Table Of ContentKinderanasthesie
Mit freundlicher Empfehlung
Ihre ELI LILLY GmbH
Abteilung Spezialpraparate
Pramedikation
im Kindesalter
Herausgegeben von
K. Kuhn und J. Hausdorfer
Vnter Mitarbeit von
V. Bauer-Miettinen G. Kraus F. J. Kretz
S. Piepenbrock H. SueS M. Tryba F. Yildiz
Mit 34 Abbildungen und 15 Tabellen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York Tokyo 1983
Dr. Klaus KUhn
Prof. Dr. Jiirgen Hausdorfer
Medizinische Hochschule Hannover
Abteilung Anasthesiologie III
Konstanty-Gutschow-StraBe 8
3000 Hannover 61
ISBN-13: 978-3-540-12472-6 e-ISBN-13: 978-3-642-45564-3
001: 10.1007/978-3-642-45564-3
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Pramedikation im Kindesalter/hrsg. v. K. Kuhn u. J. Hausdorfer; unter Mitarb.
von U. Bauer-Miettinen. - Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo: Springer, 1983.
(Kinderanasthesie)
NE: Kuhn, Klaus [Hrsg.]; Bauer-Miettinen, U. [Mitverf.]
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1983
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formen kann vom Verlag keine Gewahr ubernommen werden. Derartige Anga
ben miissen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literatur
stellen auf ihre Richtigkeit uberpriift werden.
2119/3140-543210
Vorwort
Die Entwicklung von Spezialgebieten hat sich auch in der Anasthe
sie in den letzten J ahren mehr und mehr durchgesetzt. 1m Gegensatz
zu den angloamerikanichen Liindem begann die Spezialisierung der
Kinderanasthesie in Deutschland erst relativ spat.
Die physiologischen, pathophysiologischen und pharmakodyna
mischen Reaktionen des Kindes sind unterschiedlich zu denen des
Erwachsenen. Nur unter Beriicksichtigung dieser Unterschiede kann
eine sichere und adaquate Narkose im Kindesalter durchgefiihrt
werden.
Das vorliegende Buch greift aus dem Gesamtgebiet der Kinder
anasthesie einen Problemkreis heraus, um ihn von allen Seiten zu
durchleuchten.
In lockerer Folge werden weitere Ausgaben der Reihe die Kin
deranasthesie betreffende Ergebnisse aus Forschung und Klinik
referieren und diskutieren.
Auf diese Weise solI versucht werden, Fortschritte und Trends
aus einem Spezialgebiet der Anasthesie allen Interessierten und
Beteiligten nahezubringen.
Deshalb wiinschen wir dieser Broschiire eine weite Verbreitung.
Hannover, im Miirz 1983 Klaus Kiihn
Jiirgen Hausdorfer
Inhaltsverzeichnis
J. Hausdorfer
Einfiihrung . 1
K. KUhn und J. Hausdorfer
Rektale Narkoseeinleitung bei Kindem . 3
U. Bauer-Miettinen
Narkoseeinleitung bei Kindem durch i.m.-Verabreichungen
von Methohexital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 18
H. SueS
Ein Alternatives Verfahren zu i.m.-Priimedikation im
Kindesalter: Die orale Priimedikation ......... 28
F. J. Kretz und S. Piepenbrock
Narkoseeinleitung bei Kleinkindem durch rektale
Applikation von Methohexital .......... . 40
F. Yildiz und M. Tryba
Cimetidin als Adjuvans zur Priimedikation 45
G. Kraus
Rektale Narkoseeinleitung mit Methohexital bei Kindem im
ambulanten Bereich . 58
Sachverzeichnis . . . 65
Autorenverzeichnis
U. Bauer-Miettinen
Anasthesieabteilung, Kinderspital, Ronergasse 8,
CH-4005 Basel
G. Kraus
Institut flir Anasthesiologie der Universitat Erlangen-Numberg,
Maximiliansplatz 1, 8520 Erlangen
F. J. Kretz
Klinik flir Anasthesie, Operative Intensivmedizin,
FU, Berlin, Klinikum Steglitz,
Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
s.
