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Toxokarosen: Hundespulwurm und
Katzenspulwurm als Erreger einer Vielfalt
von Erkrankungen des Menschen
Herbert AUER & Horst ASPÖCK
1 Einleitung 366
2 Historisches 366
3 Biologie der Erreger 366
3.1 Morphologie und Struktur 366
3.2 Allgemeine Biologie 366
3.3 Lebenszyklus und Übertragung 367
4 Epidemiologie 368
4.1 Häufigkeit und Verbreitung von T. canis und T. cati in den natürlichen Wirten .. 368
4.2 Häufigkeit von 7atocara-Infestationen und Toxokarose beim Menschen
in Österreich 369
5 Die Toxokarose 372
5.1 Historisches 372
5.2 Klinische Manifestationen 372
5.3 Pathogenese 373
6 Diagnose 374
7 Therapie 374
8 Die humanpathogene Bedeutung anderer Spezies aus der Familie
der Ascarididae 374
9 Prophylaxe 375
10 Zusammenfassung 375
11 Literatur 376
Denisia 6, zugleich Kataloge
des OÖ. Landesmuseums,
Neue Folge Nr. 184 (2002), 365-378
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Abstract: In Austria more than 70 cases of toxocarosis have been regi-
stered at our institute annually during the past several years;
however, we, estimate an annual incidence of several hundred
Toxocarosis: Ascarids of dogs and cats
clinical cases. In addition, seroepidemiological studies car-
as sources of a broad spectrum of clini-
ried out in Austria revealed seroprevalence rates of 3.7 %
cal pictures in man among normal population and of 30.7 % among veterinari-
ans. These data demontrate that Toxocara infestations occur
Toxocara canis und T. cati (as well as several other species of more frequently in Austria than has been recognized so far.
the nematode family Ascarididae) are not only ubiquitously This paper tries to give a synoptic overview of the nosology
distributed parasites of dogs, foxes, and cats (and other of this (still) largely almost unknown helminthozoonosis,
canids and felids), but they may also infest humans, causing summarizes the most important epidemiologic parameters,
a great variety of symptoms and sometimes also severe dis- and presents the diagnostic and therapeutic possibilities
eases: the visceral larva migrans syndrome, the ocular larva available today.
migrans syndrome, covert toxocarosis, and some other clini-
cal pictures (e.g. asthma bronchiale, epilepsy, rheumatoid Key words: Toxocara canis, T. cati, toxocarosis,Austria,epi-
arthritis) are considered to be induced by Toxocara species. demiology, diagnosis, therapy.
1 Einleitung Katzenspulwurm erst seit Mitte des 20. Jahrhundert be-
kannt (BEAVER et al. 1952). Aber auch andere Vertreter der
Toxocara canis, der Hundespulwurm, und T. cati, der Familie der Ascarididae sind mittlerweile als akzidentelle
Katzenspulwurm, sind nicht nur weitverbreitete Parasiten Parasiten des Menschen bekannt geworden: Baylisascaris
von Kaniden bzw. Feliden, sondern sie können auch akzi- procyonis, Lagochilascaris minor, Parascaris equorum,
dentell - durch Schmutz- und Schmierinfektion - in den Toxascaris leonina, Toxocara pteropodis, T vitulorum
Menschen gelangen und eine - klinisch sehr vielgestalti- (COOMBS & CROMPTON 1991; Tab. 1).
ge- Krankheit, dieToxokarose hervorrufen. Obwohl nach
einer britischen Studie durch Hunde- und Katzenspulwür-
3 Biologie der Erreger
mer pro Jahr 50 bis 200 Fälle von Erblindung, 30.000 Fäl-
le von Asthma und zwischen 12.000-15.000 Epilepsiefäl-
3.1 Morphologie und Struktur
le verursacht werden sollen (PIEKARSKI 1987), ist das Wis-
sen um die Epidemiologie, Nosologie, Diagnostik und
Die Adulttiere von Toxocara canis weisen eine Kör-
Therapie dieser Helminthose in der Bevölkerung, insbe-
perlänge von 10 (6) bis 18 (9) cm auf und sind durch zwei
sondere aber in der Ärzteschaft, gering. Im folgenden soll
seitlich am Vorderende befindliche 2,5 mm lange, ellipti-
daher eine synoptische Darstellung dieser (noch immer)
sche, gestreifte Zervikalflügel (Abb. 3) gekennzeichnet;
wenig beachteten Wurm-Krankheit und ihrer Bedeutung
sie sind Parasiten von Hunden, Füchsen und anderen Ka-
in Mitteleuropa gegeben werden.
niden. T. cati hingegen ist ein Parasit von Katzen und an-
deren Feliden; die Adulti erreichen in ihren natürlichen
Wirten eine Länge von 6 (c5) bis 10 (9) cm. Die Zervikal-
2 Historisches
flügel sind bei T. cati breiter als bei T. canis und enden ab-
rupt. 7atocara-Weibchen produzieren täglich mehrere
Spulwürmer als Parasiten von Hunden und Katzen
zehntausend nicht-embryonierte Eier, die mit den Fäzes in
sind der Menschheit wahrscheinlich seit der Domestika-
Freie gelangen, wo sie in Abhängigkeit von Temperatur
tion dieser Tiere, also seit mehr als 15.000 (Hunde) bzw.
und Luftfeuchtigkeit innerhalb von 2 bis 4 Wochen em-
8.000 Jahren (Katze) bekannt und tauchen in der wissen- bryonieren (und infektionstüchtig werden). Die Eier von
schaftlichen Literatur vor mehr als 200 Jahren auf. Die T. canis weisen einen Längsdurchmesser von 75-85 um,
Erstbeschreibung des „Hundespulwurms" erfolgte im jene von T. cati von 65-70 um auf.
