Table Of ContentA.A. KURTH. 1. HOVY • T. HENNIGS • (Hrsg.)
Bisphosphonattherapie von Knochenerkrankungen
A. A. Kurth L. Hovy T. HENNIGS
(Hrsg.)
Bisphosphonattherapie
von Knochenerkrankungen
Tumorosteolysen
Osteoporose
M. Paget
Endoprothetik
Mit 33 Abbildungen und 21 Tabellen
SPRINGER-VERLAG BERLIN {)
HEIDELBERG GMBH JIII
Priv.-Doz. Dr. med. A.A. KURTH
Orthopiidische Universitiitsklinik, Stiftung Friedrichsheim
Marienburgstr. 2, 60528 Frankfurt/M.
Priv.-Doz. Dr. med. L. Hovy
Orthopiidische Klinik III, Annastift
Heimchenstr. 1-7,30625 Hannover
Dr. med. T. HENNIGS
An den Schu1wiesen 35, 63263 Neu-Isenburg
ISBN 978-3-7985-1266-5 ISBN 978-3-642-57626-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-642-57626-3
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001
Urspriinglich erschienen bei Steinkopff Veriag Darmstadt 2001
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SPIN 10760068 105/7231-5 4 3 2 1 O - Gedruckt auf săurefreiem Papier
Vorwort
Bisphosphonate sind keine neue Substanzklasse in der The-
rapie von Knochenerkrankungen, aber durch aktuelle For-
schungsergebnisse werden die Indikationen und der Einsatz
stan dig erweitert. Bisphosphonate zeichnen sich durch eine
hohe Affinitat zum Knochen aus und vermindern die Kno-
chenresorption durch die Inhibition der Osteoklasten.
Diese spezielle Eigenschaft macht sie sehr erfolgreich in der
Behandlung von verschiedenen Knochenerkrankungen. Bis-
phosphonate werden im Rahmen von Tumorerkrankungen
bei der tumorinduzierten Osteolyse zur Senkung des Kalzium-
spiegels und zur Verhinderung von skelettalen Metastasen ein-
gesetzt.
Primare und sekundare Osteoporose stellen bei weitem
die haufigste Indikation fUr eine Bisphosponattherapie dar.
Knochenerkrankungen wie der Morbus Paget sind noch im-
mer eine groBe therapeutische Herausforderung fUr die be-
handelnden Arzte und dabei sind Bisphosphonate ein wich-
tiger Pfeiler der Therapie. Die VerfUgbarkeit neuer potenter
Bisphosponate eroffnen die Moglichkeit die Indikationen ei-
ner Therapie von Knochenkrankheiten zu erweitern und den
positiven Effekt sogar im Rahmen der Endoprothetik zu nut-
len.
Das vorliegende Buch stellt den aktuellen Stand der Ein-
satzmoglichkeiten von Bisphosphonaten in der Therapie von
Knochenerkrankungen und in der Endoprothetik dar.
Frankfurt und Hannover, im FrUhjahr 2001 A.A. KURTH
L. Hovy
T. HENNIGS
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung der Bisphosphonate
bis zur klinischen Anwendung ... .. . . .. . ..... . . . . . .. .
