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62 ArachnologischeMitteilungen42 (2011) Diversa
DieGroße Höhlenspinne,Metamenardi(Araneae:Tetragnathidae),SpinnedesJahres2012
The largecavespider,Metamenardi(Araneae:Tetragnathidae),spideroftheyear201
doi:10.5431/aramit4214
2012gabesinBezugaufdie SpinnedesJahresgleich
in mehrfacher Hinsicht eine Premiere: eine neue
Spinnenfamilie (Tetragnathidae - Streckerspinnen),
ein neuer Lebensraum (Höhle) und ein „gemein-
sames“ Jahres-Tier (gleichzeitig das Höhlentier
des Jahres). Aber alles der Reihe nach, zuerst die
KurzvorstellungderSpinnedesJahres:Metamenardi
(Latreille, 1804), die Große Höhlenspinne.
DieGroßeHöhlenspinneisteinevon955bekannten
Streckerspinnenweltweit, in Europa kennt man 29,
inMitteleuropa 19Arten (BLICKetal.2004,HELS-
DINGEN 2011, PLATNICK2011).
DieHöhlenspinneMetamenardiistgeographischweit
verbreitet. Sie besiedelt unterirdische Hohlräume in
der gesamten Paläarktis mit Ausnahme von Japan.
In Mitteleuropa findet man die Spinne zumeist im
Bergland,besonders häufig in großen Karstgebieten
wie der Fränkischen oder der SchwäbischenAlb.
Die Spinne lebt in unterirdischen Höhlen, Kel-
lern, BergwerksStollen und im Inneren von Block-
halden mit mittlerer Feuchtigkeit, bei konstanten
Temperaturen ab 7°C. Gemieden werden Höhlen
mit zu großer Feuchtigkeit und zu hoher Zugluft
&
(Eckert Moritz 1992, Hänggi et al. 1995). MetamenardimitEikokon
Metamenardiwitheggsac ©H.Bellmann
Die Körperlänge der adulten Höhlenspinne Meta Neben diesen auffälligen Arten gibt es in unterir-
menardibeträgtbeimMännchen 11 bis 13 mm,beim dischen Hohlräumen noch eine Vielzahl weiterer
Weibchen 14bis 17 mm. Die Färbungistinsgesamt Spinnenarten, von denen ein nicht unerheblicher
meist ziemlich dunkel, Vorderkörper rötlichbraun, Teil Anpassungen an das Höhlenleben zeigt. Diese
Hinterkörper hell- oder dunkelbraun, jeweils mit Spinnen sind, mit Ausnahme von M. bourneti (s.
schwarzen Zeichnungen, oft sind zwei große Punk- oben),zumeist deutlich kleinerals dievorgenannten
te deutlich zu erkennen. Die Beine sind braun und ArtenunddahernichtmitderSpinnedesJahres2012
schwarz geringelt (HEIMER & NENTWIG 1991, zuverwechseln.
Bellmann 2006, Nentwig et al. 2011).
Verwechslungsgefahr besteht unter Umständen Die Paarungvon M. menardi findet meist im Früh-
mit Metellina merianae (Scopoli, 1763), der Kleinen sommer statt. Das Weibchen baut dann ab Mitte
Höhlenspinne. Diese ist etwas kleiner und die Fär- JulibisAnfangAugusteinenetwa2bis 3 cmgroßen
bungwirktehergräulich.Dafürbautsiedeutlichgrö- Kokon, der an einem Fadenstrang aufgehängtwird.
ßereNetze (mitmehrSpeichenundFangfäden) und Der Kokon umhüllt die ca. 200 bis 300 Eier, die das
istdadurchinderLage,verstärktfliegendeInsektenin Weibchen bis zu seinem Tod noch 2 bis 3 Monate
ihreNahrungmiteinzubinden(ECKERT&cMORITZ bewacht. Gegen EndeAugustzerfallen die Eiballen
1992,NOVAKetal.2010).MetabournetiSimon,1922 und die Jungspinnen sind dann von außen durch
isthingegengenauso großwieM. menardiund auch den Kokon als kleine schwarze Punkte sichtbar. Der
ähnlichgefärbt,istabernurvereinzeltausRheinland- Kokon wird von denJungspinnen erst im Frühjahr
Pfalzbekannt (STAUDT2011). desFolgejahresverlassen.DerNachwuchsbegibtsich
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danachzumHöhlenausgang,womanihneinigeTage Arten in unterirdischen Lebensräumenzu erhalten.
bisWochenantreffenkann.EinTeilderJungspinnen
wandertvonhierinandere Höhlenab,dierestlichen Ein großes Dankeschön an die „Spinnen-Jury“, die
Spinnen verbleiben in der Herkunftshöhle. Damit sich aus 84ArachnologinnenundArachnologen aus
werdendieAusbreitungundderFortbestandderArt 24Ländern(Albanien,Belgien,Bulgarien,Dänemark,
gesichert. Die Große Höhlenspinne Meta menardi Deutschland,Finnland,Frankreich,Großbritannien,
erreicht ein Alter von 2 bis 3 Jahren, anders als die Irland, Italien, Liechtenstein, Niederlande, Norwe-
meisteneinheimischenSpinnen,dienureinJahrleben gen,Österreich,Polen,Portugal,Schweden,Schweiz,
(Bellmann 2006). Serbien,Slowakei,Slowenien,Spanien,Tschechische
Das 20 bis 30 cm große Netz der Höhlenspinne Republik,Ungarn) zusammensetzt.
