Table Of ContentSchiemenz
Regelungstheorie und Entsdleidungsprozesse
Betriebswirtschaftliehe Beiträge zur Organisation
und Automation
Schriftenreihe des Betriebswirtschaftlichen Instituts für Organisation
und Automation an der Universität zu Köln
Herausgeber: Professor Dr. Erwin Grochla, Universität zu Köln
Band 13
Dr. Bemd Schiemenz
Regelungstheorie und
Entscheidungsprozesse
Ein Beitrag zur Betriebskybernetik
Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
D 17
ISBN 978-3-663-02097-4 ISBN 978-3-663-02096-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-02096-7
Copyright Ьу Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. ааЫет атЬН, Wiesbaden 1972
Sotcover reprint о! the hardcover 1st edition 1972
Geleitwort
Kybernetische Betrachtungen haben seit Ende der 50er Jahre Eingang in die
betriebswirtschaftliche und betriebswirtschaftlich-organisatorische Literatur
gefunden. Die Darstellungen zu diesem Gebiet erschöpften sich zunächst in
terminologischen Aussagen und in Spekulationen über die Anwendbarkeit
der Kybernetik und Regelungstheorie auf wirtschafts- und sozialwissen
schaftliche Problemstellungen. Um tiefer in dieses für die Zukunft bedeut
same Gebiet einzudringen und um effiziente Forschungsarbeit leisten zu
können, bedarf es neuer Impulse. Solche befruchtenden Anstöße gehen in
jüngerer Zeit von der Allgemeinen Systemtheorie, der mathematischen
Systemtheorie und der modernen Regelungstheorie aus. Die mathematische
Systemtheorie und die Regelungstheorie dienten bislang hauptsächlich zur
Lösung technischer Fragen. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist es zu
prüfen, ob die in der Regelungstheorie gestellten Probleme, die verwendeten
Axiome und die Lösungsansätze auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen
übertragen werden können. Der Verfasser kommt bei der Behandlung dieser
wissenschaftstheoretischen Fragestellung, die die Vertreter der Betriebs
kybernetik größtenteils unbeantwortet lassen, zu der interessanten Aussage,
daß trotz der Komplexität betrieblicher Prozesse auch dann das regelungs
theoretische Konzept für eine Suboptimierung benutzt werden kann, wenn
kaum eindeutige Problemformulierungen und geeignete regelungstechnische
Lösungsverfahren für den Betriebsprozeß als Ganzes verfügbar sind. In der
klassischen Regelungstechnik können nur Wirkungsgrößen stabilisiert wer
den; durch das moderne Konzept der Regelungstheorie wird es jedoch mög
lich sein, auch Systemgrößen entsprechend der Zielfunktion zu optimieren.
Es wird nachgewiesen, daß regelungstheoretische Probleme und Zielsetzungen
betriebswirtschaftlich relevant sind und somit die Regelungstheorie und ihre
Verfahren für die Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse heran
gezogen werden können.
Um die betrieblichen Prozesse einem gesetzten Ziel entsprechend ablaufen
zu lassen, können grundsätzlich zwei idealtypische Vorgehensweisen ge
wählt werden. Die erste Möglichkeit besteht darin, die Ursache-Wirkungs
Zusammenhänge exakt zu erfassen, die unbeeinflußbaren Einflußgrößen
qualitativ und quantitativ genau zu prognostizieren und für die jeweilige
Situation die beeinflußbaren Größen so festzulegen, daß das Ziel unter ge
gebenen Bedingungen optimal erreicht wird. Wie aber mit Hilfe der Wissen
schaftstheorie nachzuweisen ist, kann die erforderliche Kenntnis dieser Ur
sache-Wirkungs-Zusammenhänge und die Prognose nie vollkommen sein.
Die Vielzahl der Einflußgrößen und der Beziehungen führt - und das gilt
in besonderem Maße im Bereiche der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften --
dazu, daß die Ergebnisse von den Zielen mehr oder weniger stark ab
weichen. Hieraus resultiert die Bedeutung der zweiten Vorgehensweise: der
möglichst schnellen und häufigen Reaktion auf gemessene Abweichungen
zwischen Ziel und Ergebnis. Hierbei ermöglichen die Rückinformationen
über die Ergebnisse nicht nur einen ausgleichenden Eingriff in den Prozeß,
sondern zugleich eine Verbesserung der Modelle und der Prognoseverfahren.