Jahre 1782 durch den deutschen Parasitologen P.C.F.
WERNER als Lumbricus canis (Abb. 1,2), JOHNSTON trans-
ferierte den „Wurm" 1916 in das vom Nordamerikaner 3.2 Allgemeine Biologie
STILES (1905) errichtete Genus Toxocara. Der „Katzen-
spulwurm" wurde als Ascaris cati von Franz von Paula Die adulten Hunde- und Katzenspulwürmer leben im
SCHRANK (1788) erstbeschrieben und von dem französi- Lumen des Dünndarms der natürlichen Wirte; sie be-
schen Parasitologen BRUMPT (1927) dem Genus Toxocara wegen sich gegen die Darmperistaltik schlängelnd vor-
zugeordnet. Als Parasiten des Menschen sind Hunde- und wärts und nehmen oral verdaute Nahrung auf, die sie
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VERMIVM INTESTINÄLIVM II
Alter rermis fiue feinii», quoad corpus crartior,
BREVIS EXPOSITION« : ~
pinguior, in exteriori fupcrficie doabus line« dorlaii «
CONTINVATIO •bdmninali iiifignts,in aWomiotli tr» oiif!c(jiofleiniebat,
quaie Tamn in huir.ants lumbricis femmis deprehendt
fuperiori fcripfo diximus. Inferior fere com humauis
AVTORE luinbncis conueuieni ftroclura in eo ttmea differebar,
qliod orgaiia genitalia tribus dHiiuclis Jocn per ioferiori»
PAVLO CHRISTIANO FRIDERICO WERNERO di<9ae linex foramina hlarent. )n quibus locis ctiant
minimi vaforuin fpermaticortim rami ex(<inli oburaie-
MID1CINAE BACCALAVIEO. bant. Ouial:i aiiinciitjrilK ampliori princrpio » capile
proceuo» lutea nuterta replttus ad caudam vfijue per-
CVM TABVLIS U. git, per caiü orirkium apechuf.
Lwnbrici Canit.
Lümbricorum autcm genus etiam amplius paterc ac
hucufque crcdiium fuil, m Cynoioniia ali^ua obferua-
Timu». Depreliendinius eiiun ui dilTcCti can» cocto
inteAiito, <juod, vti notum ei)t a-bumano inultis modis-
difcrepit, vermium fane magBun farraginem. Praetcr
aÜ4Uot laeuiarum frufla enim rl afcaridet iaueuimus
etiain vel viginti duos pollices lougos yix vnam liueaju
latos iumbricos. Pli lumbrici quiJcm fugitiuo ocul^
(juod dicunt confiderati, cuoi reliquis in humano coi-
pore aepreheodeudis fummam alere videbanrur fabrirac
üinilitudinem. Aß vtro adinota leute mulra in confpe-
Hani prodibau!, cjuifaus priorcm fuuentbin ptrmutji«
cogcbamur. Trilobum eoim quod illts ibleinne c(k con-
iiicuit os in liis non tarn aequabili modo exararum vti
L I P S I A E ^aidciu eft, vcrum eiuifukorum duo pio-
fu«diu»
AfVD SIICFKIED LEBEECHT CIVSIVM
MDCCLXXXIL
Abb. 1: P. C. F. WERNER (1782): Titelseite (Bibl. H. & U. Abb. 2: P. C. F. WERNER (1782): Originalbeschreibung von
ASPÖCK). Lumbricus canis (= Toxocara canis).
ihrerseits in ihrem Darm verdauen. Toxocara ist ein fa- tüchtigen Eier von einem (noch niemals mit Toxocara in
kultativer Anaerobier und bezieht seine Energie vor allem Kontakt gekommenen) Hund oder einer Katze gefressen,
aus dem Abbau von Glykogen (GOPINATH & KEYSTONE verlassen die Larven die Eier, penetrieren die Mucosa des
1995). Im Pseudozölom der Adulttiere befindet sich ein Dünndarms und gelangen hämatogen in die Leber, wo sie
spezielles Hämoglobin, das durch Bindung von Sauer- in den präsinusoidalen Kapillaren aufgrund ihrer Größe
stoffdeutlich zum Energiehaushalt beiträgt; die blaß-rosa hängen bleiben und zum Verlassen des Blutgefäßes sti-
Farbe der Adulttiere ist auf dieses „besondere" Hämoglo-
muliert werden; sie dringen ins Leberparenchym ein, wo
bin zurückzuführen.