F. BAUSS
Klinische Manifestation von tumorinduzierten Osteolysen und
chirurgische Therapie . .. . .. . ...... . ...... . ........ 11
1. Hovy
Bewahrung der Knochenqualitat in Tumorosteolysen
durch Bisphosphonate ..... . . . .. . .... .. .. . . . .... . . 22
A.A. KURTH
Therapie des ossar metastasierten Mammakarzinoms
mit Bisphosphonaten . .. . . .... . ..... . .. . .. . ....... 32
I.J. DIEL
Das klinisch-orthopadische Bild des Morbus Paget . . . . . . . . . 49
1. Hovy
Bisphosphonate in der Behandlung des Morbus Paget . . . . . . 58
A.GRAUER
Densitometrische Methoden zur quantitativen Beurteilung
von pathologischen Knochenveranderungen . . .. . . . . .. . . . 68
P. AUGAT
Osteoporose: Epidemiologie und klinische Symptomatik 86
s. GOTTE
Einsatz von Bisphosphonaten in der Behandlung
der Osteoporose . . .. . .... .. . . .. . ..... .. . . .. . .... 96
H. W. MINNE und M. PFEIFER
VIII Inhaltsverzeichnis
Die Bisphosphonattherapie der Osteoporose:
Die Verhinderung der osteoporotischen Fraktur 104
A. GRAUER und F. RAUE
Periprothetische Osteolysen als Ursache
fUr Endoprothesenlockerung ........................ 118
L. ZICHNER
Experimentelle Untersuchungen zur Anwendung
einer antiosteolytischen Therapie in der Endoprothetik . . . . . . 125
A.A. KURTH
Bisphosphonate in der Endoprothetik
- Klinische Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
T. HENNIGS
Heterotope Ossifikationen:
Eine Indikation fUr Bisphosphonate? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
M. STARKER
Sachverzeichnis ................................. 159
Autorenverzeichnis
Dr. bioI. hum. P. AUGAT PD Dr. med. A. A. KURTH
Institut fUr Unfallchirurgische Orthopadische Universitatsklinik
Forschung und Biomechanik Stiftung Friedrichsheim
der Universitat Ulm Marienburgstr. 2
Helmholtzstr. 14 60528 Frankfurt/ Main
89081 Ulm
Prof. Dr. med. H. W. MINNE
Dr. med. FRIEDER BAUSS Institut fUr Klinische Osteologie
Roche Diagnostics GmbH Gustav Pommer
Pharma Research Bone Metabolism Bombergallee
Sandhofstr. 116 31812 Bad Pyrmont
68305 Mannheim
Dr. med. M. PFEIFER
Prof. Dr. med. I. J. DIEL Institut ftir Klinische Osteologie
Klinik ftir Geburtshilfe Gustav Pommer
und Gynakologie Bombergallee
Universitatsklinik 31812 Bad Pyrmont
Vossstrasse 9
69115 Heidelberg Dr. med. F. RAUE
Endokrinologische
Dr. med. S. GOTTE Gemeinschaftspraxis Heidelberg
Drthopadie - Chirotherapie Brtickenstr. 21
Albert-Schweitzer-Str. 9a 69120 Heidelberg
B2008 Unterhaching
PD Dr. med. M. STARKER
PD Dr. med. A. GRAUER Orthopadische Klinik
Procter & Gamble Pharmaceuticals St. Johann-Hospital
Dr.-Otto-Rohm-Str. 2-4 An der Abtei 7-11
54331 Weiterstadt 47166 DuisburglHamborn
Dr. med. T. HENNIGS Prof. Dr. med. L. ZICHNER
An den Schulwiesen 35 Orthopadische Universitatsklinik
53263 Neu-Isenburg Stiftung Friedrichsheim
Marienburgstr. 2
PD Dr. med. L. Hovy 60528 Frankfurt/Main
::>rthopadische Klinik III
Annastift
Heimchenstr. 1-7
~0625 Hannover
Entwicklung der Bisphosphonate
bis zur klinischen Anwendung
F. BAUSS
Einleitung
Die Geschichte der pharmakologischen Erforschung der Bisphosphonate
begann vor ca. 30 Jahren. Damals fand man heraus, dass Urin und Plasma
Bestandteile enthalten, welche die Ausfallung von Kalziumphosphat hem-
men. Diese inhibitorische Wirkung war zum groBen Teil auf das Vorhan-
densein von anorganischem Pyrophosphat (Abb. 1) zuruckzufuhren
(Fleisch 1997). Pyrophosphat, welches durch eine P-O-P-Bindung im Mo-
lektil gekennzeichnet ist, stellt den einfachsten Vertreter der Polyphosphate
dar und war schon lange bekannt. Polyphosphate wurden aufgrund dieser
Eigenschaft bereits in industriellen Wasserkreislaufen oder in Waschpul-
vern verwendet, urn die Ausfallung von Kalziumkarbonat sowie die Bildung
von Kesselsteinen zu verhindern. Die Ursache hierfur ist in den physiko-
chemischen Eigenschaften von Pyrophosphat begriindet: es bindet sehr
stark an Kalziumphosphat und verhindert dessen Kristallbildung sowie die
Auflosung dieser Kristalle. Dies fuhrte zur Uberlegung, diese Substanz zur
Verhinderung ektopischer Kalzifizierungen einzusetzen. 1m Tierversuch
konnte man auch tatsachlich verschiedene Formen ektopischer Kalzifizie-
rungen durch die parenterale Applikation von Pyrophosphat verhindern,
nicht jedoch durch orale Verabreichungen, da die P-O-P-Bindung durch die
alkalische Phosphatase sehr schnell enzymatisch gespalten wird. Daher
wird Pyrophosphat heute nur in der Skelettszintigraphie in Verbindung
mit 99mTechnecium eingesetzt sowie in Zahnpasten zur Verhinderung von
Zahnsteinbildung.
