Table Of ContentGunther Wolff
Atmung
und Beatmung
Ein Leitfaden fUr Schwestem und Pfleger
Unter Mitarbeit von E. Gradel und H. Balmer
Unveranderter Nachdruck
der zweiten, neubearbeiteten Auflage
Mit 31 Abbildungen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg NewThrk 1983
Priv.-Doz. Dr. G. Wolff
Abteilung Klinische Physiologie, Klinik fiir Herz
und Thoraxchirurgie, Kantonsspital, CH-4031 Basel
Zweite Auflage 1978. Nachdruck 1988
ISBN-13: 978-3-540-09062-5 e-ISBN-13: 978-3-642-67106-7
DOl: 10.1007/978-3-642-67106-7
CIP·Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek. Wolff, Gunther Atmung und Beatmung: e. Leitf. flir
Schwestern u. Pfleger 1 G. Wolff. Unter Mitarb. von E. Gradel u. H. Balmer. -2., neubearb. Aufi. -Berhn,
Heidelberg, New York: Springer,1978.
Das Werk ist urhebenechtlich geschtitzt. Die dadurch begrundeten Rechte, msbesondere die der Ober·
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©bySpringer·VeriagBerlin Heidelberg 1975,1978
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zeichen· und Markenschutz..<Jesetzgebung aIs frei zu betrachten waren und daher von Jedemtann benutzt
werden duiften.
Satz· u. Bindearbeiten. G. Appl, Wemding, Druck. aprinta, Wemding
2119/3140·5432
Vorwort zur zweiten AuOage
In den letzten Jahren sind so segensreiche Neuerun
gen in der differenzierten Beatmungstechnik geschaf
fen worden, daB wir uns gliicklich schatzen, anHiBlich
der unverhofft friihen Neuauflage, dieses Biichlein in
haltlich erweitem zu konnen. Die Neuerungen (IMY,
mv und CPA P) konnen nur erfolgreich angewandt
werden, wenn der wache Patient und seine Beat
mungsmaschine als funktionelle Einheit begriffen
wird. Eine genauere Beschreibung der verschiedenen
Volumina der Lunge und eine detailliertere Schilde
rung des Zusammenspiels von aktiver Atmung des Pa
tienten und von mechanischer Arbeit der »sensiblen«
modemen Maschinen waren deshalb einzufiigen. Wir
glauben, daB auch diese Erweiterungen leicht ver
stiindlich sind und die sinnvolle Durchfiihrung einer
den wachen Patienten einbeziehenden Beatmung er
leichtern.
Dieselbe thematische Erweiterung erfuhr auch die
zweite Auflage des fiir Arzte, Studenten und theore
tisch interessierte Schwestem wie Pfleger geschriebe
nen Taschenbuches »Die kiinstliche Beatmung auf In
tensivstationen« (Kliniktaschenbiicher), Springer
Verlag 1977. Wiederum wurden die beiden Biicher
aufeinander abgestimmt, so daB sie sich erganzen.
Wir hoffen, daB das vorliegende Biichlein dazu beitra
gen wird, daB die neueren Beatmungsmethoden rasch
weite Verbreitung finden und moglichst viele Patien
ten ihre Maschine wahrend der Beatmung als helfen
den Partner erleben.
Basel, Oktober 1978 G.
WOLFF
v
Vorwort zur ersten Auflage
Die kiinstliche Beatmung auf Intensivpflegestationen
wird zwar von Arzten geplant und verordnet, aber von
Schwestem und Pflegem durchgefiihrt und iiber
wacht. Nur wer Sinn und Zweck der notwendigen
MaBnahme begriffen hat, wird genug Ausdauer und
Einfiihlung haben, urn einen beatmeten Patienten
ohne Schaden und schonend wieder zur Spontanat
mung zuriickzufiihren. Das vorliegende Buch solI die
sen Schwestern und Pflegem helfen, ihre Arbeit nicht
nur mit Herz, sondem auch mit Verstand zu tun. Wir
hoffen, daB das Buch Schwestem und Pflegern das
Selbststudium erleichtem wird und Arzten als Ausbil
dungsunterlage dienen kann.
