Table Of ContentBuddhismus-Studien
Buddhist Studies
5/2006
Hinweise der Herausgeber
In der Reihe Buddhismus-Studien / Buddhist Prof. Dr. Gregor PAUL
Studies erscheinen deutsch- und englisch- Klauprechtstr. 41
sprachige Arbeiten, die weithin unbekannte D-76137 Karlsruhe
Aspekte des Buddhismus erschließen und zu
weitergehenden Untersuchungen stimulie- Tel.: +49-(0)721-816802
ren sollen. Die einzelnen Beiträge folgen un- E-mail:
terschiedlichen Ansätzen und behandeln un- [email protected]
terschiedlichste Themen. Sie sind geeignet,
einseitige Vorstellungen über „den Bud-
dhismus" durch ein treffenderes Bild zu er- Prof. Dr. AOYAMA Takao
setzen. Haus der Japanischen Kultur
Autorinnen und Autoren, die Arbeiten zur Brüggener Weg 6
Veröffentlichung anbieten möchten, sollten D—40547 Düsseldorf
sich an eine der nebenstehenden Adressen
wenden. Tel.: +49-(0)211-577918-0
E-mail:
[email protected]
Dieter Schlingloff
Ein buddhistisches Yogalehrbuch
Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1964
unter Beigabe aller seither bekannt gewordenen Fragmente
Herausgegeben von
Jens-Uwe Hartmann und Hermann-Josef Röllicke
Buddhismus-Studien
Buddhist Studies
5 / 2006
herausgegeben von Gregor Paul und Takao Aoyama
Eine Veröffentlichung
des Hauses der Japanischen Kultur (EKÖ)
in Düsseldorf
Abbildung auf der Rückseite des Bandes:
Der chinesische buddhistische Gelehrte Xuan Zang (600-664) bei seiner Rückkehr aus Indien.
Gemäß einem Portrait, das 1933 nach einer Song-zeitlichen (960-1279) Darstellung
gefertigt wurde.
Bibliografische Information
Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© IUDICIUM Verlag GmbH München 2006
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Gregor Paul
Druck- und Bindearbeiten: Ludwig Auer GmbH, Donauwörth
Printed in Germany
ISBN 10: 3-89129-694-0
ISBN 13: 978-3-89129-694-3
Vorwort
Mit dem Neudruck des seit langem vergriffenen Buddhistischen Yogalehrbuchs in der
Edition von Dieter Schlingloff, einer der wichtigsten philologischen Arbeiten der
Buddhologie in der zweiten Hälfte des 20. Jhs., macht das EKÖ-Haus der Japanischen
Kultur e.V., Düsseldorf, in seiner Reihe der „Buddhismus-Studien" ein fundamentales
Quellenwerk des Buddhismus wieder zugänglich, das in einem wesentlichen Punkt mit
der eigenen Lehrtradition dieses Hauses, derjenigen des Buddhismus des Reinen Landes,
und mit einem konstitutiven Grundzug der Entstehung des Mahäyäna überhaupt in
sachlicher Verbindung steht: nämlich in der ritualisierten, mandalaförmigen Schau und
der kontemplierenden weltbefreienden Betrachtung. In diesen Komplex gehören nicht
nur Mahäyäna-Schriften wie das Pratyutpanna-samädhi-sütra, das Be trachtung s-sütra
der Reine-Land-Tradition, das Gandavyüha-sütra oder bestimmte bis heute in Tibet
praktizierte Visualisationsübungen, sondern hierher gehört auch das bislang immer noch
nicht genügend zur Kenntnis genommene und hier wieder zugänglich gemachte Yoga-
lehrbuch von der Seidenstraße. Es läßt sich als ein wichtiges Bindeglied zwischen dem
älteren und dem Mahäyäna-Buddhismus Zentral- und Ostasiens verstehen.
Das EKÖ-Haus hat sich zu dieser Publikation über 40 Jahre nach ihrem ersten
Erscheinen nicht nur entschlossen, um die betroffenen Fachwissenschaftler und die
historische Philologie wieder mit dieser Arbeit auszustatten und so das wichtige, aber
noch von vielen Rückständen betroffene Wissenschaftsgespräch darüber neu zu ent-
fachen, sondern auch, um der interessierten breiteren und nicht nur spezialisiert fach-
kundigen Öffentlichkeit diese erstaunliche Schrift zu Studium und Bedenken besonders
ans Herz zu legen. Daß dies nicht geschehen kann, ohne den höchsten wissenschaftli-
chen Ansprüchen zu genügen, ist eine der Grundüberzeugungen des Herausgebers. Die
Wahrnehmung des Buddhismus im Westen würde ohne die Verbindlichkeit und Exper-
tise der zugehörigen Wissenschaften doch immer graduell ein Defektzustand bleiben
müssen.
