Table Of ContentPeter M. Stadler· Die parlamentarische
Kontrolle der Bundesregierung
Beitrage zur sozialwissenschaftlichen Forschung
Band 63
Westdeutscher Verlag
Peter M. Stadler
Die parlamentarische Kontrolle
der Bundesregierung
Westdeutscher Verlag
~ 1984 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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ISBN-13:978-3-531-11704-1 e-ISBN-I 3 :978-3-322-88678-1
DOl: 10.1007/978-3-322-88678-1
- v -
lNHALT
Einleitung S. VII
ERSTER TElL
Der theoretische Bezugsrahmen
I. Parlamentarische Kontrolle - Versuch einer Begriffsanalyse S.
1. Begriff der Kontrolle .••••••••.••.••.••..••.•••.•..•. S.
a. Allgemeiner Kontrollbegriff •.•..•.......••...••..•. S. 2
b. Parlamentarischer Kontrollbegriff ...••.••.••....•..• S. 6
c. Stellenwert der parlamentarischen Kontrolle •••.•..•..• S. 10
2. Formen der Kontrolle •..••••••.•.••..••.••.••••••..••. S. 1 3
a. Organisatorische Kategorien ••.......••..•.••..•••.. S. 13
b. Funktionelle Kategorien •••.•.......•..•..•..••...•. S. 20
c. Restkategorien ••...•...••.•......•••••••••.•••.•• S. 29
3. lnhalt der Kontrollen ..•....•..•..•.•.••.•••.••...... S. 32
a. Rechtliche Kontrolle .•..•....•.•......•..•..••••.. S. 33
b. Politische Kontrolle ..•.....................•..... S. 35
c. Wirtschaftliche Kontrolle •••••..•.•....••..•.••.... S. 37
II. Der Handlungsrahmen der parlamentarischen Kontrolle s. 41
1. Das Cbjekt der Kontrolle S. 48
a. Die Bundesregierung als Organ •••••••.•••••.••••••..• S. 48
b. Die Bundesregierung zwischen Organ und Funktion ......•. S. 54
c. Die Bundesregierung und ihre Funktionen •...•.•.•..... S. 58
d. Die Bundesregierung: Venva.ltung und politische Ftihrung .. S. 64
2. Der Trager der Kontrolle S. 79
a. Der Bundestag als Organ ••••••.••.••....••...••••..• S. 87
b. Der Bundestag zwischen Organ und Funktion ...•..•..•••. S. 93
c. Der Bundestag und seine Funktionen •..•••••••..•...•.• S. 96
d. Der Bundestag: Mehrheitsfraktionen und Opposition S. 11 0
III. Die Grenze der Kontrolle: eine Informationsfrage? .••..•••.• S. 119
- VI -
ZWElTER TElL
Die politische Praxis der parlamentarischen Kontrolle
A. Das klassische Kontrollinstrurnentarium .•.....•........•••. S. 140
a. Das konstruktive MiBtrauensvotum .•....•......•...•....• S. 140
b. Die Vertrauensfrage .••....•.••..••.....•.•.•..•..•... S. 144
c. Die MiBbilligungsantrage '" .....•.•.•.•.......••..... S. 148
d. Das Recht auf Herbeirufung einesRegierungsmitgliedes S. 150
e. Das freie Mandat .••.•....•.••..•••....••..•....•.... S. 153
B. Die Offentlichkeit von Verhandlungen als KontrollinstrLmlent ... S. 1 61
a. Die GroBe Anfrage ••••...••.••.•.....••.•....••....•• S. 167
b. Die Kleine Anfrage •.....•........•.••.•••.•••.•.••.. S. 170
c. Die Fragestunde •.•.•..•.•••••.•.....••...•.•...•.... S. 173
d. Die Aktuelle Stunde •••.•••••.••••...•••..•.••.•....•• S. 180
e. Das Hearing ••.....••••..•.••.••.....•..••..•••....• S. 183
C. Der UntersuchungsausschuB ••..••••.......•...•.•.......•. S. 193
a. Allgerreine Bewertung .•.•.•.....•..••....••..••....••• S. 196
b. Aufgaben des Untersuchungsausschusses •.•........•.....•. S. 198
c. Der U.A. als politischer KanpfausschuB .••....••...•...•• S. 201
d. Statistik ..•....••••.•.......•••..••......••..••••. S. 208
e. Bewertung als KontrollinstrLmlent •..••.•..••.••.•......• S. 211
D. Die Enqu~te-Kamlission •••....•..•.......••.••.••......•• S. 212
a. Zur Geschichte der Enqu~te-KoIltl1ission ••..•.•..•..••....• S. 214
b. Aufgaben der Enqu~te-Kcmnission ..•..•...•..•..• .•..••.• S. 216
c. Verfahren, Befugnisse und Grenzen der Enqu~te-Kamlission •.• S. 221
d. Statistik .•.......•••.••••••..••.•....•.•••..••...• S. 227
e. Bewertung als KontrollinstrLmlent .•.......•.•...•..••..• S. 230
