Table Of ContentBenjamin Flöhr
Ein traditionalistischer Korandeuter
im Dienste des Kemalismus
ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 326
begründet
von Klaus Schwarz
herausgegeben
von Gerd Winkelhane
ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 326
Benjamin Flöhr
Ein traditionalistischer Korandeuter
im Dienste des Kemalismus
Elmalılı Muhammed Hamdi Yazır (1878–1942)
Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Titelbild: Portrait Elmalılı Muhammed Hamdi Yazır, ca. 1910 (Archiv)
www.klaus-schwarz-verlag.com
All rights reserved.
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in
irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder in einem anderen
Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages
reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet werden.
© 2015 by Klaus Schwarz Verlag GmbH Berlin
Erstausgabe
1. Auflage
Herstellung: J2P Berlin
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-87997-451-1
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG............................................................................................................................13
1.1 Einführung in das Thema und methodische Vorüberlegungen..................13
1.2 Einordnung der Arbeit in den gegenwärtigen Forschungsstand................20
1.2.1 Moderne und zeitgenössische Koranauslegung.............................................20
1.2.2 Theologie und Koranexegese im Osmanischen Reich...................................23
1.2.3 Koranauslegung in der modernen Türkei........................................................28
1.3 Die Rezeption Elmalılıs und seines Korankommentars ...............................31
1.4 Der Islamische Modernismus.............................................................................41
1.5 Koranexegese im Osmanischen Reich..............................................................45
2 LEBEN UND WIRKEN ELMALILI MUHAMMED HAMDİ YAZIRS ..........................53
2.1 Geschichte und Hagiographie:
Zur Rekonstruktion der Elmalılı-Biographie...................................................53
2.2 Elmalılıs Sozialisation in hamîdischer Zeit (1878–1908)...............................58
2.2.1 Das autoritäre Regime Abdü’l-Hamîds II.........................................................58
2.2.2 Elmalılıs Herkunft, Ausbildung und frühe Tätigkeiten.................................64
2.3 Elmalılı als Politiker und Gelehrter in der jungtürkischen Periode ..........74
2.3.1 Die İkinci Meşrûtiyyet (1908–1918)...................................................................74
2.3.2 Elmalılı als Abgeordneter des Komitees für Einheit und Fortschritt.........82
2.3.2.1 Der „Vorfall vom 31. März“.................................................................................83
2.3.2.2 Das fetvâ zum Sturz Abdü’l-Hamîds II.............................................................94
2.3.2.3 Die Verfassungsreform von 1909.....................................................................103
2.3.3 Elmalılıs Aufstieg in der ilmiyye.......................................................................111
2.3.4 Elmalılıs Übertritt zur Opposition...................................................................117
2.4 Der Unabhängigkeitskrieg:
Minister im Istanbuler „Verräter“-Kabinett .................................................120
2.4.1 Der cihâd des Mustafa Kemâl:
Die ulema im nationalen Widerstand.............................................................120
2.4.2 Höhepunkt des politischen und akademischen Wirkens Elmalılıs..........128
2.4.3 Vor dem Unabhängigkeitsgericht ...................................................................132
2.5 Ein Religionsgelehrter im Dienste des kemalistischen Staates................137
2.5.1 Die kemalistischen Reformen...........................................................................137
2.5.2 Das Projekt einer türkischen Nationalreligion.............................................144
2.5.3 Der Triumph der Orthodoxie:
Die ersten Staats-ulema der Republik.............................................................159
2.5.4 Die „entstellten“ Koranübersetzungen der frühen Republikzeit..............169
2.5.5 Ein türkischer Koran auf Anfrage des Parlaments......................................172
2.5.6 Kompromissformel „meâl“: Der Vertrag mit der Diyânet..........................195
2.6 Zwischenfazit.......................................................................................................205
3 ELMALILI ALS RECHTSGELEHRTER..............................................................................210
3.1 Vorüberlegungen zur Rekonstruktion der Rechtstheorie Elmalılıs.........210
3.2 Elmalılı als Rechtsgelehrter und Politiker
in vorrepublikanischer Zeit...............................................................................218
3.2.1 Eine neue Hoffnung:
Die Rückkehr der konstitutionellen Regierungsform.................................218
3.2.2 Keine Geistlichkeit im Islam:
Schariakonformer Konstitutionalismus.........................................................225
3.2.3 Die Universalität der Scharia
und die „Verschmelzung“ der Rechtsschulen...............................................242
3.2.4 Die zekât für die Flotte? Wider den „Neo-ictihâd“ ......................................249
3.2.5 Die „Verschmelzung“ der Rechtsschulen
gegen die Übernahme europäischer Gesetze................................................261
3.2.6 Vernunft (akıl) und Tradition (nakil),
ictihâd und Erneuerung (tecdîd).......................................................................265
3.3 Juristische und politische Aspekte in Hak Dini Kur’an Dili.......................271
3.3.1 Blinder taklîd als Charakteristikum der Ungläubigen................................271