sie Leberzellen fressen. Anschließend suchen sie wieder
das Blutgefäßsystem auf und gelangen in die Lunge. Ge-
fangen durch die Alveolarkapillaren (ebenfalls wieder
3.3 Lebenszyklus und Übertragung
durch die Größe bedingt), dringen sie in den Alveolar-
raum ein, wandern über die Bronchiolen die Trachea hin-
Toxocara canis und T cati haben einen Lebenszyklus,
auf („tracheale Wanderung"), passieren die Epiglottis und
der jenem von Ascaris lumbricoides, dem Spulwurm des
werden anschließend verschluckt. Im Dünndarm häuten
Menschen, entspricht (Abb. 4). Die Adulttiere leben im
sie sich zur L4-Larve und werden schließlich zum Adult-
Darmlumen des Endwirtes, die Toxocara-Weibchen pro-
duzieren täglich mehrere zehntausend Eier, die über die tier. Unmittelbar danach erfolgt die Befruchtung des
Fäzes in die Umwelt gelangen, wo sich innerhalb von 2 Weibchens, die anschließend mit der Eiproduktion be-
bis 4 Wochen nach zwei Häutungen noch im Ei eine in- ginnt; der Zyklus im natürlichen (definitiven) Wirt ist da-
fektiöse Larve (L3) ausbildet. Werden diese infektions- mit geschlossen.
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Im Menschen kann Toxocara sp. seinen Zyklus nicht
komplettieren. Die Infektion erfolgt - wie beim natür-
lichen Wirt - durch Verschlucken embryonierter Eier
(durch Schmutz- und Schmierinfektion) oder durch orale
Aufnahme paratenischer Wirte, also z. B. durch Verspei-
sen von (larvenhaltigem) rohem Hasen-, Hühner- oder
Schneckenfleisch. Die Larven schlüpfen im Dünndarm
(Abb. 4), aufgrund des Fehlens spezieller physiologischer
Gegebenheiten (CASTRO 1982) beginnen sie eine Odyssee
durch den Körper, sie können grundsätzlich in alle Orga-
ne eindringen und Gewebe zerstören, wo immer sie hin-
gelangen. Die Larven reifen nicht und gelegentlich ster-
ben sie in situ ab. Der Tod der Larven kann sehr bald ein-
treten, viele Würmer können aber viele Monate und Jah-
re - oft ohne wesentliche Beeinträchtigung der Gesund-
heit des Wirtes - am Leben bleiben (SMITH & BEAVER
1953). In manchen Fällen kann eine 7avo«/ra-Infestation
allerdings zu einer Krankheit beträchtlichen Ausmaßes
fuhren (siehe unten).
Toxocara-Eier können unter günstigen Umweltbedin-
gungen - das heißt im Wasser oder feuchter Erde - bis zu
zwei Jahre infektionstüchtig bleiben.
4 Epidemiologie
4.1 Häufigkeit und Verbreitung von T. canis und
Abb. 3: Toxocara canis, Vorderende. (Orig.-Foto Prof. Dr. H. T. cati in den natürlichen Wirten
MEHLHORN).
Toxocara canis und T. cati sind kosmopolitisch ver-
Bei einer Reinfektion (erwachsener Hunde oder Kat- breitet und weltweit so häufig, dass sie nahezu in jeder
zen) kommt es nur zu einer „somatischen Wanderung" Hunde-, Fuchs- und Katzenpopulation vorkommen
der Larven, die dabei in verschiedene Gewebe und Orga- (LLOYD 1993; RICHARDS & LEWIS 1993). Auch in Öster-
ne gelangen, in denen sie viele Monate unter der Kontrol- reich sind der Hunde- und Katzenspulwurm weit verbrei-
le des Immunsystems (in Granulomen arretiert) am Leben tete Parasiten; Untersuchungen von Hundekotproben und
bleiben können. Bei trächtigen Hündinnen können die -darmtrakten haben gezeigt, dass bis zu 18,1 % der Hun-
Larven (durch Hormonwirkung aktiviert) wieder in den de einen T. canis-BefaW aufwiesen, Füchse waren (oder
Blutkreislauf, und damit auch in die Plazenta und die sind) bis zu 46,8 % mit T. canis befallen, bei Katzen konn-
Milchdrüsen gelangen; eine diaplazentare und galaktoge- ten Befallsraten bis zu 67 % festgestellt werden (KUTZER
ne Übertragung ist bei Hunden und Füchsen möglich, bei et al. 1995. 1997. KUTZER & GREIL 2000; weiterführende
Katzen findet nur die galaktogene Transmission statt. Literatur: AUER & ASPÖCK 1995, 1998).
