Table Of ContentClaudia Koch-Arzberger
Die schwierige Integration
Beitrage zur sozialwissenschaftlichen Forschung
Band 80
Westdeutscher Verlag
Claudia Koch-Arzberger
Die schwierige Integration
Die bundesrepublikanische Gesellschaft und ihre
5 Millionen Auslander
Westdeutscher Verlag
CIP-Kurztitelaufnahme der Heutschen Bibliothek
Koch-Arzberger, Claudia:
Die schwierige Integration: d. bundesrepublikan.
Gesellschaft u. ihre 5 Millionen Auslander/
Claudia Koch-Arzberger. - Opladen: Westdeutscher
VerI ag, 1985
(Beitrage zur sozialwissenschaftlichen
Forschung; Bd. 80)
NE: GT
(£) 1985 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Umschlaggestaltung: Hanswerner Klein, Opladen
ISBN-13: 978-3-531-11785-0 e-ISBN-13: 978-3-322-88682-8
DOl: 10.1007/978-3-322-88682-8
Inhaltsverzeichnis
I. Das Problem der Integration 3
1. DIE ENTSTEHUNG DES AUSLANDERPROBLEMS IN DER
BUNDESREPUBLIK 3
2. DAS PROBLEM AUS DER SICHT DER
DEUTSCHEN 20
3. VON HISTORISCHEN PARALLELEN ZU EINEM
THEORETISCHEN MODELL 41
II. Integrationsprobleme am Beispiel von drei
Lebensbereichen 54
1. EINE DEMOGRAPHISCHE UND SOZIALSTRUKTURELLE
KURZBESCHREIBUNG DER AUSLANDER 57
2. DER BERUF UND DIE ARBEITSWELT 68
2.1. Arbeit und Beruf als dominierender
Lebensbereich 68
2.2. Die physische und psychische Belastung
am Arbeitsplatz 73
2.3. Beruflicher Status und Einkommens-
verhaltnisse 76
2.4. Integration und Segregation am
Arbeitsplatz 84
2.5. Prozesse beruflichen und gesellschaftlichen
Auf- und Abstiegs 92
2.6. Mitgliedschaft und Beteiligung in den
Gewerkschaften 100
2.7. Die Integration in Beruf und
Arbeitswelt 102
3. WOHNEN, WOHNUMWELT UND NACHBARSCHAFT 106
3.1. Die Wohnsituation der
Auslander 107
3.2. Integration und Segregation im
Wohnbereich 119
3.3. Vergleiche mit der Arbeits
welt 127
- 2 -
4. ORIENTIERUNGEN UND ERWARTUNGEN IM BEREICH
DER POLITIK 132
4.1. Einige methodische Vorliberlegungen zum
Thema "Auslander und Politik" 133
4.2. Der Wunsch nach politischer
Mitwirkung 139
4.3. Die Auslander zwischen den Parteien
landschaften der Bundesrepublik und des
Heimatlandes 143
4.4. Die politische Selbstverortung auf dem
Links-Rechts-Kontinuum 153
4.5. Integration im Bereich der
Politik 161
5. SPRACHKENNTNISSE ALS ZENTRALE RESSOURCE UND
DIE BEDINGUNGEN IHRES ERWERBS 164
III. Der Stand der Dinge und die nahe Zukunft 173
1. ~suMt DER WICHTIGSTEN BEFUNDE 173
2. ZWISCHEN ABWANDERUNG UND ZUZUG 180
3. JENSEITS DES MODELLS VON "DRUCK UND
GEGENDRUCK" 188
Verzeichnis der Abbildungen 194
Literaturverzeichnis 197
I. DAS PROBLEM DER INTEGRATION
1. DIE ENTSTEHUNG DES AUSLXNDERPROBLEMS IN
DER BUNDESREPUBLIK
Die in der Bundesrepublik lebenden Auslander werden offen
sichtlich zunehmend als Problem empfunden, und als Folge der
darnit in vielen Lebensbereichen zusamrnenhangenden Reaktionen
scheinen auch die Auslander selbst ihre Beziehungen zu den
Deutschen, zu ihrer Aufnahmegesellschaft, haufiger als bis
her als problemat isch anzusehen. Die Gesellschaft der Bun
desrepublik bewegt sich darnit im Zuge einer Entwicklung,
die - zum Teil schon frUher - in den meisten Gesellschaften
erkennbar geworden ist, die entweder ebenfalls in wachsenden
GroBenordnungen "Gastarbeiter" aufgenommen haben (wie zurn
Beispiel in Schweden) oder die als Folge der Kolonialzeit
groBe fremde Volksgruppen aufnehmen muBten (wie zurn Beispiel
in England und in Frankreich). Die Niederlande sind heute
ein Beispiel fUr das gleichzeitige Zusamrnentreffen beider Ty
pen der Zuwanderung von Auslandern: die TUrken sind als Gast
arbeiter gekornrnen, die verschiedenen Gruppen der Indonesier
als Folge der Kolonialzeit.
Zu pogromartigen Entladungen des gespannten Verhaltnisses
zwischen Einheimischen und Auslandern und zu offenen Konflik
ten groBeren AusmaBes, wie dies in den letzten Jahren in den
Niederlanden und in England der Fall war, ist es in der Bun
desrepublik noch nicht gekornrneni wenngleich es schon Tote
durch Anschlage gegeben hat. Langfristig wichtiger ist aber
ein weitreichender Stirnrnungsurnschwung in der Bevolkerung.
Es ist aussichtsreich geworden, mit auslanderfeindlichen Pa
rolen bei Wahlen anzutreten, und die wie so haufig zu spat
erfolgte, uneinheitliche und unklare Reaktion der politi
schen Entscheidungstrager in den Parteien und verwaltungen
sorgt fUr zusatzliche Unsicherheit.