E. Der Wehrbeauftragte .....•.....•..•...........•.•••.•..• S. 232
a. Zur Entstehungsgeschichte des Welu:beauftragten ..•••.•.••. S. 235
b. Aufgaben und KClI1petenzen des Wehri::leauftragten •.••.•.•.•.. S. 241
c. Die Jahresberichte des Wehrbeauftragten •.•.•.••..•.••.•. S. 248
d. Statistik ..•.•..•••..•••.••.•.•••••••....••.•.•••.• S. 254
e. Bewertung als KontrollinstrLmlent .•...••.•••••.•••••••.• S. 255
F. Der PetitionsausschuB ••...•.•.......•.•••.•.•...••••.••. S. 258
a. Zur Geschichte der Petition •••••.••..••••...••..•..... S. 260
b. Aufgaben und KClI1petenzen des Petitionsausschusses ••....••• S. 261
c. Die Berichte des Petitionsausschusses ••••••.•.•..•.•...• S. 267
d. Statistik ••.•....•••...••.•••.•.....•......•.••.... S. 271
e. Bewertung als Kontrollinstrument •••.•••••.•.....•..•... S. 277
G. Die Budgetkontrolle .•.••••..•..••••.•.•..•••......•••.. S. 279
a. Funktionen des Budgets •...•.•.•••.•........•.••.••... S. 280
b. Phasen und Verfahren der Budgetkontrolle ........•...•..• S. 286
c. Bundesrechnungshof und Bundestag ••.•.••.••.•.••••.•..•. S. 296
d. Zur Krit ik an der Budgetkontrolle .••••..•...••...•...•• S. 301
e. Bewertung als KontrollinstrLmlent •.•••••••••.•••.••••.•• S. 303
SCHLUSSBEMERKUNG ....••.•••.•.••••.•••.•....•..•...••••• S. 305
tlTERATUR ••••••••.•••••.•••••••.•.•.•••.••.•.•....•...• S. 310
~I
EINLEITUNG
Rhythmus, Richtung und Resultate von gesamtgesellschaftlichen
wie individuellen Veranderungen werden wesentlich durch die
Dialektik von Macht und Widerstand diktiert.
Macht kann brachial sein, Widerstand auch. Macht kann aber
auch in der Macht von Ideen liegen, in ihrer Durchsetzbarkeit
und allgemeinen Akzeptanz. Sie kann legitim sein und damit Herr
schaft begrlinden, formell oder informell sein, faktisch oder nur
normativ. Sie provoziert mit ihren variablen Auspragungen, Inten
sitaten und Techniken auch unterschiedliche Auspragungen, Intensi
taten und Techniken von Widerstand. Beide, Macht und Widerstand,
sind universell. Ihre Dialektik ist eine Invarianz aller histo
rischen Gesellschaften.
Wo immer Menschen miteinander zu tun haben, bilden sich
Machtreliefs, deren Entstehen und Bestand auf genetische oder
soziale Faktoren zurlickzuflihren sind. Alter, Geschlecht, Bildung,
korperliche Starke und geistige Fahigkeiten, individuelles Cha
risma oder finanzielle Potenz, Uberlegenheit qua Amt und Funktion
oder die Verfligungsgewalt liber Produktionsmittel sind solche Fak
toren. "Gleichviel, worauf diese Chance beruht", sagt der Sozio
loge Max Weber in seiner berlihmten Definition, "Macht bedeutet
jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen
Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen."
Db Chancen in beliebigen Situationen nur latente Moglich
keiten bleiben oder aber konkrete Realitaten werden, laSt sich
erklaren: z.B. mit verhaltenswissenschaftlich orientierten An
satzen durch die monokausale Verknlipfung spezifischer Reaktionen
mit vorausgegangenen EinfluBversuchen oder Stimuli, mit konflikt
theoretischen Thesen durch den permanenten Kampf urn begehrte und
knappe Wertmittel, mit strukturalistischen Ansatzen durch den
steten Wunsch von Individuen nach Einschrankung von Wahlbereichen
Anderer bei gleichzeitiger Erweiterung der eigenen Moglichkeiten
oder mit systhemtheoretischen Modellen durch die zwangslaufig
entstehenden Widersprliche beim Auseinanderfallen einer Gesell-
VIII
schaft in okonomische, politische, kulturelle und ideologische
Subsysteme.
Zwar sind Phanomene von Machtverlust, Machtbehauptung und
Machtgewinn, von erfolgreichem Widerstand, indifferentem Wider
stand und verlustreichem Widerstand omniprasent in allen diesen
gesellschaftlichen Bereichen. Dennoch sind sie nicht liberall
von gleicher Relevanz.
