Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 1707
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
vom Landesamt für Forschung, Düsseldorf
Prof Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Walther Wegener
Dipl.-Ing. Burkhard Wulfhorst
Institut für Textiltechnik der Rhein.-Westf Techn. Hochschule Aachen
Der Einfluß verschiedener Liefergeschwindigkeiten
an der Ringspinnmaschine
auf die Laufeigenschaften und das
Ungleichmäßigkeitsverhalten von Garnen
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Verlags-Nr.011707
© 1966 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladcn 1966
ISBN 978-3-663-06038-3 ISBN 978-3-663-06951-5 (eBook)
DOl 10.1007/978-3-663-06951-5
Inhalt
1. Einleitung ..................................................... . 7
2. Einflüsse auf die Laufeigenschaften und die Garneigenschaften ........ . 9
2.1 Fasereigenschaften ....................................... . 9
2.2 Vorgarnu ngleichmäßigkeit ................................ . 10
2.3 Orientierung der Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11
2.4 Vorgarn drehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 14
2.5 Verzug an der Ringspinnmaschine .......................... 14
2.6 Streckwerkfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 15
2.7 Elektrostatische Aufladung ................................ 16
3. Einfluß verschiedener Lieferungen auf die Laufeigenschaften . . . . . . . . .. 17
3.1 Allgemeine Grundlagen zur Fadenbruchzählung .............. 17
3.1.1 Theoretische Grundlagen . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17
3.1.2 Berechnung von Fadenbruchanzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.1.3 Multimomentstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22
3.2 Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23
3.2.1 Versuchsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23
3.2.2 Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29
3.2.2.1 Fadenbruchanzahl je Spinnzeit in Abhängigkeit von der Spindel-
drehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29
3.2.2.2 Fadenbruchanzahl je Garnlänge in Abhängigkeit von der Spindel-
drehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.2.3 Fadenbruchanzahl in Abhängigkeit von der zunehmenden Cop
größe während eines Abzuges bei verschiedenen Spindeldrehzahlen 35
3.2.2.4 Fadenbruchanzahl in Abhängigkeit von der Aufnahmezeit bei
verschiedenen Spindeldrehzahlen ........................... 36
4. Einfluß verschiedener Lieferungen auf die Garneigenschaften . . . . . . . . .. 39
4.1 Ungleichmäßigkeit der Masse .............................. 39
4.2 Garndrehung ............................................ 42
4.3 Reißkraft und Reiß dehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43
4.4 Perioden und Verzugswellen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49
5
5. Maßnahmen zur Verbesserung der Laufeigenschaften ................. 52
5.1 Spinnregler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52
5.2 Spinnen mit Spindelaufsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53
5.3 Spinnen mit Einengungsringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
6. Zusammenfassung............................................... 56
7. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59
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1. Einleitung
Es wird heute in der Baumwollspinnerei angestrebt, den Materialfluß durch Auto
matisierungsmaßnahmen so weitgehend wie möglich kontinuierlich zu gestalten
und eine hohe Materialgeschwindigkeit an den einzelnen Maschinen zu erreichen.
In der Automatisierung wurden bereits wesentliche Fortschritte erzielt. WEGENER
[1] und PEUKER [1] berichteten eingehend darüber. Sie wiesen unter anderem nach,
daß sich nach dem flyerlosen Spinnverfahren (Faserband-Spinnverfahren) unter
bestimmten Bedingungen ebenso gute Garne mittlerer Garnnummer [Nm 40
(25 tex)] herstellen lassen wie nach dem konventionellen Dreizylinder-Spinn
verfahren.
Die Erhöhung der Liefergeschwindigkeit gelang insbesondere an der Karde und
an den Strecken. An der Ringspinnmaschine bedingt sie eine Vergrößerung der
Spindeldrehzahl. Eine steigende Lieferung* verursacht jedoch eine zunehmende
mittlere Fadenzugkraft und eine wachsende Geschwindigkeit der Fasern während
des Verzuges. Dies kann sich auf die Laufeigenschaften und auf die Garneigen
schaften nachteilig auswirken. Aus diesem Grunde und wegen der begrenzten
Läufergeschwindigkeit kann die Lieferung an der Ringspinnmaschine nicht
beliebig erhöht werden. Hinzu kommt noch, daß Fadenbrüche bei außergewöhn
lich hohen Lieferungen schwierig zu beseitigen sind, da der ungedrehte Faden
vom Streckwerk mit sehr hoher Geschwindigkeit nachgeliefert würde und dann
nicht immer von der pneumatischen Anlage aufgefangen werden kann. Außerdem
bereitet das manuelle Anlegen bei hohen Lieferungen Schwierigkeiten. Die Frage,
in welchem Maße eine Steigerung der Lieferung die Laufeigenschaften und die
Garneigenschaften beeinflußt, veranlaßte die Verfasser zu der vorliegenden
Untersuchung.