Piepenbrock
Klinik flir Anasthesie, FU, Berlin, Klinikum Steglitz,
Hindenburgdamm 30, 1000 Berlin 45
H. SueB
Abteilung flir Anasthesie, Johanniter-Kinderklinik,
5205 St. Augustin
M. Tryba
Abteilung Anasthesiologie III, Klinikum Sud,
Medizinische Hochschule,
Konstanty-Gutschow-StraBe 8, 3000 Hannover 61
F. Yildiz
Abteilung Anasthesiologie III, Klinikum Sud,
Medizinische Hochschule,
Konstanty-Gutschow-StraBe 8, 3000 Hannover 61
Einfiihrung
J. Hausdorfer
Die Tatsache, daB uber die Pramedikation im Kindesalter ein Symposion abgehal
ten wird, signalisiert eine gewisse Problematik auf diesem Gebiet. Wir haben es mit
2 Fragenkomplexen zu tun. Einmal mit dem Medikament selbst, das, abhiingig vom
Alter des Kindes und von dessen psychischer Einstellung zur Umwelt, verabreicht
werden kann und solI. Zum anderen mussen wir uns uber die beste Applikations
form Gedanken machen.
Nach meinem Lehrer Dripps ist die beste Medikation bei der Narkosevorberei
tung der Anasthesist selbst. Dies gilt sowohl fUr Kinder als auch fUr Erwachsene.
Gerade im Kindesalter ist der ein- oder auch mehrmalige Besuch des Kindes und
womoglich auch seiner Eltem langere Zeit vor der geplanten Operation wiinschens
wert. Hier kann das notwendige Vertrauensverhaltnis sowie auch die Empathie, die
die Arzt-Patienten-Relation auszeichnen sollte, aufgebaut werden.
Wabrend der Erwachsene ganz bestimmte Angste im Hinblick auf das Gelingen
der Operation, das Uberstehen der Narkose, womoglich auch auf die Wiedereinglie
derung in den ArbeitsprozeB als belastende Gedanken mit in den Operationssaal
nimmt, ist fUr das Kind hauptsachlich die Trennung von den Eltem und der vertrau
ten Umgebung ein maBgeblicher Belastungsfaktor kurz vor und bei Ubemahme des
Kindes in den eigentlichen Operationstrakt.
Bei Kindem bis zum Schulalter steht deshalb eine Sedierung im Gegensatz zur
Anxiolyse durch Tranquilizer.im Vordergrund. Bei Sauglingen bis zu einem Jahr
kann bei entsprechender Zuwendung des Anasthesisten haufig auf eine medikamen
tose Pramedikation ganz verzichtet werden. 1m Kleinkindalter dagegen haben sich
bei uns die Barbiturate recht gut bewahrt. Die optimale Vorbereitung sollte ein
Kind die Narkosevorbereitung im Operationssaal und die Einleitung schlafend
durchleben lassen. Wegen der besonderen Verhrutnisse bei der Einleitung emer
Allgemeinanasthesie in diesem Alter, - hier denke ich besonders an die MOglichkeit
der Regurgitation bei nicht ganz entleertem Magen, sollte auch die Kanulierung
einer Vene ohne Belastung des Kindes in der Anfangsphase der Einleitung moglich
sein. Bei sehr angstlichen Kindem wird es sich nicht umgehen lassen, diese bereits
im Beisein der Eltem mit Barbiturat oder Ketanest rektal soweit zu anasthesieren,
daB eine Ubemahme in den Operationstrakt ohne psychische Traumen fUr Eltem
und Kind moglich ist.
Der 2. Fragenkomplex, den ich bereits angedeutet habe, soIl sich mit der Appli
kationsart der ausgesuchten Medikamente befassen.
