Table Of ContentNicola Pointner
In den Fängen der Ökonomie?
Nicola Pointner
In den Fängen
der Ökonomie?
Ein kritischer Blick auf die Bericht-
erstattung über Medienunternehmen
in der deutschen Tagespresse
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Zugl. Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München, 2009
1. Auflage 2010
Alle Rechte vorbehalten
© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
Lektorat: Katrin Emmerich | Sabine Schöller
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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, Scheßlitz
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-531-17198-2
Vorwort
Die cross-medialen Besitzverhältnisse im deutschen Medienmarkt haben ein
hohes Niveau an Verflechtung erreicht. Schon Ende der 80er Jahre wurden Be-
fürchtungen laut, dass die Beteiligung von Zeitungs- und Zeitschriftenverleger
am Rundfunk eine unabhängige Berichterstattung der Printmedien über Medien,
Medienwirtschaft und Medienpolitik gefährden könnte. Die Vermutung, die
Deregulierung des deutschen Rundfunkmarktes führe quasi automatisch zu einer
interessengebundenen Medienberichterstattung über Medien, hielt sich bis heute
hartnäckig. Kein Wunder: Wenn Medien sich selbst thematisieren, dann wird
fast immer davon ausgegangen, dass sie das nicht mit der gleichen Unabhängig-
keit und Objektivitätssorgfalt tun, wie bei allen anderen, nicht selbstreferenziel-
len Themen.
Empirische Befunde dazu sind in Deutschland allerdings eher rar. Vor die-
sem Hintergrund hat Nicola Pointner erstmals auf breiter Basis und im Langzeit-
vergleich empirische Daten zur medialen Thematisierung von Medienunterneh-
men erhoben. Auch sie geht davon aus, dass ökonomische Eigeninteressen von
Medienunternehmen deren Berichterstattung über den Medienmarkt inhaltlich
beeinflussen können und es hier eventuell zu einem bedenklichen Spannungs-
verhältnis zwischen Eigeninteressen und dem Gebot zur unabhängigen Bericht-
erstattung kommt. Auch sie hält dies, wenn es denn empirisch belegt werden
würde, für bedenklich, weil sie dem Medienjournalismus wie jedem anderen
inhaltlich-thematischen Gegenstandsbereich des Journalismus auch eine Bedeu-
tung für das Funktionieren moderner Demokratien zuschreibt.
Im Rahmen einer komplexen Inhaltsanalyse geht Nicola Pointner deshalb
der Frage nach, ob sich ökonomische Verlagsinteressen in der Berichterstattung
deutscher Tageszeitungen über Medienunternehmen niederschlagen und wie sich
die Berichterstattung über Medienunternehmen zwischen 1992 und 2006 unter
dem Gesichtspunkt sich verändernder ökonomischer Einflüsse und des Konkur-
renzaspektes im Markt darstellt. Dabei geht es ausschließlich um Medienbericht-
erstattung in ihrer Form als Wirtschafts- und Unternehmensberichterstattung;
andere Formen der Medienberichterstattung wie z.B. TV-Kritiken usw. bleiben
hier bewusst unberücksichtigt.
6 Vorwort
Die Autorin geht in ihrer Untersuchung zwei Einflussaspekten nach:
(1) dem eventuellen Einfluss der jeweiligen konjunkturellen Lage speziell im
Medienmarkt und (2) den ökonomischen Eigeninteressen der berichtenden Me-
dien(unternehmen). Im theoretischen Teil ihrer Arbeit beleuchtet Nicola Pointner
sehr genau den Zusammenhang zwischen Ökonomisierungsentwicklungen und
-auswirkungen einerseits und organisationalen Strukturaspekten speziell von
Medienunternehmen andererseits. Sie zeigt auf, wie die (durchaus besonderen)
inneren Organisations- und Entscheidungsstrukturen von Redaktion und Verlag
die ‚innere Pressefreiheit’ determinieren können und so ökonomische Eigeninte-
ressen bei der Berichterstattung auch leichter ins Spiel kommen (können). Damit
belegt sie den grundsätzlichen Charakter einer (unerwünschten) potenziellen
Interdependenz zwischen ökonomischem Denken von Medien und ihrem publi-
zistischem Schaffen.
