Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 621.926
Nr. 1059
Dr.-Ing. Ewald Reiners
Institut Verfahrenstechnik der GVT an der
Rhein.-Westf. Technischen Hochschule Aachen
Der Mechanismus der Prallzerkleinerung beim geraden,
zentralen Stoß und die Anwendung
dieser Beanspruchungsart bei der Zerkleinerung,
insbesondere bei der selektiven Zerkleinerung von spröden
Stoffen
Als Manuskript gedruckt
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-03386-8 ISBN 978-3-663-04575-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04575-5
G 1 i e der u n g
Seite
. . . . . . . . .
Vorwort 5
. . . . . . .
1. Einleitung 1
2. Begriffsbestimmungen und theoretische Betrachtungen •• 8
2.1 Begriffsbestimmungen 8
2 .·11 Zerkleinerungsarbeit •••• 8
2.12 Energetischer Wirkungsgrad •• 8
2.13 Zerkleinerungsgrad • 9
2.2 Allgemeine Grundlagen des Bruchvorganges im
spröden Körper • • • • • • • • • • • •• 10
2.3 Ein idealisiertes Modell (unendlich dünner Stab)
zur Deutung des Primärbruches durch Kompressions-
wellen • • • • • • • • • • • • •• 14
2.31 Druckspannung und Dehnung in der Stoßfläche 14
3. AufgabensteIlung 16
4. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung • 18
5. Der zeitliche Ablauf des Prallzerkleinerungsvorganges • 20
5.1 Allgemeines. • • • • • • • • • • • • • 20
5.2 Auftreffen einer Kugel auf eine feste Wand 23
5.3 Zerkleinerung beim Anschießen einer Stahlspitze 21
5.4 Bestimmung der Drücke an Aufprallfläche beim
d~r
Nachschieben der Kugel 28
5.5 Nachzerkleinerung bei der radialen Ausbreitung
der Teilchenvolke 32
6. Einfluß der Aufprallgeschwindigkeit 33
6.1 Charakteristische Geschwindigkeiten. 33
6.2 Zerkleinerungsgrad und Wirkungsgrad. 34
6.3 Bestimmung einer statistischen Gesetzmäßigkeit 36
1. Einfluß der Aufgabekorngröße auf die Zerkleinerung 36
8. Einfluß der Materialeigenschaften • • • • • • • • • 38
8.1 Zerkleinerung verschiedener Materialien •••••• 38
8.11 Zerkleinerung von stofflich einheitlichen
. . . . . . . . . . . . . . . . .
Körpern
39
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Seite
8.12 Zerkleinerung von stofflich gleich zusammen-
. . . . . . . . . . . . . .
gesetzten Körpern 40
8.13 Zerkleinerung von stofflich unterschiedlich
. .
zusammengesetzten Körpern • · · · · · 42
8.2 Die selektive Zerkleinerung von Erzen 43
8.21 Allgemeines · · · · 43
. .
8.22 Versuchsergebnisse von Erz I · · 44
8.221 Betrachtung der mikroskopischen Auf-
nahmen der einzelnen Kornklassen · 45
8.222 Aufschlußgrad · · · · · · · · 46
8.223 Durchgangssummenkurven der Mineralkom-
. . . .
ponenten · · · · · · · · · · · 48
8.224 Verteilung des Freikorns der einzelnen
.
Komponenten · · · 48
8.23 Versuchsergebnisse von Erz 11 · · · · · 50
8.231 Betrachtungen der mikroskopischen Auf-
nahmen der einzelnen Kornklassen 51
8.232 Aufschlußgrad • • • • • • • . 51
8.233 Durchgangssummenkurven der Mineralkom-
ponenten • • • . 52
8.234 Verteilung des Freikornes der einzelnen
Komponenten 54
9. Einfluß der Aufprallwand 55
10. Zusammenfassung •• 56
11. Anhang 59
11.1 Zusammenstellung der verwendeten Zeichen •• 59
11.2 Einteilung der Versuchsmaterialien • 60
11.3 Literaturverzeichnis ••••..•• 63
Seite 4
Vor w 0 r t
Bei der Entwicklung der Prallzerkleinerungsmaschinen hat sich die un
genügende Kenntnis der Grundlagen dieser Zerkleinerungsmethode nach
teilig ausgewirkt. Dem Konstrukteur standen z.B. weder Angaben über die
wirklichen Vorgänge bei einer Zerkleinerung durch Prallbeanspruchung,
noch über die erforderlichen Aufprallgeschwindigkeiten zur Verfügung.
