Table Of ContentBernd Guggenberger· Andreas Meier (Hrsg.)
Der Souveran auf der N ebenbiihne
Bernd Guggenberger . Andreas Meier (Hrsg.)
Der Souveran
auf der Nebenbiihne
Essays und ZwischenruJe
zur deutschen Verfassungsdiskussion
Westdeutscher Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Der Souveran auf der Nebenbiihne: Essays und
Zwischenrufe zur deutschen Verfassungsdiskussion /
Bernd Guggenberger; Andreas Meier (Hesg.). -
Opladen: Westdt. VerI., 1994
ISBN 978-3-531-12524-4 ISBN 978-3-322-93616-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-93616-5
NE: Guggenberger, Bernd [Hrsg.]
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© 1994 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt
Umschlagbild: Bernd Guggenberger, Bielefeld
Satz: ITS Text und Satz GmbH, Herford
Gedruckt auf siiurefreiem Papier
ISBN 978-3-531-12524-4
Inhalt
Einleitung der Herausgeber
Bernd Guggenberger / Andreas Meier
Es ist noch nicht zu spat ................................... 11
Bernd Guggenberger
Klammheimlicher Themenwechsel
Die Deutscl1e Verfassungsdiskussion zwischen Wiederllereil1igung
und Maastricht ............................................. 14
Bernd Guggenberger
GlobaliUit und Zukunft oder Demokratie in neuen Raum- und
Zeitgrenzen
Anmerkungen zum Verfassungsdenken lIor der Jahrtausendwel1de ... 21
I Aktueller Stand der Verfassungsdebatte
Andreas Meier
Kostiimfest auf der Nebenbiihne
Chronik der quallloUen Arbeit der "Gemeinsamen Verfassungs-
kommission" ................................................ 33
Jurgen Roth
Biirgerbewegte Zwischenbilanz der Kommissionsarbeit 39
Tilman Ellers
Entsorgte Einigung
Warum die Verfassungskommission erfolgreich scheiterte 50
6 Inhalt
II Welche Verfassung fiir Deutschland?
Thomas Schmid
Der Verfassungsgedanke auf dem Weg ins Zeitalter der
De-Souveranitiit ............................................ 61
Wolf-Dieter Narr
Verfassungsdenken iiber den Staat hinaus 66
Ulrich Karl Preuft
Brauchen wir eine neue Verfassung? 71
Gerd Roellecke
Des Souveriins neue Kleider 75
Wolf-Dieter Narr
Worauf "antwortet" die Verfassung? 80
III Gehort Gott die Verfassung?
Andreas Meier
SDG: Fundament und Ornament
Pliidoyer fUr Priiambeln der Bescheidenheit 87
VVigbert Tocha
Die Kirchenartikel streichen?
Die Forderung nach "strikter Trennung" von Kirche und Staat
greift zu kurz ............................................... 95
IV Wie ubt das Yolk seine Macht aus?
Gerald Hiiffner
AIle Gewalt geht vom Volke aus - und kommt nicht mehr
zuriick ... .................................................. 103
Robert Heft
Mandat durch Abstimmung
Eine Chance fUr Staat und Gesellschaft 112
Inhalt 7
Norbert Kostede
Das Plebiszit als LernprozeB
Auch wenn Volksentscl1eide nur selten Erfolg l1aben diirften, konnten
sie docl1 die Politik vorantreiben ............................... 118
Jiirgen Seifert
Kontrolle von Exekutivmacht 124
Peter Haberle
Bundesverfassungsrichter-Kandidaten auf dem Prlifstand?
Ein Ja zum Erfordernis "offentlic/ter Anhiirllng" ................. 131
Wolfgang Jager
Reprasentationsdefizite des deutschen Bundestages: ein Plado
yer flir den Parlamentskanal und partielle Fraktionsoffentlich-
keit ....................................................... 134
Manfred Zeller
Foderalismus ohne Foderalisten 147
Andreas Meier
Brandenburgs Verfassungsadler mit voraufklarerischen Fliigeln
in ostdeutscher Landschaft ................................. 155
V Der Staat - Beute der Parteien?