Urn die gewtinschten Eigenschaften von Pyrophosphat beizubehalten,
dessen schnelle enzymatische Spaltung aber zu verhindern, wurde system a-
Rl
HO OH HO I OH
I I
0= P-o-f> =0 0= ~C:-~ =O
b- b- b- I b-
R2
Pyrophosphat Bisphosphonat
Abb. 1. Vergleich der Strukturformeln von Pyrophosphat und Bisphosphonat
2 F. Bauss
tisch nach chemischen Strukturanaloga gesucht, welche moglichst die glei-
chen physiko-chemischen Eigenschaften haben sollten, aber gegen eine en-
zymatische Metabolisierung stabil sind. Diese Voraussetzungen sind durch
die Substanzklasse der Bisphosphonate gegeben. Die Bisphosphonate unter-
scheiden sich von Pyrophosphat dadurch, dass das Sauerstoffatom in der
P-O-P-Bindung durch ein Kohlenstoffatom ersetzt ist (Abb. I). Die Substi-
tuenten am C-Atom konnen variiert werden, sodass sich viele verschiedene
Bisphosphonate synthetisieren lassen. Auch die Bisphosphonate waren
schon lange bekannt und ihre erste Synthese erfolgte bereits 1865. Sie wur-
den industriell fur verschiedene Zwecke, u. a. auch gegen die Bildung von
Kesselsteinen, eingesetzt. In der Medizin werden Bisphosphonate heute bei
fast allen Formen pathologisch gesteigerten Knochenstoffwechsels einge-
setzt. Obwohl es zahlreiche gemeinsame Eigenschaften gibt, die aIle
Bisphosphonate teilen, weist doch jede Substanz auch Besonderheiten auf,
sodass jedes Molekul hinsichtlich seiner Wirkung gesondert zu betrachten
ist.
II Wirkung von Bisphosphonaten bei nicht-stimuliertem Knochenumbau
In friihen in vitro-Modellen zur Untersuchung stimulierten Knochenabbaus
haben die Bisphosphonate eine Verhinderung der Kalzium-Mobilisierung
bewirkt. Neben der bereits bekannten physiko-chemischen Wirkung war
die Verhinderung des Knochenabbaus aber zusatzlich auf eine Inhibition
der Osteoklasten zuruckzufiihren. Nach dieser Erkenntnis und der Tatsa-
che, dass Bisphosphonate gegen einen metabolischen Abbau resistent sind,
wurden diese Substanzen in zahlreichen Tiermodellen hinsichtlich ihrer
Beeinflussung des Knochenstoffwechsels untersucht.
Verabreicht man Bisphosphonate bei Ratten in deren schnellen Wachs-
tumsphase, so werden die Knochen im metaphysaren Bereich keulenartig
verbreitert und weisen eine hohere Trabekeldichte auf, was auf die Hem-
mung der Osteoklasten zuruckzufiihren ist. Wahrend bei normalem Lan-
genwachstum, die neu gebildeten Trabekel in der Wachstumszone (primare
Spongiosa) zu etwa einem Drittel wieder abgebaut werden (Resorption)
und Teile des kortikalen Knochens im Metaphysenbereich ebenfalls abge-
baut werden (Modeling), unterbleiben diese Abbauprozesse bei der Appli-
kation von Inhibitoren der Knochenresorption, wie den Bisphosphonaten.