Der innovative Gehalt der Studie von Nicola Pointner besteht in dem erst-
mals vorgenommenen Versuch, das tatsächliche Konkurrenzverhältnis zwischen
den verschiedenen Medienbereichen und speziell zwischen den Unternehmen
innerhalb des Zeitungssektors in die Datenanalyse und -interpretation mit einzu-
beziehen. Hierzu entwirft sie ein eigenes Modell, mit dem sie das zu den jeweili-
gen Zeitpunkten bestehende tatsächliche Distanz-Verhältnis abbildet, das zwi-
schen dem berichtenden Medium und dem Medium, über das berichtet wird,
jeweils konkret besteht. Der Komplexitätsgrad der Analyse, der durch die Integ-
ration dieses Distanz-Modells ohne Frage über das Übliche steigt, hat sich be-
zahlt gemacht. Nur so war Nicola Pointner überhaupt in der Lage, anders als
Vorgängerstudien wirklich detaillierte Unterschiede und hoch interessante Be-
sonderheiten in der Berichterstattung von Medien über Medien aufzudecken. So
kann sie auf überzeugende Weise belegen, dass bei der publizistischen Darstel-
lung von Medienunternehmen in Medien ökonomische, durch das jeweilige nahe
oder weite Konkurrenzverhältnis bestimmte Aspekte die konkrete Thematisie-
rung determinieren. Mit der Arbeit von Nicola Pointner konnte zum ersten Mal
nachgewiesen werden, dass sowohl Form als auch inhaltliche Gestaltung von
Medienberichterstattung über Medienunternehmen durch ökonomische Rahmen-
bedingungen beeinflusst werden. Die vorliegende Untersuchung ist weitaus de-
taillierter als alle bisherigen Vorgängerstudien zur Quantität und Qualität von
Medienberichterstattung über Medienunternehmen – nicht nur, weil sie dem
spezifischen Erkenntnisinteresse mit einer Längsschnittuntersuchung nachgeht
und so auch Entwicklungen und Veränderungen aufzeigen kann. Diese Arbeit
wird sicherlich zu einem Referenzwerk für weitere Forschung auf diesem Gebiet.
Romy Fröhlich
München, 19. Oktober 2009
Dank
Anlass dieser Studie ist meine Dissertation an der Ludwig-Maximilians-
Universität München am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Romy Fröhlich am Institut
für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung. Dieses Projekt hätte ich
nicht ohne die Unterstützung lieber und mir sehr wichtiger Menschen abschlie-
ßen können, denen ich dafür von Herzen danken möchte.
Voranstellen möchte ich Frau Prof. Dr. Romy Fröhlich, die mir als Betreue-
rin meiner Dissertation mit Anregungen, Verbesserungsvorschlägen und tiefge-
hend reflektierenden Diskussionen sehr geholfen hat. Die klaren und offenen
Feedbacks wusste ich sehr zu schätzen. Außerdem hat sie mir großen Freiraum
gelassen, meine Gedanken und Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Vielen
Dank für das in mich gesetzte Vertrauen! Ebenso gilt mein Dank Herrn Prof. Dr.
Wolfram Peiser, der die Zweitkorrektur meiner Arbeit, ohne zu zögern, über-
nommen hat.
Ganz bewusst möchte ich auch meiner Familie danken: Meinem Vater, der
mir die Promotion durch seine finanzielle Unterstützung ermöglicht und mir mit
stundenlanger Kopierarbeit geholfen hat. Dank auch an meinen Bruder Timo, der
mich ermutigt hat, den „Promotionsweg“ überhaupt zu beschreiten. Ein Danke-
schön auch an meinen Freund Michael, der in den drei sehr arbeitsintensiven
Jahren viel Geduld und großes Verständnis für mich aufgebracht hat.
