Table Of ContentDie erste Hilfe
bei
plotzlichen U ngl ucksfallen
Ein Leitfaden
fiir
Samari ter-Sch ulen
in sechs Vortragen
von
weil. Friedrich von Esmarch
Begriinder des Deutschen Samariter-Vereins
Neu bearbeitet
von
Professor Dr. L. Kimmle
50. AulJage
254. - 283. Tausend
Mit 320 AbbiIdungen
Berlin
Verlag von F. C. W. Vogel
1931
Hilfeleistnng in den NotstiLnden des FrIedens ist fur eine lebenskrMtlge Entwicklnng
der Hilfsvereine notwendig tlnd der Vorbereitnng fiir den Krieg forderlich.
Resullate der internationalen Konterenz '/Jam Rolen Kreuz
zu BerUn 1869 S. 10 § 19.
Gutes gewollt m.it Verlrann und Beharrllcbkeit fiihret zum. Ansgang.
J. H. Voss. (70. Geburtstag.)
ISBN 978-3-642-49498-7 ISBN 978-3-642-49784-1 (eBook)
DOl 10.1007/978-3-642-49784-1
Aile Recbte, insbesondere das der 1)bersetznng
in frem.de Spracben, vorbehaIten.
Copyrigbt 1931 by F. C. W. Vogel in Berlin.
Softcover reprint of the hardcover 50th edition 1931
geboren am 9. Januar 1823 in Tonning in Schleswig-Holstein,
gestor ben am 23. Februar 1908 in Kiel.
V orwort zur fiinfzigsten Auflage.
Die fiinfzigste Auflage des ESMARcHschen Leitfadens tritt
heute vor einen weiten Kreis ernst denkender, auf das Wohl
ihrer Mitmenschen selbstlos bedachter Manner und Frauen. Moge
ihr Weg ein gliicklicher sein.
Pietatvoll ist auch dieses Mal an dem, was der Altmeister der
Samariterhilfe bei der ersten Herausgabe im Jahre 1882 in seinem
Buch geschl'ieben und von da ab mit der ihm eigenen Sachkenntnis
und Herzenswarme immer wieder geklart und vervollstandigt
hat, in seiner urspriinglichen Form nach Moglichkeit festgehalten
worden. Nur das Bildwerk hat nach und nach durchgreife.nde
Anderungen, Verbesserungen und Erganzungen erfahren.
Aber auch im Text muBte noch allerlei eingefiigt werden, was
den Fortschritten der Wissenschaft, dem praktischen Bediirfnis
und den Wiinschen und Anregungen von Freunden und Inter
essenten entsprach. Und doch blieb es auch hier im allgemeinen
bei der bewahrten Anlage des Buches und der eindringlichen Lehr.
weise ESMARCHB. Freilich hat der Leitfaden allmahlich den
doppelten Umfang erreicht. Aber die Tatsache, daB seit der Um
arbeitung und Vervollstandigung (1920) 15 weitere Auflagen er
forderlich wurden, beweist wohl am besten, daB durch seine Neu
gestaltung das Buch in seiner Wertschatzung bei der Bevolkerung
nichts eingebiiBt hat.
Schon friih ergab sich das Bediirfnis, die Darstellung des
Krankentransportwesens zu vervollstandigen. Dem ist durch Zu
gabe zahlreicher lliustrationen, namentlich auf dem Gebiete der
Improvisationstechnik, entsprochen worden.
Auch durch vermehrte Bilder in dem Kapitel "Verbandiibungen"
wurde der Anschauungsunterricht zu fordem gesucht.
"Oberzeugt von der Richtigkeit der Auffassung, daB die Frau
die geborene Krankenpflegerin ist, haben Verlag und Herausgeber
sich bemiiht, sie mit immer groBeren Kenntnissen und Fertigkeiten
auszustatten, die zur erfolgreichen Ausiibung ihres hehren Berufes
erforderlich erschienen. Zu diesem Zweck hat die Abhandlung
iiber die Entstehung, Verhiitung und Bekampfung ansteckender
Krankheiten entsprechend dem fiirsorglichen ErlaB des PreuBischen
VI Vorwort.