Es war deshalb kaum möglich, eine optimale Ausnutzung dieser an sich
günstigen Beanspruchungsart zu erzielen.
In dieser Arbeit soll versucht werden, einen Beitrag zur Klärung der
Grundlagen der Zerkleinerung durch Prallbeanspruchung zu liefern. Ziel
weiterer Untersuchungen muß es dann sein, diese Ergebnisse auf den
praktischen Zerkleinerungsfall anzuwenden.
Die Anregung zu dieser Arbeit und zahlreiche Hinweise verdanke ich
Herrn Prof. Dr.-Ing. S. KIESSKALT. Herrn Prof. Dr.-Ing. F. BOLLENRATH
danke ich für seine Hinweise zur theoretischen Ausarbeitung. Die Arbeit
wurde durchgeführt im Forschungsinstitut Verfahrenstechnik der GVT in
Aachen. Für die Anfertigung der funkenkinematographischen Aufnahmen
danke ich Herrn Prof. Dr.-Ing. H. SCHARDIN und Herrn Dipl.-Ing. W.
STRUTH. Weiter sage ich Herrn Dipl.-Ing. G. REHWALD meinen Dank für
die Durchführung der mineralogischen Analysen. Ein weiterer Dank ge
bührt meinen Kollegen für wertvolle Diskussionsbeiträge. Die Mittel
für diese Untersuchungen wurden vom Ministerium für Wirtschaft und
Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Bundeswirtschaftsmini
sterium zur Verfügung gestellt, wofür ich ebenfalls danke.
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10 Einleitung
Zerkleinerung bedeutet die Auf teilung eines festen Stoffes in kleinere
Teilchen durch mechanische Kräfte. Durch diese Auf teilung werden be
stimmte Eigenschaften des Stoffes, die wesentlich von der Korngröße
bzw. der Oberfläche abhängen, verstärkt. So ist z.B. der Ablauf zahl
reicher chemisch-technologischer Prozesse von der Oberflächengröße der
zu verarbeitenden Stoffe abhängig. Für die Zerkleinerung steht eine
große Zahl der verschiedensten Maschinen zur Verfügung, die man nach
drei Arten der Grundbeanspruchung einordnen kann:
a) Beanspruchung zwischen zwei Flächen:
Nach diesem Prinzip arbeiten die Mehrzahl aller Zerkleinerungsma
schinen. Die Beanspruchung erfolgt in der Hauptsache durch Druck,
Schlag, Reibung und Abscheren.
b) Beanspruchung frei bewegter Teile an einer Fläche oder gegeneinander:
D~zu zerkleinernde Gut wird rein mechanisch oder durch ein Träger
medium auf eine hohe Geschwindigkeit gebracht und gegen Prallflächen
oder gegeneinander geschleudert. Die Zerkleinerungsenergie hängt
hierbei nur von der den Teilchen mitgeteilten kinetischen Energie
ab. Dies ist das Grundkennzeichen der Prallzerkleinerung.
c) Beanspruchung durch das umgebende Medium:
Durch das umgebende gasförmige oder flüssige Medium können Kräfte
auf die Teilchen ausgeübt werden. Von Bedeutung ist dieses Verfah
ren nur bei einer Entspannungs- oder einer Naßmahlung.
Für die Zerkleinerung werden jährlich Milliarden kWh verbraucht. So
wurden z.B. allein in der Zementindustrie im Jahre 1960 für Zerklei
nerung 12 Milliarden kWh benötigt. Die Energieausnutzung bei einer
Zerkleinerung ist, wie wir im Verlauf der Arbeit noch sehen werden,
sehr gering. Aus Wirtschaftslichkeitsgründen ist es daher nützlich,
die Zerkleinerungsvorgänge zu analysieren, um auf diesem Wege evtl.
einen Beitrag zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eines solchen
Prozesses zu liefern.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Prallzer
kleinerung. Hierzu wird die Zerkleinerung eines spröden Körpers bei
Sei te 7
bei der Beanspruchung durch einen geraden zentralen Stoß gegen eine
feste Prallwand betrachtet. Der gerade zentrale Stoß tritt zwar nicht
am häufigsten in einer Maschine auf, vorherrschend werden schiefe ex
zentrische Stöße sein, doch lassen sich die grundsätzlichen Abhängig
keiten daran am besten studieren; dieser stoß ist energetisch am gün
stigsten.