Welpen scheiden bereits etwa 3 Wochen nach der Geburt
Zwischen 1993 und 2000 wurden zahlreiche Untersu-
Spulwurmeier aus.
chungen von Hundekot-, Erd- und Sandkastenproben in
Neben den natürlichen Wirten Hund. Fuchs, Katze verschiedenen Städten Niederösterreichs (Baden, Bad
gelten zahlreiche andere Säugetierspezies (z. B. Kleinna- Vöslau, Krems, St. Polten, Wr. Neustadt, Zwettl), Ober-
ger, Hasen), Vögel und sogar Schnecken als paratenische österreichs (Linz. Ried i. Innkreis. Schärding), Salzburgs
Wirte für Toxocara spp. (NAGAKURA et al. 1989; DUBINS- und Tirols (Innsbruck. Kufstein, Landeck, Schwaz) sowie
KV et al. 1995), die ihrerseits wiederum eine Infektions- in Wien auf die Kontamination mit 7avocwa-Eiern durch-
quelle für die natürlichen, für andere paratenische Wirte geführt. Dabei wurden Kontaminationsraten von 0 (Land-
sowie für den Menschen darstellen (Abb. 4). eck) bis 14 % (Wien, St. Polten) festgestellt (weiterfuh-
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Tab.1: Systematische Stellung von Toxocara canis und T. cati innerhalb des Phylums Nematoda, der Ordnung Ascaridida, der
Überfamilie Ascaridoidea und der Familie Ascarididae [nach: Commonwealth Institute of Helminthology Keys (1974-1983)].
Art Wirte Stellung des Verbreitung Humanmedizinische
Menschen Bedeutung
im Zyklus
Ascaris lumbricoides LINNAEUS, 1758 Mensch Natürlicher Weltweit Erreger der Askaridiose
(End-)Wirt
Ascaris suum GOEZE, 1782 Schwein Natürlicher Weltweit Erreger der Askaridiose
(End-)Wirt
Baylisascaris procyonis (STEFANSKI Waschbär Fehlwirt Weltweit, Larva migrans visceralis-,
& ZARNOWSKI, 1951) v.a. USA okuläres Larva migrans-,
neurales Larva migrans-
Syndrom
Lagochilascaris minor LEIPER, 1909 Wildtiere Fehlwirt Mittel- und Süd- Subkutane und pulmonale
amerika, Karibik Abszesse
Parascaris equorum (GOEZE, 1782) Pferd u.a. Fehlwirt Weltweit Larva migrans visceralis-
YORKE & MAPLESTONE, 1926 Equiden Syndrom
Toxascaris leonina (von LINSTOW, 1902) Hund u. a. Fehlwirt Weltweit Larva migrans visceralis-
LEIPER, 1907 Kaniden, Syndrom
Katze u. a.
Feliden
Toxocara canis (WERNER, 1782) Hund, Fuchs Fehlwirt Weltweit Larva migrans visceralis-,
JOHNSTON, 1916 u. a. Kaniden okuläres Larva migrans-
Syndrom, „covert toxo-
carosis"
T. cati (SCHRANK, 1788) BRUMPT, 1927 Katze u. a. Fehlwirt Weltweit Larva migrans visceralis-,
Feliden okuläres Larva migrans-
Syndrom, „covert toxo-
carosis"
T. pteropodis BAYLIS, 1936 Flughunde Fehlwirt Ozeanien Unbekannt
T. vitulorum (GOEZE, 1782) Rinder u. a. Fehlwirt Weltweit (Vermutlich) Larva migrans
TRAVASSOS, 1927 Wiederkäuer visceralis-Syndrom
rende Literatur bei AUER & ASPÖCK 1995). gruppen (Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätig-
keit einer 7bArocara-Infestation besonders ausgesetzt
sind) untersucht. So wurden in den Jahren 1995 und 1996
4.2 Häufigkeit von 7oxocara-lnfestationen und
mehr als 7.500 18jährige Männer aus den Bundesländern
Toxokarose beim Menschen in Österreich
Vorarlberg, Tirol und Salzburg auf spezifische Antikörper
gegen T. canis E/S-Antigen (TES) mittels Enzymimmun-
Über die Prävalenz und Inzidenz der 7b;to«jra-Infesta-
test (EL1SA) und Westernblot (WB) getestet. In den Seren
tionen (und der Toxokarose) in Österreich stehen - eben-
von 283 „Jungmännern" konnten spezifische IgG-Anti-
so wie in anderen Ländern Mitteleuropas - nur wenige
Daten zur Verfügung. Während der letzten 15 Jahre wur- körper nachgewiesen werden, die erhobene Seropräva-
den jedoch mehrere seroepidemiologische Studien durch- lenz von 3,7 % war damit mehr als doppelt so hoch wie
geführt, die einen Anhaltspunkt über die Häufigkeit von die von WALDER (1987) und WALDER & ASPÖCK (1988)
7bxocara-Infestationen beim Menschen in Österreich ge- bei Schwangeren in Österreich in den Jahren 1986 und
ben (Abb. 5). Dabei wurden sowohl Kollektive aus der 1987 erhobene. Trotz dieses (scheinbaren) Anstiegs der
Normalbevölkerung als auch ausgewählte Probanden- Seroprävalenz - der vermutlich ausschließlich auf den
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_ Endwirt Welpen
V (adulter Hund)
nicht - embryomertes Ei
Vorderende mit
I Zervikalflügel
© embryoniertes Ei
Maus als weiterer
möglicher Wirt adultes
Weibchen Männchen
im Darm
O Aufname des
infektiösen Stadiums
e über den Mund
Infektiöse Larve
Abb.4: Entwicklungszyklus von Toxocara canis (Original: J.Rauch).