Ministers fiir Volkswohlfahrt vom 8. Februar 1921 eine neue,
griindliche nberarbeitung gefunden, und insbesondere der Anleitung
zur Zubereitung und sachgemaBen Verwendung der wichtigsten
Desinfektionsmittel wahrend und nach einer Krankheit (laufende
und SchluBdesinfektion) wurde vermehrte Beachtung geschenkt.
Zwar blieb nicht unbeachtet, daB das Desinfektionsverfahren,
die Vernichtung ansteckender Stoffe, streng genommen, nicht
mehr eine Aufgabe der ersten Hilfe ist. Aber die hausliche Kranken
pflege, wie sie sich an plotzliche Ungliicksfalle, aber auch an un
erwartet rasch auftretende innere Erkrankungen anschlieBt, ist
nicht zu trennen von der Pflicht, die Entwicklung infektioser
Krankheiten unausgesetzt im Auge zu behalten und vor allem die
nbertragung der Krankheitskeime auf andere zu verhiiten. Den
Inhalt des Leitfadens nach dieser Richtung weiter auszubauen
war also nicht zu umgehen. .
Aus ahnlichen Erwagungen sind auch Ratschlage aufgenommen
worden, wie ein Operationsraum in biirgerlichem Hause aus
einfachsten Mitteln rasch herzurichten und das unentbehrliche
Gerat dazu bereitzustellen ist, wenn nach einem besonders ernsten
Unfall ein operativer Eingriff unaufschiebbar und ein Transport
in ein Krankenhaus unzulassig erscheint. Auch iiber die so wichtige
Handedesinfektion, die Sterilisierung der Instrumente und Gerate
sowie die Vorbereitung des Operationsfeldes muBte in diesem Zu
sammenhang das Allernotigste gesagt werden.
Durch eine kurze Belehrung iiber den Schutz gegen Gas
vergiftungen, wie sie nicht bloB bei der Alltagsarbeit sich ereignen,
sondern auch l:jei den ausgedehnten Riistungen unserer Nachbam
zum Gas- und Luftkrieg von der Bevolkerung in wachsendem MaBe
befiirchtet werden, ist einem von vielen Seiten gea.uBerten Wunsche
entsprochen worden. Aus den gleichen Grunden hat eine Be
schreibung und bildliche Darstellung neuer Apparate zur Wieder
belebung Erstickter Aufnahme gefunden.
Auch in mancherlei anderer Hinsicht kann wohl von einer Ver
besserung und Bereicherung des Leitfadens gesprochen werden.
So ist wohl die Hoffnung berechtigt, daB unser Buch neue
Freunde gewinnen und sich auch in der Zukunft bewahren wird
nicht nur als ein brauchbares Hilfsmittel beim Unterricht, sondern
auch als ein Ratgeber, zu dem man im Augenblick banger Zweifel
und Not vertrauensvoll seine Zuflucht nehmen kann.
Berlin, 21. Juni 1931.
L. KIMm..E.
Vorw;ort. VII
Vorwort zur ersten Auflage.
Die folgenden Vortrage, welche ich im vergangenen Winter
in der von mir errichteten "Samariter-Schule" gehalten habe,
iibergebe ich hiermit der Offentlichkeit, weil ich wiinsche und
hoffe, daB viele meiner Herren Kollegen meinem Beispiele folgen
und ahnliche Schulen ins Leben rufen werden, und weil ich an
nehme, daB es denselben erwiinscht sein konnte, fiir diesen Zweck
einen Leitfaden zu besitzen.
Urn derartige populare Vortrage fUr die Zuhorer anschau
licher zu machen, haben sich mir groBe, weit sichtbare Abbil
dungen und Modelle besonders niitzlich erwiesen, und der am
5. Marz d. J. hier gegriindete "Samariter-Verein" hat es sich
unter anderm zur Aufgabe gestellt, meine Abbildungen durch
den Druck vervielfaltigen zu lassen, urn damit, wie mit den fUr
die Ubungen notwendigen Verbandgegenstanden, den an andern
Orten zu errichtenden Samariter-Schulen nach Kraften zu HiIfe
kommen zu konnen.