Widmen möchte ich dieses Buch meiner Mutter. Ihr gilt mein besonders
herzlicher Dank. Sie war es, die mir stets starken Halt gegeben und mich in allen
Arbeits- und Lebenslagen mit ihrer ganzen Kraft und Liebe begleitet und unter-
stützt hat.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis …………………………………………………...…… 15
Tabellenverzeichnis ………..…………………………...……………………. 16
Einleitung ……………….……………………………………………………. 17
Kapitel 1: Theorie
1 Die Ökonomisierung der Medienbranche ................................................27
1.1 ´Ökonomisierung der Medien` - was ist das? .................................27
1.2 Chancen und Risiken der Ökonomisierung der Medien .................28
1.2.1 Wirtschaftswissenschaftliche Betrachtungsweise .................29
1.2.2 Kommunikationswissenschaftliche Betrachtungsweise ........31
1.2.3 Politökonomische Betrachtungsweise ...................................32
1.3 Die ökonomischen Rahmenentwicklungen als Bedingung
und Folge der Ökonomisierung ....................................................34
1.3.1 Technisierung als Voraussetzung für eine zunehmende
Ökonomisierung ...................................................................35
1.3.2 Ökonomisierung als Ergebnis staatlicher
Regulierungspolitik................................................................36
1.3.3 Medienkonzentration als Folge der Ökonomisierung ...........36
1.3.4 Globalisierung und Internationalisierung als Bedingung
und Folge der Ökonomisierung ............................................39
2 Die Medienbranche im Wandel ................................................................41
2.1 Der Rundfunkmarkt ........................................................................43
2.1.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 ............................45
2.1.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997......46
2.1.3 Medienboom von 1998 bis 2000 ...........................................47
2.1.4 Medienkrise von 2001 bis 2003.............................................48
2.1.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 .............................49
10 1 Die Ökonomisierung der MedienbraInnhchalet
2.2 Der Printmedienmarkt ....................................................................49
2.2.1 Konsolidierungsphase von 1992 bis 1994 .............................51
2.2.2 Wachstums- und Orientierungsphase von 1995 bis 1997......52
2.2.3 Medienboom von 1998 bis 2000 ...........................................53
2.2.4 Medienkrise von 2001 bis 2003 ............................................54
2.2.5 Konsolidierungsphase von 2004 bis 2006 .............................56
3 Medienberichterstattung über Medienunternehmen .................................59
3.1 Definitorische Einordnung ..............................................................59
3.1.1 ´Medien` und ´Medienunternehmen` ....................................60
3.1.2 ´Medienberichterstattung über Medienunternehmen` ...........61
3.1.3 Medienberichterstattung unter ökonom. Gesichtspunkten ....62
3.2 Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen ....64
3.2.1 Berichterstattung über Medienunternehmen als
Medienkritik ..........................................................................65
3.2.2 Berichterstattung über Medienunternehmen als Wirtschafts-
und Unternehmensberichterstattung .....................................66
3.3 Besonderheiten der Berichterstattung über Medienunternehmen ...69
3.3.1 Probleme der Ressortzuteilung ..............................................69
3.3.2 Themenfelder und Themenselektion .....................................71
3.3.3 Die Bedeutung der Qualitätskriterien Glaubwürdigkeit,
Objektivität, Verständlichkeit und Sachlichkeit ....................73
3.3.4 Recherchequellen ..................................................................76
3.3.5 Darstellungsformen ...............................................................78
3.3.6 visuelle Gestaltungsmittel .....................................................80
3.3.7 Personalisierung ....................................................................82
3.3.8 Wertungen .............................................................................83
3.4 Distanzverhältnisse bei der Medienberichterstattung .....................85
3.4.1 Das weite Distanzverhältnis ..................................................86
3.4.2 Das enge Distanzverhältnis ...................................................87
3.4.3 Relevanz des Distanz-Modells ..............................................89
4 Ökonomie und Organisation der Medien .................................................93
4.1 Organisationsformen und Entscheidungsstrukturen .......................95
4.1.1 Das Verhältnis von Verlag und Redaktion ............................96
4.1.2 Organisatorische Einflussfaktoren ........................................97
4.1.3 Möglichkeiten der Zusammenarbeit ......................................99
4.1.3.1 Zusammenarbeit von Redaktion und Verlag ............99
4.1.3.2 Unternehmens- und medienübergreifende
Kooperationsformen ...............................................101
