Table Of ContentJörg Auf dem Hövel
Politisierung der öffentlichen Verwaltung
Forschung
P olitikwissenschaft
Band 183
Jörg Auf dem Hövel
Politisierung der
öffentlichen Verwaltung
Eine empirische Untersuchung
der Stadtverwaltung Hamburg
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Dissertation im Fachbereich Sozialwissenschaften
der Universität Hamburg
SuB (18)
Gedruckt auf säurefreiem und alterungs beständigem Papier.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich
ISBN 978-3-8100-3818-0 ISBN 978-3-322-97588-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-97588-1
© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Leske & Buderich 2003
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Inhalt
Vorwort .............................................................................................. . 9
1 Problemstellung...................................................................... 11
1.1 Analysesektoren der Beziehung von Politik und Verwaltung.... 11
1.2 Erkenntnisinteresse im Rahmen der politologischen
Verwaltungswissenschaft ......................................................... 12
1.3 Thesengeleitetes Vorgehen....................................................... 16
1.4 Klärung zentraler Begriffe........................................................ 19
1.4.1 Öffentliche Verwaltung............................................................ 19
1.4.2 Politisierung und Parteipolitisierung ........................................ 20
2 Beamte zwischen Staat und Parteien,
Verwaltung zwischen Vollzug und Politik.......... ................... 24
2.1 Frühe Abhängigkeiten: Überschneidungen von Verwaltung
und Politik zwischen dem Beginn des 19. Jahrhunderts
und der Zeit des Nationalsozialismus....................................... 24
2.1.1 Vom Vollzug des Monarchenwillens zur
Verwaltung der Staatsidee ........................................................ 24
2.1.2 Neutral und doch parteigebunden: Beamtenpolitik und
Politik der Beamten vor und in der Weimarer Republik............ 32
2.2 Das Verhältnis von öffentlicher Verwaltung und
Parteien aus unterschiedlicher Perspektive ............................... 37
2.2.1 Juristische Dogmatik und Staatsrechtslehre:
Ämterpatronage und die Politisierung der Beamtenschaft......... 38
2.2.2 Zwischen Struktur und Funktion:
Standpunkte der Politikwissenschaft......................................... 43
2.3 Mangelnde Differenzierung: Empirische Ergebnisse
zur Parteimitgliedschaft von Beamten und
Politisierung der Verwaltung.................................................... 48
5
2.4 Planend und informell: Strukturen der modemen
Verwaltung und ihr Zusammenhang mit der
Politisierung der Verwaltung ................................................... . 52
3 Politisch-administrative Strukturen
im Stadtstaat Hamburg ......................................................... . 59
3.1 Die Hamburger Verwaltung .................................................... . 59
3.1.1 Die Staatsräte und die Senatsämter. ......................................... . 61
3.l.2 Die Bezirksverwaltung und ihre Ortsamtsleiter ....................... . 63
3.1.3 Die Fachbehörden und ihre Deputationsmitglieder .................. . 66
3.2 Die Diskussion zur Trennung von behördlichem
Handeln und Partei interessen .................................................. . 67
4 Einstellungen, Rollenverständnis und Merkmale von
Hamburger Beamten ............................................................. . 71
4.1 Methodische Ortungen ............................................................ . 71
4.2 Die Untersuchungseinheit ....................................................... . 74
4.2.1 Verteilung nach Lautbahngruppe, Geschlecht und Alter .......... . 74
4.2.2 Ausbildung und die Kontinuität des Beamtentums .................. . 75
4.2.3 Lautbahnbeamte und Späteinsteiger ........................................ . 77
4.3 Einstellungen der Beamten zum politischen System ................ . 79
4.3.1 Der ,,klassische" und der "politische" Bürokrat ....................... . 81
4.3.2 Einfluss der politischen Institutionen ....................................... . 88
4.3.3 Politisch-gesellschaftliche Aktivitäten ..................................... . 93
4.3.4 Parteiaffinität .......................................................................... . 97
4.3.5 Im Spannungsfeld zwischen Verwaltung und Politik ............... . 101
4.3.6 Einstellungen zur Parteipolitisierung ....................................... . 105
4.4 Das Selbstbild der Beamten ..................................................... . 108
4.4.1 Vermittelnde Experten: Identifikationen mit Rollentypen ........ . 108
4.4.2 Zwischenresümee .................................................................... . 115