Um
ist als starkrudimentär anzusehen (Radnetz mit of- die Öffentlichkeit zu informieren, braucht
fenerNabe) undwirdseltenzumBeutefanggenutzt. es aber noch mehr. Daher ein Danke an unsere
MetamenardihältsichüberwiegendinderNähe der Übersetzer (die die richtige Sprache sprechen), an
Höhlenwandauf,wosieAsseln,Käfer,Tausendfüßer, die Betreuer der Internetseiten, Frank Lepper bzw.
überwinterndeSchmetterlingeundandereKleintiere Samuel Zschokke (für die tolle Aufbereitung der
erbeutet, nicht selten auch Schnecken (PÖTZSCH Informationen), an alle, die Fotos zur Verfügung
&
1966,NYFFELER SYMONDSON 2001, Smithers stellen,und nichtzuletzt anAloysius Staudt, derdie
2005). Oft werden diese an kleinen Fäden im Netz Fundmeldungen der Spinnen (allerJahre!) fortwäh-
aufgehängt. DiesesJagdverhaltenohneVerwendung rend in seine Verbreitungskarten einbaut.
des ursprünglich zum Beutefang gedachten Netzes
kann durchaus als verhaltensmäßige genetische WarumMetamenardi?
Anpassung an das Höhlenleben angesehen werden DerWahl ist heuer eine Anfrage des Verbandes der
&
(Eckert Moritz 1992). deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V., der seit
2009einHöhlentierdesJahreswählt,vorangegangen.
Die Große Höhlenspinne Meta menardi (auch DieserhattedieIdee,dasHöhlentierunddie Spinne
Höhlenkreuzspinne genannt, obwohl sie nicht wie des Jahres zu kombinieren. Diesen Vorschlag griff
die Kreuzspinnen zur Familie der Radnetzspinnen, auch eine überwältigende Mehrheit der Spinnen-
sondernzudenStrecker-oderKieferspinnengehört) forscher auf. Warum: Meta menardi ist in Höhlen
ist auf Grund ihrer Größe eine der auffälligsten durchaus häufig, die Kokons sind sehr auffällig,
HöhlenbewohnerinunserenBreiten.DieTiereleben Höhlen sind spezielle schützenswerte Lebensräume
ganzjährig in Naturhöhlen, Bergwerksstollen und und aucheinenVertreterder Streckerspinnengab es
Felsenkellern.DieseTatsacheführtedazu,dass diese bisher noch nicht.
Spinnenartauchzum„Höhlentier2012“gewähltwur-
de.DieSpinnestehtfüreinegroßeZahlanTierarten, HaltenSiebeimnächstenBesucheinerHöhledieAu-
die aufgeschützteundfrostfreie Rückzugsorteunter gen offen: die Große Höhlenspinne ist nichtweit!
Tage angewiesen sind. Der Verband der deutschen
Höhlen- und Karstforscher e.V. will mit der Wahl UnterstützendeGesellschaften
des Höhlentieres daraufhinweisen, dass gerade bei • Arachnologische Gesellschaft, AraGes. http://www.
derErforschungderunterirdischenÖkosystemeund arages.de
der darin vorkommenden Arten noch ein enormer • BelgischeArachnologischeVereniging/SocieteArachno-
logiquedeBelgique,ARABEL.http://www.arabel.ugent.
Handlungsbedarf besteht (vgl. auch http://www.
be
hoehlentier.de).
• The British Arachnological Society, BAS. http://www.
Gleichzeitig mit der Wahl zum Höhlentier des
britishspiders.org.uk
Jahres wurde die Höhlenspinne Meta menardi auch • EuropeanInvertebrate Survey-Nederland, Section SPI-
zur„Europäischen Spinne desJahres2012“ gewählt. NED.http://science.naturalis.nl/research/people/cv/eis/
Dies verdeutlicht die gute Zusammenarbeit zwi- helsdingen/spinnen
schen den Höhlenbiologen und den Spezialisten • European Society ofArachnology, ESA. http://www.
für die in Höhlen lebenden Artengruppen. Die european-arachnology.org
Spinnenforscher (Arachnologen) sind dabei aufdie • Grupo Iberico de Auacnologia, GIA - Sociedad Ento-
Ortskenntnisse und Techniken der Höhlenforscher molögica Aragonesa, SEA. http://gia.sea-entomologia.
(Speläologen) angewiesen, um Erkenntnisse zu den org
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des ZittauerGebirges.-MitteilungenausdemZoolo- Naturforschung,AbteilungEntomologieIII,Projekt
gischen Museum Berlin 68: 345-350 - doi: 10.1002/ HessischeNaturwaldreservate, Senckenberganlage25,
mmnz.1992068021 D-60325 FrankfurtamMain,Deutschland,E-Mail:
HÄNGGIA.,E.Stöckli&W.NenTWIG(1995):Lebens- [email protected]
räume mitteleuropäischer Spinnen. Charakterisierung
derLebensräume derhäufigsten SpinnenartenMittel- Stefan ZAENKER,LandesverbandfürHöhlen-
europas und der mit diesen vergesellschafteten Arten. und KarstforschungHessene.V.,E-Mail: Stefan.
-MiscellaneaFaunisticaHelvetiae4: 1-459 [email protected]
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pas.PaulParey,Berlin,Hamburg.543 S.