Hans-Herbert von Arnim
Staatsfinanzierung der Parteien in Blirgerhand
Aktuelle Fragen der Parteienfinanzierllng ....................... 173
Bernd Guggenberger
Die Verfassungsreform der Parteiendemokratie geh6rt nicht in
die Hand der Parteien ..................................... 182
Hildegard Hamm-Briiclter
Wege aus der Politik- und Parteienverdrossenheit 190
Werner Peters
Der Staat und die Parteien 197
8 Inhalt
VI Neue Grundrechte im neuen Staat?
Helmut Simon
Wer wenig im Leben hat, soIl viel im Recht haben 205
Tatjana Ansbach
Soziale Rechte - kein Thema mehr
Die Geschichte einer verpaflten Chance 208
Peter Hiiberle
Das Analogon Demokratie / Markt als Problem des Verfas
sungsstaates - Pladoyer fur das Staatsziel "soziale Markt-
wirtschaft" ................................................ 213
Marie-Theres Tinnefeld
Brauchen wir eine neue Informationsgrundordnung? 219
Susanne Rahardt-Vahldieck
Deutscher Durchbruch in Europa?
Schwangerschaftsabbruch und Menschenrechte in Deutschland
und Europa ................................................ 225
Angela Schapals
Das Theater "Frauenrechte in die Verfassung" - Eine perfekte
Inszenierung ............................................... 230
VII Die Natur ins Grundgesetz?
Bernd Guggenberger
Das Staatsziel Umweltschutz
Erster Schritt zu einer "konjunkturunabhiingigen" Umweltpolitik 241
Reinhard Loske
Notizen zur Okologie in der Verfassung
Ein Staatsziel Umweltschutz reicht nicht aus 249
Tine Stein
Warum wir einen Okologischen Rat brauchen
Pliidoyer for ein neues Verfassungsverstiindnis ................... 255
Inhalt 9
VIII Deutschlands neue Rolle in der Welt
Stefan Alexis Huter
Dynamit in Porzellanladen
Anmerkungen zur Neufassung des Grundrechts auf Asyl 263
Heribert Prantl
Asyl fiir Saddam Hussein?
Die Problematik weltweiter Wanderungsbewegungen 270
VVilfried von Bredow
Weltbiirger in Uniform? 280
Werner Peters
Deutsche Militareinsatze "out of area"? 285
Bernd Guggenberger
Die Blauhelm-Diskussion und die politische Struktur
der Welt von morgen
Zum Konzept eines Systems kollektiver Sicherheit ................ 291
IX Abkiirzungsverzeichnis ................................. 304
X ~~enregister .............. ... ..... .......... ... ...... 305
XI Sachregister ............................................ 309
XII Autorenbiographien .................................... 310
Einleitung der Herausgeber
Bernd Guggenberger / Andreas Meier
Es ist noch nicht zu spat
Das deutsche Yolk wird sich eine Verfassung geben und fast keiner
merkt etwas davon. Unter den gegebenen Verhaltnissen ist nicht zu
erwarten, daB die von der Gemeinsamen Verfassungskommission (GVK)
vorgelegten, eher kargen Verfassungsempfehlungen noch maBgeblich er
weitert werden.
War der Zug nicht schon abgefahren, als die GVK noch stritt und
beriet? War der Enthusiasmus nicht schnell verloschen, mit dem im
Schatten der vollzogenen deutschen Wiedervereinigung nach der Art
und Weise gefragt wurde, in der sich das geeinte Deutschland verfasse?