Das Yogalehrbuch entfaltet eine komplexe und in sich wohlintegrierte geschaute
Welt. Den Sichtraum dieser Schau läßt der Adept nach der Vorgabe der Schrift im
Gang seiner Versenkung aus sich selbst entstehen. Dieser Raum umfaßt alle Dinge. Der
buddhistische Yogin ist selbst ein Wesen dieses Raumes, als sei er das schlagende Herz
dieses aus ihm entstehenden und wieder in ihn zurückkehrenden schaubaren Ganzen der
Welt. Das zuvor Verborgene, das dank der Weltveränderung seines achtsam atmenden
Übens sichtbar wird, ist zugleich auch das Erlösungsbedürftige, das erst noch zum
Erlöschen zu Bringende alles Leidens der Welt. Was als diese Schau „Erkenntnis" oder
„Erleuchtung" heißen kann, ist eine von Farbe und Gestalt, von Ritus und Kosmologie
durchdrungene, alle Gebiete des Sinnens und Denkens umfassende mythologische
Raumanordnung, die ihre liturgische Vergegenwärtigung in dem hat, was wir „darstel-
lende Kunst" nennen, insbesondere in der Architektur und Malerei der Seidenstraße.
vi Vorwort
Die hohe Bedeutung der Arbeit Schlingloffs für dieses Thema kam in einem inter-
disziplinären religionsphilosophischen Symposion des EKÖ-Hauses im September 2004
unter dem Titel „,Betrachtung' und ,Schau', ,Gesicht' und ,Vision' in der religiösen
Übung" zum Tragen. Hier zeigte sich besonders, daß das Herausfordernde der Frage
nach der „Schau" für die westlichsprachige Welt nicht vom historisch-philologischen
Handwerk allein bewältigt werden kann, sondern zukünftig erst in der Selbstüberprüfung
der europäischen Hermeneutik dieser Literatur zum Vorschein wird kommen können.
Die Ergebnisse dieses Symposions werden in Kürze in der Zeitschrift Hörin: Ver-
gleichende Studien zur japanischen Kultur veröffentlicht. In denselben Zusammenhang
gehört auch Dieter Schlingloffs Aufsatz „Mürdhacchidra", den wir schon früher, in
Band 10 (2003) dieser Zeitschrift, publiziert haben.
Der Ansatzpunkt der hier angesprochenen, weniger philologischen als hermeneuti-
schen Frage ist folgender: In welchem Sinne und in welcher Weise kann die in der
Versenkung und rituellen Strenge, wie das Yogalehrbuch sie dartut, erst entstehende
Welt des Lichts und der Gestalten „Bild" heißen? Und wird dieses „Bild" von dem
Übenden gewissermaßen technisch „gemacht" oder „hergestellt" oder gerade nicht? Die
selber schon auslegende Idee, daß ein solches Sehen und ein solcher Bildraum ein
„Weltbild" bezeuge, konnte erst unter Bedingungen der europäischen Neuzeit entstehen;
sie ist keine Eigentümlichkeit dieser Schrift selbst. So darf Schlingloffs Formulierung
in der Einleitung, es handle sich hier um „Vorstellungen über den Weltbau", um
„visionäre Erlebnisse" und um das Zeugnis eines „Weltbilds" heute selbst noch einmal
zu etwas eigens fraglich zu Machendem werden. Die Möglichkeit zu denken, solche
„Bilder" seien gar Produkte einer „Weltanschauung", brachte erst das späte 19. Jh. in
Europa und die philosophische Umgebung etwa Wilhelm Diltheys auf. Die Unselbstver-
ständlichkeit und Fraglichkeit gerade solcher Deutungen erkennend, sagte Martin
Heidegger 1938 in seinem Vortrag „Die Zeit des Weltbildes": „Warum fragen wir bei
der Auslegung eines geschichtlichen Zeitalters nach dem Weltbild? Hat jedes Zeitalter
der Geschichte sein Weltbild und zwar in der Weise, daß es sich jeweils um sein
Weltbild bemüht? Oder ist es schon und nur die neuzeitliche Art des Vorstellens, nach
dem Weltbild zu fragen?" Hier ist ein abgründiges Problem im Hin-und-her-Gehen
zwischen den Kulturen in der Differenz ihrer Geschichten angesprochen, das eine bisher
vermutlich noch nicht genügend geprüfte Automatik unseres neuzeitlichen Denkens auf
die Probe stellt. In diesem Falle macht es sich auch in unserem Umgang mit dem
Yogalehrbuch geltend. Fraglich machen können wir hier unser eigenes hermeneutisches
Denken und Sprechen, während der Text des Yogalehrbuchs selbst, zu dem der Westen
bisher in keinem Überlieferungszusammenhang stand, davon unangetastet bleibt. Eine
Philologie aber — und dazu gehören auch das Übersetzen und Kommentieren —, die sich
nicht auch hermeneutisch ausweisen und fraglich machen lasseh müßte, dürfte es nicht
geben.