Abb. 5: Anzahl der Serumeinsendungen (gepunktete Blöcke) an die Abteilung für Medizinische Parasitologie des Klinischen
Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Universität Wien und von Toxokarose-Fällen (schraffierte Blöcke) in
den Jahren 1995-2001.
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Einsatz sensitiverer Testmethoden zurückzuführen ist -
erscheint die Durchseuchungsrate der Normalbevölke-
rung in Österreich im Verhältnis zu unseren nördlichen
und östlichen Nachbarstaaten Tschechische Republik
(durchschnittlich 18,4 %) (UHLIKOVA & HÜBNER 1998)
und Slowakei (13,7 %) (HAVASIOVÄ-REITEROVA et al.
1993) sehr niedrig. Auch in Deutschland und der Schweiz
wurden in der Normalbevölkerung (Blutspender) ähnlich
niedrige Seroprävalenzen (4,8 bis 5,1 %) wie in Österreich
erhoben (KJMMIG et al. 1991; STÜRCHLER et al. 1986)
Die Austestung von Risikogruppen, nämlich von Jä-
gern und Forstarbeitern in Vorarlberg und von Tierärzten
in der Steiermark, hat erwartungsgemäß mit 14,3 % bzw.
Abb. 6: Eine aus dem Ei schlüpfende Toxocara can/s-Larve
30,7 % deutlich höhere Durchseuchungsraten ergeben
(L3); daneben ein unbefruchtetes Ei.
(AUER & ASPÖCK 1994, 1998; DEUTZ et al. 1996a, b; NO-
WOTNY et al. 1997). Auch in Süddeutschland wurden von gen), 27 von insgesamt 389 Getesteten waren serologisch
KIMMIG et al. (1991) bei Hunde- und Katzenhaltern sowie positiv, dies entspricht einer Seroprävalenz von 6,9 %
bei Landwirten (in Süddeutschland) deutlich höhere Se- (AUER & ASPÖCK 1998). Damit liegt diese sogar noch un-
roprävalenzen (5,6, 10,9 bzw. 22,6 %) festgestellt. Eine ter jener, die wir bei 406 Schwangeren (8,6 %) in Wien
unerwartet niedrige Antikörperprävalenz wiesen hinge- festgestellt haben. Überraschende Ergebnisse brachte die
gen die Kanalarbeiter in Wien auf (in die Studie wurden Untersuchung von Asthma-Patienten in Wien: In dieser
fast alle in Wien derzeit aktiven Kanalarbeiter einbezo- Studie konnte gezeigt werden, dass weder hyperreaktive
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Altersgruppen (Jahre
Abb. 7: Geschlechts- und Altersverteilung der während der Jahre 1995 und 2001 registrierten Toxokarose-Fälle; gepunktete
Blöcke: männliche Patienten, schraffierte Blöcke: weibliche Patienten.
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noch atopische Patienten mit respiratorischen Problemen 5 Die Toxokarose
häufiger 7arocara-positiv sind als die Normalbevölke-
rung (ZACHARASIEWICZ et al. 2000). 5.1 Historisches
Das begrenzte Wissen um die Nosologie der Toxoka-
Die humanmedizinische Bedeutung von Toxocara-\n-
rose innerhalb der Ärzteschaft hat zur Folge, dass diese
festationen wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts erkannt.
Helminthose nur selten differentialdiagnostisch abgeklärt
Es waren die beiden Pädiater J. PERLINGIERO und P. GY-
wird, Angaben über die wahre Inzidenz liegen daher nicht
ÖRGY, die im Jahre 1947 im Philadelphia General Hospi-
vor. Die ersten Toxokarose-Fälle wurden in Österreich im
tal einen 2jährigen farbigen Patienten mit dem - wie wir
Jahre 1971 beobachtet und im Jahre 1972 vom Grazer
heute wissen - klassischen Bild einer „Larva migrans vi-
Kinderarzt WENDLER beschrieben; seither dokumentieren
sceralis" beobachteten. Der Patient fieberte, wies Ge-
einige wenige Kasuistiken auch das Auftreten schwerer
wichtsverlust auf, litt unter Husten, Erbrechen, vorüber-
Krankheitsverläufe in Österreich (AUER et al. 1990; DIE-
gehender Diarrhöe, seine Leber war vergrößert und im
TRICH et al. I998; VARGA et al. 1998). Angesichts der Tat-
Differentialblutbild konnte eine markante Eosinophilie
sache, dass die serologische Abklärung von Toxokarose-
festgestellt werden. Da sich der Zustand des Patienten
Verdachtsfallen in Österreich in den letzten Jahren (und
nach Erbrechen eines einzelnen männlichen Ascaris lum-
auch heute noch) ausschließlich an unserer Abteilung
bricoides wesentlich besserte, wurde das beobachtete
durchgeführt wird, war es möglich, alle während der letz-
Krankheitsbild diesem Ascaris zugeschrieben.
ten Jahre in Österreich diagnostizierten Fälle zentral zu
erfassen. Allerdings wurde und wird in Österreich - wie Im Jahre 1952 beschrieben BEAVER et al. (1952) drei
auch in anderen Ländern Mitteleuropas - nur von einer Patienten mit Hepatomegalie, Anämie und Eosinophilie.