Die mit der wiederholten Reaktion auf Grund von Rückinformationen zu
sammenhängenden Fragen stellen bisher für die Betriebswirtschaftslehre und
für die Betriebswirtschaftliche Organisationslehre ein kaum gelöstes Problem
dar. Der Verfasser bringt es einer Lösung näher, indem er nachweist, daß es
den Problemen analog ist, die in der Regelungstheorie vorzugsweise für
technische Systeme behandelt werden. Im einzelnen wird aufgezeigt, wie die
Regelungstheorie im konkreten Fall zur praktischen Gestaltung solcher Rück
informationen verwendenden Entscheidungsprozesse herangezogen werden
kann. Zur Darstellung und Interpretation werden weitgehend ein mathema
tisches Instrumentarium und Verfahren der Regelungstechnik verwendet.
Darüber hinaus werden für den mathematisch weniger geübten Leser die be
handelten Zusammenhänge anhand verbaler Beispiele, Erläuterungen und
Zusammenfassungen verständlich gemacht.
Die vorliegenden Ausführungen sind schon deshalb von besonderer Bedeu
tung, weil die Verwendung mathematischer Modelle und Verfahren, die
Heranziehung von regelungs- und systemtheoretischen Ansätzen und die
Bewältigung der damit zusammenhängenden Fragen eine der grundlegenden
Voraussetzungen zur Automatisierung betrieblicher Prozesse - und hierbei
besonders der betrieblichen Entscheidungsprozesse - darstellen.
Es ist zu wünschen, daß die Arbeit zu einer verstärkten Anwendung und zu
einer Weiterentwicklung der Regelungs- und Systemtheorie in der Betriebs
wirtschaftslehre und der Betriebswirtschaftlichen Organisationslehre bei
tragen wird.
Erwin Grochla
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Juni 1969 der Fakultät für Kultur- und
Staatswissenschaften der Technischen Hochschule Darmstadt unter dem
Titel "Die Anwendbarkeit der Regelungstheorie zur Gestaltung betrieblicher
Entscheidungsprozesse - Ein Beitrag zur Betriebskybernetik" als Disser
tation eingereicht. Über ihre rege Diskussion in Theorie und Praxis würde
ich mich sehr freuen.
Ich danke meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Eberhard
Dülfer, Direktor des Wirtschaftswissenschaftlichen Seminars der Philipps
Universität Marburg, des Instituts für Genossenschaftswesen in Entwick
lungsländern der Philipps-Universität Marburg und des Instituts für Genos
senschaftswesen an der Philipps-Universität Marburg, für seine Anregung zur
Beschäftigung mit diesem Themenkreis, seine Unterstützung während der
Anfertigung der Schrift und die Übernahme des Erstreferates, ebenso Herrn
Professor Dr. Hartmut Wedekind, Direktor des Instituts für Betriebswirt
schaftslehre der Technischen Hochschule Darmstadt, für die Übernahme des
Zweitreferates.
Zugleich danke ich Herrn Professor Dr. Erwin Grochla, Direktor des Semi
nars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisationslehre der
Universität zu Köln sowie des Betriebswirtschaftlichen Instituts für Organi
sation und Automation an der Universität zu Köln, für die Aufnahme der
Arbeit in die unter seiner Herausgeberschaft erscheinende Schriftenreihe
"Betriebswirtschaftliche Beiträge zur Organisation und Automation" sowie
ihm und seinen Mitarbeitern für die Diskussionen und Anregungen im Zu
sammenhang mit der Veröffentlichung.