Es wurden drei Baumwollgarne unterschiedlicher Garnnummer hergestellt. Beim
Spinnen jedes der drei Garne wurde die Spindeldrehzahl variiert. Während des
Spinnens erfolgte eine umfangreiche Fadenbruchzählung. Diesbezügliche Ver
suchsergebnisse geben nicht nur Aufschluß über den Einfluß der Lieferung auf
die Fadenbruchanzahl, sondern auch über die Abhängigkeit der Fadenbruch
anzahlen von der zunehmenden Copgröße innerhalb eines Abzuges. Darüber
hinaus wurden Fadenbruchzählungen mit unterschiedlichen Aufnahmezeiten
vorgenommen.
Zwei der mit unterschiedlichen Spindeldrehzahlen gesponnenen Garne wurden
geprüft. Und zwar wurden dabei das Garngewicht, die Garndrehung, die Reiß-
*
In dem vorliegenden Versuchsbericht wird der in der Textilindustrie allgemein
benutzte Begriff »Lieferung« verwendet. Allen Berechnungen liegt jedoch die Auf
windegeschwindigkeit zugrunde.
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kraft und die Reiß dehnung sowie die Periodogramme ermittelt. Bei den Garn
merkmalen wurden aus den Einzelwerten das arithmetische Mittel und als Maß
für die Schwankungen der Merkmals-Einzelwerte der Variationskoeffizient
berechnet [DIN 53804, Auswertung der Meßergebnisse].
Außer der Lieferung gibt es noch andere Einflüsse auf die Laufeigenschaften und
auf die Garneigenschaften. Einige werden in dem nachstehenden Abschnitt 2
behandelt. Diese Ausführungen sollen dem Spinner allgemeine Hinweise hinsicht
lich der Beeinflussung der Laufeigenschaften und der Garneigenschaften geben.
Das gleiche gilt für den am Schluß dieser Arbeit behandelten Abschnitt 6. Es sind
darin einige Vorschläge in bezug auf die Verbesserung der Laufeigenschaften
zu finden.
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2. Einflüsse auf die Laufeigenschaften und die Garneigenschaften
Die Laufeigenschaften einer Ringspinnmaschine lassen sich durch das Faden
bruchverhalten charakterisieren. Es gibt viele Faktoren, die sich auf die Faden
bruchhäufigkeit auswirken. Einige sind beeinflußbar, andere dagegen nicht. In
diesem Abschnitt werden einige dieser Faktoren besprochen. Es wird angegeben,
wie sie die Laufeigenschaften gestalten und ob diese gegebenenfalls mit Hilfe
entsprechender Maßnahmen verbessert werden können. Weiter wird die Frage
diskutiert, in welcher Weise diese Faktoren auch die Garneigenschaften mit
bestimmen.
2.1 Fasereigenschaften
Die Nummer, der Stapel, die Kräuselung und die Festigkeitsunterschiede der
Fasern beeinflussen die Ungleichmäßigkeit eines Garnes und seine Ausspinn
grenze. Diese Grenze wird unter anderem dann überschritten, wenn das Anwach
sen der Fadenbrüche ein wirtschaftliches Spinnen nicht mehr gewährleistet.
WATERS [2,3,4] und Mitarbeiter untersuchten den Einfluß der Fasereigenschaften
und der Spinnbedingungen auf die Verspinnbarkeit (spinning performance) und
auf einzelne Garneigenschaften wie beispielsweise die Garnungleichmäßigkeit
und die Garnfestigkeit. Sie wählten für ihre Versuche unterschiedliche Baumwoli
qualitäten und veränderten die Lieferung sowie die Garndrehung. Ein hoher
Kurzfaseranteil wirkt sich unter anderem auf die Fadenbrüche und damit auf die
Verspinnbarkeit nachteilig aus. Deshalb sollte der Spinner beim Einkauf der
Baumwolle den Kurzfaseranteil besonders beachten. Im Zusammenhang hiermit
sei erwähnt, daß WEGENER bei seinem Besuch des U S Department of Agriculture
in New Orleans im Jahre 1965 durch FroRI auf eine dort durchgeführte Entwick
lung hingewiesen wurde, mit der es möglich sein soll, die schädlichen Prozente
des Kurzfaseranteiles auf elektrostatischem Wege aus der Baumwolle zu entfernen.
Je länger und feiner die Baumwollfasern sind, desto höher sind die metrischen
Nummern der Garne, die sich daraus herstellen lassen. Eine steigende Faser
festigkeit bewirkt bei einer höheren Garndrehung auch eine größere Garn
festigkeit.
Für das Verspinnen von Zellwolle stellten WATERS [4] und PHILLIPS [4] fest, daß
- falls vergleichbare Faserabmessungen vorliegen - die metrische Garnnummer
des gerade noch ausspinnbaren Baumwollgarnes höher liegt als die eines Zell
wollgarnes. Zwischen diesen beiden Grenznummern liegt die von Mischgarnen
aus Baumwolle/Zellwolle dem Verhältnis entsprechend, mit dem die beiden
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Komponenten in der Mischung enthalten sind. ASHToN [5] untersuchte die Garn
festigkeit von Mischgarnen und stellte insbesondere eine starke Abnahme der
Naßfestigkeit bei zunehmendem Zellwollanteil fest. Die Faserlängenverteilung
beeinflußt die Garnungleichmäßigkeit sehr wesentlich. Ein hoher Variations
koeffizient der Faserlängenverteilung hat ein ungleichmäßigeres Garn zur
Folge [6].