kleinen Zahl von niedergelassenen oder Spitalsärzten Se- Bei einem der Patienten konnte im bioptischen Material
rum von Patienten mit Verdacht auf eine Toxokarose re- aus der Leber eine Spulwurmlarve identifiziert werden.
gelmäßig zur laboratoriumsdiagnostischen Abklärung Das Krankheitsbild wurde als „Larva migrans visceralis-
eingesandt. Insgesamt wurden in der Zeit zwischen Jän- Syndrom" bezeichnet (NICHOLS 1956). Durch SPRENT &
ner 1995 und Dezember 2001 durchschnittlich 742 Se- ENGLISH (1958) wurde erstmals die große medizinische
rumproben pro Jahr von Patienten mit Verdacht auf Toxo- Bedeutung der durch Spulwürmer von Hunden und Kat-
karose an unser Institut eingesandt, dabei wurde eine zen hervorgerufene Toxokarose als „public health pro-
durchschnittliche Inzidenz von Toxokarose (= Fälle mit blem" dokumentiert. Bereits im Jahre 1950 war von WIL-
Toxokarose-assoziierter Symptomatik und positivem se- DER die „nematode ophthalmitis" (= „Okuläres Larva mi-
rologischen Befund) von 72 erhoben (Abb. 5). grans-Syndrom") beschrieben worden. Schließlich wurde
in den 80iger Jahren ein drittes klinisches Bild charakte-
Das Geschlechterverhältnis war im Beobachtungszei-
risiert, nämlich das „covert toxocarosis syndrome" (BASS
traum ausgeglichen, das Altersspektrum umfasste alle Al-
et al. 1987; TAYLOR et al. 1987; man kann dies im Deut-
tersklassen (l bis über 90 Jahre). Besonders auffallend
schen als „kryptische Toxokarose" bezeichnen.
und - aufgrund der Fachliteratur - unerwartet [von man-
chen Autoren wird die Toxokarose als Kinderkrankheit
angesehen (GLICKMAN & SCHANTZ 1981)], war der gerin- 5.2 Klinische Manifestationen
ge Anteil (I I %) der Kinder zwischen l bis 10 Jahren;
dies dürfte vor allem dadurch bedingt sein, dass bei älte- Heute unterscheidet man insgesamt drei verschiedene
ren Patienten mit einem oft über längere Zeit bestehenden Krankheitsbilder, das Larva migrans visceralis (LMV)-
uncharakteristischen und/oder unklaren Krankheitsbild Syndrom, das vor allem durch Appetitlosigkeit, Bauch-
mit Eosinophilie im Verhältnis häufiger die klinische Ver- schmerzen, Fieber, Hepatomegalie und (rezidivierende)
dachtsdiagnose „Toxokarose" gestellt und eine Blutprobe Bronchitiden gekennzeichnet ist. Leukozytose und Eosi-
zur serologischen Abklärung eingeschickt wird, als dies niphile sowie Hypergammaglobulinämie sind zusätzliche
bei Kindern der Fall ist (Abb.7). Hinweise für das Vorliegen eines LM V-Syndroms (GLIK-
CKMAN 1993). Der typische Toxokarose-Patient ist zwi-
In Österreich muss daher - unter Zugrundelegung der
schen zwei und sieben Jahre alt, ist geophag (Pica-Syn-
während der letzten Jahre durchschnittlich etwa 70 regi-
drom) und hat engen Kontakt mit Hunden oder Katzen
strierten Toxokarose-Fällen pro Jahr - mit einer tatsäch-
(GLICKMAN & SCHANTZ 1981).
lichen Inzidenz von einigen hundert Fällen gerechnet
werden. Eigene Untersuchungen haben aber gezeigt, dass
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dem (v. a. in Irland) beobachtet und ist vor allem durch Ver-
haltensauffälligkeiten (Aggressivitätssteigerung), Schlaf-
störungen, Bauch- und Kopfschmerzen, Hepatomegalie,
Husten, mit und ohne Eosinophilie gekennzeichnet (TAY-
LOR et al. 1987). Auch in Österreich wurde vor einigen
Jahren der erste „covert toxocarosis"-Fall dokumentiert
(VARGAetal. 1998).
Darüber hinaus werden aber auch immer wieder an-
dere Syndrome (Asthma, Rheuma) in ursächlichen Zu-
sammenhang mit 7aroajra-Infestationen gebracht (DES-
owuzetal. 1981).
