Blind vor Angst

534 Pages·2014·1.13 MB·German

by  Lösel Doris

Blind vor Angst

von

Doris Lösel
Herausgeber: Doris Lösel

© Doris Lösel 2014
Die Figuren dieser Geschichte sind
ein Produkt meiner Phantasie
und als solches
mein geistiges Eigentum

Jede Ähnlichkeit mit
lebenden oder verstorbenen
Personen
wäre rein zufällig und vom
Autor unbeabsichtigt

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© Cover: Doris Lösel

Covergestaltung
mit Fotolia
Prolog

„Mommy? Daddy?“
Auf Zehenspitzen tapste das kleine Mädchen aus
dem Kinderzimmer.
Eigentlich war es noch so schrecklich müde.
Draußen war es noch gar nicht richtig hell.
Aber die Geräusche, die aus dem
Elternschlafzimmer drangen, machten ihm Angst.
Es war nicht so wie sonst.
Ab und zu hatte das Kind schon Mommy kichern
gehört. Daddy hatte dann immer mit seiner tiefen
Stimme gelacht. Und dann war es lange Zeit
mucksmäuschenstill gewesen.
Doch die Laute, die heute zu dem Mädchen
drangen, klangen anders … gar nicht fröhlich …
Irgendetwas – ein winziges Stimmchen in seinem
Kopf - sagte ihm, dass es zurück in sein Bett gehen
sollte … dass das, was hier geschah, nicht für
seine Augen bestimmt war.
Aber die Neugierde - und nicht zuletzt die Angst
um die geliebten Eltern - war stärker.
Langsam, um keinen Krach zu machen, tapste es
Schritt für Schritt an der Wand entlang.
Die kalten Fliesen unter den nackten kleinen
Füßchen nahm es gar nicht richtig wahr.
Vorsichtig schob es seinen Kopf am Türrahmen
vorbei und blinzelte um die Ecke.
Warum saß Daddy denn auf einem Stuhl?
Sollte er nicht im Bett liegen? Bei Mommy?
Sie hatte ihre Arme doch nach ihm ausgestreckt,
oder etwa nicht?
Doch, ganz bestimmt hatte sie das.
Aber warum schlief sie denn schon?
Und wieso legte Daddy sich nicht endlich zu ihr
und saß immer noch auf dem dummen Stuhl?
Und wenn Daddy auf dem Stuhl saß, wer war dann
der Mann, der jetzt auf Mommy lag?

Die Szene veränderte sich blitzartig.
Der Mann stand so plötzlich vor dem Kind, dass es
sich keinen Millimeter vom Platz rühren konnte.
Warum sah er es so seltsam an?
Und was wollte er mit dem Messer?
Daddy wackelte an seinem Stuhl. Jetzt sah das
Kind die Fesseln und das Klebeband auf seinem
Mund.
Es musste Mommy und Daddy helfen … aber wie?
Was konnte es tun?
911 … ja, es musste nur schnell zum Telefon laufen
… schnell …
Doch da hatte der böse Mann es bereits geschnappt
und stellte es vor Daddy hin.
Daddy hatte Angst. Seine Augen waren weit
aufgerissen.
Der Mann hielt das Kind noch immer fest.
Es fühlte sich so falsch an, wie seine Hände immer
wieder durch seine Haare fuhren.
Dabei redete er mit Daddy … irgendetwas machte
Daddy verrückt. Ja, ganz bestimmt!
Daddy wackelte und zerrte an seinen Fesseln, aus
seinem Mund kamen Grunzlaute.
Und dann ging alles so schnell …