1In.1h a´lÖt konomisierung der Medien` - was ist das? 11
4.2 Ökonomische Interessen und das Problem der ´inneren
Pressefreiheit`................................................................................102
5 Ökonomisches Handeln und publizistischer Anspruch ..........................105
5.1 Funktionen des Medienjournalismus ............................................106
5.1.1 Information und Aufklärung ...............................................106
5.1.2 Kritik- und Kontrollfunktion ...............................................108
5.1.3 Orientierungshilfe und Serviceleistung ...............................110
5.1.4 Identitätsbestimmung und –bestätigung ..............................110
5.2 Funktionen des Medienjournalismus versus ökonom. Interessen..112
6 Heikle Formen der Medienberichterstattung über Medienunternehmen.117
6.1 Der ´blinde Fleck` in der Medienberichterstattung .......................118
6.2 Berichterstattung über Medien als Kampfmittel der Verlage .......120
6.2.1 Nestbeschmutzung und Konkurrenzbeschimpfung .............121
6.2.2 Positive Selbstdarstellung als Vermarktungsstrategie .........123
6.2.3 Synergetische Berichterstattung ..........................................128
6.3 Medienberichterstattung aus Loyalitätshaltung ............................130
7 Herleitung der Forschungsfragen ...........................................................133
Kapitel 2: Methode
1 Begründung der Methodenwahl .............................................................149
2 Untersuchungsmaterial ...........................................................................151
3 Untersuchungszeitraum ..........................................................................157
4 Kategorienbeschreibung .........................................................................159
4.1 Erhebung der Thematisierungshäufigkeit .....................................162
4.2 Erhebung der Aufmerksamkeitsgenerierung ................................163
4.3 Erhebung der ökonomischen Rahmenfaktoren .............................165
4.4 Erhebung der Selektion der Beiträge ............................................168
4.5 Erhebung der Komplexität, Verständlichkeit und Transparenz
der Berichterstattung .....................................................................171
4.5.1 Komplexität der Darstellung ...............................................171
4.5.2 Transparenz bei der Darstellung ..........................................173
12 1 Die Ökonomisierung der MedienbrIannhcahlet
4.6 Erhebung der Faktizität .................................................................176
4.7 Erhebung der Charakterisierung von
Medienunternehmen ......................................................................177
4.7.1 Charakterisierung durch den Journalisten ...........................178
4.7.2 Charakterisierung durch den Aussageträger ........................179
4.7.3 Charakterisierung durch das sekundäre
Berichterstattungsobjekt ......................................................180
4.7.4 Personalisierung als Charakterisierung ...............................181
4.8 Erhebung der Wertungen ..............................................................183
5 Überprüfung des Messinstruments .........................................................187
Kapitel 3: Empirie
1 Thematisierungshäufigkeiten .................................................................191
1.1 Häufigkeitsverteilungen ................................................................191
1.1.1 Häufigkeitsverteilung in den wirtschaftlichen Phasen ........191
1.1.2 Häufigkeitsverteilung der medialen Ebenen .......................196
1.1.3 Häufigkeitsverteilung der Beobachtungsformen .................199
1.2 Das Berichterstattungsobjekt ........................................................204
1.3 Themenwahl .................................................................................207
1.4 Zwischenfazit: Thematisierungshäufigkeiten ...............................215
2 Generierung von Aufmerksamkeit .........................................................219
2.1 Aufmerksamkeitsgenerierung durch die Größe des Beitrages ......219
2.1.1 Umfang des Artikels ...........................................................220
2.1.2 Umfang der Überschrift ......................................................223
2.1.3 Illustrationen und Grafiken .................................................225
2.2 Ressortverteilung der Artikel ........................................................226
2.3 Aufmerksamkeitsgrad: Medienprodukte ......................................231
2.4 Zwischenfazit: Aufmerksamkeitsgrad ..........................................232
3 Ökonomische Rahmenfaktoren in der Berichterstattung ........................235
3.1 Häufigkeitsverteilung der Elemente .............................................235
3.2 Komplexität der Elemente und externe, interne und
betriebswirtschaftliche Dimensionen ...........................................239
3.2.1 Komplexität der Elemente ...................................................239
3.2.2 Externe, interne, betriebswirtschaftliche Dimension ...........240