2.2 Vorgarnungleichmäßigkeit
Eine hohe Ungleichmäßigkeit des Vorgarnes beeinflußt die Laufeigenschaften
des Garnes an der Ringspinnmaschine und die Ungleichmäßigkeit des fein
gesponnenen Garnes nachteilig. Sie läßt sich durch die Anzahl der Dublierungen
verändern. WEGENER [7] und PEUKER [7] sowie WEGENER [8] berichteten ein
gehend über den Einfluß der Dublierungen und des Verzuges auf die Ungleich
mäßigkeit des Faserverbandes. Es soll an dieser Stelle zunächst der Einfluß der
Dublierungen herausgestellt werden. Unter der Voraussetzung, daß nicht ver
zogen wird, verringert sich die ursprünglich vorhandene Ungleichmäßigkeit
entsprechend dem Gesetz:
(1 )
Hierin bedeuten:
Sc
die Standardabweichung der Metergewichte des dublierten unverzogenen
Bandes
IJG die Standardabweichung der Metergewichte der vorgelegten Bänder
D die Anzahl der Dublierungen
Die prozentuale Verbesserung PD der Ungleichmäßigkeit [7] ist
PD = (1 _ ,/ 1 ). 100 [%], (2)
V Dges
wobei D die gesamte Dublierung eines Faserverbandes während des Spinnens
ges
ist. Die prozentuale Verbesserung der Ungleichmäßigkeit PD verläuft in Ab
hängigkeit von der Anzahl der Dublierungen degressiv. Dies bedeutet, daß die
ersten Dublierungen in bezug auf die Verringerung der ursprünglich, d. h. vor
der Stelle der ersten Dublierungen vorliegenden Ungleichmäßigkeit wirksamer
sind als die nachfolgenden.
Der Faserverband wird während des Spinnens allerdings nicht nur dubliert,
sondern auchverzogen. Dadurch tritt selbst bei idealen Verzugsbedingungen eine
Ungleichmäßigkeitskomponente 0 auf, die durch den Verzug, die Dublierung
und durch die Zufalls verteilung der Fasern bedingt ist. Darüber hinaus wird
durch Streckwerksfehler noch eine Ungleichmäßigkeit R verursacht. Demnach
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gilt für die nach dem Verzug vorhandene Ungleichmäßigkeit allgemein [7]:
(2a)
Es bedeuten:
YA die Ungleichmäßigkeit des Faserverbandes am Ausgang der Streckpassage
YE die Ungleichmäßigkeit des Faserverbandes am Eingang der Streckpassage
D die Anzahl der Dublierungen
WEGENER [9] und FRIEBEL [9] wiesen im Jahre 1951 in einer Kammgarnspinnerei
auf einer Doppelnadelstabstrecke nach, daß die Ungleichmäßigkeit bei Strecken
bändern aus Zellwolle infolge des Dublierens und Streckens optimale Werte
erreicht, wenn 5- bis 6fache Dublierungen und 5- bis 6fache Yerzüge an der
Strecke angewandt werden.
2.3 Orientierung der Fasern
Die Fasern haben nach dem Öffnungs- und nach dem Kardierungsprozeß vor
wiegend eine gekrümmte Form. Es werden dabei verschiedene Faserformen
unterschieden [10-13]:
1. Schlepphaken-Fasern: Das hintere Faserende ist gekrümmt
2. Leithaken-Fasern: Das vordere Faserende ist gekrümmt
3. Doppelhaken-Fasern: Beide Faserenden haben je einen Haken
4. Verwirrte Fasern
5. Hakenfreie Fasern
MARTINDALE [14] wies bereits im Jahre 1947 darauf hin, daß bei einem aus der
Karde austretenden Band die Schlepphaken an den mit Haken behafteten Fasern
überwiegen. Nach grundlegenden Untersuchungen, die von WEGENER [1] und
PEUKER [1] zusammenfassend dargestellt wurden, besitzen etwa 40-60% der
Fasern im Kardenband Schlepphaken. Etwa 10-20% der Fasern haben Leithaken;
die Anzahl der Doppelhaken ist etwa ebenso groß. Nur 14-19% sind hakenfrei.
Die Haken entstehen vorzugsweise auf der Karde. Es gibt über das Entstehen der
Haken verschiedene Hypothesen. Es ist unter anderem Aufgabe der nach der
Karde folgenden Passagen, die Hakenfasern geradezurichten und dabei auch den
Orientierungsgrad der Fasern zu verbessern.
Der Orientierungsgrad 0 ist wie folgt definiert:
0= /pk . 100 [%] (3)
/
Hierin bedeuten:
/pk die Projektion der gekrümmten Faser auf die Faserverbandachse
I die Länge der vollkommen gestreckten und parallelisierten Faser
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