2. Begriffsbestimmung und theoretische Betrachtungen
2.1 Begriffsbestimmungen
2.11 Zerkleinerungsarbeit
Bei dem Begriff Zerkleinerungsarbeit denkt man zuerst an die Zunahme
der Oberflächenenergie, die als Arbeitsleistung beim Zerbrechen eines
Körpers gegen die Kohäsionskräfte zur Neubildung von Oberfläche zuge
führt werden muß. Die Oberflächenarbeit macht jedoch nur einen Bruch
teil der physikalischen Zerkleinerungsarbeit (ca. 1 ~) aus. Der größte
Anteil besteht in Formänderungs- und Reibungsarbeit an dem zu zerklei
nernden Einzelkörper. Dieser Anteil ist abhängig von der Beanspruchungs
art, dem zeitlichen Verlauf und dem Höchstwert der Beanspruchung, von
der Temperatur, der äußeren und inneren Körperbeschaffenheit und von
chemischen Einflüssen.
Die technische Zerkleinerungsarbeit übertrifft die physikalische um
die zusätzliche Verlustarbeit der Maschine. Das ist in der Hauptsache
die Leerlaufarbeit und die Verlustarbeit bei der Energieübertragung
auf das Einzelkorn bei der kollektiven Bearbeitung eines Haufwerks.
Die technische Zerkleinerungsarbeit übersteigt die physikalische größen
ordnungsmäßig um eine Zehnerpotenz •
. 2.12 Energetischer Wirkungsgrad
Man unterscheidet zwischen dem physikalischen und dem technischen Wir
kungsgrad. Allgemein setzt man die zur Erzeugung der neuen Oberflächen
notwendige Energie ins Verhältnis mit der dem zu zerkleinernden Teil
chen effektiv mitgeteilten Energie (physikalischer Wirkungsgrad) oder
mit der an der Antriebswelle einer Maschine aufzuwendenden Energie
(technischer Wirkungsgrad).
Seite 8
Es ist:
0/. 0
1] ph = ~_--,n:::.- ~ 0,1 - 1 ?'
E
eff.
0/. • On ?'
1] tech = E ~ 0,01 - 0,1
ges.
(oc = spezifische Oberflächenenergie; 0 = neugeschaffene Oberfläche)
n
2.13 Zerkleinerungsgrad
Der Zerkleinerungsgrad wird auf zwei verschiedene Arten definiert. Als
Verhältnis der mittleren Korngröße vor und nach der Zerkleinerung
und als Verhältnis der spezifischen Oberflächen vor und nach der Zer
kleinerung
D bzw. d ist die mittlere Korngröße des Haufwerks, und zwar das
m m
arithmetische Mittel, und wird aus der Körnungsanalyse bestimmt.
( ~R = Klassenrückstand in Gewichtsprozent bezogen auf die Probenmenge;
d = Klassenmitte)
a
Die Oberfläche eines Haufwerkes wird auf verschiedene Weise ermittelt,
z.B. mit der Adsorptionsmethodel
Diese Methode ist die beste, wenn die gesamte (äußere und innere) Flä
che bestimmt werden soll. Sie beruht auf der Bestimmung des Sättigungs
wertes x für monomolekulare Bedeckung aus der experimentell gefundenen
m
Adsorptionsisotherme und der anschließenden Berechnung der spezifischen
Oberfläche mittels der Beziehung:
Seite 9
(M = Molekulargewicht; A = Querschnittsfläche der Moleküle des Sorben
m
den innerhalb einer vollständigen Einschicht; N = Loschmidtsche Zahl.)