Wabrend sich bei alteren Kindem weiterhin die Lm.-Pramedikation, z. B. mit
Dolantin, Atosil, Atropin bewahrt und von diesen alteren Kindem auch durchaus
toleriert wird, ist gerade im Alter zwischen 1 und 6 Jahren die Applikationsform fUr
2 J. Hausdorfer
die Kinder von entscheidender Bedeutung. Spritzen zur Pamedikation sind nicht
optimal, dagegen bietet sich der rektale und auch der orale Verabreichungsweg an.
Die rektale Verabreichung, z. B. von Barbituraten aber auch von Ketanest oder
anderen Medikamentkombinationen, hat den Nachteil der erratischen Resorption,
wobei der erwiinschte Effekt nicht immer eintritt. Auf der anderen Seite konnen
lange Uberhiinge nach kurzen Operationen diese Methode fUr den geordneten Nar
koseablauf, der sich ins Krankenhausleben notwendigerweise einfiigen muS, in
Frage stellen.
Der orale Pramedikationsweg durchbricht - und das ist der entscheidende Nach
teil - die Nahrungskarenzschranke. Fiir alle Beteiligten kommt hier ein unguter
psychologischer Enthemmungsfaktor ins Spiel. Eine Aspiration nach einer derarti
gen Pramedikation wiirde die Methode sofort in MiBkredit bringen, wenn sie
womoglich selbst auch gar nicht auslosend fUr die Katastrophe war. Eine entschei
dende Rolle iibemehmen jetzt die neuartigen Hz-Rezeptorenblocker. Sie konnen
effektiv sowohl Magenrestvolumen als auch Magensaftaziditiit giinstig beeinflussen.
In Kombination mit einem Sedativum oral verabreicht, kann eine neue Welt fUr die
kindliche Narkosevorbereitung erschlossen werden. Es ist jedoch unerliiBlich, zuerst
die Wirkung der H -Blocker im genannten Kindesalter genauestens zu eruieren,
2
bevor man mit einer oralen Pramedikation eine weitere, womoglich optimale Vor
bereitung der Kinder zur Narkose und Operation anstrebt.
In diesem Sinne wiinsche ich dem Leser moglichst groBen Gewinn aus den hier
referierten Beitriigen. Mogen diese unsere Bemiihungen eine Verbesserung der
heute zugegebenermaBen immer noch problematischen Priimedikation im Kindesal
ter unterstiitzen.
Wir danken der Firma Eli Lilly GmbH, Bad Homburg, fUr die freundliche
Unterstiitzung des Symposiums.
Rektale N arkoseeinleitung bei Kindern
K. Kuhn und J. Hausdorfer
Narkose ohne Tranen - das ist ein Schlagwort aus der Friihzeit der Aniisthesie [7].
Dies ideale Vorstellungsbild der Narkoseeinleitung in der Kinderaniisthesie ist bis
heute leider noch nieht Wirklichkeit.
Es ist nieht nur die Angst vor dem Ungewohnten, vor dem nieht Begreifbaren,
die die Tranen der kleinen Patienten hervorruft [8], sondem es kommt hinzu der
abrupte Entzug aus der elterliehen Geborgenheit, die vollig fremde Umgebung,
laute, unbekannte, bOs klingende Geriiusche und nieht zuletzt die Injektion, sei es
die intramuskuliire der Priimedikation oder die zusiitzliche i.v.-Nadel, die vor Ein
leitung der Narkose im Operationssaal gelegt wird. Immer wieder sind neue Arten
der Pramedikation, sei es auf oraler, rektaler oder der ublichen i.m.-Basis, vorgetra
gen worden, die diese Aniisthesie ohne Tranen gewabrleisten sollen. ledoch fiihrten
aIle bisher angegebenen Methoden nicht zu dem gewiinschten Ziel, da sie entweder
in der Wirkung nicht ausreichend waren, oder aber bei entsprechender medikamen
tOser Sedierung das Risiko der Unsieherheit betreffs Atmung und Kreislauf anho
ben. Fur Kinder bis zum Schul alter bieten sich eigentlich nur 2 Methoden der Prii
medikation an: entweder die orale oder die rektale.