4.5 Das Beamtenethos ................................................................... . 118
4.5.1 Zwischen Publikumsorientierung und
Politikdiskretion: Variablen der Berufsauffassung ................... . 118
4.5.2 Zwischenresümee .................................................................... . 124
4.6 Beförderungen ......................................................................... . 126
4.6.1 Das Beförderungssystem ......................................................... . 127
4.6.1.1 Merkmale und Karrieren von Spitzenbeamten ......................... . 130
4.6.l.2 Merkmale und Karrieren von Aufsteigern ............................... . 133
4.6.1.3 Die Bedingungen von Geschwindigkeit und
Qualität von Beförderungen .................................................... . 135
4.6.2 Einstellungen zum Beförderungssystem .................................. . 140
6
4.6.2.1 Relevante Eigenschaften fiir Beförderungen ............................ . 140
4.6.2.2 Parteizugehörigkeit als Beförderungskriterium ........................ . 143
4.6.2.3 Zuschreibung der eigenen Beförderung ................................... . 147
4.6.3 Zur Qualität der Stellenbesetzung ............................................ . 150
4.7 Zwischen Loyalität und Selbstbewusstsein ............................... . 152
4.8 Zusammenfassung von Kapitel 4 ............................................. . 155
5 Die Parteimitglieder ............................................................... 159
5.1 Biographie und Motivation....................................................... 160
5.2 Einstellungen zum politischen System...................................... 164
5.2.1 Bürokratentyp und die Einstellung zu den Institutionen............ 164
5.2.2 Politisch-gesellschaftliche Aktivitäten und Parteiaffmität......... 167
5.2.3 Zwischen Politik und Verwaltung............................................. 171
5.3 Selbstbild und Beamtenethos ... ...... ............... ........................ .... 177
5.4 Beförderungen und Einstellung zum Beförderungssystem ........ 182
5.4.1 Geschwindigkeit und Qualität der Karriere
von SPD-Mitgliedern ............................................................... 182
5.4.2 Einstellungen zum Beförderungssystem ................................... 184
5.5 Neue Regierung, neuer Auftrag: Verhaltensmuster
nach einem Regierungswechsel...... ............. ....... ................ ...... 192
6 Tradition und Progression...................................................... 196
6.1 Beamte zwischen Expertenturn, politischer Sensibilität
und parteipolitischer Zurückhaltung....... ......... ....... ......... ......... 196
6.2 SPD-Mitglieder und ihre Einstellungsmuster im Vergleich ...... 198
6.3 Theoretische Standpunkte im Lichte empirischer Befunde........ 201
Literaturverzeichnis............................................................................ 204
Anhang ................................................................................................ 218
Gliederungsplan der öffentlichen Verwaltung
der Freien und Hansestadt Hamburg 1999................................ 218
Fragebogen ... ... ................... .......... .............................. ....... ...... 219
7
Vorwort
Keine Arbeit entsteht im luftleeren Raum. Der Dank an die Menschen, die in
der einen oder anderen Form an dem Zustandekommen einer Dissertation be
teiligt waren ist schöne akademische Sitte. Hier seien zuerst meine Eltern und
Großeltern genannt, die das Projekt mit regem Interesse und fmanzieller Un
terstützung bedachten. Mein Dank geht zudem an Michael Schneid von der
ZUMA für die Anregungen für die Erstellung des Fragebogens, an Alex
Schwarz, der mich in die Welt der Datenbankprogrammierung und compu
tergestützten Datenanalyse eingeführt hat und an Svenja Cordts für ihre Hilfe
bei der Gestaltung des Ausdrucks. Ausdrücklich danke ich auch Prof. Dr. Jo
achim Raschke für die Betreuung der Arbeit.
Ganz besonders gedankt sei Stefan Ruthenberg. Im Anfangsstadium der
Arbeit sprach er mir zu, eine empirische Erhebung dieser Größenordnung
überhaupt durchzuführen, später unterstützte er mich bei der Erstellung des
Fragebogens, der Strukturierung der Daten und deren statistischer Auswer
tung. Er begleitete mich damit durch alle Phasen des Projekts und das nicht
nur als stets ansprechbereiter Helfer, sondern vor allem als guter Freund.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei den Beamten der Hansestadt Hamburg
bedanken, die mit ihrer Antwortbereitschaft die empirische Grundlage für
diese Untersuchung schufen.
9
1. Problemstellung
1.1 Analysesektoren der Beziehung von Politik und
Verwaltung
Eine Beschreibung des Verhältnis' von Politik und Verwaltung in Deutsch
land muss auf zwei Ebenen ansetzen. Auf der einen Ebene prägt die Gewal
tenteilung das Verhältnis von Politik und Verwaltung auf zweifache Weise.