Geradezu eine herausragende Bedeutung hat die Dialektik
von Macht und Widerstand in den politischen Bereichen einer Ge
sellschaft. Wenn man von kontroversen, gegenliberstehenden In
teres sen einzelner bzw. von Gruppen ausgeht und wenn Politik als
Gestaltungsraum solcher Interessengegensatze begriffen wird,
dann werden die Phanomene von Macht und Wider stand in der Tat
existentiell wichtig sein. Politik, sagt man, sei geradezu ein
"Kampf urn die Macht".
Auch ware politisches Tun ohne Machtkompetenz im Hinblick
auf die Verwirklichung von politischen Zielen - das immer mit
Widerstand rechnen muB - schlechterdings sinnlos. Die Auslibung
von Macht durch Individuen, Organe, Gremien und Institutionen
konnte nur urn den Preis der Funktionsfahigkeit einer Gesellschaft
aufgegeben werden. Die Auslibung von Macht ist unvermeidbar.
Staatliche Verfassungen legitimieren deshalb diese als un
vermeidbar erkannte Macht und institutionalisieren damit Herr
schaft. Dies allein und im Hinblick auf eine effektive Aufgaben
erledigung, die erst durch institutionalisierte Machtmittel,
durch blirokratische Herrschaft und demokratische Regelsysteme
realisiert werden kann, gibt keinenGrund zur Besorgnis.
Jedoch, wo immer urn Machterwerb oder Machtsicherung ge
kampft wird, kann es zu MachtmiBbrauch kommen. Er, Korruptionen
und libertretungen von genau definierten Kompetenzen, urn person
liche Ziele zu erreichen oder urn Gruppeninteressen zu verwirk
lichen, sind permanente Begleiterscheinungen des Faktums Macht.
Eine Beweisflihrung daflir braucht in einem Jahrhundert, in dem
Hitler und Stalin an die Macht kommen konnten, nicht geflihrt
zu werden.
IX
Da man mit den verschiedensten Formen von MachtmiBbrauch
immer rechnen muB, kann dies nur die Konsequenz haben, daB Kon
trollen von Machtpositionen und -strukturen unerlaBlich werden,
urn den unangebrachten Gebrauch von Macht zu verhindern oder
wenigstens in Grenzen zu halten. Die Dialektik von Macht und
Widerstand wird tiberlagert und erganzt durch die Dialektik von
MachtmiBbrauch und Kontrolle.
In den gleichen Verfassungen, die Macht legitimieren und
institutionalisieren, sind Vorkehrungen getroffen, urn die der
Macht inharenten Tendenzen des MiBbrauchs einzudammen.
Die parlamentarische Kontrolle der Regierung soll eine
solche Vorkehrung sein.
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ERSTER TElL
Der theoretische Bezugsrahmen
1. Parlamentarische Kontrolle - Versuch einer Begriffsanalyse
Die parlamentarische Kontrolle: existiert sie denn Uberhaupt?
1st sie ein konkretes Phanomen der beobachtbaren Wirklichkeit
oder nur ein theoretischer Begriff fUr die Analyse des parla
mentarischen Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland?
1st sie etwas Faktisches mit irgendwelchen realen Konsequenzen
fUr irgendwen oder nur eine Schimare von Politologen?
Am Anfang stehen bestenfalls Fragen: Warum ist parlamen
tarische Kontrolle eigentlich notwendig? Wer oder was solI kon
trolliert werden? Welche Formen der Kontrolle kann man unter
scheiden? Welchen Inhalt haben die parlamentarischen Kontrollen?
Wie ist das Objekt "Regierung" oder "Staat" naher zu bestimmen
und welche Grenzen muB der Kontrolleur beachten, urn nicht absur
derweise mit der alten Frage "Quis custodiet custodes?" konfron
tiert zu werden? Aber dies sind drei Schritte auf einmal und fUr
den Anfang zwei Schritte zuviel. Zunachst sollte man die wichtige
und schlichte Frage stellen: was versteht man eigentlich unter
"Kontrolle"?
1. Begriff der Kontrolle
Korrespondierende Begriffe wie Kontrolle und Macht, die haufig
gebraucht werden und daher auch zwangslaufig verschlissen sind
durch mehr oder weniger ausgefranste, verwasserte Bedeutungsin
halte, kommen in nahezu allen Lebensbereichen vor und sind sinn
vollerweise erst einmal von Ballast und mitschwingenden Undeut
lichkeiten zu befreien. Die Kontrolle im Sport unterscheidet sich
von der Kontrolle im 6konomischen Bereich; militarische Kontrolle
ist verschieden von schulisch-padagogischer Kontrolle; Geburten
kontrolle, PaBkontrolle an der Grenze und Selbstkontrolle sind
sehr unterschiedliche Dinge; der Kontrollturm am Flughafen hat