Eine intramuskuliire Injektion zur priioperativen Vorbereitung ist sicherlich
nicht zeitgemiiB, wenn wir auf die kindliche Psyche in der Kinderaniisthesie so viel
Rucksicht nehmen. Hinzu kommt, daB von den Kindem immer wieder glaubhaft
versichert wird, die intramuskuliire Spritze sei schmerzhafter als das Legen des
intravenosen Zugangs mit einer Teflonverweilkaniile. Aus diesem Grund ist der
Verzieht auf jegliche Injektion zur Priimedikation, wenn irgend moglich, anzuraten.
Nun ist die rektale Priimedikation als solche niehts Neues, sondem wird seit
langerer Zeit mehr oder weniger erfolgreich mit verschiedenen Medikamenten
angewandt. Zu erwiihnen sind hier insbesondere Chloralhydrat, Diazepam und
Luminal. Parenteral gegeben, zeigen Luminal und Diazepam auch die erwartete
Wirkung. Dennoch bleibt diese nach der rektalen Gabe bei einem groBen Teil der
Patienten aus. Eine Untersuchung an unserem Krankengut demonstriert, daB bei
80% der Patienten die rektale Priimedikation keinen ausreichenden Effekt zeigt
(Abb. 1). Zuriickzufiihren ist dies sicherlich auf die verzogerte Resorption des
eigentlich wirksamen Pharmakons, welches in die Ziipfchenmasse eingebettet ist.
Die zeitlich und quantitativ nieht exakt absehbare Resorption macht dieses Verfah
ren unsieher. Das Schaubild (Abb. 2), es handelt sieh urn ein Diagramm von Bakker
[1], verdeutlicht das anhand der Wirkungsspiegel verschiedener Applikationsfor
men bei Diazepam. Es weist aber auch darauf hin, daB mit dieser Methode genau
dosierte Mengen, bezogen auf das Korpergewieht, nieht zu verabreichen sind.
4 K. Kuhn und J. Hausdorfer
~ gut-Kind schlaft 18 ••
D
maBlg-Kind weint ab Ubergabe - 34 %
D
schlecht-Kind kommt weinend - 48 %
Abb. 1. Wirkung der reklaien Pramedikalion mil Chioralhydral
Steward [9] propagiert seit geraumer Zeit eine Form der Narkoseeinleitung mittels
Methohexital, das rektal verabreicht wird. Die von ihm vorgeschlagene Dosis
betragt 20 mglkg KG, gegeben als waBrige L6sung. Es handelt sich hier nicht urn
eine iibliche Pramedikation, sondern urn eine Pramedikation mit narkotischen
Dosen und damit urn eine vorgezogene Einleitung. Wir griffen diese Methode auf,
variierten die Dosis und standardisierten die rektale Instillation.
Inzwischen wurden bei uns mehr als 350 Narkosen auf diese Weise, d. h. rnittels
rektaler Methohexitaleinleitung durchgefiihrt. Komplikationen oder Zwischenfalle
hat es bei keinem Patienten gegeben.
Urn die Wirksamkeit der rektal verabreichten Methohexitalgabe priifen zu k6n
nen, wurden 60 Kinder in 2 Gruppen aufgeteilt. Gruppe I erhielt die Pramedikation
mit Chloralhydratrectiolen (Dosierung: Kleinkinder bis 10 kg 1 Rectiole, Kinder bis
20 kg KG 2 Rectiolen, das entspricht einer Dosierung von etwa 50 mglkg KG).
Gruppe II erhielt Methohexital rektal. Folgende Laborparameter wurden be
stimmt:
Diazepam (ng/ml Plasma)
Diazepam 10 mg
0----0 Intravenos (n - 9)
600
• • --. Rektale Losung (n - 9)
.. Intramuskular (n = 6)
~ Oral (n - 7)
400 . Anal (n-9)
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Abb. 2. WirkungsspiegeJ der verschiedenen Applikationsformen fur Diazepam. (Nach [2])