3.3.2 Latente Regimekritik? Der Gehorsam gegenüber den ülü’l-emr..............278
3.3.3 Die şûrâ als Manifestation des göttlichen Willens......................................288
3.3.4 Die Legitimität des bewaffneten cihâd...........................................................301
3.3.5 Sklaverei: Verharren in traditionellen Weltbildern?....................................320
3.3.6 Der Zweck der Läuterungsabgabe: „fī sabīli llāhi“......................................334
3.3.7 Die ḥadd-Vergehen..............................................................................................341
3.3.7.1 Diebstahl: Zwischen den Rechtsschulen und drumherum........................341
3.3.7.2 Alkoholkonsum: Mittels Analogie vom Wein zum Trinkspiritus.............347
3.3.8 Geschlechterfragen: Die Koranizität der Moderne......................................353
3.3.8.1 Polygynie: Die lüsternen Schiiten....................................................................353
3.3.8.2 „Die Männer stehen über den Frauen“...........................................................362
3.3.9 Der Bruch mit der Diyânet:
Mit dem Zug von Eskişehir nach Istanbul.....................................................369
3.4 Zwischenfazit.......................................................................................................382
4 ELMALILI ALS THEOLOGE ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE..............388
4.1 Vorüberlegungen zur Eingrenzung der Theologie Elmalılıs......................388
4.2 Elmalılıs Theologie im Spiegel von Beyânü’l-Hak und Sebîlürreşâd........392
4.2.1 Der Islam und die moderne Zivilisation:
Im Gespräch mit René Millet............................................................................392
4.2.2 Der Islam als Fortschrittsgarant......................................................................405
4.2.3 Anti-Garbcılık:
Wettstreit um die „wahren“ europäischen Kronzeugen.............................421
4.3 Modernismus und Traditionalismus in Hak Dini Kur’an Dili....................438
4.3.1 Die Übersetzbarkeit des Koran:
Ablehnung der staatlichen Reformpolitik......................................................438
4.3.2 „Wissenschaftliche“ Exegese (tafsīr ʻilmī) .....................................................451
4.3.2.1 Teleportation und Telepathie ..........................................................................458
4.3.2.2 Die Schöpfung des Menschen..........................................................................462
4.3.3 Kosmologie: Zwischen ḥadīṯ und moderner Astronomie...........................468
4.3.4 Anti-Modernismus: Steine aus gebranntem Lehm und die ǧinn..............488
4.3.5 Die Willens- und Handlungsfreiheit des Menschen...................................502
4.4. Zwischenfazit.......................................................................................................512
5 SCHLUSSBETRACHTUNG................................................................................................517
LITERATURVERZEICHNIS.....................................................................................................524
Werke von Elmalılı Muhammed Hamdi Yazır............................................................524
Bücher und Aufsätze........................................................................................................526
Enzyklopädien....................................................................................................................549
Dokumente ........................................................................................................................550
Wörterbücher.....................................................................................................................550
Webseiten............................................................................................................................551
ANHANG DOKUMENTE........................................................................................................552
Danksagung
Bei der vorliegenden Arbeit, die Licht auf die Anfänge des türkischen „Staats-
islam“ werfen soll, handelt es sich um die geringfügig überarbeitete Fassung
meiner Doktorarbeit, die ich im Juli 2014 an der Philosophischen Fakultät der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eingereicht habe. Diese entstand in den
Jahren 2010 bis 2014. Mein Interesse am türkischen Strang des Islam erwuchs
während meines Master-Studiums der Orientalistik und Islamwissenschaft an
der Ruhr-Universität Bochum. Dazu hat mich auch ein Studienaufenthalt an der
Universität Ankara angeregt.
Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass diese Arbeit erst entstehen
konnte. Zuallererst danke ich meiner Familie, insbesondere meinen Eltern, die
mich während meines gesamten Studiums unterstützt und während der Phase
der Promotion mit meinen Hoch- und Tiefpunkten „ertragen“ haben.
Der größte Dank gebührt meinem Doktorvater Prof. Dr. Lutz Berger für die
hervorragende Betreuung während der gesamten Promotion. Er war es, der mich
darauf aufmerksam gemacht hat, dass in der Forschung zum türkischen Islam,
gerade mit Blick auf die Zeit der Entstehung der Türkischen Republik, viele Fra-
gen offen geblieben sind. Prof. Berger hat mich auch für die Promotionsförde-
rung der Studienstiftung des deutschen Volkes vorgeschlagen und mich bei mei-
ner Bewerbung für ein Forschungsstipendium des Orient-Instituts Istanbul un-
terstützt. Ohne diese finanzielle Förderung wäre die Anfertigung dieser Arbeit
nicht möglich gewesen. Für die großzügige finanzielle, ideelle und praktische
Förderung sei beiden Institutionen gedankt.
Prof. Dr. Hans Hinrich Biesterfeldt bin ich für den strengen Blick bei der
Korrektur des Manuskripts und die fachlichen Anregungen zu besonderem Dank
verpflichtet.