5.3 Pathogenese
Abb. 8: Immunhistochemischer Nachweis von Toxocara
canis E/S-Antigen (braune Färbung) in einem histologischen Die wohl meisten Krankheitssymptome (Fieber, Hu-
Leberschnitt einer mit T. canis infizierten Maus. sten, Bauchschmerzen) und pathologischen Veränderun-
gen (Hepatomegalie, Splenomegalie, Bronchospasmus,
nicht nur Kinder betroffen sind, sondern Erwachsene aller Lymphadenopathie, Eosinophilie) werden sowohl durch
Altersgruppen an einer Toxokarose erkranken können die Wanderung der Tavocc/ra-Larven selbst als auch durch
die von ihnen induzierte Immunantwort des Wirtes verur-
(AUER & ASPÖCK 1995, 1998; Abb. 7). Myokarditis, Ne-
phritis und Symptome von Seiten des ZNS sind nicht sel- sacht: Wie in (anderen) paratenischen Wirten, können
sich die Larven im Menschen weder weiterentwickeln
ten. ZNS-Involvierung führt zu Krampfanfällen, psychia-
noch häuten, sie sind jedoch metabolisch sehr aktiv und
trischen Manifestationen oder zu einer Enzephalopathie
konfrontieren den Wirt einerseits mit antigen hochwirk-
(FORTENBERRY et al. 1991).
samen Stoffwechselprodukten („excretory-secretory anti-
Das Okuläre Larva migrans (OLM)-Syndrom
gens"), andererseits mit ebenfalls antigen wirkenden Sub-
wird bei älteren Kindern und Erwachsenen beobachtet
stanzen („antigen shedding") aus der Kutikula (MAIZELS
und manifestiert sich häufig als einseitiger Visusverlust
et al. 1984). Die Folge sind Entzündungsreaktionen (Bil-
oft kombiniert mit Strabismus (DINNING et al. 1988). Ein-
dung von Granulomen), an denen Makrophagen, vielker-
dringen der Larven in die Retina führt im schlimmsten
nige Riesenzellen, vor allem aber eosinophile Granulozy-
Fall zur Bildung eines Granuloms (GILLESPIE et al. 1993),
ten beteiligt sind. Aktivierte Eosinophile sind in der Lage
das peripher oder am hinteren Pol auftreten kann. Diese
durch Abgabe entzündungsreaktiver Proteine, z. B. major
Granulome stören die Retina so, dass es zur Distorsion, zu
basic protein/MBP, eosinophil cationic protein/ECR
einer Heteropie oder Maculaablösung kommen kann
eosinophil peroxidase/EPO, eosinophil derived neuroto-
(SMALL et al. 1989). Eine diffuse Endophthalmitis oder
xin/EDN) Gewebe nachhaltig zu schädigen (z. B. End-
Papillitis mit sekundärem Glaukom sind weitere Kompli-
omyokardfibrose, Lungenfibrose; Sehverlust) (SPRY
kationen der wandernden und absterbenden Larven. Er-
1987, 1988; WONG et al. 1991). Darüber hinaus wurden
blindung ist durchaus möglich, das Ausmaß der Zerstö-
immer wieder bei Toxokarose-Patienten (sowie auch in
rung hängt von der betroffenen Fläche ab. Ein OLM-Syn-
experimentell mit T. canis-Eiem infizierten Labortieren)
drom sollte bei jedermann angenommen werden, der ei-
allergische Reaktionen (Asthma) mit hohem IgE-Spiegel
nen einseitigen Visusverlust und Strabismus assoziiert
beobachtet werden (DESOWITZ et al. 1981; Buus et al.
mit Haustierkontakten aufweist (DESPOMMIER et al. 1994, 1995). Auch wir konnten bei etwa einem Drittel von
1994). Die durch die Toxocara-Larven induzierten Au-
Patienten mit klinisch manifester Toxokarose erhöhte
genschädigungen ähneln oft einem Retinoblastom (DK-
IgE-Spiegel feststellen (OBWALLER et al. 1995, 1996).
SPOMMIER & KARAPELOU 1987). In der Vergangenheit Überdies konnten wir bei Toxokarose-Patienten signifi-
wurden viele Augen wegen der Fehldiagnose „Retinobla-
kant häufiger Autoimmunreaktionen (igE/Anti-IgE-
stom" mangels geeigneter diagnostischer Methoden enu-
Komplexe) nachweisen als bei klinisch gesunden Proban-
kleiert.
den mit spezifischem 7b.voajra-IgG-AntikörperspiegeI
(OBWALLER et al. 1998).
Das „covert toxocarosis"-Syndrom wurde bei Kin-
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
6 Diagnose dert wird (KAYES 1997); ein negativer (mittels ELISA und
Westernblot) erhobener serologischer Befund schließt da-
Die Diagnose „Toxokarose" (LMV-, OLM-Syndrom) her bei Patienten mit einem" OLM-assoziierten" Krank-
wurde nach der Erstbeschreibung Anfang der 50er Jahre heitsbild einen 7b.vocara-Befall nicht aus.
ausschließlich klinisch gestellt, erst Mitte der 60er Jahre
wurden serologische Tests zum Nachweis spezifischer
Antikörper eingesetzt. Dabei erwies sich der von LAMINA 7 Therapie
(1970) entwickelte Mikropräzipitationstest an lebenden
Larven als ein in Mitteleuropa weithin geschätzter Test. Die Therapie der (viszeralen) Toxokarose stellt auch
heute noch ein ungelöstes Problem dar. Zwar stehen mit
Heute werden 7arocara-Infestationen mittels eines
den Benzimidazolderivaten Thiabendazol, Mebendazol
hochsensitiven Enzymimmuntests (EL1SA) in Kombina-
und Albendazol sowie dem Diethylcarbamacin (DEC)
tion mit einem Westernblot-Verfahren unter Verwendung
durchaus potente Antihelminthika zur Verfügung, sie wei-
hochspezifischer, unter in vitro-Bedingungen gewonne-
sen aber bei Toxocara-BefaU nicht jenen Therapieerfolg
ner exkretorisch-sekretorischer (ES-) Antigene von T. ca-
auf, wie dies bei anderen Helminthosen der Fall ist. Nach
nis diagnostiziert (deSAViGNY 1975, deSAViGNY et al.