Urn die Chancen fUr die Losung der Probleme abschatzen zu
konnen, die mit dem standigen Aufenthalt von zur Zeit nahezu
- 4 -
fUnf Millionen Auslandern in der Bundesrepublik verbunden
sind, mUssen das Verhalten, die Problemsicht und die Einstel
lungen von drei Gruppen genauer betrachtet werden: erstens
der Auslander, die in der Bundesrepublik leben, zweitens der
deutschen "NormalbUrger", die die schwierige Integration von
der anderen Seite her zu bewaltigen haben, und drittens der
Entscheidungseliten in Politik und Verwaltung, die einen
wichtigen Teil der Rahmenbedingungen fUr einen solchen Inte
grationsprozeB oder auch nur fUr das Miteinander von Deutschen
und Auslandern setzen.
Die auf diese Fragestellung der (zunachst einmal sehr weit zu
verstehenden) "Integration" abzielende Betrachtung der Aus
lander wird den Hauptteil dieser Arbeit ausmachen und im 2.
Kapitel vorgenommen. Das Meinungsbild der Deutschen - der Nor
malbUrger wie der politisch Verantwortlichen - soll hier nur
kurz und in Umrissen dargestellt werden. Aber zurnindest in
dieser Uberblickhaften Form mUssen auch diese beiden - wie zu
sehen sein wird, durchaus deutlich unterscheidbaren - Gruppen
einbezogen werden, urn die spater weitgehend "immanent" erfol
gende Untersuchung der Auslander tatsachlich verstehen zu kon
nen.
Bevor aber Uberhaupt die subjektiven Reaktionen der Deutschen
oder der in Deutschland lebenden Auslander betrachtet werden,
ist zuvor ein Blick auf die objektiven Entwicklungen zu wer
fen, deren gegenwartiges Stadium von so vielen Menschen als
problematisch empfunden wird. Angesichts der aktuellen Proble
me von und mit Auslandern wird haufig vergessen, daB es in
der Bundesrepublik seit ihren Anfangen Uber Jahre hinweg ziem
lich konstant etwa eine halbe Million Auslander gegeben hat.
Dabei handelte es sich zunachst Uberwiegend urn solche Auslan
der, die im Gefolge der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs
nach Deutschland gelangt waren. Ab Mitte der fUnfziger Jahre
etwa begann sich eine Wende abzuzeichnen; in der Zusammenset
zung der in der Bundesrepublik lebenden Auslander setzte eine
Umschichtung ein. Der formale Startpunkt dieses Wandels von
den Auslandern, die als Kriegsfolge geblieben waren, zu den
"Gastarbeitern",wie sie spater und fUr eine lange Zeit ge-
- 5 -
nannt wurden, war die erste Anwerbevereinbarung zwischen der
Bundesrepub1ik und Ita1ien vom 20. Dezember 1955 (vg1. MEHR
LANDER 1978, S. 115).
Die Zah1 der aus1andischen Arbeitnehmer b1ieb zwar zunachst
noch eher klein und unbedeutend. 1m Jahre 1959 waren rund
167 000 arbeitser1aubnispf1ichtige Auslander in der Bundesre
bub1ik tatig, die Quote der unse1bstandig beschaftigten Aus
lander lag bei. 0.8 Prozent (vg1. DOHSE 1981, S. 145). Mitte
1960 waren rund 280 000 aus1andische Arbeitnehmer in der Bun
desrepub1ik tatig, davon kamen etwa 44 Prozent aus Ita1ien
(vg1. MEHRLANDER 1978, S. 116). Aber Ende der fUnfziger Jahre
waren auch schon die ersten Griechen, Spanier, Jugos1awen und
TUrken gekommen, und von diesem zeitpunkt an - urn 1960 - setz
te der quantitativ bedeutsame Zustrom von A~slandern der fUr
lange zeit "typischen" Gastarbeiternationa1itaten ein.
In den sechziger Jahren wurde eine Reihe von weiteren Anwer
bevereinbarungen abgesch1ossen; mit Spanien 1960, mit Grie
chen1and 1960, mit der TUrkei 1961, mit Portugal 1964, mit
Jugos1awien 1968. Am 10. September 1964 me1dete die Deutsche
Presseagentur mit einem Foto die Ankunft des mi11ionsten Gast
arbeiters, eines Portugiesen, auf dem Kelner Bahnhof, der
dort durchaus freudig a1s einer aus der Schar der dringend be
netigten Arbeitskrafte fUr die expandierende deutsche wirt
schaft begrUBt und mit einem Moped beschenkt wurde.
Schon zwei Jahre spater jedoch wurde die stetige Aufwarts
entwick1ung der Aus1anderzah1en durch den Beginn einer wirt
schaft1ichen Rezession in der Bundesrepub1ik zunachst unter
brochen. In den Jahren 1966 und 1967 kamen immer weniger Aus
lander und irnrner mehr kehrten in ihre Heimat1ander zurUck.
Die Zah1 aus1andischer Arbeitnehrner erreichte im Januar 1968
mit 903 600 einen Tiefpunkt, nachdem sie Mitte 1966 schon
bei 1.3 Mi11ionen ge1egen hatte. Schon unmitte1bar nach dem
Ende der Rezession setzte 1968 der bis1ang starkste Anstieg
der Aus1anderzahlen ein, der bis zur Verhangung des Anwerbe
stopps im November 1973 anhie1t, dann zunachst abf1achte und
sich ab 1975 in einen RUckgang verwande1te. Obwoh1 seit 1973
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