Letztlich angestoBen durch den am 29. Juni 1991 vorgelegten Ver
fassungsentwurf des "Kuratoriums fiir einen demokratisch verfaBten
Bund deutscher Lander", entstanden Beitrage engagierter Autoren unter
dem Arbeitstitel "Projekt Federalist. Beitrage zur deutschen Verfassungs
kommission". Kommentierend wollten sie den Diskussionsstand vor
stellen und weiterfiihren. Der urspriinglich geplante Diskussionsband
kam nicht zustande, weil die erwartete Resonanz auf die Verfassungs
debatte ausblieb. Die an sich zustandigen politischen Gremien und
Gruppen (Parlamente, Informationszentralen fiir politische Bildung, Par
teien, Gewerkschaften und Kirchen) unterlieBen fast alles, um die De
batte offentlich zu machen. Wissenschaft und Verfassungsrechtler ver
steckten sich hinter Fachdiskussionen. Die rechtspolitischen Publizisten
(Leicht, Prantl u.a.) verstummten viel zu friih.
Die Beitrage dieses Sammelbandes haben den Charakter von Schlag
lichtern, die in prazisen kritisierenden und anregenden Artikeln - nicht
ohne Widerspriiche untereinander - gefaBt sind. Urspriinglich als Zei
tungsbeitrage gedacht, sind sie im Blick auf die Grundsatzlichkeit ihres
jeweiligen Themas am klassischen Vorbild der "Federalist Papers" orien-
12 Einleitung der Herausgeber
tiert, die Alexander Hamilton, John Jay und James Madison 1787-89 in
den jungen USA vorlegten.
So sind Themen von Vefassungsrang aufgegriffen, die nicht deshalb
an Virulenz verlieren, well das deutsche Yolk - mehrheitlich wohl nicht
gegen seinen Willen - in der wohlgeHilligen Bequemlichkeit "letzter
Menschen" (Friedrich Nietzsche) urn die Verfassungsdebatte kam, zu
der auch nicht die energischen Interventionen des Bundespdisidenten
Richard von Weizsacker verlockten. In einer Fiille von allen sichtbaren
Streitstandpunkten zeigte sich in den letzten beiden Jahren die unaus
weichliche Virulenz der "Verfassungsfrage":
- Die Kritik Richard von Weizsackers an der Parteiendemokratie, der
Staatsbiirokratie und des politischen Betriebs bekommt standig neue
Nahrung,
- die Probleme der Parteienfinanzierung lassen niemand kalt,
- erbittert wurde urn die grundsatzliche Regelung des Schwanger-
schaftsabbruchs (StGB § 218) und die Asylgesetzgebung (Art. 16 GG)
gestritten,
- verfassungsrechtliche Griinde werden gegen die Vertrage von Maa
stricht angefiihrt, der Zerfall des Europaischen Wcihrungssystems
(EWS) wetterbeleuchtet: "Hurra, die Mark bleibt und Europa geht",
- iiber die neue Rolle Deutschlands in der Welt kursieren die unter
schiedlichsten Vorstellungen, iiber die das Bundesverfassungsgericht,
unsere Ersatzregierung, entscheiden mulS - und will,
- die Schere zwischen RechtsbewulStsein in Deutschland-Ost und
Deutschland-West afinet sich,
- die Umweltprobleme verscharfen sich,
- "zivilgesellschaftliche" Anfragen (Ausweitung der Biirgermitwir-
kung, informationelle Selbstbestimmung, Frauenrechte, soziale
Grundrechte) an das Grundgesetz werden gestellt,
- die Finanzreform und der Faderalismus stellen die Bundesrepublik
vor explosive Probleme.
Diese politischen Streitfragen haben ein gemeinsames Zentrum: 1st das
"bewahrte" Grundgesetz in der Lage, die kommenden politischen Her
ausforderungen zu meistern, d.h. als normative Struktur einer noch
nicht verwirklichten "Biirgergesellschaft" (Ralf Dahrendorf) zu dienen
- oder versagt es im Konflikt mit der Politik?
Es ist noch nicht zu spiit. In der krisenhaften Weltsituation der Ge
genwart, in der Deutschland seinen gut beobachteten Platz hat, ob es
ihn will oder nicht, macht der nun in veranderter Konzeption vorgelegte
Diskussionsband guten Sinn: Die "Essays und Zwischenrufe" sind von