Mit welchem Recht also machen wir das geübte und angeleitete Entstehenlassen des
Raumes, der dem erwachenden, dem durch die Auslöschung des Leidens sich öffnenden
Auge zugleich auch schaubar wird, zu einer „Vorstellung"? Wie wäre es, wenn wir den
visionären Raum des Yogalehrbuchs gar nicht als etwas zu deuten hätten, das durch
menschliches, und sei es durch religiöse Technik möglich gemachtes Vor-uns-Hinstellen
Vorwort vii
und Neuerfinden aus der bloßen Quelle eigenen Tuns und Machens entsteht, sondern als
eine Welt, die sich in der rituellen Vergegenwärtigung der stufenweisen Versenkung von
sich aus öffnet als ein Raum und Anblick sowohl der qualvoll durchlittenen als auch der
erlösten Welt, zu der jegliches Wesen in der Geschichtswelt des Textes gehört? Wie
wäre es, wenn die „wirkliche" Welt, insofern wir das Wirkliche in der Tat jederzeit als
etwas „Vorgestelltes" verstehen, im Aufgehen jener ganz anderen des Yogalehrbuchs sich
gerade hierdurch als recht eigentlich blind und verblendet herausstellen würde? Ist es
nicht das Markante dieser Schrift, daß jene uns vorher unbekannte Schau der Welt in
ihrer Befreiung erst durch die Erlösungstat des Yogin entsteht? Durch sein Verdienst und
seine Bemühung um alle Wesen der Welt wird gerade ausdrücklich sichtbar (d.h. es
bleibt gerade nicht unsichtbar), wie sie alle befreit werden. Könnte dieses sichtbar
Werdende nicht, obwohl es durch ihn sichtbar wird, doch etwas anderes sein als eine
„Vorstellung", ein „Weltbild", eine „Anschauung" und gar eine „Weltanschauung"? Ob
der buddhistische Yogin dieser Schrift verschränkt sitzt in der Position eines neuzeitli-
chen Subjekts, dem alle Gestaltwerdung außer ihm zu einem Werk seiner eigenen
produkthaften, technischen, objektivierenden Hervorbringung wird, das wird noch
besonders zu bedenken sein. Denn auch er muß erst noch erfahren, welches Sehen und
welcher Anblick sich in seiner Übung auftun müssen. Er erfährt dies aber nicht aus sich,
sondern aus einer rituellen Anweisung, deren Vorgaben er erst auf richtige Weise folgen
soll. Sein Mandala ist also schon da, ehe er es produzieren kann. Alles Sichtbare kehrt
in dieser Übung wieder ins Unsichtbare zurück, und die befreite Welt verschwindet am
gleichen Ort, an dem ihre Befreibarkeit sichtbar wurde: im Leib des Rettenden, des
Yogin. Sein Leib erweist sich in der weitesten Öffnung des schaubar gewordenen
Raumes als mit dieser Welt ganz identisch. Weil aber sein Leib in dieser größten
Weitung des geschauten Raumes nichts anderes ist als das Ganze der Welt selbst, gibt
es auch kein Wesen, das er nicht erretten könnte. So zu „sehen", erfordert letztlich das
geöffnete Auge eines Buddha. Auch Buddhas werden nicht technisch hergestellt, sondern
sie können nur „werden", indem ein Wesen sich in der Übung dazu läßt.
Das EKÖ-Haus dankt besonders herzlich Herrn Professor Jens-Uwe Hartmann,
Universität München, für die große Mühe und den wohltuenden Luxus seiner Expertise,
mit denen er die Neuedition fachlich betreut und das Werk um den heutigen For-
schungsstand ergänzt und bereichert hat. Ein großer Dank gebührt ebenso Herrn Pro-
fessor Yamabe Nobuyoshi, Tokyo Nögyö Daigaku, der freundlicherweise bereit war, die
Ergebnisse seiner Arbeiten zum Text des Yogalehrbuchs dieser Publikation beizusteuern.
Hermann-Josef Röllicke
EKÖ-Haus der Japanischen Kultur e.V., Düsseldorf
Inhaltsverzeichnis
Einleitung zum Nachdruck von Jens-Uwe HARTMANN xi
Faksimile von
Ein buddhistisches Yogalehrbuch, Textband 1
Faksimile von
Ein buddhistisches Yogalehrbuch, Tafelband 261
Korrekturen und Verbesserungsvorschläge zur Textausgabe des Yogalehrbuchs 305
Nachdruck von
Jens-Uwe HARTMANN: Neue Fragmente aus dem Yogalehrbuch 309
Jens-Uwe HARTMANN: Drei weitere Fragmente aus dem Yogalehrbuch 319
Nobuyoshi YAMABE: Fragments of the Yogalehrbuch in the Pelliot Collection 325