Einerseits ist damit die Verbindung von Legislative und Exekutive angespro
chen, andererseits das Spannungsfeld zwischen Politik und Verwaltung in
nerhalb der als Einheit begriffenen Exekutive. Auf einer anderen Ebene be
stehen im politischen System Überschneidungen der Einflusssphären von
Verwaltung und politischen Parteien, welche sich nicht an die durch die Ge
waltenteilung vorgezogenen Linien halten. Ist die erste Ebene ein ver
gleichsweise gut erforschtes Feld der Politikwissenschaft, wurde der infor
melle Einfluss von Parteien auf die Verwaltung selten einer systematischen
Analyse unterzogen. 1
Diese Problemfelder fmden sich auf verschiedenen Ebenen wieder. Die
Entfaltung einer politikvorbereitenden MinisterialbÜTokratie des Bundes ist
hierfür ebenso relevant wie die Mitgliedschaft des Personals der öffentlichen
Verwaltung in der Legislative und in den Parteien, sowie die Besetzung von
Stellen in der Verwaltung mit Parteimitgliedem.
Die Problematisierung einer Politisierung der öffentlichen Verwaltung
folgt diesen Linien. Schon im Binnenbereich der Exekutive sollte es nach der
BÜTokratietheorie Max Webers eine klare Aufgabenteilung zwischen der fiih
renden Politik und der gehorchenden Verwaltung geben. Dieser Theorie fol
gend existieren ebenso deutlich unterschiedene Rollentypen zwischen Politi
kern und Beamten.2 Politisierung meint aus dieser Sicht die Tendenz der
Politik, die Grenze zwischen diesen Sphären aufzulösen und damit die grund
legende Fähigkeit der Exekutive zu gefährden, Handlungen rein fachlich, ob
jektiv und unparteiisch zu vollziehen.
Damit sind nicht nur bürokratietheoretische, sondern auch Grundfragen
der Verfassung berührt, deren Bewertung der juristischen Staatswissen
schaft obliegt. Deren Ansatzpunkt ist fest an die Neutralität der Exekutive,
Für die erste Ebene HesseiEllwein 1997:363 mit weiteren Literaturangaben. Für infonnel-
1e Strukturen vgl. den Versuch von ScheuchiScheuch 1992.
2 Weber 1964:117ff.
11
mithin an die politische Neutralität ihres Personals, gebunden. Der Mitglied
schaft von Beamten in gesellschaftlichen Interessengruppen widerfährt dabei
geringere Aufmerksamkeit als die von Beamten in Parteien, weil diesen ein
erheblich größeres Potential zur Neutralitätsaufweichung zugeschrieben
wird. Die Mitgliedschaft von Beamten in Parteien und Parlamenten ist dann
zum einen Merkmal einer Bürokratisierung von Politik, stärker aber noch der
Politisierung der Bürokratie.
Empirisch wurde nachgewiesen, dass politikvorbereitende Funktionen
der Ministerialbürokratie mit ihrer Parteipolitisierung einher gehen.l Die über
Bund und Länder verbreitete Institution des Politischen Beamten ist Ausfluss
dieser Entwicklung. Die Konzentrationsprozesse der politolo~ischen Verwal
tungswissenschaft auf die Ministerialverwaltung dienten zur Ubertragung der
dort vorgefundenen Merkmale der Politisierung und Parteipolitisierung auf
die gesamte öffentliche Verwaltung.- Im Anschluss an eine nur in Ansätzen
ausgebildete Forschung zu Klientelismus5 und Patronage6 scheint aus dieser
Sicht die Politisierung der Verwaltung durch Parteien weniger Themen, son
dern primär Personen zu umfassen. ,,Ämterpatronage" ist infolgedessen Teil
der Politisierung der öffentlichen Verwaltung innerhalb und außerhalb der
Gewaltenteilung.
Die Besetzung von Positionen in der öffentlichen Verwaltung mit Mit
gliedern von Parteien ist ein schlecht bestelltes Forschungsfeld der deutschen
Politikwissenschaft. So bleibt es bei nur indiziengestützten Annahmen, dass
die Parteien Einfluss auf diese Stellenbesetzungen nehmen. 7
1.2 Erkenntnisinteresse im Rahmen der politologischen
Verwaltungswissenschaft
Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Auffassungen zu Struktur und Funk
tion der öffentlichen Verwaltung im politischen System der Bundesrepublik,
bilden sich divergierende Vorstellungen von den Attributen des darin agie
renden öffentlichen Dienstes aus. Noch immer stehen dabei weniger die
Merkmale und das Rollenverständnis von Angestellten als das der Berufsbe
amten im Vordergrund, lassen sich an dieser Statusgruppe die Divergenzen
zwischen dem auf Neutralität ausgerichteten, traditionellen Rollenverständnis
3 MayntzlDerlien 1989. Für einen Überblick über die internationale Forschung vgl. Meyers
1985.
4 Siehe vor allem von Amim 1980 und 1990.
5 Weber pazmino 1991.
6 Burkolter 1976.
7 Von Alemann 1994, der diese "Schattenpolitik" verstärkt in das Forschungsspektrum der
Politikwissenschaft aufuehmen will.
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