Der Verein hofft, bald imstande zu sein, die von uns zusammen
gestellte Kollektion fiir einen moglichst billigen Preis abzugeben,
und bitte ich die Herren Kollegen, sich in dieser Angelegenheit
an den Deutschen Samariter-Verein in Kiel zu wenden.
Moge es uns gellngen, auf diese Weise die Ausbreitung der
Samariterbewegung iiber ganz Deutschland fordern zu helfen.
Kiel, den 24. Marz 1882.
ESMARCH.
Inhaltsverzeichnis.
Erster Vortrag.
Bau des Kiirpers.
Seite
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Die Knochen. . . . . . . . . . . . . . . . 4
Kopf S. 6. - Wirbelsaule S. 6. - Brustkorb S. 6. - Becken S. 7.
Glieder S. 7. - Gelenke S. 7, 8, 9.
Die Muskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Das Nervensystem ... ; ............. . 12
Gehirn S. 12. - Riickenmark S. 13. - Nerven S. 13.
Der Blutkreislauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Herz S,.16. - Schlag-oder Pulsadern (Arterien) S. 16. - Blutadern
(Venen) S. IS. - Blut S. IS.
Die Atmung (Lungen) 21
Die Ausscheidungen. . . 22
Nieren S. 23. - Haut S. 24.
Die Nahrung. . . . . . .
Magen S. 24.
Zweiter Vortrag.
Verletzungen.
Quetschungen (Kontusionen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Wunden ............................ 2S
Wie heilen die Wunden? S. 2S. - Blutungen aus Wunden S. 3S. -
Blutungen aus inneren Organen S. 51. - Vergiftete Wunden S. 53.
Fremdk6rper in Wunden S.54.
Dritter Vortrag.
Knochenbriiche und andere Unfallfolgen.
Knochenbriiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5S
Wie heilt ein Knochenbruch? S. 61. - Wie unterstiitzt der Arzt die
Heilung? S. 62. - Stroh als Binde-, Stiitz-und LagerungsmateriaI
S.73.
Verrenkungen 77
Verstauchungen. 79
Quetschungen 79
Stichwunden . . 79
Hieb-und Schnittwunden SO
SchuBverletzungen SO
Unterleibsbriiche SO
Verbrennungen . . SI
Inhaltsverzeichnis. IX
Vierter Vortrag.
Wiederbelebungsverlahren bei Scheintod durch
Scite
Ertrinken (kiinstliche Atmung) . 86
Erfrierung . . 1I5
Erstickung ... 1I7
Gasvergiftung 1I9
BewuBtlosigkeit 122
Hitzschlag . . . 125
Unfalle infolge elektrischer Einwirkungen 126
a) durch Blitzschlag . . . . 126
b) in elektrischen Betrieb en 128
Vergiftungen . . . . . 131
Kennzeichen des Todes . 133
Fiinfter Vortrag.
Das Fortschallen Verungliickter (Transport).
Tragen, Bahren 134
Nottragen ...... . 143
Transport ohne Tragen . 152
Transport in Wagen, auf Schleifen, in der Eisenbahn 159
Sechster Vortrag.
Krankenpflege.
Allgemeines 173
Krankenzimmer. 174
Krankenbett . . 181
Pflege des Kranken selbst . . . 184
Ausfiihrung der arztlichen Verordnungen 199
Schutz vor Erkrankung (Desinfektion) . 209
Tuberkulose S. 217. - Diphtherie S.220. - Scharlach S. 221.
Genickstarre S. 222. - Typhus S. 223. - Ruhr S. 224. - Korner
krankheit S. 225. - Masern S. 226. - Grippe S. 227. - Kopf
grippe S. 227. - Keuchhusten S. 227.
Verbandiibungen 228
Sachverzeichuis. , . . . . . . . 251
E r s t e r V 0 r t rag.
Eillieitung: Bau des Korpers.