Basel, 1975 G. WOLFF
VI
InhaItsverzeichDis
Einleitung ................. 1
1. Die Aufgabe von Kreislauf und Atmung 2
2. Die Beobachtung der Atmung 4
2.1 Die Atembewegungen 4
2.1.1 Flankenatmung .. 4
2.1.2 Bauchatmung ... 4
2.1.3 Atemhilfsmuskulatur 5
2.2 Atemnot und angestrengte Atmung 6
2.2.1 Die Atemnot ....... 6
2.2.2 »Die angestrengte Atmung« 6
2.3 Der Stridor 6
3. Der freie Atemweg . 8
3.1 Der Flimmerepitheltransport (oder: Die kontinuierliche
Reinigung der kleineren Luftwege) ............ 8
3.2 Das Aushusten (oder: Der schubweise Abtransport aus den
groBeren Luftwegen) 10
3.2.1 Der Hustenreflex ............... 10
3.2.2 Lungenvolumina ............... 10
3.2.3 Ausatmungskraft, Ausatmungswiderstand und
Sekundenkapazitat ........... 13
3.2.4 Der HustenstoB .. . . . . . . . . . . . 13
3.3 Unsere Hilfe bei ungeniigender Expektoration 14
3.3.1 Flimmerepithel und Sekrete 14
3.3.2 Vitalkapazitat . . . . 14
3.3.3 Der Bronchospasmus 16
3.4 Folgen der Intubation ... 16
4. Anatomische und physikalische Grundlagen der Atmung 18
4.1 Anatomie ................ 18
4.2 Der Diffusionstransport der Atemgase 20
4.3 Der Sauerstoffpartialdruck bei Inspiration . 20
4.4 Der Obergang von Ventilation zu Diffusion 21
5. Die Blutgasanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 23
5.1 Der Sauerstoff im Blut (Sauerstoffdruck, Sauerstoff-
sattigung und Sauerstoffgehalt) .......... 23
5.2 Die Kohlensaure im Blut (arterieller Kohlensaure-
partialdruck) . . . . . . . 27
5.3 Der Sauregrad des Blutes ... 28
<. • • • • • • • • •
VII
Inhaltsverzeichnis
5.4 Der »BaseniiberschuB« ............ . 28
5.5 Obersicht Blutgasanalysen ........... . 29
5.6 Obungsbeispiele von arteriellen Blutgasanalysen 30
5.7 Blutentnahme, Bluttransport und Blutgasanalyse 31
6. FunktioneUe Grundlagen der Atmung . . . . . . . . 32
6.1 Sauerstoffverbrauch (Wieviel Sauerstoff brauchen wir
pro Minute?) . . . . . . . 32
6.2 Die alveoliire Ventilation .............. . 32
6.3 Totraumventilation 33
6.4 Erhohter Stoffwechsel, erhohtes Atemminutenvolumen 34
6.5 Bestimmung des Totraumquotienten (VD/VT) 34
6.6 Totraumquotient und Atemminutenvolumen 35
6.7 Das Atemminutenvolumen ....... . 35
6.8 Sauerstoffaufnahme und Sauerstoffmangel 35
6.9 Hyperventilation und Hypoventilation 36
6.10 Der intrapulmonale Rechts-Links-Shunt 38
7. Die meclJanisclle Beatmung ..... 41
7.1 Druckbegrenzte Beatmung 43
7.2 Volumenkontrollierte Beatmung 44
7.3 Die differenzierte mechanische Beatmung 47
8. Atmung-Beatmung: Der ffie8ende Obergang 51
8.1 DieEinheit»PATIENT-MASCHINE« . 51
8.1.1 Die einzelnen Abschnitte innerhalb eines
Aternzyklus bei Beatmung . 51
8.1.2 Die »Gegenatmung« 53
8.1.3 Das »Einziehen« .... . 54
8.1.4 Das »Triggem« ..... . 55
8.1.5 »Triggem mit kumulierender Inspiration« 56
8.2 Maschinelle Kombination von Spontanatmung
und Beatmung . . . . . . . . . . . . . 57