Die Bisphosphonate der ersten Generation, welche bereits sehr fruh in
diesem Assay-System hinsichtlich ihrer antiresorptiven Eigenschaften un-
tersucht wurden, waren Etidronat' (Ethylen-I-hydroxy-I,I-bisphosphonat)
und Clodronat (Dichloromethylen-bisphosphonat). Bei Etidronat wurde al-
lerdings eine drastische Hemmung der Mineralisation in der primaren me-
taphysaren Spongiosa beobachtet, ahnlich derjenigen einer Rachitis, ein Ef-
fekt, der eine sehr kleine therapeutische Breite aufweist (Schenk et al.
1973). Wird die Applikation abgesetzt, wird die neu gebildete Knochenma-
trix allerdings wieder nachmineralisiert. Bei vergleichbaren Dosierungen
Entwicklung der Bisphosphonate bis zur klinischen Anwendung 3
von Clodronat war diese Mineralisationsstorung nicht zu beobachten. Sie
trat erst ansatzweise bei Dosierungen auf, die weit jenseits der gewiinschten
therapeutischen Wirkung lagen. Die Erklarung hierfiir liegt in den physi-
ko-chemischen Eigenschaften der Bisphosphonate (siehe oben) begriindet,
die bei hohen Substanzkonzentrationen am Knochen auftreten. Bei nied-
rigeren Konzentrationen sind diese Eigenschaften nicht mehr zu beobach-
ten. Da Clodronat beziiglich seiner antiresorptiven Wirkung am Knochen
etwa lOfach potenter als Etidronat ist, treten Mineralisationsstorungen nur
in sehr hohen Dosierungen von Clodronat auf - die pharmakologisch
gewiinschten Effekte jedoch bereits bei deutlich niedrigeren Dosierungen.
Eine hohere Potenz bedeutet, dass die gleiche pharmakologische Wirkung
bei einer geringeren Dosierung erreicht wird. Nachdem man erkannt hatte,
dass die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Bisphosphonate von
denjenigen der gewiinschten Eigenschaften, namlich der Osteoklasten-
Hemmung, durch potentere Strukturanaloga zu vermeiden war, begann die
eigentliche pharmakologische Entwicklung der Bisphosphonate.
Mittlerweile sind eine Reihe von Bisphosphonaten mit immer hoherer
Potenz synthetisiert worden, die zum Teil schon zur Therapie von Krank-
heiten mit pathologisch gesteigertem Knochenabbau (z. B. Morbus Paget,
Tabelle 1. Strukturformeln von Bisphosphonaten entsprechend ihrer relativen Potenz
R.
OH
~O
I I
0= P- C- P =0
I I
0- 0-
I
Rz
Bisphosphonat Rl R2 Potenz
Etidronat * OH CH] - 1
Clodronat * CI CI - 10
Tiludronat H CHr S-phenyl-CI - 10
Pamidronat * OH CH2CH2 NH2 - 100
Neridronat OH (CH2)s NH2 100
Alendronat * OH (CH 2h NH2 > 100-< 1000
EB-1053 OH CH 2-1-pyrrolidinyl > 100-< 1000
Incadronat H N-(cyclo-heptyl) > 100-< 1000
Olpadronat OH CH2CH2 N(CH]h > 100-< 1000
Risedronat * OH CHz+pyridinyl > 1 000-< 10000
Ibandronat * OH CHzCH2 N(CH3) (pentyl) > 1 000-< 10000
Minodronat OH CHz-3-( imidazo-pyridinyl) > 10000
Zoledronat OH CHz-1-imidazolyl > 10000
* Bereits in einem oder mehreren Landern fOr die Behandlung unterschiedlicher Knochenerkrankun-
gen zugelassen.