Wenn ich Sie eingeladen habe, sich von mir tiber die erste
Hille bei plotzlichen Ungliicksldllen unterrichten zu lassen, so beab
sichtige ich keineswegs, dadurch die Hilfe der Arzte unnotig zu
machen; ich hoffe im Gegenteil, Sie davon zu iiberzeugen, daB
in den meisten Fallen derart rasche arztliche Hilfe dringend not
wendig ist. lch wiin!,!che aber, Sie in den Stand zu setzen, die
richtige Hilfe anzuwenden, ,bis der Arzt kommt, damit nicht unter
dessen durch falsche MaBregeln unheilbarer Schaden angerichtet
werde, oder gar das Leben Ihrer Angehorigen oder Mitmenschen,
wahrend Sie untatig zuschauen, verloren gehe.
Wenn ich zuriickblicke auf meine chirurgische Tatigkeit, so
kann ich wohl behaupten, ich habe es unzahlige Male bedauert,
daB so wenige Menschen wissen, wie bei plOtz lichen Ungliicks
fallen die erste Hilfe zu leisten sei.
Dies gilt natiirlich vor allem von den Schlachtleldern, zu den<:m
ja friiher Tausende, von Menschenliebe gedrangt, geeilt sind, um
zu helfen. Doch wie wenige unter ihnen wuBten, wie zu helfen sei!
Das gilt aber ebenso von den Verhaltnissen des gewohnlichen
Lebens, besonders in den groBen Fabrikanlagen und sonstigen
Betrieben. Wie viele, die durch rasche Hilfe zu retten gewesen
waren, starben nicht alljahrlich eines elenden Todes, weil niemand
da war, der zu helfen verstand. 1st es doch zahlenmiiBig nach
gewiesen worden, daB allein in Deutschland jahrlich mehr als
30000 Menschen infolge von Ungliicksfallen sterben; wie viele
aber iiberhaupt verungliicken, laBt sich gar nicht sicher feststellen.
J edenfalls ist es eine ungeheuere Zahl.
Es ist ein schreckliches Gefiihl, einem solchen Ungliicksfalle
gegeniiberzustellim, zu sehen, wie der rote Blutstrom unaufhaltsam
aus der Wunde quillt, wie mit jedem Augenblick der Tod naher
riickt, und nicht zu wissen, wie das Unheil abzuwenden sei.
Den Drang, in Ungliicksfallen Hille zu leisten, empfindet ieder
gute Mensch; aber die meisten schrecken davor zuriick, selbst
Hand anzulegen, weil sie nicht wissen, ob sie nicht Verkehrtes
tun und mehr Schaden als Nutzen bringen.
Es bewegt mich deshalb ein freudiges Gefiihl, daB Sie so zahl
reich meinem Aufrufe gefolgt sind, um zu lernen, was in solchen
v. Esmarch-Kimmle, Erste Hilfe, 50. Aufl. 1
2 Einleitung: Bau des Korpers.
Stlmbeln -.••.••.•••.. ..••....•..... Seltenwandbeln
la~1~~F1t ... · ., ....... AugenMhle
Nuenbeln ••. .•..•.. .•• . •......•.. Jochhogen
i«-~';/"I-•• - •••..••••• Oberklefer
.........•. Unterklefr.r
Balsw1rbeJ
••.... SchJOsseJbeln
•...... - SchulterbJatt
•.. ' •. '" SehultergeJenk
Rrostbeln ...... .
Rlppen
Obernnnlmochen •.......
Ellenbogengelenk ......•..
~ '"",·n···~·.~-,,-,,,,~- LendenwtrbeJ
Spelche ......•
Elle··· ••.
HandgeJenk • "'" Darmbe1n
HandwurzeJ· _ ••.. ,., . • ..•X rem:beln
knOCh.n '-.
• ..•• HflftgeJenk
Mlttelhand, ••.
knochen • •••. OberschenkeJ·
FlngergU.dcr·· . knochen
II, Gel.nko
Sltzbelnknochcn
OberscbenkeJknochen -.... .•
Knleschelbe ••••••.- ••.~ ... :r:-)lI • ••.... , KnlcgeJcnk
Wad.nbeln ......•.....•
Schl.nbeln·· .•..•.•••••
• ••• SpfUnggelellk
FIIOwurzelknochen '. .' Ferscnbeln
M1ttolfu Okno.hen . =. .\@~~~~::-
ZehengUeder·
gelenke
Ahb. 1. Knochengerilst. von vorn goschen.