9. Die Oberwadlung des beatmeten Patienten 61
10. Die POege des beatmeten Patienten . . 64
10.1 Gespriich, Analgesie und Sedation 64
10.2 Tracheobronchialtoilette ..... 65
10.3 Physiotherapie ..... . . . . . 66
10.3.1 Vertiefung der Inspiration 66
10.3.2 Manuell unterstiitzte Exspiration 67
10.3.3 Kombinierte Physiotherapie .. 67
11. Die Spontanatmung des intubierten Patienten 68
12. Der extubierte Patient 69
13. Sadlverzeidlnis 71
VIII
Einleitung
Je reicher die Behandlungsmoglichkeiten auf tem Gruseln und der Bemerkung tibersprun
Intensivstationen geworden sind, desto mehr gen: »Von Mathematik verstehe ich sowieso
selbstiindige Arbeit wird von Ihnen erwartet. nichts«. Sie konnen auch in diesem Buch alle
Die iirztlichen Verordnungen werden ftir Sie Rechnungen tiberspringen, und Sie werden
mehr und mehr zu Richtlinien, anhand derer den roten Faden Dicht verlieren. Die mecha
Sie die Therapie, Pflege und Oberwachung nische Beatmung wird aber von uns Anten
des Patienten weitgehend selbstiindig gestal weitgehend in Zahlen geplant und verordnet
ten. Hier hat sich in den letzten Jahren der und muG von Ihnen mit Einstellungen und
Schwestem- und Pflegeberuf voUstiindig ge Messungen - also wiederum mit Zahlen -
iindert. Zu den traditioneUen Anspriichen der durchgeftihrt und kontrolliert werden. Es
Grundpflege des Patienten sind neue hinzuge wird Dicht ausbleiben, daB die Zusammen
kommen. Ihre ErfiiUung verlangt Wissen, hiinge zwischen den Zahlen, die Sie andau
Konnen und Ruhe. Das vorliegende Buch solI emd ablesen, messen, yom Labor gemeldet
Ihnen ermoglichen, das WlSSen sich anzueig bekommen und protokollieren, Sie interessie
nen, mit dem Sie die mechanische Beatmung ren. Wenn Sie dann die Rechnungen noch
als Behandlungsmethode verstehen. Zusam einmal durchlesen, werden Sie belohnt wer
men mit den praktischen Anleitungen, die Sie den: Sie werden sehen, daB diese einfachen
auf Ihrer Station erhalten, und mit zunehmen Rechnungen keine mathematischen Kennt
der eigener Erfahrung werden sie tiber das nisse voraussetzen und daB zwischen Ihren
Konnen zur Durchfiihrung der mechanischen Messungen am Patienten, der Einstellung der
Beatmung verfiigen. Wissen und Konnen Beatmungsmaschine und den Laborresultaten
werden Ihnen die Sicherheit geben, die Ihnen durchschaubare Zusammenhiinge bestehen.
erlaubt, auch in schwierigen Situationen die Dieses Buch enthillt weDig Theorie. Sind Sie
Rube zu bewahren und zu verbreiten, die Ihr an ausfiihrlicheren Grundlagen der Beatmung
Patient und Ihr Team benotigen. und Atmung interessiert, so finden Sie diese
Formeln und Zahlen losen bei vielen Schwe in unserem Kliniktaschenbuch »Kiinstliche
stem und Pflegem reflexartige Abwehr aus. Beatmung auf Intensivstationen«, Springer
Ein mit Zahlen bespickter Abschnitt wird in Verlag, 2. Auflage, 1977.