MAGNAVAL (1994, 1995) stellt Diethylcarbamacin/DEC
1979; MAGNAVAL et al. 1991, 1994; AUER & ASPÖCK
(3-4 mg/kg/die, 21 Tage) den effizientesten Wirkstoff dar,
1998). Die klinische Relevanz dieser Testkombination,
allerdings ist in etwa 20 % der Fälle mit deutlichen
die auf dem Nachweis spezifischer IgG-Antikörper be-
Nebenwirkungen (Hautausschläge, Juckreiz, Fieber,
ruht, ist jedoch limitiert. Aussagen über den möglichen
Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen) zu
Infektionszeitpunkt oder über Therapieerfolg oder -miß-
rechnen; darüber hinaus ist DEC in vielen Ländern - dar-
erfolg lassen sich aus der erhobenen Antikörperkonzen-
unter auch in Österreich - nicht registriert. Auch Thia-
tration nur bedingt ableiten. Der Nachweis anderer Anti-
bendazol (2 x 0,25 mg/kg/die; 5 Tage) erwies sich eben-
körperklassen (IgA, IgE) oder von zirkulierendem Anti-
falls als durchaus wirksames Medikament, aber auch die-
gen kann im Einzelfall zwar hilfreich sein, eine generelle
ser Wirkstoff ist durch unangenehme Nebenwirkungen
Verbesserung der klinischen Relevanz konnte aber auch
(Übelkeit, Erbrechen) ausgezeichnet und sollte keines-
damit nicht möglich gemacht werden. Der Nachweis von
falls bei Patienten mit einem 7awcöra-Befall des Her-
ECP (eosinophil cationic protein) im Serum von Toxoka-
zens oder des ZNS eingesetzt werden (MAGNAVAL 1994).
rose-Patienten scheint hingegen hinsichtlich einer Unter-
Dagegen erwies sich Mebendazol (1 g 3 x täglich) für 21
scheidung zwischen rezenter und latenter Toxocara-ln-
Tage als erfolgreich bei der Behandlung von Erwachse-
festation erfolgversprechend (MAGNAVAL et al. 2001).
nen (BEKHTI 1984). MAGNAVAL (1994) gibt für Mebenda-
Die Durchführung von Gewebsbiopsien zum Nach- zol (10-15 mg/kg/die, 3 Tage für 6 Wochen) einen Wirk-
weis von 7axocara-Larven ist wegen der sehr geringen samkeitsgrad von 57 % an. Albendazol gilt heute als Me-
„Trefferquote" nicht zielfuhrend, der Nachweis von Toxo- dikament der Wahl, von STÜRCHLER et al. (1989) wird ei-
cara ES-Antigen in Gewebeschnitten ist jedoch mittels ne 5tägige Behandlung mit 10 mg/kg/die empfohlen,
immunhistochemischer Methoden möglich (Abb. 8; MAGNAVAL (2002, persönliche Mitteilung) gibt für Alben-
AUER & ASPÖCK 1998). dazol (10 mg/kg/die) bei einer Behandlungsdauer von 15
Tagen eine 10%ige Fehlerquote an. Die Verträglichkeit
Bildgebende Verfahren (Ultraschall, Computertomo-
von Albendazol ist hoch, reversible passagere Transami-
graphie, Magnetresonanz) spielen bei der diagnostischen
nasenerhöhungen sind möglich.
Abklärung einer Toxokarose nur eine untergeordnete Rol-
le; Granulome in der Leber oder auch im Gehirn können
Die Behandlung des OLM-Syndroms basiert in erster
dabei mehr oder weniger gut lokalisiert werden; eine To-
Linie auf der Verbreichung von antiinflammatorischen
xokarose kann aber nur in Zusammenhang mit einem po-
Wirkstoffen (z. B. Kortikosteroide) (MAGNAVAL et al.
sitiven serologischen Ergebnis wahrscheinlich gemacht
1994) oder auf einer Kombination von Steroiden und Al-
werden (RÜTTINGER & HADIDI 1991; DUPREZ et al. 1996;
bendazol (BARISANI-ASENBAUER et al. 2001).
BALDISSEROTTO et al. 1999)
Die Diagnose „Okuläre Toxokarose" wird auch heute
noch vor allem durch eine klinische Untersuchung durch 8 Die humanpathogene Bedeutung anderer
den Ophthalmologen gestellt. Das OLM-Syndrom resul- Spezies aus der Familie der Ascarididae
tiert mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer sehr geringen
Infektionsdosis, so dass das Immunsystem kaum gefor- Neben dem Hunde- und dem Katzenspulwurm (T. ca-