgang der Tube und das damit durchtretende
Luftvolumen sind bestehende Druckdifferenzen zwischen Tuben
lumen und Tubenmündung im Nasenrachenraum nicht unbedeutend.
So konnte Flisberg (1966) nachweisen, daß bei einem künstlich
erzeugten Unterdruck in der Pauke bei - 300 mm WS, der über
25 Min. konstant blieb, der Strömungswiderstand mit der Zeit
kontinuierlich bis zur völligen Blockade zunahm. Ein Druck
ausgleich war damit nicht mehr möglich. Ein kompletter
Druckausgleich bei normalem Strömungswiderstand konnte etwa
5 Min. nach Wegnahme des Unterdruckes wieder erreicht werden.
Im Hinblick auf die schnelle Erholung scheint ein dominanter
Einfluß der venösen Füllung vorzuliegen.
Der Fluß durch die Tube wird im wesentlichen durch die Druck
differenz, den Strömungswiderstand und durch die Öffnungsdauer