der Regel ohne emsthaften Versuch mit leich-
1
1. Die Aufgabe von Kreislauf und Atmung
Es ist die Hauptaufgabe von Kreislauf und d. h. Sauerstoff wird angereichert und der
Atmung (Abb. 1), aile Gewebe des Korpers OberschuB an Kohlensaure entfemt.
zu jedem Zeitpunkt mit einer geniigenden 3. Das arteriaIisierte BIut stromt iiber die
Menge von arteriaIisiertem Blut zu versorgen. Lungenvenen zum linken Vorhof und wird
Dazu sind grundsatzlich folgende Mechanis vom linken Ventrikel iiber die Arterien
men notwendig: und Arteriolen im ganzen Korper verteilt,
1. Das venose BIut, arm an Sauerstoff und entsprechend den Bediirfnissen der einzel
reich an Kohlensaure, kehrt zum rechten nen Organe und Gewebe.
Vorhof zuriick und wird vom rechten Ven 4. Sauerstoff wird in den peripheren Kapilla
trikel durch die Lungenstrombahn ren vom BIut an die Zellen der Organe und
gepumpt. Gewebe abgegeben, Kohlensaure aus ih
2. Das venose Blut, welches durch die Lun nen ins Blut aufgenommen.
genkapillaren stromt, wird arteriaIisiert,
Der Blutkreislauf
1----
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t2 Aorta acendens
13 Hal ..r t.e".n
R«htHlWrz LungtNIk"l!I~uf LJnkHHerz t~ Aortenbogen
1 Rechter Vorllol (RA) 5 A. pulmonalia (AP) 8 linker Vorllol (LA) 15 Aorta descendens
2 TrikUSPlCIalklappen 6 Lung nkapl11aren 9 Mrtrslkleppe 16 Kaprllaren des groOen
3 Recht.r V.ntnkel (RV) 7 Lungenvenen 10 Linker Ventrrkel (LV) (System-)Kreoslauls
~ Pulmonalklappe 11 Aortenklappe 17 K6rpervenen
18 Vena cava Inlerlor
Abb.1 19 Vena cava superior
2
Die Aufgabe von Kreislauf und Atmung
1 1. 2.
Ventilation Vertellung
1 3 1 4
-
Diffusion
Abb. 2. Die 4 Teilprozesse der Atmung
Der erste, dritte und vierte Mechanismus wer 2. Verteilung: Die eingeatmete Luft muG in
den im wesentlichen yom Herzkreislaufsy den Lungen gleichmaBig auf die Hunderte
stem iibernommen. Der zweite Mechanismus von Millionen an Alveolen verteilt werden.
aber, das Beladen des venosen Blutes mit ge 3. Diffusion: Sauerstoff und Kohlensaure ge
niigend Sauerstoff und das Entfernen des langen durch die Alveolar-Kapillar-Mem
Oberschusses an Kohlensaure, ist die Haupt bran.
aufgabe der Lunge. 4. Perfusion: Der pulmonale kapillare Blut
Die Aufnahme einer geniigenden Menge von fluB muG ausreichend sein, und das venose
Sauerstoff und die Elimination einer entspre Blut muB gleichmaBig auf aIle ventilierten Al
chenden Menge von Kohlensaure geschieht veolen verteilt werden.
in der Lunge durch folgende Teilprozesse Wir werden nun zusammen betrachten, wie
(Abb.2): diese vier Teilprozesse ablaufen und was Sie
1. Ventilation: Die Brusthohle wird im auf Threr Intensivstation beisteuern konnen,
Atemrhythmus soweit vergroBert und wieder daB die Lunge Ihres Patienten diese Aufga
verkleinert, daB ein geniigend groBes Volu ben losen kann.
men von Luft eingeatmet und wieder ausgeat
met wird.
3