Bernd Schiemenz
Inhaltsverzeichnis
Seite
o Einführung in den Themenkreis, wissenschaftliche Einordnung und
Begründung der Arbeit . . 13
0.1 Das Wissenschaftssystem 13
0.2 Die Stellung der Betriebswirtschaftslehre im Wissenschafts system 13
0.3 Die Kybernetik und ihre Stellung im Wissenschaftssystem . .. 14
0.4 Der überwiegend verbal beschreibende Charakter vorliegender
betriebskybernetischer Arbeiten. . . . . . . . . . . . . . .. 20
0.5 Die vorliegende Arbeit als Anwendung quantitativer kyberne
tischer Denkmodelle und Verfahren zur Gestaltung des Betriebes 22
1 Die formale Gleichartigkeit von Steuerungs- und Regelungsprozessen
und betrieblichen Entscheidungsprozessen . . . . . . . . . . . .. 27
1.1 Entscheidungsprozesse als Gegenstand der Betriebswirtschafts-
lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27
1.2 Steuerung und Regelung als Gegenstand der Regelungstheorie 35
1.3 Der betriebliche Entscheidungsprozeß als Steuerungs- und Rege-
lungsvorgang .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2 Die Anwendbarkeit der Modellbildung der Regelungstheorie auf
betriebliche Systeme . . 45
2.1 Arten von Modellen 45
2.2 Die systemtheoretische Modellbildung der Regelungstheorie 46
2.3 Grundcharakteristiken von Systemen 46
2.3.1 Das "relativ isolierte System" . 46
2.3.2 Klassifizierung von Systemen nach der Art der ein- und
ausgehenden Signale . . . . . . . . . . .. 48
2.3.3 Klassifizierung von Systemen nach der Art der Transfor
mation der Silnale . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 51
Seite
2.4 Unstetig wirkende Glieder . . . . . . . . . . . . . 56
2.4.1 Glieder mit Zweipunktverhalten und Glieder mit
Mehrpunktverhalten 56
2.4.2 Abtastglieder . 57
2.4.3 Schalttore 59
2.5 Stetig wirkende Glieder 59
2.5.1 Zeitverhalten und Beharrungsverhalten von Gliedern 59
2.5.2 Linearisierung nichtlinearer Systeme . . . . . . 62
2.5.3 Das Zeitverhalten linearer stetig wirkender Glieder 63
2.5.3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 63
2.5.3.2 Das übergangsverhalten . . . . . . . . . 64
2.5.3.3 Das Zeitverhalten bei stochastischen Eingangssignalen 66
2.5.3.4 Das Verhalten bei sinusförmigen Eingangssignalen 67
2.5.3.5 Grundsätzliches Zeitverhalten . . . 68
2.6 Logische Verknüpfungsglieder und Speicherglieder 72
2.7 Kopplung von Gliedern . . . . . . . . . . . . 73
2.8 Beschreibung von Systemen mittels Zustandsvariablen 77
2.8.1 Das "Konzept des Zustandsraumes" . . . . . 77
2.8.2 Beispiele für die Beschreibbarkeit betrieblicher
Systeme mittels Zustandsgleichungen .... 80
2.8.3 Systeme mit endlicher Zahl von Zuständen, insbesondere
Markov-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 86
2.9 Die Beschreibung von Systemen mittels algorithmischer Sprachen 91
2.10 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 92
3 Die Relevanz der Grundprobleme und -konzepte der Regelungstheorie
für die Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse 95
3.1 Die Grundprobleme der Regelungstheorie . . . . 95
3.2 Die Relevanz der Grundprobleme der Regelungstheorie für die
Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse 99
3.3 Die Grundkonzepte der Regelungstheorie . . . 101
3.4 Die Relevanz der Grundkonzepte der Regelungstheorie für die
Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse . . . . . . 106
Seite
4 Ergebnis der methodologischen Prüfung der Anwendbarkeit der Re
gelungstheorie zur Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse 111
5 Kurze Einführung in einige mathematische Verfahren der Regelungs-
theorie . . . . . . . . . . . . 113
5.1 Die Laplace-Transformation 113
5.2 Die z-Transformation 117
5.3 Die modifizierte z-Transformation 121
5.4 Grundzüge des Dynamischen Programmierens
(dynamic programming) ......... . . . 124
6 Anwendung des klassischen Konzeptes der Regelungstheorie zur
Gestaltung betrieblicher Entscheidungsprozesse 131
6.1 Beispiele aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . .. 131
6.2 Beschreibung eines einfachen betrieblichen Systems zur Anpas-
sung der Produktion an den Absatz mittels eines Regelungs-
Entscheidungsprozesses ...... 134
6.3 Analyse des Verhaltens des Systems 138
6.4 Diskussion des Verhaltens des Systems 149
6.5 Analyse der Stabilität des Systems . . 151
6.6 Möglichkeiten zur Verbesserung des Verhaltens durch
Erweiterung des Entscheidungsprozesses ..... . 155
7 Gestaltung eines betrieblichen Entscheidungsprozesses entsprechend
dem "modernen" Konzept der Regelungstheorie . . . . . . . . . . 165
8 Schluß 179
Literaturverzeichnis 183
Anhang: Programm mit Ergebnisausdruck zur optimalen Lenkung
eines einfachen Produktions-Lagerhaltungssystems ........ 201