Für den fachlichen Austausch und vor allem für den moralischen Beistand
bedanke ich mich bei meinen Freunden Caner Köseoğlu und Mederbek Kadyrov.
Dies gilt insbesondere auch für meine Freundin Havva Temel. Ohne sie hätte ich
hin und wieder nicht den nötigen Abstand zu meiner Arbeit gefunden.
Den freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Başbakanlık Cum-
huriyet Arşivi (BCA) danke ich für die Zurverfügungstellung einer Kopie des
Vertrages zwischen dem Präsidium für Religionsangelegenheiten und Elmalılı
Muhammed Hamdi Yazır sowie für die Erlaubnis, diese im Anhang meiner Ar-
beit veröffentlichen zu dürfen. Den ebenfalls sehr hilfsbereiten Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des İslam Araştırmaları Merkezi (İSAM) danke ich für die Ein-
sicht in unveröffentlichte türkische Forschungsarbeiten und für die Unterstüt-
zung bei der Recherche. Dem zuständigen Personal im Archiv des Präsidiums für
Religionsangelegenheiten (Diyânet İşleri Başkanlığı) sei dafür gedankt, dass sie
mir die Personalakte von Elmalılı Muhammed Hamdi Yazır zugänglich gemacht
und mir darüber hinaus die Erlaubnis erteilt haben, einige Dokumente daraus für
meine Arbeit abzufotografieren bzw. zu fotokopieren.
Dr. Susan Günaştı hat mir freundlicherweise ihre Doktorarbeit zukommen
lassen. Dr. Martin Riexinger hat mir seine bisher unveröffentlichte Habilitations-
schrift zur Verfügung gestellt. Beiden sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Bochum, im Juni 2015 Benjamin Flöhr
Technische Anmerkungen
Die Umschrift osmanischer Begriffe orientiert sich am Osmanlıca-Türkçe Ansi-
klopedik Lûgat – Eski ve Yeni Harflerle von Ferit Devellioğlu (Aydın, Ankara
2010).
Die Transkription arabischer Begriffe erfolgt nach den Regeln der Deutschen
Morgenländischen Gesellschaft (DMG), wenn diese in einem allgemeinen oder in
einem arabischen Kontext verwendet werden.
Die Umschrift nach Devellioğlu wird in zwei Fällen beibehalten:
1. In Zitaten aus dem Osmanischen
2. Bei Begriffen, die zum festen Bestandteil des osmanischen bzw. türkischen
Diskurses geworden sind (z.B. ictihâd statt iǧtihād, mezheb statt maḏhab).
Diese Trennung konnte jedoch nicht immer konsequent durchgehalten werden.
Zitate des Autors aus arabischen Quellen (Koranverse, Überlieferungen, fiqh-
Werke etc.) werden wiederum nach den Maßgaben der DMG transkribiert. Be-
griffe, Namen, Titel sowie kurze Phrasen werden in der Pausalform dargestellt.
Voll vokalisiert abgebildet werden dagegen Koranstellen, längere Sätze und Stel-
len, an denen grammatikalische Besonderheiten hervorgehoben werden sollen.
Die weibliche nisba-Endung wird in der Schreibweise -iyya (aus dem Osmani-
schen -iyye bzw. -iyyet) wiedergegeben. Gleiches gilt für die Endung -uwwa (also
nicht uḫūwa sondern uḫuwwa, bzw. aus dem Osmanischen uhuvvet).
Arabische Eigennamen werden nach der DMG-Norm transkribiert, es sei
denn, es handelt sich um osmanisch-türkische Persönlichkeiten (z.B. Abdüʼl-
Hamîd statt ʻAbd al-Ḥamīd, Ebû’s-Suʻûd statt Abū s-Suʻūd etc.). Die Darstellung
von Termini, die Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden haben, erfolgt
nach der deutschen Rechtschreibung (Mufti, Scharia, Schiiten u.a.).
Originalzitate und Begriffe aus dem Korankommentar Hak Dini Kur’an Dili
bleiben unverändert. Die Wiedergabe des Türkischen in Hak Dini Kur’an Dili ist
nicht einheitlich und weicht von späteren standardisierten Umschriften ab. Das
liegt daran, dass sich die Abfassung des Korankommentars zeitlich mit der türki-
schen Sprachreform, die 1928 initiiert wurde, überschnitten hat. Zu diesem Zeit-
punkt gab es noch keine einheitlichen Regeln für die Wiedergabe des Türkischen
in lateinischen Buchstaben. Für die Untersuchung wurde die erste Auflage ver-
wendet [Yazır, Elmalılı Muhammed Hamdi: Hak Dini Kur’an Dili – Yeni Mealli
Türkçe Tefsir, Bd. 1-9, (T.C. Diyânet İşleri Reisliği Neşriyatından) Matbaa Ebüz-
ziya, Istanbul 1935–1938].
Der Koran wird, falls nicht anders angegeben, nach der Übersetzung von
Max Henning zitiert.
Die zitierten Webseiten wurden zuletzt am 16.07.2014 abgerufen.