Weiter ist es möglich, die spezifische Oberfläche (äußere Oberfläche)
nach KIESSKALT und MATZ aus dem Rosin-Rammler-Körnungsnetz (DIN 4190)
zu berechnen. Es ist:
2
o = yf . 6,39 • (1f i • e 1,195/n
(f = Formfaktor für die Abweichung von der Kugelgestalt nach HEYWOOD;
y = 'spezifisches Gewicht; d' und n werden aus dem Körnungsnetz ent
nommen. )
2.2 Allgemeine Grundlagen des Bruchvorganges im spröden Körper
Der Ursprung der physikalischen Bruchtheorie geht auf H.A. GRIFFITH
[1] zurück. Auf diese Arbeiten bauen alle weiteren bruchtheoretischen
Untersuchungen auf. GRIFFITH geht davon aus, daß mit der Bildung neuer
Oberfläche die zugehörige Oberflächenenergie als potentielle Energie
aus der elastischen Verformungsenergie aufgebaut werden muß. Die Ver
minderung der elastischen Energie ist gleich der Zunahme der Oberflä
chenenergie bei Bildung neuer Oberflächen. Ist die Beanspruchung vor
gegeben, so ergibt sich nach GRIFFITH eine Mindest-Anrißlänge, die so
genannte Griffithlänge. Bei dieser Rißlänge muß die Energiebedingung
dE dE
elast. ges.
=
dl dl
gerade erfüllt sein. Bei geringerer Rißlänge reicht die aufgebrachte
elastische Energie nicht zum Bruch aus, bei größerer Länge wird der
Bruchablauf beschleunigt. Größenordnungsmäßig liegt die Griffithlänge
etwa bei 1 bis • Für eine ebene Platte mit elliptischem Riß fand
10~
GRIFFITH für die erforderliche Spannung folgende Gleichung:
E • 0(
A.
Die experimentellen Untersuchungen zur Belegung dieser Theorie wurden
durch Zugversuche an gekerbten Glaszylindern durchgeführt. Man kann
feststellen, daß nach GRIFFITH zwei Phasen der Bruchfortpflanzung zu
unterscheiden sind:
Seite 10
Die erste Phase zur Bildung der Griffithlänge und die zweite Phase der
instabilen Bruchfortpflanzung.
Diese Vorgänge werden in einer Arbeit von KOCBEBDÖRFER [2J dargestellt.
KOCHENDÖRFER versucht die Entstehung eines Anrisses im atomaren Bereich
und dessen Vergrößerung, die schließlich zum Bruch führt, zu deuten. Er
führt dieses auf das Zusammenlaufen von Versetzungen zurück. Unter Ver
setzungen versteht man einen gestörten Gitterzustand, in dem in zwei
benachbarten Gitterebenen eine begrenzte Anzahl von Atomen gegeneinander
versetzt sind. Die Versetzungen entstehen an Quellen. Werden entspre
chende äußere Kräfte auf den Körper aufgebracht, so beginnen diese Ver
setzungen zu wandern, wenn die äußere Schubspannung größer wird als
~ a
die notwendige Ablösspannung Ist die Bedingung für die Entstehung
~QR.
von Mehrfachversetzungen (~a größer als ~K) erfüllt, so kann Sprödbruch
eintreten. Man kann dazu folgende Darstellung geben:
Je von zwei Quellen herkommende und an einem Hindernis zusammenlaufende
Versetzungen ergeben dreieckige Teilflächen. In diesen Anriß laufen wei
tere Versetzungen hinein, bis seine Länge so groß wird, daß die Griffith
sehe Rißlänge erreicht wird und der Bruch beginnt. Ist die Sprödbruch
bedingung 1a = ~QR = ~K nicht erfüllt, treten Abgleitungen im Kristall
auf und Verfestigungen.
Aufbauend auf die Griffithschen Erkenntnisse stellte A. SMEKAL [3, 4, 5,
6J
eine zweite grundsätzliche Bedingung für den Bruch auf. Er verlangt,
daß im atomaren Bereich an der Bruchstelle die molekulare Zerreißspan
nung erreicht werden muß. Die Größenordnung dieser molekularen Zerreiß
festigkeit leitet SMEKAL aus molekulartheoretischen Überlegungen ab. Er
betrachtet beim homogenen Körper den Zusammenhang zwischen Dehnung und
Gitterenergie und findet, daß die Gitterenergie für eine bestimmte kri
tische Dehnung durch ein Maximum geht, bei dem auch der Höchstwert
~ o
der Zerreißspannung erreicht wird. Die kritische Zerreißdehnung kann ab-
geschätzt werden mit:
2 • Ci
Ekr ~ E • r ~ 0,1
o
Damit ergibt sich die molekulare Zerreißfestigkeit zu:
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